Vierter Abend, viertes Konzert. Nach den ganzen alten Helden in den vergangenen Tagen stand zur Abwechslung diesmal eine aktuellere Band auf dem Programm. Ich war bei
Alvvays in der Huxleys Neue Welt in Berlin.
Das letzte Album der Band, "Blue Rev", ist mittlerweile auch schon wieder fast zwei Jahre alt. Das dazugehörige Konzert im Berliner Astra Kulturhaus im vergangenen Sommer habe ich leider verpasst. Der Juni 2023 war einfach schon zu vollgepackt mit Konzerten und anderen Verpflichtungen. Umso mehr habe ich mich über die Fortsetzung der Tour mit der erneuten Gelegenheit in Berlin in diesem Sommer gefreut und beim Ticketkauf diesmal nicht lange gezögert.
Ich war etwa eine Dreiviertelstunde vor Einlassbeginn an der Huxleys Neue Welt und habe mich in die noch ziemlich kurze Warteschlange eingereiht. Fühlt sich mittlerweile schon fast nach Routine an. Dieses Prozedere kommt in letzter Zeit ja häufiger vor. Nur war ich diesmal aufgrund der letzten Nächte mit wenig Schlaf und der etlichen Bahnfahrten zwischen Stralsund, Greifswald, Hamburg, Hannover und Berlin ganz schön erledigt. Und das alles diesmal für eine Band, von der ich hauptsächlich das letzte Album kenne und mich ansonsten noch nicht groß mit der restlichen Diskografie beschäftigt habe.
Der Einlass begann pünktlich um 19 Uhr. Ich war mal wieder früh genug vor Ort gewesen, um einen Platz in der Mitte der ersten Reihe an der Absperrung zur Bühne zu erwischen. Dort habe ich auf den Konzertbeginn gewartet, während sich der Club gefüllt hat. Das Konzert war nicht ausverkauft, aber es waren trotzdem sehr viele Leute da. Die obere Ebene war auch nicht abgehängt, viel kann also nicht gefehlt haben.
Pünktlich um 20 Uhr ging es mit dem Support-Act
Girl Scout los. Eine vierköpfige Indie-Rock-Band aus Schweden, angeführt von Sängerin und Gitarristin
Emma Jansson. Der halbstündige, energiegeladene Auftritt hat mir richtig viel Spaß gemacht. Mal gingen die Songs in Richtung Shoegaze und Dreampop, mal gab es knackigen Alternative-Rock. Dabei hat mir vor allem das Gitarrenspiel von Leadgitarrist
Viktor Spasov gefallen. Die Poserei der Frontfrau war derweil phasenweise fast schon ein bisschen zu viel, aber grundsätzlich immer noch im angenehmen und authentischen Grenzbereich. Doch, das war schon ein wirklich starker Auftritt, den das Publikum auch gebührend bejubelt hat. Das wird zu Hause auf jeden Fall nochmal genauer angehört.
Nach einer Umbaupause kamen dann um 21 Uhr
Alvvays auf die Bühne. Im Fokus des Abends stand das eingangs genannte Album "Blue Rev", das von der kanadischen Indie-Rock-Band komplett gespielt wurde. Dazu gab es noch jeweils vier Songs des Vorgängers "Antisocialites" und des selbstbetitelten Debütalbums "Alvvays". Die Setlist dürfte bei den europäischen Solo-Konzerten aktuell ziemlich beständig sein.
Es gibt ja diese Konzerte, zu denen man ohne große Erwartungen geht, weil man zwar einige Songs der Band kennt und natürlich auch ganz gerne mag, die große emotionale Verbindung aber noch nicht da ist. Und dann nimmt einen dieses Konzert wirklich komplett mit und in diesem schönen Moment muss es sich plötzlich um die beste Band der Welt handeln, die da vor einem auf der Bühne ihre Songs spielt. Genauso ein Abend war das heute für mich.
Die Stimme von Sängerin
Molly Rankin, die vielen musikalischen Facetten aus Gitarren, Bass, Schlagzeug und verschiedenen Synthesizer-Sounds, die visuelle Untermalung auf der großen Videoleinwand, das wunderbar enthusiastische Publikum um mich herum... Es hat einfach alles gepasst. Und im Vordergrund natürlich diese Songs, die mich immer wieder mit einzelnen Passagen genau ins Herz getroffen haben. Wenn in der Mitte des Sets das enotionale "Tile by Tile" der großartigen Hymne "Belinda Says" folgt und später mit dem wilden "Pomeranian Spinster" alles wieder eingerissen wird, kann es nichts viel besseres geben. Da hat es dann auch keine Rolle gespielt, dass der Sound punktuell etwas zu laut und übersteuert war. Nach diesen 80 Minuten Spielzeit war es für mich einfach genau der richtige Abend mit genau der richtigen Band vor mir.
Nach der Zugabe, die aus zwei Songs bestand, war dieses tolle Konzert vorbei. Ich habe noch eine Setlist bekommen. Auch das scheint in der Huxleys Neue Welt gerade zur Routine zu werden. Und dann bin ich zum Abschluss dieses kleinen Konzertmarathons so glücklich, wie man nur nach so einem Konzert sein kann, in den warmen Sommerabend gegangen. Diese Band hat einen neuen Fan.
