Taksim hat geschrieben: ↑Di 7. Mai 2024, 19:03
Für Kendrick ist das kein Spaß, so viel ist klar. Er hält es nicht aus, dass ein in seinen Augen moralisch so fragwürdiger Mensch als eines der Aushängeschildes seiner größten Leidenschaft gilt. Damit aufzuräumen ist, denke ich, seine Hauptmotivation. Deshalb ging es ihm auch so gegen den Strich von Cole in einem Atemzug mit Drake als "Big 3" bezeichnet zu werden (der arme Cole nebenbei: Kendricks Verse auf "Like That" habe ich persönlich kein Stück auf Cole bezogen. Der hätte sich seine ganze Posse sparen können, auch wenn er jetzt insgesamt recht unbeschadet davon gekommen ist. Wie jemand so schön meinte: "Cole must feel like he got the last chopper out of Nam."

)
Mag schon sein, aber die gesamte US-Rap-Welt ist voll von moralisch höchst fragwürdigen Personen, die sich teilweise einiges mehr zu Schulden haben kommen lassen als einfach nur einen schlechten Charakter zu haben. Da ausgerechnet good guy Drake, dessen Gangster-Persona schon immer etwas von Cosplay hatte, als Sündenbock für Rap rauszupicken... I don't know; nicht zu vergessen, dass Kendrick sich öffentlich für R. Kelly und XXTENTACION eingesetzt hat, als diskutiert wurde, deren Musik von Spotify zu entfernen (auch wenn ich die konkreten Beweggründe dafür z. T. nachvollziehen kann).
Die ganze Big 3-Diskussion finde ich ziemlich mühselig. Wer sich im Rap-Untergrund umschaut, findet mit Rappern wie billy woods aktuell wesentlich spannendere Sachen. Also ist es im Endeffekt einfach nur ein Popularitätsranking des US-Rap-Mainstreams und da ist Drake der populärste, Kendrick der lyrischste und J. Cole hängt irgendwo dazwischen. Muss man eigentlich gar nicht groß drüber diskutieren.
Taksim hat geschrieben: ↑Di 7. Mai 2024, 19:03
defpro hat geschrieben: ↑Di 7. Mai 2024, 18:38
Und vielleicht interpretiere ich etwas zu viel hinein, aber einen Five-Percenter-Namedrop würde ich mir mit der Antisemitismus-Historie von Louis Farrakhan auch sparen, wenn ich mich gerade in einem Beef mit einem jüdischen Rapper befinde.
Whops, das ist an mir vorbeigegangen. Hast du die Line noch mal parat?
Das ist am Ende von Verse 1 von
"meet the grahams":
Five percent will comprehend, but ninety-five is lost
Ist jetzt für sich genommen keine schlimme Zeile, aber ein gewisses Geschmäckle hat das für mich schon.
Taksim hat geschrieben: ↑Di 7. Mai 2024, 19:03
defpro hat geschrieben: ↑Di 7. Mai 2024, 18:38
So ganz habe ich auch den Grund für diesen Beef nicht verstanden, zumal Drake Kendrick zu Beginn seiner Karriere viel supportet hat (eigenes Interlude auf "Take Care", Support-Slot auf Drakes Tour, Feature auf
"Fuckin' Problems'), aber wer weiß schon, was da noch alles im Hintergrund gelaufen ist, dass sich die halbe Rap-Welt gerade gegen Drake wendet.
Erstens das und zweitens nennt Kendrick doch eindringlich die Gründe, oder? Es geht da echt um Drake als Mensch, sowohl was sein Verhalten gegenüber jugendlichen Mädchen angeht als auch die Art wie er in Kendricks Augen (und denen vieler anderer Rapper) Black Culture ausnutzt. Das finde ich auch schwierig, denn er ist ja nun mal de facto halb schwarz (aber der ganze historische Vergleich mit Atlanta war natürlich irre. So disst wirklich nur Kendrick.)
Interessanterweise lässt Kendrick ja schon auf diesem ersten Interlude anklingen, dass er mit Drakes Lebensstil nicht so glücklich ist.
Finde Vorwürfe der kulturellen Aneignung grundsätzlich schon schwierig, weil man damit fast jede Form von Musik und deren Konsum kritisieren kann. Da sollten mMn schon tiefgehendere Argumente kommen. Was man bei Drake kritisieren könnte, wäre das Culture Hopping (Indie, Pop, Dancehall, Grime, Bounce,...), aber das macht Kendrick ja nicht.
Zu dieser N-Wort-Debatte halten sich die (weißen) Kritiker:innen ja meist brav zurück. Ich finde es einfach nur bescheuert und so ganz komme ich auch um einen Ariernachweis-Vergleich nicht herum, wenn irgendwelche Stammbäume und Complexion-Tabellen Grundlage davon sein sollen, ob man dieses Wort nun benutzen darf oder nicht (sehr wichtig natürlich auch, in welchem Viertel man aufgewachsen ist). Wenn Kendrick einfach nur Shots Richtung Drake verteilen wollte, dann meinetwegen, aber wenn er wirklich in seiner Villa sitzt und sich jedes Mal darüber aufregt, wenn Drake das N-Wort verwendet (lustige Vorstellung irgendwie

), dann fehlt mir da das Verständnis.
Und auch zu seinem Lebensstil: Als Diss-Grundlage gerne, aber ich fange doch nicht an, Leute zu hassen, weil sie ihre Freizeit mit Drogen, Glückspiel und Stripclubs verbringen und ein paar schlechte Charakterzüge haben. Ansonsten kann er sich ja direkt mit jedem zweiten US-Rapper anlegen.
Taksim hat geschrieben: ↑Di 7. Mai 2024, 19:03
Er ist total in die Ecke gedrängt. So ziemlich jeder Gegenschlag verpufft bei dem Track. Es ist zwar schon ein Problem, dass es für keinen der Vorwürfe, sowohl von Kendrick als auch von Drake, bisher handfeste Beweise gibt. Wie es in diesem
Stereogum-Artikel heißt, ist es zwar schädigend genug, dass sich augenscheinlich bei Drake die ganze Welt ohne weiteres vorstellen kann, dass das alles stimmt, während man bei Kendrick zögerlich ist. Aber das wäre jetzt die einzige mögliche nächste Eskalationsstufe. Konkret glaube ich aber nicht dran, dass es noch konkreter wird. Nach den Nachrichten heute (ein Security Guard von Drake wurde angeschossen) hoffe ich das auch nicht.
Ich gehe davon aus, dass es das von Drakes Seite erstmal gewesen ist.
Vorstellen kann ich mir abgesehen von diesem Human-Trafficking-Quatsch alle Vorwürfe auf beiden Seiten. Nenn mich altmodisch, aber mir wäre es lieber, wenn die beiden sich zur Abwechslung mal auf lyrischer Ebene battlen würden, anstatt sich gegenseitig ein ekelhaftes Verbrechen nach dem anderen an den Hals zu wünschen. (
@Monkeyson Wenn hier wirklich Indizien vorliegen sollten, dann wäre mMn eine Anzeige bei der Polizei sinnvoller als nicht beweisbare Anschuldigungen in einem Rap-Beef.)
Schade, dass es jetzt wieder in Gewalt ausartet ist, was mich bei der Schärfe, die hier reingebracht wurde, aber auch nicht wundert. Bei der ganzen diebischen Freude, mit der Tom Breihan und andere diesen Beef verfolgen, wird gerne vergessen, dass es oft nicht bei einem lyrischen Schlagabtausch bleibt, seien es Biggie und Pac oder die Chicago-Drill-Szene, wo ein paar "harmlose" Diss-Tracks auch schon mal in einen regelrechten Gang-Krieg ausgeartet sind.