Kann mich den positiven Worten hier nur anschließen. Das DTRH ist ein superentspanntes Festival mit jeder Menge Herzmenschen und einem unverschämt wunderschönen Gelände, bei welchem die Konzerte witzigerweise gar nicht mal so im Vordergrund stehen wie erwartet.
Nachdem Mittwochnacht von Seiten des Veranstalters die Entscheidung fiel, die Öffnung der Campingplätze einen Tag nach hinten zu schieben, hat sich unsere Gruppe dazu entschlossen einfach mal blind nach Holland zu heizen und in der Nähe einen Campingplatz für eine Nacht zu suchen. Wie es der Zufall so will, sind wir 200 Meter (ungelogen.) neben dem Festivaleinlass auf einem Hofgut untergekommen. Allein dieser Abend (haben mit der Familie, die den Hof betreibt, bei Kicker und Tischtennis in einer Scheune gechillt) war schon die absolute Überdosis an
So konnten wir jedenfalls am nächsten Morgen um 09:00 zum Festivaleinlass, hatten wenig bis keinen Wartestress und ziemlich schnell einen wunderschönen Platz direkt am See. Der Organisation merkt man deutlich an, dass hier Herzblut in die Veranstaltung gesteckt wird. Das merkte man an größeren (das Gelände war für schlechtes Wetter ideal präpariert; die sanitären Analgen waren sauberer als unser WG-Bad; superfreundliches Personal) wie auch kleineren Aspekten (es gab ein ziemlich aufwändiges Programmheft und den wohl praktischsten Falt-Timetable, der mir je untergekommen ist

; eine Tageszeitung, die kostenlos verteilt wird, inklusive begehbarer "Redaktion" innerhalb eines Kaffeehäuschens auf einem Hügel; verteilte Gratis-Drinks bei Ankunft; bei der Geländeschleuse wurden Plastikbecher zum Umfüllen eigener Getränke verteilt, etc.) ). Das gesamte Gelände zieht sich am Ufer eines Sees entlang und ist vollkommen überladen mit Kunstkram, schrägen Aktivitäten und einfach wunderschönen Ecken. Auch ganz ohne Konzerte hätte ich hier ein wirklich tolles Wochenende erlebt, das die 125 Euro wert gewesen wär. Das DTRH wischt mit vergleichbaren Festivals in Deutschland (Dockville, Appletree, Melt) jedenfalls gehörig den Boden auf (ich spare mir an dieser Stelle noch mehr Ausführungen; muss man selbst gesehen haben).
Das Publikum war durch die Bank weg eher alternativ oder ziemlich hip angehaucht und ging im Alter deutlich auseinander. Von Kleinkindalter bis jeneits der 70 war da wohl alles zahlreich vertreten. Gäste sind wirklich fast ausschließlich aus den Niederlanden (es konnten aber alle Englisch

). Die Stimmung bei Konzerten war grundsätzlich immer gut, allerdings ging mir das von fipsi genannte Reden während der Konzerte zeitweise gewaltig auf den Senkel. Bin mir nicht sicher, ob das üblich in den Niederlanden ist, aber gerade bei ruhigeren Konzerten nervt es einfach, wenn man dauerhaft das Stimmengewirr fremder Leute im Ohr hat, die sich gegenseitig Fotos auf ihrem Smartphone zeigen. Dadurch dass es immer holländich war, konnte ich zumindest nix verstehen und das Geplapper war wenigstens weniger salient
Das Bezahlen mit Wertmünzen hat mich zunächst ziemlich abgeschreckt, war aber im Nachhinein wegen der massivst kürzeren Wartezeiten doch recht angetan davon. Preislich ist das Essen teiweise übertrieben teuer (worst case: Nudelportion für umgerechnet 9,45 Euro?!), Bierpreise befanden sich zum Glück auf deutschem Niveau. Kulinarisch generell viel viel leckerer und spannender Kram dabei. Keine klassischen Fressbuden.
Wenn man im vorderen Bereich campt, sind die Laufwege zum Gelände extrem kurz (3 Minuten am Strand bis zur Schleuse; auf den meist vollen normalen Wegen so ca. 10 Minuten); auf dem eigentlichen Gelände kann es dann zwischen den beiden entfernteren Bühnen auch schonmal 15 Minuten dauern. Zwar werden die beiden Hauptbühnen Hotot und Teddy Widder abwechselnd bespielt, wenn man alllerdings die Wege zwischen den Bühnen berücksichtigt, verpasst man schon einen Teil der Folgeshow.
Generell ist es ziemlich witzig, dass alle Bands fast die gleiche Spielzeit haben. Das hat schon eine recht eigentümlich Dynamik inne, da man nie so richtig vor einer Bühne ankommt. Hat aber auch nochmal mein Gefühl verstärkt, dass die eigentlichen Konzerte bei diesem Festival gar nicht mal so im Vordergrund stehen. 60 Minuten Whitney wird man sonst auch nur auf einem Einzelkonzert dieser Band sehen; 75 Minuten PJ Harvey kommt einem dann aber doch recht kurz vor...gerade bei einer derart opulenten Show.
Freitag
Sun Kil Moon
Hat mir leider gar nicht gefallen. Das Publikum war viel zu laut, sodass man von den ruhigen Songs kaum etwas mitbekam. Nach der dritten Bitte um Ruhe im Saal, war dann auch die Band bedient und sparte sich weitere Ansagen. Setlist milde ausgedrückt durchwachsen. Im hinteren Bereich hat eine ziemlich große Gruppe mit den Befestigungsseilen des FuzzyLoop Seilspringen gespielt. Hier bin ich dann für den Rest des Konzerts geblieben und hatte meinen Spaß...Sun Kil Moon war da natürlich Nebensache
Michael Kiwanuka
Tolles Konzert mit überraschend viel Schwung und guter Laune. Dringende Live-Empfehlung.
Parquet Courts
Erstes Tageshighlight. Das Publikum ging total mit und sorgte bei entsprechenden Songs für einen standesgemäßen Abriss. Großes Tennis.
Nathaniel Rateliff & the night sweats
Ebenfalls deutlich flotter als erwartet und dementsprechend tanzwütig zeigte sich das Publikum. Klassische Festivalband, die ich musikalisch gar nicht mal so spannend finde, aber bei der entsprechenden Veranstaltung doch ziemlich Laune macht.
Courtney Barnett
Der Bühnenwechsel zog sich etwas und das TeddyWidder platzte aus allen Nähten. Daher leider nur 4 oder 5 Songs gesehen (wenigstens waren History Eraser und Depreston dabei

). Wuchtiger Sound und tolle Stimmung vor der Bühne.
MacDemarco
Zweites Tageshighight. Waren extrafrüh für einen guten Platz direkt vor der Bühne und sollten nicht enttäuscht werden. Jede Menge Blödeleien während des Konzerts und eine bärenstarke Setlist haben die wirklich beachtilche Menge vor der Bühne total mitgerissen. Jederzeit wieder gern.
PJ Harvey
Hat mir wiederum richtig gut gefallen, weil mir persönlich überhaupt nicht klar war, wie opulent so eine Liveshow von ihr aussehen kann. Wirkte ja zeitweise fast schon orchestral. Während des Konzerts hat sie auch ein kleines Gedicht vorgetragen, welches auf den Brexit angespielt hat. Solche Statements gefallen mir auch immer richtig gut.
Factory Floor
Richtig nice. Treibender Techno, der äußerst minimalistisch und repetetiv daherkommt. Keine große Bühnenshow, einfach zwei Personen, die gewaltig auf die Zwölf geben. Sehr sehr schön und tanzbar.
Samstag
Whitney
Absolut großartig und werden ihrem Hype voll gerecht. Hätte ich mir noch weitere drei Stunden anschauen können.
Charles Bradley and his Extraordinaires
Musikalisch natürlich top. Allerdings hatte ich da so einen lieben Blues-Jazz-Opa erwartet, der vom Leben erzählt. Am Ende war das dann doch die kokainverballerte Version eines Jaimes Brown Verschnitts. So eine Selbstbeweihräucherung brauche ich ehrich gesagt nicht, weshalb ich am Ende doch etwas enttäuscht war. Weniger ist manchmal mehr.
Lianne La Havas
...was Lianne La Havas danach eindrucksvoll bewies. Es wurde tatsächlich still vor der Bühne...so gut war die Performance. Sehr reduzierte Instrumentalisierung und eine Stimme zum Hinknien.
The National
Nur 15 Minuten geschaut. War mir in dem Moment dann einfach zu wenig Schmiss. Außerdem hat ein Teil der Band mit dem falschen Song angefangen, weshalb das Konzert direkt mit einer Panne begann. Auch lustig, so etwas beim Headliner des Abends zu sehen. Show wirkte dennoch erstmal sehr eindrucksvoll...wenn man denn in der Stimmung dafür war.
Ty Segall and the Muggers
Joa. Was soll man sagen. 60 Minuten Setlist und einfach nur konsequent hart aufs Fressbrett geprügelt.
Echt großartiger Konzertabschluss für den Samstag mit Blaue-Flecken-Garantie.
Sonntag
Car Seat Headrest
Erheblich schrebbliger und lauter als erwartet, aber nichtsdestotrotz ein tolles Konzert. Believe the Hype.
Dubioza Kolektiv
Ska-Punk der alten Schule. Hatten die Crowd vollkommen im Griff und scheinbar wirklich Spaß. Mehr Stimmung um 17 Uhr kriegst du als Band jedenfalls nirgends zustande.
Daughter
Gerade nach der Dauerpogo eine willkommene Abwechslung. Toller Sound, überraschend elektronisch und andächtige Stimmung. Schöhöön.
DMA´s
Auch sehr nett anzusehen, blieben allerdings weniger in Erinnerung als die meisten anderen Konzerte. Allgemein ein irgendwie komischer Haufen, der sich da als Band gefunden hat. Sehen ein wenig aus wie die asoziale Arbeiterklassenversion einer britischen Indieband aus den 80ern. Und die Tatsache, dass mir der Kleidungsstil der Band am stärksten in Erinnerung geblieben ist, sagt auch genug über das eigentlich Konzert aus...leider.
John Talabot
Joa...dieser Mann ist als DJ-Set halt eine Wundertüte. Für seine Verhältnisse eine ziemliches Krawall-Set, das aber nochmal einen schönen Schlusspunkt zum Sonntag setzte.
Ich beende hier jetzt mal meinen Roman. Kinder...fahrt zum Down the Rabbit Hole. Schaut euch dieses wunderschöne Kleinod selbst an und werdet auch Fan
Ich werde jedenfalls nächstes Jahr wieder da sein und mit einem verrückten Haufen Holländern am See chillen.