Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:12
Präzises Editing - Da kann ich nur als Laie mitreden. In WoWS hatte ich sogar das Gefühl, dass sämtliche Schnitttechnik sich darauf beruht, dass die eine Szene halt zu Ende ist und die chronologisch nächste halt daran anzureihen ist. Wo hier präzise was verknappt oder übergeleitet wurde, erschließt sich mir angesichts von 3 Stunden gefühltem Plauderton nicht.
Die rasanten Filme haben alle einen klaren und pumpenden Rhythmus und das finde ich beim editing mindestens genauso wichtig wie Übergänge oder interessante Anordnung.
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:12
Ikonische Charaktere - Ja. Aber. Zum einen kommen die aus dem Drehbuch. Dort muss man sie aber auch erstmal identifizieren, also in Bezug auf WoWS seine Leistung, ja. In Bezug auf Departed weiß ich jetzt nicht, woher die Charaktere kamen, fände es aber irrwitzig, dort von ikonischen solchen zu sprechen. Über Matt Damon haben alle wegen seines Fake-Boston-Akzentes gewitzelt, über Jack Nicholson aufgrund seines amateurhaften Auftretens an allen Frontschauplätzen. Da gab es ganz andere ikonische Filmbösewichte, die meisterhaft im Hintergrund die Fäden gezogen haben.
Da fällt mir auf, dass ich den nur auf Deutsch kenne. Kommt Matt Damon nicht aus Boston? Wieso kann der den Akzent denn nicht?

Und in "Good Will Hunting" funktioniert er doch auch?
Natürlich mag es noch bedrohlichere Figuren als Jack Nicholons Figur geben, aber allein sein Entrance ist toll inszeniert (aus dem Schatten heraus). Am Ende
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wird er dann ja auch als ziemliche Witzfigur entlarvt. Das passt dann finde ich auch.
Klar sind Charaktere im Drehbuch angelegt, aber die müssen dann eben auch entsprechend inszeniert werden.
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:12
Krasse Performances - Ikonisch werden die Charaktere sicherlich auch erst durch ihre Darbietung, aber muss man Scorcese dafür jetzt auf die Schultern klopfen, immer wieder auf die gleichen Sure Shots von Schauspielern zu setzen? Müsste ein großer Regisseur nicht gerade einmal neue Gesichter in Szene setzen, auch um seine filmische Vita unterscheidbarer zu machen? Dazu fühlt es sich wie Gefälligkeit gegenüber Freunden an, wenn er zB DiCaprio in WoWS in ewig scheinenden Einstellungen Raum für Oscarreifes gibt, welches den Film nicht vorantreibt, sondern aufbläht.
Das große Regisseure gern mit den gleichen Leuten arbeiten ist aber auch total gängig und absolut verständlich. Erstmal wegen der zwischenmenschlichen Chemie aber auch weil sie dann immer besser einschätzen können, wie die Darsteller am besten einzusetzen sind. Fast wie Trainer eines Teams. Tarantino, Hitchcock, Baumbach, Linklater, Sofia Coppola und vor allem der eben angesprochene Wes Anderson haben doch alle ihre Spezies.
Außerdem erinner dich mal wer DiCaprio war, bevor Scorsese ihm diese Chancen gegeben hat. Der Darsteller, um den smi einen großen Bogen macht. Dass er einer der besten Schauspieler unser Generation ist, ist auch zu großen Teilen Scorsese zu verdanken.
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:12
Freeze Frames - Wirken auf mich wie ein etabliertes, manchmal ausgelutschtes Element. Aber falls er die mit eingeführt hat, kann ich das respektieren.
Muss man denn Stilmittel einführen, um dafür gelobt zu werden? Innovation ist ein großer Aspekt künstlerischer Leistung jeglicher Art, aber nicht die einzige. Und wie gesagt, Scorsese hat einiges vom europäischen Kino gelernt, aber es sich zu eigen gemacht.
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:12
Longshots - Sind mir bei ihm nie aufgefallen, aber die liebe ich tatsächlich an Lubezki. Falls er die mit eingeführt hat, kann ich das respektieren.
Gibt's jetzt nicht ständig und überall, stimmt, aber der Longshot in Goodfellas ist einer der prägnantesten der Filmgeschichte. Er hat sie auf jeden Fall im Mainstreamkino mehr etabliert. Ansonsten Same question?
Lubezki hat sie auch nicht erfunden, aber ist ein moderner Meister, was das angeht.
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:12
Knalliger Einsatz der Musik - Puuuuh. Aus WoWS in Erinnerung geblieben: Hip Hop Hooray und Mrs. Robinson, beides keine wirklichen Geheimtipps, wirken auf mich eher konservativ. Aber in seinen anderen Filmen mag das stimmen.
Die Art wie er Pop und Rocksongs auch schon früher einbaute ist quasi Tarantino vor Tarantino. Und auch da, müssen das denn Geheimtipps sein? Die Bekanntheit des Songs sagt wenig darüber, aus wie passend oder unpassend der in einer Szene ist.
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:12
Voice-Overs - Hatte ich ja schon erwähnt, wie ich die sehe. Bei Literaturverfilmungen häufig gewähltes Mittel, siehe Fight Club. Aber er treibt es echt zum Exzess mit seinen bis zu 4 verschiedenen bei Casino.
Mag sein. Ich würde halt nur kein Stilmittel aus Prinzip abkanzeln.
NeonGolden hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 15:48
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 13:24
Wer die mit dem Anruf vom Münztelefon und der Rückfahrt (mit null Konsequenz für den Film)?
Geht es bei der Szene nicht darum den seelischen und moralischen Verfall von Belfort auf die finale Spitze zu treiben? Die Quintessenz dieser intensiven Sequenz kann nur sein, dass fortan alles den Bach runtergeht und das tut es dann ja auch. Weitere Konsequenzen: Donnie verbreitet Interna über das abgehörte Telefon. Naomi dürfte sich spätestens jetzt für die Scheidung entschieden haben.
Würde ich auch sagen.
Übrigens entschuldigung an alle, die den noch nicht gesehen haben. Was Wolf of Wall Street angeht gehen wir recht unbedarft mit Spoilern gerade um
NeonGolden hat geschrieben: ↑Mo 1. Feb 2021, 15:48
Abgesehen davon halte ich The Wolf of Wall Street auch für relativ überbewertet und äußerst fragwürdig in der Darstellung von Amoral, Ausbeutung, Frauenfeindlichkeit und allem Weiteren, was sonst noch gnadenlos schiefläuft.
Ich gehe jede Wette, dass der Film von nicht wenigen genau für diese verabscheuungswürdige erste Hälfte gefeiert und Belfort um seinen krassen Aufstieg beneidet wird. Ich finde nicht, dass es dem Film gelingt die dargestellte kranke Welt ausreichend anzuklagen. Opfer werden vollständig ausgeblendet und die Justiz verkommt zum Spielverderber.
Und das ist der Kritikpunkt, den ich am wenigsten gelte lasse.
Filme müssen amoralische Protagonisten und Institutionen ausleuchten dürfen und das auch mal so für sich stehen lassen. Ich finde, das ganze Milieu demaskiert sich da total und in seinem Exzess machen sie sich total lächerlich. Wer das erstrebenswert findet, dem ist auch nicht zu helfen und es ist nicht die Schuld des Films, dass manche Zuschauer diesen Lifestyle vielleicht cool finden.
Was bin ich froh, dass Fight Club nicht in diesen Zeiten herauskam. Die Diskussionen, die in die Richtung gehen würden, wären heutzutage endlos.
Wo der auch schon angesprochen wurde, bietet sich ein Double Feature mit "The Big Short" da durchaus an. Die Hauptcharaktere sind auch nicht gerade Good Guys, aber sie nehmen die Leute aus, die in "The Wolf of Wall Street" dargestellt werden.
Übrigens mir hat der sehr geholfen, diese ganze Gamestop-Geschichte zu verstehen
