Ich finde es ja eher bedenkenswert, was für eine Aussage wie die Söders für Reaktionen auslöst; Reaktionen, die sogar dazu führen, dass einem "schlecht werde". Ist das die Form eines politischen Diskurses?
Diesen Doppelmoralvorwurf gegen Grüne, die auf Nachhaltigkeit achten und gleichzeitig weiterhin Flugreisen unternehmen finde ich ziemlich albern und sehe da auch keinen Funken Wahrheit.
Natürlich findest du es albern, weil es deine Lebenswelt betrifft. Und hier liegt das Kernproblem linker/grüner/progressiver Politik vergraben, die zwar in ihrem Kern pluralistisch ist, aber andere, oft ländliche oder konservative Lebenswelten nicht versteht. So wird dann auch vollkommen an der Aussage Söders vorbei reagiert, nämlich auf einer Appellebene. Dabei kommunizierte Söder ursprünglich auf einer inhaltlichen Beziehungsebene, die ja Grunde nur sagt, dass ihm Tofu-Burger nicht schmecke - eine Aussage, die ich selbst als Vegetarier in Teilen sogar unterschreiben würde. Aber das nur am Rande. Kein Wort davon, dass er es ablehne, dass er es für falsch halte oder gar verbieten wolle.
Ohne Frage tätigt er diese Aussage auch mit Blick auf die Wähler*innen, die sich womöglich um ihr Steak bedroht fühlen. Aber was will man denn ernsthaft auf eine Aussage wie diese logisch antworten, außer dass es natürlich schmecke (was Unsinn ist, da es subjektives Empfinden ist) oder, dass Söders Geschmack (und damit das zahlreicher Deutscher) nichts gelte. Somit wird dann wieder das Gefühl der Erhabenheit geweckt, nach der nur das vegetarische (oder besser vegane) Schnitzel tolerabel sei, nicht jedoch das Schweineschnitzel - selbst wenn das Schnitzel per se doch gar nicht das Problem ist. Und hier reden wir noch gar nicht davon, dass viele vegetarische, auf Milch, Eiern oder Jackfruit basierenden Produkte keineswegs besser sind. Aber es wird fleißig (und nicht selten aggressiv) auf der Appellebene kommuniziert, was bei den potentiellen Adressaten natürlich auf Ablehnung stößt.
Man stelle sich vor, ihr würdet irgendwo schreiben, dass euch alkoholfreie Biere (oder ein spezielles) nicht schmecke oder ein Irish Pale Ale anpreisen; eine aus eurer Sicht vollkommen unspektakuläre Meinungsäußerung. Nun würdet eine Bubble euch pausenlos unter die Nase halten, dass ihr Alkoholkonsum propagieren würdet, eine Geißel der Gesellschaft, die nicht nur tausende Leben kostet, sondern auch Familien zerrütte und Kinder unter einen hohen Leidensdruck stelle - und ihr seid diejenigen, die mit dieser Kommunikation eine Teilschuld daran tragen würden, da ihr Alkohol verherrlichen würde. Allesamt reale und große gesellschaftliche Probleme, deren Kommunikation euch aber vermutlich nerven würde; vermutlich würdet ihr euch zu unrecht angegriffen fühlen. Und in genau der Situation sehen sich die Leute, denen Tofu-Burger oder Veggieburger aus den verschiedensten Gründen nicht schmecken. Und solange die linke/grüne/progressive Bubble es nicht versteht die Appellebene zu verlassen und die Leute in ihrer Lebenswelt abzuholen, kann sie es eigentlich bleiben lassen mit dem Umwelt- und Tierschutz, da sie zeitnah nichts erreichen wird.
Auf deine ewige Twitterschelte will ich auch eigentlich gar nicht wirklich eingehen. Nur soviel: Die Verzerrung der Aussagen von Hofreiter begann parallel in den klassischen Medien. Das ist nun wahrlich keine Erfindung von Twitter. Und generell sei gesagt: Es ist Wahlkampf, da nimmt Söder jede Vorlage der Grünen, die auf absehbare zeit der Hauptgegner (und -partner) sein werden, nur allzu gerne auf.