> Festival Community Magazin - klickst Du hier <

Festivalberichte

Benutzeravatar
Flecha
Beiträge: 5694
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:45
Wohnort: Hamburch
Kontaktdaten:

Re: Festivalberichte

Beitrag von Flecha » Do 16. Jun 2022, 17:34

Ich war neben 3 Konzerten in den vergangenen Wochenenden auch auf 2 Festivals (1x 5 Tage inkl. Anreise, 1x ein Tag) - womöglich ein Grund, warum ich jetzt mit einem grippalen Infekt (kein Covid laut Tests) flachliege. My body is broken, wie unser König Theoden von Rohan sagen würde. Aber das war es wert. :) Ein paar Eindrücke:

Wave-Gotik-Treffen (Leipzig)

Wie bei den meisten größeren Festivals in Deutschland fand die 29. Ausgabe mit zweijähriger Verspätung statt - ein Umstand, der sich vermutlich auf die Mange der teilnehmenden Schwarze-Szene-Menschen ausgewirkt hat. Die Kommunikationspolitik ist ähnlich oder noch katastrophaler als die hier zuletzt vielbeschriebene beim Primavera. Die Website sieht auch 2022 straight aus, als wäre sie eine der ersten im sog. Internet gewesen und auch bei Facebook erfährt man nur dann was, wenn es in kurzzeiligen Beiträgen preisgegeben wird. Der Vorverkauf startet traditionel sehr kurzfristig, meist so 2-3 Monate vorher. Das war auch dieses Jahr nicht anders - kann man den Veranstalter*innen allerdings in diesem Fall kaum zum Vorwurf machen, da viel früher ja auch gar nicht klar war, dass das Festival stattfinden kann. Nicht nur wegen der Pandemie, sondern weil das Hauptgelände, der Agra-Messepark, zeitweise als Unterkunft für ukrainische Geflüchtete genutzt wurde. Die Stadt hatte zuerst mitgeteilt, dass das Festival sich wohl einen anderen Ort suchen müsste, dann wurde aber umgeplant und es fand doch alles wie sonst statt. Nunja, dann kam aber hinzu, dass der Festival-Preis aufgrund der gestiegenen Kosten um 15 Euro pro Tag, also insgesamt 60 Euro erhöht wurde. Dann kommt man bei ca. 180 raus, was für vier Tage Festival mit szene-bekannten Bands und einem sehr breitgefächerten Programm mit Lesungen, Ausstellungen, Filmen, Theater usw., usf. + Kostenübernahme im ÖPNV in Leipzig natürlich bei weitem nicht zu viel ist. Für 2020 waren mit den Neubauten und Bauhaus etwa auch so große Bands gebucht, wie da vllt noch nie. Leider waren die wohl nicht wieder zu bekommen, mit Gary Numan gab es aber den obligatorischen Legendenact.
Wenn man vorher aber mit weniger gerechnet hat und auch sonst ja unter den steigenden Kosten zu leiden hat, kann ich schon verstehen, warum sich einige dann kurzfristig gegen den Kauf entschieden haben. So fanden sich letztlich 15.000 Besucher*innen in Leipzig ein, 2019 waren es wohl einige Tausend mehr. Wir hatten zum Glück schon 2021 Tickets für den alten Preis gekauft. Dort hielten die Veranstaltenden an der Austragung fest, bis es ca. 4 Wochen vorher abgesagt werden musste. :clown:

Dazu kommt dann natürlich noch einiges mehr an Kosten: Verpflegung vor Ort, eh klar, + An- und Abreise (eine Freundin, mit der wir zusammen gewohnt haben, hat aber zum Glück Firmenwagen hehe) und eben Unterkunft. Man kann zwar auch campen, aber meine Freundin + die meisten unserer Freundinnen und Freunde vor Ort gehören zu denjenigen, die sich dort jeden Tag wirklich ausgiebig zuerchtmachen und da viel Arbeit und Mühe für investieren (hier, wer Interesse hat, was das heißt). Das ruft ja tatsächlich bei vielen Achims und Annettes aus dem Internet (Facebook) immer recht negative Kommentare hervor (früher war das ja noch nicht so, immer nur der Fokus darauf, DiEsE InFlUeNcEr GeHöReN gAr NiCht ZuR SzEnE), finde das an der Stelle aber, auch im Vergleich z.B. zum oft kritsierten Coachella, ziemlich panne, denn die Schwarze Szene hat sich meines Wissens nach auch immer als Raum für alle Arten des Äußeren (ja gut, dunkel gekleidet) verstanden. Aber gut, auf dem Festival selbst wird man solche Kommentare natürlich nie zu hören bekommen, das ist ein Fall für Facebook. :doof: Und mal ehrlich: Wie slowdive an anderer Stelle schon geschrieben hat: Schöne Menschen sind halt schön, was soll ich mich darüber empören? Ich feier das in dem Kontext viel eher ab. Macht es mir natürlich auch einfach, dass es einfach in meinem direktesten Umfeld schon von Beginn so war, klar. Aber dennoch. Und übermäßigen Handygebrauch während der Konzerte (also im Vergleich zu anderen Shows und Festivals) habe ich deshalb nicht festgestellt.

Back to topic: Gewohnt haben wir (Vierergruppe) in einer Pension zwischen Connewitz und dem Agra-Gelände, also ziemlich nah am Geschehen, Tram direkt vor der Tür. Dadurch war es in die Stadt und zu den dortigen Veranstaltungsorten ein recht kurzer Weg. Dass Rewe direkt gegenüber war, ist ein weiterer Pluspunkt. 2018 und 2019 durften wir zum WGT noch in Stebbies Wohnung ( :mchearth: ) im schönen Lindenau unterkommen, von wo aus es wiederum sehr kurz zu Clara Zetkin Park, Täubchenthal, Felsenkeller und Westbar war. Er wohnt ja aber bekanntermaßen schon seit längerem nicht mehr in Leipzig - daher diesmal also die Bezahlvariante. Ging super klar.

Der Donnerstag war erstmal ankommen, Bändchen holen, essen, fertig machen und dann ab zur Moritzbastei, einem teilweise gewölbeartigen Veranstaltungszentrum mit mehreren Dancefloors, einer Konzertbühne, mehreren Bars, Außenbereichen und sogar einem Bistro, wo es was zu essen gab (war dann zum Glück nicht mehr nötig). Die Location ist definitiv eine der schönsten in Leipzig und der Noise/Industrial Floor zumindest in unserer Gruppe relativ legendär. Vor Ort hat man die weniger zahlenden Festivalbesucher*innen aber definitiv nicht gemerkt, denn es war BRECHEND voll. Teilweise dauerte es mehrere Minuten, vom einen Raum in den nächsten zu gelangen und der Erwerb eines Getränks war ein ganz schönes Abenteuer. War letztlich trotzdem ein lustiger Abend und es war, das stand das ganze Wochenende sowieso ein wenig im Mittelpunkt, echt super, so viele bekannte Gesichter wiederzutreffen.

Das eigentliche Programm startete am Freitag - traditionell mit dem Viktorianischen Picknick im Clara Zetkin Park. Das ist eine offene Veranstaltung, wo auch nicht Zahlende hinkommen können. Natürlich haben oben genannte Boomerinnen und Boomer auch daran etwas auszusetzen, aber egal. Die Outfits dort sind jedenfalls noch mal ein wenig spezieller und oft auch aufwändiger als beim "normalen" Festival. Viele Geh- und Reifröcke, Gehstöcke, Tische mit entsprechenden Gedecken, teilweise höfische Kleidung (keine Ahnung, ob historisch akkurat). Ist natürlich irgendwo ein Schaulaufen und die vielen Fotografen gehen mir (ich werde ja nicht fotografiert, aber die Mädels schon) immer ein bisschen auf den Keks. :lol: Aber gehört halt dazu. Wir haben es uns jedenfalls für den sonnigen Nachmittag auf einer Decke bequem gemacht und Vino genossen - gutes Leben. Abends ging es zu den ersten Konzerten. Zunächst in den Volkspalast zu The Devil and The Universe. Das Trio aus Österreich macht laut eigenen Angaben Goat Wave bzw. Goat Trance. Goat wohl deshalb, weil es satanisch Symbolik ist und sie, zumindest zum Betreten der Bühne, lange Roben und Ziegenmasken trugen. Wirkt ein bisschen albern, aber habe ich mich auch nicht dran gestört. Wurde dann wahrscheinlich ziemlich schnell zu warm darunter und die Masken flogen weg. Die Musik ist eine Mischung aus 80s Electronica, viel Percussion - Tribal Drums, wie sie selbst sagen. Das sorgt für eine sehr einnehmende, eben tranceartige Atmosphäre. Habe die Band zuvor viel zum Arbeiten gehört und hätte nicht gedacht, dass sich das auf Live so gut transformieren lässt. Das ist allerdings gelungen. Klare Positivüberraschung! Danach, mit etwas Vorlaufzeit geplant, ab ins Stadtbad. Wir waren zum ersten Mal in der Location und OMG ist die geil. Ganz altes Gebäude, altes Schwimmbad halt - als solches wird es aber nicht mehr genutzt, meine ich. Es hat von innen, Hamburger*innen kennen, Ähnlichkeit mit dem Holthusenbad in Eppendorf. Ganz fantastisch. Dort spielte ein Act, auf den wir uns zuvor sehr gefreut hatten: Rue Oberkampf. Die Münchner gehören der neuen, gerade sehr trendenden Welle an modernen Cold-/Darkwave-Bands an (Speerspitze wohl Boy Harsher), weshalb es kaum überraschte, dass dort jetzt nicht nur die klassischen WGT-Besucher*innen zusammenkamen, sondern auch, kein Diss an dieser Stelle, typische Berliner Hipster*innen. :lol: Das Konzert war jedenfalls eines der Highlights des Festivals, das gefühlt ganze Publikum hat getanzt. Werde ich mir auf jeden Fall auf dem nächsten Klubgig in Hamburg auch geben und empfehle es hier allen weiter, die eben mit Boy Harsher, Kanga, She Past Away & Co. etwas anfangen können. Danach, man merkt, man wird älter, oder ist nicht mehr so im Festivaltraining, taten die Füße ziemlich weh und statt zur Party ging es ins Bett.

Der Samstag sollte ja schließlich auch relativ intensiv werden mit dem von mir auserkorenen Metaltag (richtig rockig und handgemacht war das). Nach Verpflegung auf dem Festivalgelände (beim Kartoffelkäse-Foodtruck - eine Mischung aus den genannten Nahrungsmitteln frittiert und mit Toppings versehen - der Hammer, haben wir noch 2x danach gegessen) ging es auf die lange Reise ins Westbad. Denn dort spielten hintereinander A.A. Williams, Gggolddd, Brutus und Alcest. Erstere erhielt durch ihr 2020 erschienenes Album Forever Blue ja hier im Forum schon, zurecht, relativ viel Zuspruch. Dieses - das Coveralbum aus der Isolationszeit von 2021 wurde komplett ausgespart, lohnt sich aber auch, da mal reinzuhören - war auch Hauptbestandteil des Sets. Der Sound war perfekt und ihre Stimme hat einen sofort in den Bann gezogen. Die ausufernden Songstrukturen zogen einen noch weiter hinein und so waren die am Ende ca. 45 Minuten viel zu kurz. Auch hier: Nächste Solotour bin ich dabei. Gggolddd im Anschluss ging musikalisch in eine ähnliche Richtung, aber mehr Upbeat. Habe ich in den letzten Monaten relativ viel gehört, auch hier die Empfehlung für das aktuelle Album This Shame Should Not Be Mine. Ganz so ekstatisch wie AA Williams wurde es dabei aber nicht. Das größte Highlight des Festivals waren danach Brutus. Die sind hier ja schon oft besprochen worden, aber der klare Befehl: Wenn ihr was (auch alle Hurricane-Besucher*innen) mit der Musik anfangen könnt, guckt euch das an. Mega energiegeladen und ich erinnere mich nicht, wann das Konzept Drummer*in (in diesem Fall Drummerin) als Sänger*in live jemals so gut funktioniert hat. Gespielt wurden alle "Hits" von Nest und Burst. Das Publikum quitierte das Gesehene mit berechtigtem lauten Applaus. Alcest danach erfuhr generell noch ein wenig mehr Zuspruch, sicher wegen der Fans der Band, waren ja auch Headliner in dem Klub an dem Abend. Ich mag die Musik auch und die ballerigern BM-Parts gingen sehr gut rein. Nach Brutus wollte der Funke bei mir aber nicht so ganz überspringen und letztlich hätte ich auch mit 15-20 Minuten weniger leben können. Das lag aber nicht am Auftritt an sich, sondern halt an mir. Danach ging es im Felsenkeller bzw. Naumanns noch zu einer Nine Inch Nails Party. Der Laden ist mir schon 2019 als sehr hitzeempflindlich aufgefallen und so lief man auch im Raum mit dem Floor direkt gegen eine Wand aus Schweiß und Fuß. Der DJ mische NIN-Songs mit anderen Industrial-Klassikern. War ganz nett, aber lange konnte man es dort nicht aushalten. Bei den Gegenbenheiten überraschte es mich nicht, dass relativ viele (wohl ersterkrankte) mit Corona nach Hause gefahren sind. Leider durfte man da wegen der Anwohnenden nicht lüften. Naja...

Sonntag ging es tagsüber zunächst ins Heidnische Dorf, einem quasi Mittelaltermarkt mit entsprechender Bühne in der Nähe des Agra-Geländes. Musikalisch etc. ist das da nicht meins, aber das Essen ist dort definitiv das beste des gesamten Festivals und die entspannte Stimmung toll. Außerdem gibt es Federweißen in 1-Liter-Flaschen mit verschiedenen Geschmäckern. Super. :mrgreen: Dort blieben wir relativ lang, bis wir erneut gen Stadtbad fuhren, wo der Hamburger Musiker Dark seinen allerersten Auftritt überhaupt haben sollte. Dark ist ein Bekannter von uns, der aber in seinem Projekt anonym bleiben will und deshalb extrem zurechtgemacht war in komplett weißem Makeup, so einer kleinen Morpheus-Sonnenbrille und Latexanzug mit vielen Ketten, etc. Richtig geiles Outfit, super viel Mühe drin - Respekt dafür. Bekannter wurde er dadurch, dass er, als er in Coronazeiten das Projekt anfing (Darkwave/Post-Punk auch in diesem Fall), auf meine Freundin zukam, ob sie nicht in seinem Musikvideo auftreten wolle - er habe einen Song von ihrem Szene-Laden (Nyctophilia) inspirierten Song geschrieben. Gesagt, getan - und so sollte sie dann tatsächlich auch für den Song auf die Bühne kommen und mittanzen. Natürlich super aufgeregt gewesen vorher, aber das ging sich alles bestens aus. Ihm hat man die Aufregung dann auf der Bühne auch nicht mehr wirklich angemerkt, ein sehr souveräner Auftritt, der auch den zahlreich anwesenden "Elder Goths" (lange der Szene angehörig) sehr gefallen zu haben schien. Kann so weitergehen! Von dort aus fuhren wir in die Agra und tanzten noch relativ lang. Zwischendurch mal kurzes Drama, weil mir mein noch relativ neues Handy im Taxi aus der Hosentasche gefallen war. Das habe ich erst 45 Minuten (!) nach Ausstieg gemerkt. Der Taxifahrer war aber noch da! Das Handy lag noch zwischen Beifahrersitz und Tür. Wahnsinn, wie viel Glück man haben kann, Karmapunkte für den Rest des Jahres hoffentlich nicht verspielt. Zwischendurch hatten wir auch bei Gary Numan reingeguckt, aber nur für 5-6 Songs. Wirkte gut aufgelegt, gute Band - aber mit 0:45 Startzeit zu spät, der Dancefloor wartete.

Montag ist normalerweise so ein bisschen der ruhigere Tag, wo man halt noch mal genießt, umherschlendert, was isst und vielleicht noch ein Abschiedskonzert mitnimmt. Davon hatten wir aber 3 auf dem Plan, zum Glück alle abends im Haus Leipzig. Zu Qual kamen wir sogar etwas zu spät, aber nach vorn kommen, war da zum Glück noch kein Problem. Auch eines der großen Highlights. In Hamburg hatten wir ihn, ein Ein-Mann-Projekt des Sängers von Lebanon Hanover, William Maybelline, im April im Goldenen Salon vor ca. 30 zahlenden Gästen gesehen. Im Haus Leipzig war es dagegen voll und sein energiegeladener EBM führte beinahe schon zu frenetischen Jubelstürmen. Damit hatte er wohl selbst nicht gerechnet, habe ich jedenfalls seinem fast beschämten Grinsen entnommen. :) Sehr cool, der verdient viel mehr Aufmerksamkeit in der Szene (guckt euch aber vielleicht nicht direkt seine Musikvideos an, die sind... oft sehr speziell). Im Anschluss spielten Kite aus Schweden, die mit ihrem Hymnenartigen Synthiepop einen krassen Kontrast bildeten. Das Konzert war btw das Einzige, bei dem wir mitbekommen haben, dass nicht alle in die Location gekommen sind. Letzter Tag, nicht mehr alle Clubs bespielt - das trug da sicher zu bei. Ansonsten gab es dahingehend im Vergleich zu 2018 und 2019 überhaupt keine Probleme. Entweder gut aufgeteilt das Programm oder halt die Folge der geringeren Ticketverkäufe. Das Konzert jedenfalls war auch sehr schön. Punkt. :D Den Abschluss bildeten für uns Linea Aspera, die, wie einige Acts der Running Order zuvor, im weitesten Sinne Coldwave/elektronischen Wave machen. Mag die auch richtig gern und live ging das super rein, auch sehr tanzbar. Gern wieder, auch wenn Sängerin Alison Lewis, die auch oft als DJane in Berlin auftritt oder aufgetreten ist, im letzten Jahr eigentlich noch angekündigt hatte, mit der Musikindustrie künftig so wenig wie möglich zu tun haben zu wollen. Mal sehen. Ein letzter Abstecher zu ein bisschen Dark Techno in die Moritzbastei schloss das Festival dann für uns ab.

Alles in allem war es einfach wunderbar. Viele Leute wiedergetroffen, endlich überhaupt mal wieder so unter Leuten sein, auch in der Gruppe im Zimmer hat es wunderbar geklappt und eigentlich waren alle Konzerte wunderbar. Ich hatte, was zuvor sicher auch einem Mangel an Engagement meinerseits geschuldet war, noch nie so viele Bands, auf die ich mich vorab gefreut hatte - und das, obwohl, wie gesagt, Acts wie Bauhaus nicht wieder gebucht wurden. Ein weinendes Auge in Sachen WGT-Vergangenheit wurde zumindest teilweise getrocknet. Denn ich habe diesmal die klassischen Neofolk-Bands im Line-Up nicht gesehen, die wohl in der Vergangenheit regelmäßig Götz Kubitschek und andere Identitäre Arschlöcher zum Festival gezogen haben. Vielleicht (ich hoffe nicht) habe ich einfach nicht richtig geguckt, aber das wäre ein wichtiger Schritt, wo es dem Festival ja zuvor nie wirklich gelungen ist, sich davon zu distanzieren. Mit Varg spielte allerdings im Mittelalterdorf eine in der Vergangenheit kritisch zu betrachende Band. Von daher, mal sehen, es dahingehend in Zukunft weitergeht.

Huch, sorry für den Roman. Zum anderen Festival schreibe ich dann demnächst noch was. :lol:
Last.fm!
______________________________________________
Mantar, Mantar

Benutzeravatar
Flecha
Beiträge: 5694
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:45
Wohnort: Hamburch
Kontaktdaten:

Re: Festivalberichte

Beitrag von Flecha » Mo 20. Jun 2022, 18:52

So, das wird ein bisschen kürzer. :lol:

Am Wochenende nach dem WGT war ich bei einem kleinen, von guten Freunden privat auf ihrem Grundstück veranstalteten Festival. Es sind die Vormieter unserer im November übernommenen Wohnung, die gemeinsam mit zwei weiteren Freund*innen ein altes Bauernhaus in der Nähe von Itzehoe bezogen haben. Daher auch der Name der Veranstaltung: Matsch und Wind. Ersteren gab es aber zum Glück nicht. Alleinlage, freie Wiese, auf der man campen konnte, Feuerstelle, Sauna, dies das. Und halt ein Carport, in dem am Samstag den ganzen Tag Bands gespielt haben. Dabei war der Sound echt, echt gut! Ein weiterer Freund, der in Lübeck als Soundtechniker arbeitet, sorgte dafür - meinen und den Respekt aller Anwesenden hat er wohl erstmal sicher. Die Kühe von der Wiese nebenan haben auch ganz interessiert geguckt. Richtig lieb!

Das Ganze kostete schlanke 15 Euro Eintritt, Essen (vegan/vegetarisch) und Getränke wurden gegen eine faire Spende (bei Getränken nach eigenem Gusto) bereitgestellt. Profitgetrieben ist das alles 0, Hauptsache ohne Minus wieder rauskommen und die Bands sollten natürlich auch eine Gage bekommen. Zunächst waren 6 Bands angesagt, u.a. die sensationallen (Hamburgs beste Band) Shakhtyor mussten aber leider krankheitsbedingt absagen. Das Line-Up las sich dann wie folgt:

Crackmeier - Hardcorepunk aus Hamburg, war gut zum Reinkommen. Einige, die mittags schon etwas getankt hatten, liefen auch ein paar Runden im Kreis. Musikalisch jetzt nicht spektakulär, aber auf jeden Fall unterhaltsam.

Avowedera - Technical Death Metal, alle Bandmitglieder sind Freunde von mir - daher keine objektive Einschätzung. ;) Aber da war ich am meisten überrascht, dass es mit dem Sound unter den Voraussetzungen so gut hingehauen hat. Musikalisch ist das mit das komplizierteste Gefrickel, das ich je gesehen hab. Aber steh ich drauf, richtiges Brett. Auf ihrem Insta-Account gibts ein paar Bilder von der Stage. 8-) Da es nur wenige Songs im bisherigen Portfolio gibt, wurden noch zwei von Maximize Bestiality, der Slam-Death-Band, in der 2/4 von Avowedera ebenfalls spielen und in der der Drummer auf Tour zuletzt aushalf. Top, gerne wieder!

Human Waste
- Brutal Death Metal aus Aachen. Spielten schon beim Into The Crypt 2019 im Bambi Galore, das quasi die gleichen Veranstalter hat. Groovige Riffs, fiese Growls, viele Circle Pits. Hier gab es sicher am meisten Publikumsinteraktion - ist aber auch klar beider Musik, die dann noch folgen sollte. Human Waste gehen live auf jeden Fall immer. Wundert mich fast ein bisschen, dass Sammy die laut Suchhistorie in den letzten Jahren nie irgendwo gesehen hat. :mrgreen:

Druma - Eine noch recht neue Post-Metal-Band aus Hamburg, die ganz kurzfristig für Shakhtyor an Land gezogen werden konnten. Und eine richtig geile positive Überraschung. Live ist das Genre ja eh eigentlich immer geil - auch in diesem Fall. Sängerin Maike hat eine extrem krasse Stimme und auch musikalisch war das genau nach meinem Gusto. Langsame Aufbauen, brachiale Ausfälle mit klarem Black/Crust und Sludge-Einschlag. Teilweise ziemlich fieses Geballer. Werde ich im Auge behalten, sie dürften ja in Zukunft häufiger in Hamburg zu sehen sein. LP gab es für 12 Euro, ein guter Freund hat sie mitgenommen.

Headliner: Endlich live gesehen! Die übermächtigen Eremit
Doom/Stoner aus Osnabrück. Ein paar hier im Forum kennen sie ja schon, auch von Konzerten. Was für eine Wucht! Was für ein wahnsinnig guter Sound. Ob die sensationallen Riffs oder Mos Gesang, da stimmt einfach alles. Genre durchgespielt. Die bisherige Musik findet komplett in einer Fantasy-Welt statt, in die man durch die hypnotisierenden Songstrukturen teils vollkommen hineingezogen wird. Man steht dann halt nicht mehr vor der Kuhweide, sondern läuft durch die Wüste und bekämpft Monster. Passt. Passend dazu wurde es auch hinter dem Carport (auch hier noch mal: wow, das der Sound so krass angekommen ist) langsam dunkel, wodurch die Nebelmaschine etwas mehr Effekt hatte. Auch hier: Bitte gern wieder. Natürlich auch mal in einem kleinen Kellerraum oder im Hafenklang oder so. Aber auch das war schon mehr als gut.

Nächstes Jahr auf jeden Fall wieder dabei - dann auch über Nacht.
Last.fm!
______________________________________________
Mantar, Mantar

Gelöschter Benutzer 408

Re: Festivalberichte

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Mo 20. Jun 2022, 20:29

Einige, die mittags schon etwas getankt hatten, liefen auch ein paar Runden im Kreis.
Was für ein wunderschöner Satz.

defpro
Beiträge: 2589
Registriert: Fr 20. Mai 2016, 14:38

Re: Festivalberichte

Beitrag von defpro » Mi 22. Jun 2022, 12:28

@Flecha: Top Festivalberichte. Hat Spaß gemacht zu lesen :thumbs:

defpro
Beiträge: 2589
Registriert: Fr 20. Mai 2016, 14:38

Re: Festivalberichte

Beitrag von defpro » Do 7. Jul 2022, 12:25

Will hier auch noch ein paar Worte zum Full Force verlieren, welches ich vor zwei Wochen besucht habe. Insgesamt war es ein schönes Wochenende, mehr aber auch nicht. So richtig viel kann das Full Force dafür aber nicht. Es ist im Jahr 2022 glaube ich einfach nicht mehr das richtige Festival für mich.

Background:
Wie viele andere habe ich mein Ticket bereits 2019 gekauft, als lediglich The Ghost Inside als Headliner veröffentlicht waren. Deren Bestätigung hatte in meinem Freundes- und Bekanntenkreis einen kleinen Hype ausgelöst, dem ich mich angeschlossen habe, obwohl ich die Band zuvor nie krass verfolgt hatte. Ich dachte mir, so ein Genre-Festival inkl. Camping mit Kumpels wird bestimmt eine coole Sache. Die Jahre zuvor hatte ich vor allem Hip-Hop- (Openair Frauenfeld, splash!) und große Metal-Festivals (Graspop) besucht und war ansonsten mit meiner Freundin auf Major-Festivals im europäischen Ausland (FIB, Sziget) unterwegs. Gecampt hatte ich nur noch auf den Hip-Hop-Festivals, ansonsten immer Ferienwohnung oder Hotel. Dann kam Corona und die Absage von zwei Ausgaben. Da TGI als Headliner nach 2022 mitgenommen wurden, haben wir auch unsere Tickets behalten.

Line-up:
Mit jeder neuen Bestätigungswelle machte sich in unserer Gruppe Ernüchterung breit und letztendlich muss man sagen, dass hier objektiv ein für den Preis eher schwaches Line-Up geboten wurde. TGI kann man bei ihrem ersten und einzigen Deutschland-Gig seit dem Unfall sicherlich zum Headliner hochpushen, auch wenn das Momentum seit der Bestätigung natürlich etwas verloren ging. BFMV und Heaven Shall Burn sind jedoch für mich beide für dieses Festival keine adäquaten Headliner, da man diese wirklich jedes Jahr zu Genüge auf deutschen Bühnen sehen kann. Der alles überstrahlende Headliner, der einen dritten kleineren Head rechtfertigen würde (z. B. Parkway Drive 2019), war dieses Jahr auch nicht vorhanden. Dürfte natürlich auch z. T. an Corona liegen, aber andere Festivals haben das deutlich besser gelöst. Auch an anderen Stellen wurde das Programm ein wenig zusammengestrichen. So wurde z. B. auch die "Knüppelnacht" abgeschafft. Generell war das Programm sehr auf Metalcore bzw. Metal-lastiger Hardcore ausgelegt. Bands, die andere Genres bedienen, musste man teilweise mit der Lupe suchen. Die Vielfalt im Programm, die mir bei Festivals immer sehr wichtig ist, hat darunter mMn ein wenig gelitten. Wobei ich fairerweise sagen muss, dass klassische Punk-Bands für mich meistens eher rausfallen und ich mich aus Zeitgründen bei weitem nicht so detailliert mit dem Line-up auseinandergesetzt habe, wie ich es sonst tun würde. Zudem haben einige spannende Bands wie Portrayal of Guilt, Meshuggah, Deafheaven, Obituary oder Venom Prison ihre Auftrite leider abgesagt, die noch mehr Würze in das Programm gebracht hätten.

Orga und Anreise:
Die Organisation im Vorfeld war ziemlich lückenhaft. Ein paar Wochen vor dem Festival konnte man diverse Infos nicht auf der Homepage finden, FAQ-Links sind im Nichts verlaufen, an manche Infos ist man nur gekommen, wenn man sich gewisse Mails aufgehoben und die dortigen Links angeklickt hat. Wurde dann kurz vor dem Festival alles nach und nach optimiert, aber wenn man schon mal etwas im Voraus planen will, dann war das nicht ohne weiteres möglich. Die Festival-App war am Abreisetag noch komplett unbrauchbar und wurde erst nach und nach aktualisiert, damit man zumindest mal Band-Favoriten eintragen konnte.
Die Anreise mit dem Auto war soweit in Ordnung. Die Beschilderung ließ jedoch stark zu wünschen übrig. Wenn man schon ankündigt, dass man sich nicht auf Google Maps, sondern auf die Beschilderung vor Ort verlassen soll, dann sollte man diese auch in petto haben. Es bringt nichts, auf einer geraden Straße ohne Abzweigungen direkt hintereinander drei Schilder mit Geradeaus-Pfeil aufzustellen, an zentralen Kreuzungen aber keinerlei Infos zu geben, wo man abbiegen soll. Vor dem Befahren des Parkplatzes standen wir auch noch etwas im Stau, lässt sich aber logistisch vermutlich nicht anders regeln und hielt sich noch im Rahmen.
Da Car Camping auf dem Full Force ja sehr stark etabliert ist, haben wir uns etwas gewundert, dass niemand vor Ort war, um uns einen Platz zuzuweisen. Wir hatten ein Upgrade für Deep Blue Camping (der zentralste Campingplatz mit den kürzesten Laufwegen) gekauft und nachdem wir die entsprechende Schleuse passiert hatten, hatten wir freie Auswahl. Auf FB habe ich von einer Person gelesen, die auf Deep Blue keinen Platz mehr gefunden hat. Ich vermute, alleine die Tatsache, dass das Festival bei Weitem nicht ausverkauft war, hat verhindert, dass es hier mehr Probleme gab, da die Gruppen sich teilweise sehr großzügig ausgebreitet hatten. Bändchen gab es dafür sehr flott ohne Wartezeit.

Camping:
Das Camping auf Deep Blue hat schon echt Spaß gemacht. Der Platz ist wirklich der beste des gesamten Festivals und den Aufpreis von 45 € pro Auto definitiv wert. Kürzeste Wege zum Food-Court, Badestrand, Busshuttle und Festivalgelände sind schon ein Traum. Duschzelt und Trinkwasserstellen waren innerhalb von 5 Minuten erreichbar. Aus unserer Gruppe haben auch einige Spontan-Mitfahrer ohne separates Deep Blue-Ticket mit uns gecampt. Haben bestimmt noch andere so gemacht, denn kontrolliert werden konnte das mangels separatem Bändchen nicht. Habe generell während des gesamten Festivals nicht einen einzigen Ordner auf dem Campingplatz gesehen. Beim beschwerlichen und gefühlt nicht enden wollenden Weg vom Festivalgelände zurück zum Campingplatz hatte ich jedes Mal Mitleid mit den armen Seelen, die bestimmt nochmal doppelt so lange bis zu ihrem Zelt weiterlaufen mussten. Auch das Car-Camping ist ein Traum. In Zeiten, in denen man jedes Jahr super viel (meist völlig unnötigen) Kram mitnimmt, ist es ein Segen, wenn die nervige Schlepperei wegfällt. Nach einer halben Stunde hatten wir alles aufgebaut.
Die Toiletten waren meist einigermaßen sauber, Duschen zwar zu warm, aber beides in ausreichender Anzahl vorhanden. Interessant fand ich die Entscheidung, bei Toiletten eine Geschlechtertrennung (mit Divers-Inklusion!) durchzuziehen, bei den Duschen jedoch nicht. Wer sich nicht in der engen, nassen Dusche umziehen wollte, musste in den offenen Umkleidebereich, der halt draußen und komplett einsehbar war. Mich hat es jetzt nicht gestört, aber hat bestimmt nicht jeder so gesehen. Eine ziemliche Sauerei war dagegen die Trinkwasserstelle, wo man zwar nie warten musste, dort jedoch einfach permanent das Wasser aus dem Hahn lief. Verstehe ich nicht, wie man in Zeiten von Wasserknappheit so etwas verantworten kann.

Trotz der Annehmlichkeiten unseres Car-Campings muss ich sagen, dass mir das Campen mittlerweile körperlich schon ziemlich zusetzt. Vielleicht ist es das Ü30-Alter, vielleicht die Nachwirkungen meiner Covid-Infektion von 1,5 Wochen vorher, vielleicht die Hitze, vielleicht der Suff, vielleicht auch mein Zeltnachbar, dessen kontinuierliches Schnarchen problemlos meine Oropax durchdrungen und mich um meinen Schlaf gebracht hat. Ich war am Ende auf jeden Fall ganz schön bedient und froh, dass es wieder nach Hause ging. Macht zwar alles immer sehr viel Spaß, aber die Luft war sonntags irgendwann raus und die Energiereserven aufgebraucht. Ich weiß noch nicht, ob ich Festivals mit Camping für mich zukünftig komplett ausschließen will, aber die Vorteile eines gemütlichen Betts in einer gut belüfteten Unterkunft sind definitiv nicht von der Hand zu weisen.

Cashless:
Zuerst das Positive: Alle vorab gebuchten Dinge (gekühltes Bier, Dusch-/Shuttleflatrate, aufgeladenes Guthaben) waren korrekt eingebucht, die Bezahlung hat immer problemlos funktioniert und Cashless wurde auch tatsächlich an allen Ständen akzeptiert. Auf der Contra-Seite: Keine Aufladung mit PayPal möglich trotz gegenteiliger vorheriger Ankündigung, kein Überblick über noch verfügbares Guthaben in der App (wie gesagt: die war wirklich komplett nutzlos), daher natürlich auch kein Tracking der getätigten Ausgaben. Die einzige Möglichkeit, den Stand des Guthabens zu erfahren, war, wenn man an Ständen danach gefragt hat.
Den Vogel abgeschossen hat aber das sog. "Bonus Money". Sobald man mind. 100 € aufgeladen hat, hat man Bonus-Guthaben bekommen, welches man ausgeben konnte. Sollte wohl einen Anreiz schaffen, dass die Leute vorab möglichst viel Geld aufladen, damit die Top-up-Stationen vor Ort nicht überfüllt sind bzw. online bei dem miserablen Netz nicht alles zusammenbricht. Jedoch wurde bei Abbuchungen zuerst das "normale" Geld und erst danach das "Bonus Money" verbraucht. Man hatte also einen Anreiz, den Stand des Guthabens möglichst niedrig werden zu lassen, damit man den Bonus überhaupt in Anspruch nehmen kann. Eingelöst werden konnte der Bonus jedoch nur für Getränke (exklusive Cocktails) und nicht für Essen. Beim angezeigten Guthabenstand war das Bonus Money jeweils immer inkludiert. Bei einigen in unserer Gruppe kam es also irgendwann zu dem Fall, dass man sich an einem Essensstand in dem Glauben angestellt hat, dass man noch genügend Geld aufgeladen hat, nur um dann bei der Bezahlung festzustellen, dass das aktuelle Guthaben fast ausschließlich aus Bonus Money besteht und das "normale" Geld nicht für die Bezahlung des Essens ausreicht. Also raus aus der Schlange, neues Geld aufladen und wieder neu anstellen. :doof: Mein Vorschlag: Entweder das Bonus Money wird bei Zahlungen zuerst und nicht zuletzt verbraucht, oder man kann damit alles bezahlen oder man schafft es einfach komplett ab. So war es einfach nur nervig.

Festivalgelände:
Ich war jetzt nach dem splash! 2018 das zweite Mal auf Ferropolis und muss sagen, dass ich die ganzen Lobeshymnen auf das Gelände etwas übertrieben finde. Ja, das mit dem Baggern sieht schon ganz geil aus und aufgrund der Beleuchtung macht das abends und nachts schon mehr her als eine normale Feldfläche. Der angrenzende See war gerade bei den heißen Temperaturen immer für eine Erfrischung gut, wobei ich das bislang nur im Camping-Kontext und nie auf dem eigentlichen Festival genutzt habe. Allerdings ist das Gelände auch ziemlich zubetoniert, wodurch es bei Hitze teilweise ziemlich unangenehm war. Schattenplätze gibt es abgesehen von der Hardbowl Stage als offene Zeltbühne auch nur wenige. Da hätte man veranstalterseitig gerne mal ein paar Pavillons aufstellen können. Die Seebühne ist aufgrund des abschüssigen Geländes und des Sandes zum langen Stehen und für Moshpit-lastige Konzerte auch weniger geeignet. Das Gelände ist sehr weitläufig, aber in den begrünten hinteren Teil verliert sich so gut wie niemand (vergleichbar zur Bits-Area beim Primavera Sound). Im Gegensatz zum splash! wurde dieser Bereich für das Full Force auch überhaupt nicht genutzt. Das Internet auf dem Festivalgelände war (im Gegensatz zum Campingplatz) eine einzige Katastrophe. Messenger-Apps waren komplett unbrauchbar, mit ein bisschen Glück gingen Anrufe durch.
Trinkwasserstände habe ich auf dem Gelände keine gesehen. Ich glaube, viele haben einfach das Wasser bei den Toiletten getrunken, was soweit ich weiß nicht explizit als Trinkwasser ausgewiesen war. Allerdings durfte man auch nichtalkoholische Tetrapak-Getränke mit auf das Gelände nehmen. Die Getränke empfand ich als relativ teuer, aber da nehmen sich alle Festivals nicht viel. Wasser war auch glaube ich nicht günstiger als andere Soft-Drinks. Das Essensangebot war ebenfalls teuer, aber vielseitig, lecker und es gab dutzende vegetarische und vegane Optionen.

Größter Contra-Punkt ist für mich die Distanz zwischen Campingplatz und Festivalgelände. Ist natürlich alles eine Frage des Anspruchs und ich habe auch schon Festivals mit vergleichbaren (Pukkelpop) oder längeren Wegen (Rock 'n' Heim) besucht, aber mit den Jahren steigen die eigenen Ansprüche halt etwas. :smile: Gerade bei einem für mich sehr lückenhaften Timetable überlegt man es sich zweimal, ob man nur für einen Act das Camp verlässt und den Marsch auf sich nimmt, zumal es auf dem Weg nichts wirklich Spannendes zu sehen gibt (beim splash! gab es damals immerhin einen Frangelico-Stand, der Shots gratis ausgeschenkt hat). Es gab zwar auch einen Busshuttle (dessen Einzelpreis abseits der Flat auch nirgendwo kommuniziert wurde). Dieser fuhr teilweise super regelmäßig, teilweise mussten wir eine knappe halbe Stunde warten und nach dem Headliner kann man das Anstellen eh komplett vergessen. Lässt sich abgesehen von einer erhöhten Shuttle-Taktung nicht wirklich was dran ändern, aber mir sind andere Camping-Konzepte lieber. Sobald man einmal in den Genuss kurzer Laufwege gekommen ist, will man einfach nicht mehr zurück. :mrgreen:

Bands:
Es gab wenig Konzerte, die mich wirklich beeindruckt haben. Das lag gerade am letzten Tag sicherlich an der fehlenden Energie und generell auch daran, dass ich mich im Vorfeld relativ wenig vorbereitet habe und privat sehr viele Core-Sachen wenig bis gar nicht mehr höre. Das Einarbeiten in das Primavera-Line-up war da für mich deutlich spannender, sodass für das Full Force kaum noch Zeit blieb.

Bester Gig des Wochenendes waren für mich Kvelertak am Samstag. Hab die Band immer gerne gehört, aber noch nie live gesehen und der Genre-Mix als Black-, Heavy Metal und Punk macht einfach richtig Spaß. Es war brutal heiß und eigentlich kaum auszuhalten, aber die Menge hatte richtig Bock. Die Stagedive-Einlage des Gitarristen war auch ziemlich klasse. Ein rundum guter Auftritt. Dank Warten auf den Busshuttle leider zu Beginn einige Songs verpasst.

Positiv erwähnt werden sollten auf jeden Fall auch noch The Ghost Inside, ebenfalls am Samstag. Im Gegensatz zu BFMV hat sich das hier wirklich nach einem Headliner-Auftritt angefühlt. Die Mainstage war ziemlich gut gefüllt und die Band war sichtlich überwältigt von der euphorischen Crowd. Es gab emotionale Ansprachen, natürlich wurde auch der Unfall thematisiert, zum Abschluss wurde noch ein Feuerwerk gezündet. Ich nehme ihnen den besonderen Bezug zum Full Force auch total ab und verstehe, wieso sie hier ihr Deutschland-Comeback feiern wollten. Wenn mich das jetzt alles noch musikalisch so stark abholen würde... Die Band hat einige richtig gute Songs in petto, manche Hooks sind ziemlich catchy, aber zwischendrin klingt auch vieles relativ ähnlich. Aber für viele war das schon ein besonderer Moment und an manchen Stellen habe ich mich ebenfalls mitreißen lassen.

An der Hardcore-Front haben Malevolence (Samstag) und Knocked Loose (Sonntag) noch ziemlich abgerissen. Erstere konnten mit ihrem vielseitigen Sound zwischen Hardcore, Sludge und Pantera-Gedächtnis-Riffs überzeugen und letztere hatten die fiesesten dissonanten Breakdowns des ganzen Festivals (die Stimme des Sängers bleibt für mich jedoch immer noch gewöhnungsbedürftig).

Ziemlich cool waren auch wieder Rolo Tomassi (Samstag) vor winziger Crowd, obwohl ich sie auf der letzten Tour besser fand. Lag auch daran, dass ich viele Songs nicht erkannt habe, die meisten vermutlich von der neuen Platte, aber es gab genügend Klassiker der "Time Will Die..."-Scheibe, die ich zur Auffrischung besser nochmal hören sollte. War auch – wenn mich meine Erinnerung nicht trügt – die einzige Frau, die ich während des gesamten Wochenendes auf der Bühne gesehen habe (Equilibrium haben noch eine Keyboarderin, aber die war meine ich nicht auf der Bühne). Liegt sicherlich auch an der Szene, aber dieses Thema kann sich das Booking-Team gerne mal stärker auf die Agenda schreiben.

SeeYouSpaceCowboy (Samstag) ist noch so eine Band, die live mit ihrem Math-/Emo-/Metalcore-Mix auf jeden Fall Laune gemacht haben. Ich kannte echt kaum Songs und sollte mich mit denen auf jeden Fall näher beschäftigen.
Der Death Metal von Gatecreeper direkt im Anschluss klang auch astrein, wenn auch gegen Ende etwas repetitiv. In diese Richtung hätte ich mir gerne mehr Buchungen gewünscht.

Etwas enttäuscht war ich von den beiden Hardcore-Auftritten von Drain und Vein.fm freitags auf der Backyard-Stage. Der Sound war jeweils relativ mäßig, die Industrial-Spielereien bei Vein.fm kamen kaum rüber und ich glaube, ich verstehe nun, was Sammy meint, wenn er sagt, dass diese Bands auf solchen Festivals einfach verheizt sind. Gerade bei Vein.fm hätte eigentlich das komplette Chaos in der Crowd ausbrechen müssen, aber am Ende waren es wieder dieselben Moshpit-Dudes wie auf allen anderen Konzerten und das wars. Auf reinen Hardcore-Festivals kommen solche Gigs wahrscheinlich noch besser, aber eigentlich brauchen diese Bands einfach dunkle schwitzige Club-Gigs. Auf der nicht sonderlich großen Backyard-Stage verläuft sich das im Publikum einfach zu sehr.

Ansonsten habe ich noch Neck Deep (bisschen im Hintergrund), Boston Manor, Bullet for My Valentine (alle Freitag), Beartooth (im Hintergrund am Samstag), Imminence und Bury Tomorrow (beide Sonntag) gesehen. War alles nicht verkehrt, aber so wirklich umgehauen hat mich da eigentlich nichts. Ausnahme Beartooth, die einer Essenspause zum Opfer gefallen sind und die trotz eines lahmen letzten Albums live immer gut abreißen.

Donnerstags gab es auf der Hardbowl-Stage noch eine Pre-Party mit DJ, wo mir bereits aufgefallen ist, dass ich in der Szene wohl nicht mehr so drin bin, da ich wirklich kaum einen Song erkannt habe. :lol:

Fazit:
Klang jetzt teilweise etwas kritisch und so richtig euphorisiert war ich bei den meisten Konzerten auch eher selten, aber das muss ich mir in den meisten Fällen auf die eigene Kappe schreiben. Ich habe gemerkt, dass so ein Core-lastiges Festival mittlerweile nichts mehr für mich ist. Mir fehlt da die Abwechslung, die besonderen Acts, die herausstechen. Selbst auf dem Graspop habe ich innerhalb des Metal-Spektrums eine breite Auswahl und kann munter zwischen Core, Death, Black, Thrash oder Altherren-Heavy Metal hin und her wechseln. Das war in diesem Jahr beim Full Force nur eingeschränkt möglich und die meisten der Nicht-Metalcore-Acts haben mich einfach nicht gejuckt oder sind Überschneidungen zum Opfer gefallen. Ich bin gespannt, ob die Genre-Beschränkung in diesem Jahr Corona geschuldet war und man sich in den nächsten Jahren wieder vielseitiger aufstellt. Mein Tipp wäre zweiteres, schließlich waren für 2020 ursprünglich auch mal Amon Amarth als Headliner gebucht. Dann werden hoffentlich bewährte Konzepte wie die "Knüppelnacht" weitergeführt, was letztendlich auch eine breitere Publikumsschicht anspricht und für mehr Abwechslung bei den Auftritten sorgt.
Meine Beobachtung war jedoch, dass die meisten im Publikum viel Spaß bei den Konzerten hatten. Da lag es eher an meinen persönlichen Umständen, dass ich diese Euphorie nicht immer teilen konnte. Das Camping mit den Kumpels war natürlich auch wieder sehr lustig, aber für Suff und Party muss ich nicht unbedingt durch halb Deutschland gurken. Ein paar coole Konzerte waren für mich dennoch dabei. Ich glaube jedoch nicht, dass ich in den nächsten Jahren nochmal den Weg zum Full Force auf mich nehme. Da gibt es andere Festivals, die mich dann doch mehr reizen dürften. Und wenn es dann doch nochmal die Core-Breitseite sein soll, dann wäre ein möglichst Punk-armes Vainstream für mich letztendlich wohl die bessere Wahl (sorry Sammy, bitte vergib mir).

Benutzeravatar
SammyJankis
Beiträge: 9068
Registriert: So 13. Sep 2015, 14:46

Re: Festivalberichte

Beitrag von SammyJankis » Do 7. Jul 2022, 12:38

defpro hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 12:25
Ziemlich cool waren auch wieder Rolo Tomassi (Samstag) vor winziger Crowd, obwohl ich sie auf der letzten Tour besser fand. Lag auch daran, dass ich viele Songs nicht erkannt habe, die meisten vermutlich von der neuen Platte, aber es gab genügend Klassiker der "Time Will Die..."-Scheibe, die ich zur Auffrischung besser nochmal hören sollte. War auch – wenn mich meine Erinnerung nicht trügt – die einzige Frau, die ich während des gesamten Wochenendes auf der Bühne gesehen habe (Equilibrium haben noch eine Keyboarderin, aber die war meine ich nicht auf der Bühne). Liegt sicherlich auch an der Szene, aber dieses Thema kann sich das Booking-Team gerne mal stärker auf die Agenda schreiben.

SeeYouSpaceCowboy (Samstag) ist noch so eine Band, die live mit ihrem Math-/Emo-/Metalcore-Mix auf jeden Fall Laune gemacht haben. Ich kannte echt kaum Songs und sollte mich mit denen auf jeden Fall näher beschäftigen.
Der Death Metal von Gatecreeper direkt im Anschluss klang auch astrein, wenn auch gegen Ende etwas repetitiv. In diese Richtung hätte ich mir gerne mehr Buchungen gewünscht.
SeeYouSpaceCowboy haben eine Sängerin :D

Du hättest außerdem Scowl gucken sollen.
There is panic on the streets

Lastfm

fipsi
Beiträge: 12014
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:54

Re: Festivalberichte

Beitrag von fipsi » Do 7. Jul 2022, 12:40

Goodlive kackt dieses Jahr aber auch richtig rein bei der Orga. Melt war schon schlimm und vom Full Force und Splash hört man ähnliches. Schon sehr schade.

Hätte das Full Force mit einem spannenderen Line Up schon in Betracht gezogen, aber da haben wirklich alle Highlights abgesagt. Gefühlt hatte man auch versucht viele Frauen zu buchen, aber die haben fast alle abgesagt oder sind Bestandteile von Bands, die hier auch nicht so sehr funktionieren.

Ich würde in Ferropolis übrigens nur noch den VIP Bereich in Anspruch nehmen. Allein der kostenlose Sonder-Shuttle ist da wirklich ein enormer Pluspunkt, weil der Weg gerade nachts echt zäh ist.

Benutzeravatar
SammyJankis
Beiträge: 9068
Registriert: So 13. Sep 2015, 14:46

Re: Festivalberichte

Beitrag von SammyJankis » Do 7. Jul 2022, 13:26

Ich war am Wochenende auf dem Ieperfest, mein mittlerweile 6. Besuch, wenn ich mich nicht verzählt habe. Die Anfahrt war schrecklich, denn in Belgien wird gerade gefühlt überall gebaut und aus knapp über drei wurden fast sechs Stunden. Allerdings war der Freitag für mich eh der schwächste Tag. Einzig das Verpassen von Dare und vor allem Judiciary hat geschmerzt, wobei ich Letztere auch schon mehrfach gesehen habe. Es gab im Vergleich zu 2019 wieder leichte Veränderungen, die vor allem die Lage des Campingplatzes betrafen. Außerdem ist die kleinere Bühne jetzt in einem etwas größeren Zelt, welches auch über einen Bretterboden verfügt, sehr fein. Ansonsten ist alles wie gehabt, sehr leckeres veganes Essen, das More Than Music Zelt mit Vorträgen und Filmen, Yoga und Krav Maga Workshops. Außerdem ist das Festival lächerlich sauber. Man muss schon fast nach Müll suchen. Zu den Bands:

Freitag:

The Curse of Millhaven – Solider Death Metal als Festivalstart für mich. Den Namen habe ich schon oft in verschiedenen Line Ups gelesen, aber bisher nie dazu gekommen, mir die Band anzusehen. War soweit in Ordnung, würde ich mir durchaus nochmal geben.

Gatecreeper – Bereits am Mittwoch davor gesehen, aber die Band kann man auch gerne zweimal kurz nacheinander gucken. Ist auch erst die zweite Europatour der Band. Setlist bleib gleich, das Publikum war allerdings ein anderes, denn es wurde harter Mosh vor der Bühne betrieben. Es war wild, guter Gig.

Eleanora – Auch eine Band, die ich lange oft verpasst habe. Post-Metal mit Gesang aus Belgien. War ordentlich Druck hinter und hat Spaß gemacht.

Terror – Auch erst vor Kurzem gesehen, aber die Band spielt eigentlich immer gute Shows, also was solls? Setlist war wie in Dortmund, Show aber deutlich besser. Durchweg Singalongs und Stage Dives und der Mosh war ebenfalls hart. Bester Terror Show seit locker Mitte der 2010er. Wären an dem Tag der würdige Headliner gewesen.

One Step Closer – Die werden halt irgendwann mal mit ihrem Sound Touche Amore und Co. beerben, aber soweit ist es noch nicht. Bis dahin kann der Sänger auch noch etwas an seiner Stimme arbeiten, denn die war doch etwa dünn. Allgemein war es zwar ganz cool, aber irgendwie hätte ich doch ein Bisschen mehr erwartet.

Stick to You Guns – Ich war wirklich gespannt, ob die band der Position gerecht wird. Klares Nein. Es war unglaublich wenig los vor der Bühne. Ich habe sowieso noch nie so ganz verstanden, warum die Band so groß ist. Hab es dementsprechend auch nach 20-25 Minuten vorgezogen, ins Bett zu gehen.


Samstag:

Loud Love – Belgische Band im Stile der Wave Bands, war okay, mehr aber auch nicht.

Last – Erste H8000 Band des Wochenendes, die ich gesehen habe. War der typische, metallische Hardcore Sound. Gutes Ding zu dieser frühen Uhrzeit.

Last Wishes – Im Endeffekt das gleiche Set wie vor ein paar Wochen in Essen. Stumpfer Sound und Amokmosh. Natürlich war Essen aufgrund des winzigen Raumes ein Stückchen besser, aber auch hier war es durchaus unterhaltsam. Würde ich mir privat nicht anhören, aber live kann man sich sowas schon mal geben.

Overlord – So um 2010 mal eine Band mit dem Namen gesehen und ich war mir unsicher, ob es sich dabei um diese Band handelt. Sie war es und es war ziemlich egal. Random Hardcore Sound, hätte ich nicht gebraucht.

Deconsecrate – „South of Heaven“ Cover als Intro hat mich direkt komplett abgeholt. Danach wieder der typische H8000 Sound, wobei ich es etwas fetter fand als bei Last. Ob die Band nun zwei Sänger braucht, sei mal dahingestellt, aber es war ne gute Show.

Coffin Feeder – Im Oktober auf einem Festival in Belgien gesehen. Damals hat es mich gar nicht abgeholt, aber ich muss meine Meinung etwas revidieren. Der Auftritt war schon recht fett, das Hatebreed Cover auch. Der dritte Gig wird entscheiden, wann auch immer er kommt.

Chain Reaction – Wurden kurzfristig als Ersatz für Mainstrike bestätigt. Der Sänger der Band ist bekanntlich auch Sänger bei Rise and Fall gewesen und der Sound der Bands ist recht ähnlich. Dementsprechend kommt man um Vergleiche nicht herum und da gewinnt Rise and Fall immer. Der Gig am Samstag war allerdings gar nicht so verkehrt und das Feature des Mindwar Sängers auch ganz fett.

Street Soldier – Natürlich der erwartete Auftritt. Die Band ist so stumpf, das kann nicht ernstgemeint sein. Allein der Sänger mit seinen 60er Oberarmen, der so einen heftigen Akzent hat, dass man keine einzige Ansage versteht. Dazu der Drummer, der jeden der ungefähr 17 Breakdowns pro Song im Stehen anzockt. Publikumsreaktionen waren natürlich dementsprechend. Es ist einfach nur absurd stumpf. Großartige Unterhaltung.

Questions – Band aus Brasilien, die alle 2-3 Jahre mal rüberkommt und ne längere Europatour zockt. Super sympathische Dudes, aber die Mucke ist leider echt langweilig.

Drain – Letzte Show der Tour und die Stimme des Sängers war komplett im Arsch. Er hat aber trotzdem durchgezogen. Bessere Show als in Dortmund. Hätte etwas mehr Singalongs erwartet. Dafür gab es extrem harten Mosh. Es war einiges los. Letzter Song „California Cursed“ inkl. Bühnensturm, ziemliches Chaos und würdiges Ende. Es klang so als würde die Band in absehbarer Zeit wieder rüberkommen. Hoffe auf ne schöne Show in einer kleinen Location in der Nähe.

Mindwar – Vielleicht der beste Gig des Wochenendes. Totales Chaos ab der ersten Sekunde des Intros. Unfassbar harter Mosh, komplett textsichere Crowd, Stage Dives, es war großartig. Ein Stage Diver hat zwischendurch eine Box abgerissen. Probs an dieser Stelle an den Mischer, der diese mit 2-3 anderen Leuten in aller Ruhe wieder aufgebaut hat, während 1,5 Meter neben ihm das Chaos herrschte. Tiefenentspannt, der Mann. Seit Redemption Denied 2014 auf dem Ieper habe ich keine so gute Show einer belgischen Band gesehen. Sehr geil.

Vein.fm – Es war cool, Sound auch deutlich fetter als in Dortmund, weil ein zweiter Gitarrist am Start war und generell ist der Sound schon recht einzigartig, aber irgendwie haben die ihr Momentum verspielt. 2017/2018 waren die der Hype-Shit und irgendwie ist davon nichts mehr übrig. Außerdem ist der Clean Gesang mehr als aufbaufähig.

Whatever It Takes – Viel zu oft gesehen und keine Ahnung warum. Super stumpfer Sound, die Band wirkt auch sehr unsympathisch. Bin nach der Hälfte des Sets was Essen gegangen.

Morning Again – Kein Vergleich zu 2014, aber immer noch ein unterhaltsamer Gig. Die Band hat mit ihrem Metalcore Sound sicherlich viele aktuelle bands beeinflusst. Vor der Bühne primär älteres Publikum. Paar Singalongs, ordentlich Mosh, „Refuse/Resist“ Sepultura Cover, war schon ganz cool.

Sektor – Alte H8000 Band, die seit einigen Jahren gelegentlich wieder Shows spielt. Typischer Sound, auf jeden Fall wütend. Publikumsreaktionen waren vorhanden, wenn auch etwas verhaltener als ich dachte. Insgesamt aber ein gutes Set.

Mindforce – Der Hauptgrund für meine Anwesenheit. Erste Europa Show. Erster Song „Nightmare“, ich war drin, der Rest der Crowd auch. Danach viel vom Album mit 2-3 Ausnahmen. Die Riffs kommen auch live sehr gut rüber. Gig war insgesamt gut, aber hätte etwas mehr erwartet. Die Crowd war allgemein am Wochenende eher auf Mosh fokussiert als auch Singalongs. Sehr ärgerlich war auch die Fast-Schlägerei auf der Bühne zwischen einem Stage Diver und einem Mitglied einer anderen Band, der sich den Gig von der Seite angeguckt hat. Naja, denke aber, dass die Band eh nochmal rüberkommen wird und dann hoffentlich mit Club Gigs, zur Not halt in UK. „Excalibur“ gab es als Closer, totales Chaos und versöhnlicher Abschluss.

Eyehategod – Vor zehn Jahren zum ersten Mal gesehen auf diesem Festival und auch heute gucke ich die Band immer noch gerne. Die düstere, fast nihilistische Aufmachung gepaart mit dem Wechsel als schneller hardcoresken Sounds und schleppenden Abschnitten. Die Band weiß, wie sie mich abholt und ich war damit nicht allein. Kein Gig am Wochenende auf der kleinen Bühne war so gut besucht.

Knocked Loose – Zweiter Gig des Tages für die Band aus Kentucky, nachdem sie schon mittags beim Vainstream gespielt haben. Mit Abstand bester Headliner-Gig des Wochenendes. Bin echt fasziniert, dass die Band mit diesem stumpfen Sound so groß geworden ist, aber es ist schon super tight gespielt. Die hohe Stimme des Sängers ist sicherlich gewöhnungsbedürftig, hebt sich aber schon ab von anderen Bands. Vor der Bühne war auch eine Menge los. Höhepunkt auf jeden Fall „All My Friends“. Hab das Gelände zufrieden verlassen.


Sonntag:

Pound – Drum-Gitarre-Duo, irgendwas im Noise/Sludge Bereich. Auf jeden Fall schwere Kost für 12 Uhr, aber mich konnte die Band überzeugen. Alles andere als eingängig, aber war auf jeden Fall interessant.

Animal Club – Als Intro wurden „Intro Grunt“ von The Rival Mob gecovert, hat die Crowd auf jeden Fall geweckt. Der eigentliche Sound der Band ging aber eher in Richtung Youth Crew. Guter Gig, wenn ich das richtig verstanden habe auch der Vorletzte. Im September oder Oktober ist Schluss.

Warface – Die erste von vielen Triple B Bands an diesem Tag. Rougher, schneller Hardcore Sound, die Crowd war direkt in Mosh-Laune, viele Side to Sides. Probs auf jeden Fall für den Song, der Brody King gewidmet wurde mit den Worten, dem „Future AEW World Champion“. Set ging vielleicht 15 Minuten. Danach wurden munter Besetzungen gewechselt und noch 2-3 Songs anderer Triple B Bands zum Besten gegeben. Unter anderem von C4, was mich komplett abgeholt hab. Hoffe, die kommen bald auch mal rüber.

Scowl – Erleben im Moment auch vollkommen Zurecht einen kleinen Hype. Gig war jetzt nicht überragend, aber hat schon Spaß gemacht. Auf der kleinen Bühne wäre es sicherlich besser gewesen. Die Crowd war wieder moshlastig unterwegs, also eigentlich alles wie gehabt.

The Fight – Im Endeffekt ein analoges Set zum Warface Set, nur ohne die zusätzlichen Songs am Ende. War auch cool.

Zulu – So eine unfassbar gute Band. Power-Violence Set mit zwei EPs, ging natürlich keine 20 Minuten trotz einer Menge Skits zwischendurch. Es war ultrahart. Die Band in einem kleinen Laden wäre der komplette Abriss und die werden safe wieder rüberkommen. Haben, wenn ich das richtig gesehen habe, sogar aufm Roskilde gespielt.

Restraining Order – Auch ein analoges Set zu Warface und The Fight. Allerdings mit krasseren Publikumsreaktionen. Hier waren doch einige, textsichere Leute vor der Bühne.

Magnitude – Auch sehr drauf gefreut und nicht enttäuscht worden, auch, wenn noch Luft nach oben ist. Mit „Opposition“ direkt den besten Song als Opener gezockt. Crowd war direkt dabei. Viele Singalongs und generell mehr Chaos auf der Bühne. Davor wie immer das übliche Treiben. Der Sound ist halt auch super tight und ich hab so Bock auf die Tour mit One Step Closer im Oktober in kleineren Hallen. Letzter Song natürlich „To Whatever Fateful Ende“, guter Gig.

Dead Heat – Haben das kleine Zelt auch gut abgerissen. Sound deutlich metallischer als die Bands vorher. Die und Mindforce zusammen auf Tour wäre ein Träumchen. Die Crowd war auf jeden Fall voll drin und die Band hatte ordentlich Spaß.

Get the Shot – Schon immer irgendwie eine peinliche Band gewesen und daran hat sich nichts geändert. Absolut langweiliger Hardcore. Nach dem halben Set hab ich es vorgezogen, etwas zu Essen.

Frontierer – Mathcore, deutlich chaotischer als alles, was vorher passiert ist. An sich sollte mir das gefallen, aber wie schon vor einigen Jahren beim Arctangent hat es mich nicht vollständig abgeholt.

Downfall of Gaia – Es war viel zu hell für den düsteren, Black Metal lastigen Sound. Außerdem gab es ein paar Probleme mit einem Mikro, sehr ärgerlich. Gig war soweit okay, aber hab die Band schon deutlich besser gesehen.

Skemer – Projekt eines Amenra Mitglieds und seiner Frau. Darkwave, elektronischer Sound, er loopt dazu ein Bisschen mit seiner Gitarre und sie tanzt und haucht ab und an mal was ins Mikro. War ganz spannend, hat aber viele Leute abgeschreckt.

Liar – Eine der größte H8000 Legenden. Vor der Bühne gefühlt nur Ü40-Publikum, die alle komplett textsicher waren. Gegen den Sound kann auch nichts sagen. Absolut böser metallischer Hardcore. Würden die das heute rausbringen würde es immer noch viele Fans finden. Gab auch hier Andeutungen, dass nicht mehr allzu viele Shows gespielt werden. Also schön, die Band mal gesehen zu haben.

Hemelbestormer – Post-Metal aus Belgien mit sehr langsamen Aufbauten. Mittlerweile fast 10x gesehen und sie liefern eigentlich beständig gut ab. So auch hier. Klar, bei nem 45 Minuten Slot gibt es dann halt vier Songs, aber es war eine gute Abwechslung zu den Hardcore Sets.

Wiegedood – So oft in letzter Zeit gesehen und die Band ist im Moment einfach das Maß der Dinge im Black Metal. Der Sound ist wuchtig, das Screaming top, der Kehlkopfgesang ebenfalls. Auch hier war es noch etwas zu hell, aber trotzdem wie immer ein klasse Gig.

Wolvennest – Hatten mit ihrem relativ psychodelischen Sound einen schweren Stand. Das Zelt war recht leer. Trotzdem ein solider Gig.

Lionheart – Ähnlich wie Stick to Your Guns in meinen Augen ein verschwendeter Headliner Slot. Die Band ist komplett überbewertet, aber gut für mich. So konnte ich früher den Heimweg antreten.


Insgesamt war es wieder ein schönes Wochenende. Leider nicht so voll wie 2019, aber man scheint sich gesund geschrumpft zu haben. Ein Termin für nächstes Jahr wurde schon bekanntgegeben und bleibt auch auf meinem Radar. Wünsche meinerseits wären Obituary, Blind to Faith, Spirit Crusher und Cold World.
There is panic on the streets

Lastfm

defpro
Beiträge: 2589
Registriert: Fr 20. Mai 2016, 14:38

Re: Festivalberichte

Beitrag von defpro » Do 7. Jul 2022, 13:54

SammyJankis hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 12:38
defpro hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 12:25
Ziemlich cool waren auch wieder Rolo Tomassi (Samstag) vor winziger Crowd, obwohl ich sie auf der letzten Tour besser fand. Lag auch daran, dass ich viele Songs nicht erkannt habe, die meisten vermutlich von der neuen Platte, aber es gab genügend Klassiker der "Time Will Die..."-Scheibe, die ich zur Auffrischung besser nochmal hören sollte. War auch – wenn mich meine Erinnerung nicht trügt – die einzige Frau, die ich während des gesamten Wochenendes auf der Bühne gesehen habe (Equilibrium haben noch eine Keyboarderin, aber die war meine ich nicht auf der Bühne). Liegt sicherlich auch an der Szene, aber dieses Thema kann sich das Booking-Team gerne mal stärker auf die Agenda schreiben.

SeeYouSpaceCowboy (Samstag) ist noch so eine Band, die live mit ihrem Math-/Emo-/Metalcore-Mix auf jeden Fall Laune gemacht haben. Ich kannte echt kaum Songs und sollte mich mit denen auf jeden Fall näher beschäftigen.
Der Death Metal von Gatecreeper direkt im Anschluss klang auch astrein, wenn auch gegen Ende etwas repetitiv. In diese Richtung hätte ich mir gerne mehr Buchungen gewünscht.
SeeYouSpaceCowboy haben eine Sängerin :D

Du hättest außerdem Scowl gucken sollen.
Ups. :lol: Dabei hab ich mir sogar Musikvideos von denen angesehen. Ist schon nicht so ganz eindeutig. Aber mea culpa.

Scowl hatten leider recht früh gespielt, sonst hätte ich da mal reingehört.

Benutzeravatar
Quadrophobia
Beiträge: 16673
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:15
Wohnort: Hamburg
Kontaktdaten:

Re: Festivalberichte

Beitrag von Quadrophobia » Do 7. Jul 2022, 14:01

SammyJankis hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 13:26

denn es wurde harter Mosh vor der Bühne betrieben.

allein für solche Formulierungen lohnt es sich schon, deine Berichte zu lesen :grin:

cast1
Beiträge: 1794
Registriert: Mo 19. Okt 2015, 23:49

Re: Festivalberichte

Beitrag von cast1 » Do 7. Jul 2022, 16:49

fipsi hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 12:40


Ich würde in Ferropolis übrigens nur noch den VIP Bereich in Anspruch nehmen. Allein der kostenlose Sonder-Shuttle ist da wirklich ein enormer Pluspunkt, weil der Weg gerade nachts echt zäh ist.
Und wo liegt der Unterschied zum normalen Shuttle ?

fipsi
Beiträge: 12014
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:54

Re: Festivalberichte

Beitrag von fipsi » Do 7. Jul 2022, 17:28

cast1 hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 16:49
fipsi hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 12:40


Ich würde in Ferropolis übrigens nur noch den VIP Bereich in Anspruch nehmen. Allein der kostenlose Sonder-Shuttle ist da wirklich ein enormer Pluspunkt, weil der Weg gerade nachts echt zäh ist.
Und wo liegt der Unterschied zum normalen Shuttle ?
Es gibt einen separaten Ein/Ausgang von dem der Shuttle direkt zum Eingang des VIP-Campingplatzes fährt. Wenn es gut läuft, ist man so innerhalb von 5 Minuten vom Festivalgelände am Zelt. Dieses Jahr waren auch viele normale Camper in dem Shuttle, weil es keinerlei Kontrollen gab.

defpro
Beiträge: 2589
Registriert: Fr 20. Mai 2016, 14:38

Re: Festivalberichte

Beitrag von defpro » Fr 8. Jul 2022, 10:11

fipsi hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 17:28
cast1 hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 16:49
fipsi hat geschrieben:
Do 7. Jul 2022, 12:40


Ich würde in Ferropolis übrigens nur noch den VIP Bereich in Anspruch nehmen. Allein der kostenlose Sonder-Shuttle ist da wirklich ein enormer Pluspunkt, weil der Weg gerade nachts echt zäh ist.
Und wo liegt der Unterschied zum normalen Shuttle ?
Es gibt einen separaten Ein/Ausgang von dem der Shuttle direkt zum Eingang des VIP-Campingplatzes fährt. Wenn es gut läuft, ist man so innerhalb von 5 Minuten vom Festivalgelände am Zelt. Dieses Jahr waren auch viele normale Camper in dem Shuttle, weil es keinerlei Kontrollen gab.
Das behalte ich mir auf jeden Fall mal im Hinterkopf, falls es mich nochmal nach Ferropolis verschlägt. :thumbs:

Benutzeravatar
SammyJankis
Beiträge: 9068
Registriert: So 13. Sep 2015, 14:46

Re: Festivalberichte

Beitrag von SammyJankis » Sa 9. Jul 2022, 13:20

Ich war gestern zum ersten Mal seit 2012 oder so bei Bochum Total. Es ist in meinen Augen mit Abstand das schlimmste Umsonst Festival durch die Lage in der Innenstadt. Die ganze Stadt ist da, es ist einfach viel zu voll. Außerdem wird man durchgehend an jeder Stelle durch irgendeinen DJ beschallt, anstrengend. Natürlich trotzdem irgendwie eine supportenswerte Veranstaltung, aber das Line Up gibt in der Regel nichts für mich her. Dieses Jahr war das anders, deswegen auch mein Besuch.

ZSK – Allseits bekannte Punkband, tatsächlich noch nie gesehen. Setlist bestanden zu 90 Prozent aus Songs gegen rechts und 10 Prozent aus Songs übers Saufen. Konnte man mit Rechnen. Musikalisch allerdings eher mau. "The Passenger" Cover war aber ganz cool. Und es gab, warum auch immer, Konfetti und riesige aufbasbare Bälle, völlig unpassend. Naja, muss ich nicht nochmal sehen.

Long Distance Calling – Der Grund meines Erscheinens. Früher gerne gehört, auch 2-3x gesehen. Dann kam der Sänger, die Alben wurden in meinen Augen schlechter und ich habe die Band irgendwie aufgegeben, aber für lau kann man ja mal wieder einen Blick riskieren. Zu Beginn gab es, soweit ich das überblicken konnte, eher neuere Songs, die mich nicht abgeholt haben, aber in der zweiten Hälfte wurden ältere Sachen gespielt, die besser ankamen. Ich war etwas skeptisch, ob eine Instrumental Band bei einem Umsonst Festival gut ankommt, aber neben einigen Die Hard Fans in den ersten Reihen, die auch einen Pit erzeugt haben, gab es auch eine Menge Ottonormalbesucher, die begeistert wirkten. War insgesamt ein guter Gig, leider immer noch mit teilweise peinlichem Posing, aber das gab es schon zehn Jahren und wird sich wohl nicht mehr ändern.
There is panic on the streets

Lastfm

Benutzeravatar
SammyJankis
Beiträge: 9068
Registriert: So 13. Sep 2015, 14:46

Re: Festivalberichte

Beitrag von SammyJankis » Sa 30. Jul 2022, 01:46

Ich war gerade auf dem Nord Open Air in Essen. Seit der letzten Ausgabe 2019 hat sich wenig geändert. Line Up ist für ein Umsonst Festival lächerlich gut. Dementsprechend überfüllt ist das Ganze auch, sehr anstrengend. Konnte nur eine Band mitnehmen und morgen hab ich auch schon etwas Anderes vor. Hätte gerne Unearth geguckt, aber halt auch schon mal gesehen, passt schon.

Sick Of It All - Pete Koller kann aufgrund einer OP die momentane Tour nicht mitspielen und wird durch den Gitarristen von Agnostic Front ersetzt. Sound war wie eigentlich immer bei der Veranstaltung bescheiden, wenn auch nicht so katastrophal wie bei einigen anderen Acts in den Vorjahren. Die Band war standesgemäß gut aufgelegt. Setlist bot keine großen Überraschungen, das übliche Best Of Set. Hab die Band immer gerne geguckt und es war auch dieses Mal nicht schlecht, aber die Herren sind alt geworden und die Energie bleibt langsam aber sicher auf der Strecke. Die Crowd hat dennoch alles gegeben, leider teilweise etwas nervig, aber gut, ist auch ne Umsonst Veranstaltung, was will man erwarten? Bei der Wall of Death bei "Scratch the Surface" hat sich dann ein Besucher ernsthaft verletzt, sodass das Set mehrere Minuten unterbrochen wurde. Danach gab es noch 2-3 Songs und das wars dann auch. Spielzeit knapp eine Stunde, für lau kann man nicht meckern.
There is panic on the streets

Lastfm

Benutzeravatar
SammyJankis
Beiträge: 9068
Registriert: So 13. Sep 2015, 14:46

Re: Festivalberichte

Beitrag von SammyJankis » So 31. Jul 2022, 15:15

Ich war gestern auf dem Knotfest in Oberhausen. Den vollen Preis hätte ich nicht gezahlt, aber in der letzten Woche vor dem Event sind die Preise ziemlich stark gefallen, sodass ich mir ein Ticket geschossen hab. Habe Slipknot seit über zehn Jahren nicht mehr gesehen und es gab auch einige andere Acts, auf die ich Lust hatte, dazu noch der kurze Anfahrtsweg. Das Event hat in Oberhausen beim Centro stattgefunden mit zwei Bühnen, eine in der Arena, die andere, größere Bühne auf einem Parkplatz. Bühnenwechsel war den ganzen Tag über problemlos in fünf Minuten möglich. Die Aufteilung der Bands war auch gut gewählt, sodass die Indoor-Bühne zu keinem Zeitpunkt überfüllt war. Der Einlass hat problemlos geklappt. Organisatorisch war es generell eine runde Sache. Der Sound der Outdoor-Stage war überraschend gut, Toiletten waren mehr als genug vorhanden und auch an den Essens- & Getränkeständen hielten sich die Wartezeiten in Grenzen. Die Essensauswahl war allerdings sehr traurig und generell hatte die Veranstaltung gar kein Flair. Ein absolut lieblos hingeklatschtes, großes Festival. Es gab allerdings die Möglichkeit, gegen einen Aufpreis ein Museum zu besuchen, in dem alte Masken der Slipknot Mitglieder etc. ausgestellt wurden. Hat mich null interessiert, wurde aber vom Rest der Crowd dankend angenommen. Die Schlange vor dem Museum war den ganzen Tag über unglaublich lang. Generell merke ich mittlerweile, wie anstrengend ich solch große Veranstaltungen mittlerweile finde. Mit vielen Leuten kommen auch einfach viele Trottel. Egal ob unlustiger Sexismus, Oberkörperfrei-Bros, Leute, die sich vollkommen aus dem Leben saufen oder Menschen mit wahlweise Onkelz oder Burzum Merch, das brauch ich echt alles nicht. Zum Glück war das Gelände so weitläufig, dass man sich im hinteren Teil immer entspannt hinstellen konnte und auch in der Arena, die angenehm kühl war, auf den Sitzplätzen hat man immer ein gutes Plätzchen gefunden. Eine letzte Anmerkung noch bzgl. des Merchs. Ich will gar nicht über die Preise reden, aber es ist faszinierend, wie wenig Mühe sich große Bands wie Slipknot mit dem Merch geben. Natürlich ist das komplett subjektiv, aber die Designs sind zum Großteil random oder absolut hässlich, sehen fast immer gleich aus. Jede AZ-Band, die ihr erstes Shirt rausbringt, gibt sich da mehr Mühe. Naja, die Leute kaufen es halt trotzdem. Nun zu den Bands:

Bleed From Within – Wie viele Bands des Line Ups vor über zehn Jahren mal irgendwo auf einem Festival gesehen. Hatte die Band unter random Metalcore abgespeichert. Das war es dann auch. Lief im Hintergrund, während ich mir das Gelände genauer angeguckt habe. Der Crowd schien es allerdings zu gefallen.

Malevolence – Top Band, da besteht kein Zweifel. Ich war einfach gespannt, ob und wie die Band auf einer großen Bühne funktioniert und es war in Ordnung. Klar, die Mucke ist irgendwo stumpf, aber das Riffing und der Groove dahinter sorgen schon dafür, dass auch die Metalfans auf ihre Kosten kommen. Es gab ordentlich Bewegung vor der Bühne, natürlich nicht ohne Stress zwischen Metallern und Corekids, das war zu erwarten. Der Sound war leider zu Beginn eine ziemliche Zumutung, sodass man die Gitarren nur erahnen konnte. Hat sich zum Glück relativ zügig gebessert. Warum man mit „Serpents Chokehold“ den besten Song nicht spielt, muss ich auch nicht verstehen, aber gut. War unterhaltsam, auch, wenn es nicht an die Club Shows rankommt.

Jinjer – Sind ja schon seit einigen Jahren schwer angesagt, mir hat es bis jetzt nicht abgeholt und auch nach dem Auftritt bin ich kein Fan geworden. Es ist keinesfalls schlechte Musik und ich kann auch verstehen, warum dieser Progressive Metalcore viele Fans hat, aber es holt mich einfach nicht ab. Dennoch kein schlechter Gig und für diverse Leute den Gesprächen nach zu urteilen ein Tageshighlight.

Cattle Decapitation – Schlechtester Gig des Tages. Sound war schlecht und irgendwie hat mich der gutturale Gesang überhaupt nicht abgeholt. Hab die Band vor knapp zehn Jahren mal gesehen und hatte es irgendwie besser in Erinnerung.

Ghostemane – Vielleicht der Gig, auf den ich am meisten gespannt war. Wie würde die Crowd auf Rap reagieren? Natürlich wird das Ganze durch die Industrial-Einflüsse etwas revidiert und er hatte halt auch ne ganze Band dabei. Mir sind auf jeden Fall keine Anfeindungen aufgefallen und ich glaub die meisten Leute hatten ihren Spaß. Mir hat es auch gut gefallen. Mag den Herren auf Platte und auch live hat er durchaus abgeliefert. Gab auch viel Bewegung von ihm auf und der Crowd vor der Bühne, war cool. Würde ich gerne mal solo sehen. Am besten mit Wicca Phase Springs Eternal als Support. Mir wird ja träumen dürfen.

Tesseract – Djent, sehr glattgebügelter, gut gespielter Sound. Finde die Band in Ordnung, aber wie so oft bei Djent etwas seelenlos. Der Gesang ist darüber hinaus auch nicht meins. Insgesamt war der Auftritt in Ordnung. Mal sehen, ob ich der Band in drei Wochen beim Arctangent noch eine Chance gebe oder etwas anderes gucke.

In Flames – Nur für knapp 20 Minuten reingeguckt und festgestellt, dass meine Zeit mit Melodic Death Metal lange abgelaufen ist. Das holt mich absolut nicht mehr ab. Man hat allerdings gemerkt, dass die Band für viele Leute neben Slipknot der Hauptgrund für das Erscheinen war.

Meshuggah – Bester Gig des Tages, ich glaube nicht nur für mich. Schon vor Beginn war die Stimmung in der Halle astrein. Der Sound während des Sets war top, keine Probleme wie bei anderen Bands. Die Band an sich musikalisch über jeden Zweifel erhaben. Jede Djent Band möchte so klingen, aber keine schafft es. Es ist einfach nur beeindruckend, was für einen mächtigen und dabei komplexen Sound die Band kreiert. Dazu die Lichtshow, die wunderbar abgestimmt ist. Kann auch gar kein Songhighlight benennen, der ganze Gig hat mich komplett abgeholt. Gerne demnächst auch mal wieder solo.

Slipknot – Ich glaube ich bin mit Erscheinen des vierten Albums bei der Band ausgestiegen, finde aber, dass sie die einzige Nu Metal Band ist, die gut gealtert ist. Die ersten drei Platten könnt ich immer noch zuhause hören. Die Show war cool, der ganze Bühnenaufbau beeindruckend mit den Leinwänden und Pyros, sehe ich eher selten. Setlisttechnisch gab es auch eine Menge Sachen, die ich früher gerne gehört habe. Sound war auch gut. Leider sind Corey Taylors Ansagen schrecklich, ein Crowdpleasing jagt das nächste, teilweise starker Fremdscham, aber gut, ab einer gewissen Größe muss man das vielleicht sagen. Spielzeit 85 Minuten, hätte noch 2-3 Songs vertragen können, aber ich wurde auf jeden Fall nicht enttäuscht.

Insgesamt hatte ich einen guten Tag. Klar, nicht das schönste Festival, aber das hab ich auch nicht erwartet und ich würde zu entsprechenden Preisen nochmal hingehen. Das war auch der Konsens unter den Leuten, mit denen ich da war.
There is panic on the streets

Lastfm

Benutzeravatar
Saeglopur
Beiträge: 3529
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:55

Re: Festivalberichte

Beitrag von Saeglopur » So 21. Aug 2022, 23:12

Way Out West

Ich bin letztes Wochenende auf dem Way Out West in Göteborg gewesen. Mein erstes skandinavisches Festival bot einen entspannten Mix aus den Vorzügen eines Stadtfestivals (angenehme Unterkunft, tagsüber Sightseeing) und Open Air- wie auch Indoor-Konzerten.
Bespielt wurde tagsüber Slottsskogen, der größte Park der Stadt, nachts sieben Konzerthäuser in verschiedenen Ecken Göteborgs.
Die Bändchenausgabe (auch schon am Vortag geöffnet) war ebenso wie die Einlasskontrolle mit nur sehr kurzen Wartezeiten verbunden, die zudem vom Festivalpartner Oatly mit kostenfreiem Kaffee „versüßt“ werden konnte.
Das Gelände war naturgemäß sehr begrünt, viele Bäume, reichlich angenehme Plätze im Schatten bei 25-30 Grad. Die beiden gegenüberliegenden Hauptbühnen wurden abwechselnd bespielt, eine Zeltbühne und eine kleinere von Spotify gehostete Bühne in einer leicht erhöhten Lichtung überschnitten sich mit dem Hauptprogramm. Eine weitere Bühne in einem separierten Ü18-Bereich wurde durchgehend von DJs bespielt.
Die knapp 30.000 Besucher pro Tag (einer der Festivaltage wurde offiziell ausverkauft gemeldet) konnten sich an verschiedenen Essensständen nach bis zu zwanzig Minuten Wartezeit in den beliebtesten Zeiten an diversen Ständen verpflegen. Die Getränke-, wie meistens auch Wasserstände und sanitären Einrichtungen (feste Toilettencontainer sowie Dixi-Klos) waren da deutlich besser zu erreichen. Preislich war alles den schwedischen Standards angepasst und entsprechend teuer. Das Essen lag meist bei 10-14€, Bier (0,33L) bei 7-8€, Cola Zero (der einzige Soft Drink an den Getränkeständen) bei 3,50€. Ich habe nun definitiv eine Süßstoffüberdosis.
Durch die Eingrenzung des Alkoholkonsums und Einhaltung der Altersbeschränkungen wurde dieser nur in abgesperrten Bereichen verkauft, was mich auch zu meinem größten Kritikpunkt kommen lässt: gekaufte Getränke mussten im abgesperrten Bereich getrunken werden, was auch meistens sehr streng kontrolliert wurde. Selbst von einem abgesperrten Bereich (an den Hauptbühnen) in den anderen (Spotify-Bühne) war keine Mitnahme möglich, obwohl man in beiden Bereichen das identische Bier kaufen konnte und die Bereiche ineinander übergingen, also keine Mitnahme in den U18-Bereich möglich war. Auf Nachfrage konnte leider keine sinnvolle Begründung gegeben werden. Da alle drei Bühnen abseits der Hauptbühnen in solchen Ü18-Bereichen lagen, vermute ich, dass U18-Besuchern der Zugang zu 60% des Programms wie auch den schönsten Ecken des Geländes verwehrt blieb. So gut ich den Ansatz der Einschränkung des Alkoholkonsums finde: Schade!

Meine Highlights des diesjährigen LineUps konnte ich aufgrund der Ansetzung fast durchweg sehen. Den Beginn am Donnerstag machte der gut aufgelegte Tallest Man On Earth solo mit Akustikgitarre bei strahlendem Sonnenschein und Gastsängerinnen der Band Amason wie auch der später auftretenden Anaïs Mitchell. Deutlich tanzbarer war der folgende Auftritt von Caribou, die mich nach dem Primavera-Auftritt vor allem mit der zweiten Hälfte des Sets erneut überzeugen konnten. Mit Pizza und Getränken bewaffnet folgte ein schöner Auftritt von Anaïs Mitchell auf der Spotify-Bühne Höjden, die mir zuvor komplett neu war, aber für eine schöne Festivalentdeckung sorgte. Nach dem Heimspiel von First Aid Kit aus einem der Barbereiche stellten Tame Impala den Headliner des Tages dar und konnten wie ebenfalls zuletzt in Barcelona unter anderem mit der beeindrucken Lichtshow punkten. Das Publikum war in den vorderen Reihen durchweg euphorisch und rundete den Auftritt noch einmal ab.
Anschließend begaben wir uns auf einen längeren Fußmarsch zum Musikens Hus, um Mdou Moctar und King Hannah zu sehen. Erstere hatten kurz zuvor gestartet und der Club war bereits gefüllt, als wir eintrafen. 100-200 Gäste verließen enttäuscht die Schlange und so schafften wir es immerhin zu King Hannah, die am Ende vor halbleerem Saal auftraten. Der Auftritt war musikalisch ansprechend, durch Ihre recht lustlose Art und die fortgeschrittene Uhrzeit/Müdigkeit dann allerdings nicht das erhoffte Highlight.

Am Freitag starteten wir mit den Kings Of Convenience in den Tag, die bei strahlendem Sonnenschein nach und nach mehr Gastmusiker (Geiger, Kontrabassisten sowie Schlagzeuger) auf die Bühne holten und sichtlich Spaß hatten.
Nach AJ Tracey und ein wenig Michael Kiwanuka aus dem abgesperrten Bereich ging es weiter zu Little Simz, auf die ich mich wirklich schon den gesamten Festivalsommer gefreut habe und bis dato alle anderen Auftritten (drei, von denen sie einen selbst abgesagt hat) aus verschiedensten Gründen verpasst habe. Die Vorfreude im Zelt war greifbar, die Intensität des Konzerts - inklusive Moshpit zu Venom - sehr hoch und so wurden vor allem die vielen Lieder des aktuellen Albums sehr abgefeiert.
Nach dem kurzen, aber deutlich rockigerem Auftritt als erwartet von Beabadoobee schlossen Nick Cave & The Bad Seeds als Headliner den Tag ab. Eine dem Primavera-Auftritt sehr ähnlichen Setlist führte durch den gut zweistündigen, energiegeladenen Auftritt mit vielen Highlights. Alleine der Ship Song jedes Mal aufs Neue. :herzen2:

In den Samstag starteten wir nach ein wenig Zeit in der Stadt mit einem DJ-Set von Romy ein wenig später. Nach weiterer entspannter Zeit auf dem schönen Gelände stand mit Fred Again .. das nächste Highlight des Festivals auf dem Plan. Bereits weit vor Beginn des Auftritts war der größte Bereich des Zelts sehr gut gefüllt. Es bedurfte nur sehr weniger Songs, um das Publikum komplett zu entfachen und die Veranstaltung in eine einzige Sauna zu verwandeln. Enger als bei so manch einem Festivalheadliner stehend bei gefühlten 48 Grad - vielen Zuschauern war dies einfach zu hart und so wurde es in der zweiten Hälfte des 50 Minuten kurzen Sets deutlich luftiger und sehr angenehm. Wahnsinn, was hier wieder einmal für eine Euphorie in der Luft lag!
Vollkommen zerlaufen und erschöpft ging es zu Girl In Red an die Hauptbühnen. Sie heizte dem Publikum ebenfalls ganz schön ein, musste ihren Auftritt aufgrund akuter Erschöpfung dann jedoch früher abbrechen - nachdem sie während des letzten Songs noch einmal im Moshpit zu finden war.
Nach kurzer Stärkung sicherten wir uns rechtzeitig zu Dave, einem meiner Highlights der Veranstaltung, einen guten Platz, in dem bald vollkommen von Moshpits gefluteten, vorderen Bereich vor der Bühne. Das überraschend sehr junge Publikum (wir hatten unsere Mühe ältere Zuschauer zu finden) wusste jedoch zu feiern und so wurde der Platz vor der Bühne erneut gut abgerissen.
Nach im Zelt verschlug es uns noch einmal in die Stadt, wo wir im Pustervik Indigo De Souza und anschließend Altin Gün sehen wollten. Ähnlich der Situation am Donnerstag war der erste Act leider nicht mehr zu erreichen. Altin Gün haben viel Spaß gemacht, körperlich hat es uns allerdings erneut ein wenig früher gehen lassen.

Alles in allem hatten wir ein großartiges Wochenende. Wer in der kommenden Festivalsaison also keine Lust mehr auf die Campingplatz-Atmosphäre hat und einen Städtetrip in gemütlicher Größe mit vielen interessanten Künstlern verbinden möchte, dem sei das Way Out West hiermit ans Herz gelegt. :mchearth:

Rieper
Beiträge: 3078
Registriert: Mo 14. Sep 2015, 12:49

Re: Festivalberichte

Beitrag von Rieper » So 21. Aug 2022, 23:18

Ich war heute bei den Winterthurer Musikfestwochen. Nach 9 Tagen kostenlosem Programm, kostet das letzte Wochenende pro Tag ca. 60 Franken. Durch meinen Urlaub habe ich das (zum Teil tolle) kostenlose Angebot leider verpasst.

Heute gab es dann eigentlich Wet Leg, Black Midi und Fontaines D.C. Allerdings kam am Vormittag die Nachricht, dass Black Midi krankheitsbedingt abgesagt haben. Ein Ersatz wurde mit Yet No Yokai aus Luzern gefunden.

Wir sind rechtzeitig zu Wet Leg angekommen. Ich habe es mehrfach mit dem Album versucht und es hat mich kalt gelassen. Das Konzert war aber voll in Ordnung. Wet Dream und Chaise Longue haben schon Spaß gemacht. Keine Ahnung, ob ich es nochmal probieren werde mit der Platte, aber so als Einstieg in die zweite Konzertsommerhälfte war das schon okay.

Danach haben Yet No Yokai gespielt. Laut Veranstalter:innen Psych-Rock. Wir haben das Konzert allerdings für eine Essenspause genutzt. Die Musikfestwochen haben immer eine sehr liebevolle Deko und ein gutes veganes/vegetarisches Essensangebot. Die Container mit den jeweiligen Essensbuden sind in eine Holzkonstruktion eingebaut und oben hat es eine Dachterrasse. Das komplette Festival ist in die Altstadt von Winterthur eingebaut. Bei der Hauptbühne hat es auch sehr schöne Lichterketten und so. Die Atmosphäre ist immer ganz toll und so macht es auch Spaß, einfach nur da zu sitzen und es zu genießen.

Um 20 Uhr gab es dann Fontaines D.C. Kamen hier im Forum ja auch nicht immer gut weg, aber ich habe sie zum ersten Mal gesehen und ich fand es sehr gut. Kraftvoll, energiereich und nicht arrogant oder so etwas in der Art. Nach ca. der Hälfte gab es dann Probleme mit dem Sound, was eine Unterbrechung zur Folge hatte und die Band ging von der Bühne. Hat aber nicht geschadet und ich fand die zweite Hälfte noch besser. Gespielt haben sie sich quer durch das Material der bisherigen drei Alben, wobei der Fokus auf dem aktuellen Album lag.

Nur ist mir wieder aufgefallen, wieso ich kleine Festivals mit viel Platz wie das Maifeld so sehr schätze und liebe. Wir standen bei Fontaines zunächst etwas weiter vorne, aber noch lange nicht in den ersten Reihen. Ich mag einfach solches Gedränge nicht. Die Leute gehen an einem vorbei und stoßen einen immer wieder an und drängen. Wir sind dann weiter hinter und hatten dadurch auch ausreichend Platz zum Tanzen und hatten trotzdem einen guten Blick auf die Bühne. Ansonsten war das Publikum ganz angenehm.

Übermorgen geht es dann weiter mit dem Zürich Open Air. Da haben wir ein Tagesticket für den Dienstag.

Benutzeravatar
SammyJankis
Beiträge: 9068
Registriert: So 13. Sep 2015, 14:46

Re: Festivalberichte

Beitrag von SammyJankis » So 28. Aug 2022, 16:58

Ich war letzten Wochenende auf dem Arctangent in der Nähe von Bristol, mein zweiter Besuch nach 2017. Damals bin ich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag angereist. Das Festival findet von Donnerstag bis Samstag statt, wobei es mittlerweile einen zusätzlichen Tag am Mittwoch gibt. Allerdings wurde an dem Tag nur eine Bühne bespielt und es gab eine limitierte Anzahl an Tickets. Ich bin dieses Jahr schon von Dienstag auf Mittwoch angereist, habe dann aber doch lieber die Fiddlehead Show mitgenommen und eine Nacht im Hostel gepennt. Anreise also am Donnerstag, der Shuttle Bus hält an verschiedenen Stellen in Bristol und brauch knapp 45 Minuten zum Gelände. Die Tickets dafür sind leider unverschämt teuer.
Angekommen auf dem Gelände hat sich doch einiges geändert. Erst einmal zum Camping. Es gibt mittlerweile Duschen. Allerdings nur acht Stück für schätzungsweise 3000 Menschen auf dem General Campingplatz, wie es beim VIP Camping aussah weiß ich nicht. Ich war immer morgens zwischen 6 und 7 Uhr duschen und musste nicht anstehen, aber danach gab es eigentlich keinen Moment, in dem die Schlange nicht lächerlich lang war. Hier besteht Verbesserungsbedarf. Dagegen gibt es sehr viele Wasserstellen auf dem Campingplatz, gute Sache. Bei den Toiletten sah es dagegen wieder katastrophal aus. Schätze 25 Stück für den Campingplatz, den ganzen Tag Schlangen und ich glaube, sie wurden nicht einmal geleert, sodass ab Samstagmittag alle Klos voll waren, sehr widerlich. Klopapier habe ich auch nicht einmal gesehen. Das sind alles Probleme, die ich von Major Festivals erwarte, aber nicht unbedingt hier.
Auch auf dem Infield zeigt sich eine gewisse Ambivalenz. Zum Einen wird extra auf ein Safeword hingewiesen, welches man den Mitarbeitenden gegenüber bei Problemen erwähnen kann. Auf der anderen Seite gab es hier auch zu wenige Toiletten, immerhin wurde die Toiletten hier gereinigt. Wasserstellen gab es wiederum reichlich, wobei man diese theoretisch nicht braucht, denn es gibt von Bändchen abgesehen keine Kontrollen beim Einlass, alles ist erlaubt. Essen, Getränke, Stühle, alles sehr entspannt und es wird natürlich auch dankend angenommen. Ich habe mich was das Essen angeht allerdings mehr den Ständen gewidmet. Gutes Angebot, auch vegetarisch/vegan, die Wartezeiten hielten sich auch in Grenzen, leider war alles sehr teuer. Das Festival war dieses Jahr zum ersten Mal komplett cashless und es hat wunderbar funktioniert.
Im Gegensatz zu 2017 gab es 2022 fünf statt vier Bühnen. Es wirkte generell alles etwas kompakter. Im Endeffekt ist der Aufbau aber gleichgeblieben. Auf beiden Seiten des Geländex stehen jeweils eine große und eine kleine Bühne, wobei jeweils die gegenüberliegenden kleinen und großen Bühnen bespielt werden. Alle Bühnen sind in Zelten. Die neue, kleinste Bühne steht quasi in der Mitte und beherbergt auch den Merch. Um ehrlich zu sein hätte ich die Bühne nicht gebraucht und wäre dafür das Zelt nur für den Merch zu nutzen. Der Merchverkauf ist die größte Enttäuschung des Festivals, primär der Verkauf des Bandmerch. Dafür gab es ca. so viel Platz wie für den Festivalmerch, sodass jede Band im Schnitt zwei Shirts präsentierte. Der Merch wurde dann von Volunteers verkauft. Ich finde es viel schöner, wenn bei kleinen Festivals den Bands Platz für ihren Merch geboten wird. Das schaffen vergleichbare Festivals wie das dunk! Und das Roadburn auch.
Wettertechnisch war es ein klasse Wochenende. 2017 hat es geschüttet wie aus Eimern und das ganze Gelände bestand nur noch aus Schlamm. Das scheint auch die Regel bei dem Festival zu sein. Am Wochenende war es bis auf ein paar Schauer am Donnerstag die ganze Zeit warm und trocken. Perfektes Festivalwetter. Nun zu den Bands:


Donnerstag:
Bonnacons of Doom – Guter Festivalstart. Hatte mich vorher nicht wirklich mit der Band beschäftigt. Das Doom im Namen ist allerdings Programm. Ob die Aufmachung der Mitglieder, bei der von der Sängerin abgesehen alle Radkappen-ähnliche Masken trugen, jetzt cool oder daneben war, muss ich mir noch überlegen.

Qariaq – Eine von diversen Math Rock Bands auf dem Festival. Das Genre findet im Gegensatz zum dunk! Festival einen großen Platz im Line Up. Gute halbstündige Unterhaltung.

Pijn – Guter Post-Metal Gig vor einer ziemlich großen Crowd zu dieser frühen Uhrzeit. Vor einigen Jahren war die Band gleichauf mit Conjurer, die am Samstag gespielt haben. Letztere haben Pijn in der letzten Zeit allerdings ein Bisschen den Rang abgelaufen in meinen Augen.

Vasa – Der beste Math Rock Gig des Wochenendes. Verspieltes Chaos, sehr schön gemacht. Bei Math Rock ist es in meinen Augen immer eine sehr Dünne zwischen gut und nervig, aber diese Band hat komplett abgeliefert ohne gewollt zu klingen.

DNVE – Erste Band, die mich nicht abgeholt halt. Durchschnittlicher Progressive Metal, auch ein Genre, welches es schwer hat bei mir.

Bicurious – Guter Post-Rock/Math Rock Gig. Das Rad wurde sicherlich nicht neu erfunden, aber muss es ja auch nicht.

A.A. Williams – Großartige Stimme, großartige Songs. Es würde mich wundern, wenn die Dame nicht in die Größen von Emma Ruth Rundle und Chelsea Wolfe vorstößt. Das Potential ist sowas von vorhanden.

Coldbones – Guter Post-Rock Auftritt. Klar, das Rad wird nicht neu erfunden, aber das passiert in dem Genre sowieso nicht mehr.

Delta Sleep – Einer der enttäuschenderen Gigs des Tages. Es war nicht schlecht, aber der Math Rock plätscherte so vor sich hin ohne mich wirklich zu catchen.

Imperial Triumphant – Sehr interessante Band, alle Mitglieder aufwendig verkleidet. Sound ist Black Metal, aber so weit weg vom klassischen Black Metal Sound wie man es sich nur vorstellen kann. Sehr viele experimentelle Parts dabei, habe ich in der Form so noch nie gesehen /gehört. Werden auf jeden Fall nochmal ausgecheckt.

Perturbator – Die habe richtig abgeräumt. Es war unglaublich voll vor der Bühne und das Publikum war komplett drin. Ich leider nicht, dieses Synthwave Ding holt mich auf Dauer nicht ab. Außerdem fand ich die Lichtshow mit dem Pentagram etwas weird. Aber trotzdem cool, dass das Festival auch solche Acts bucht und für Abwechslung sorgt.

Outlander – Habe Perturbator nicht komplett geguckt, sondern bin zur anderen Stage zu Outlander. War im Endeffekt keine gute Idee, da der Auftritt enttäuschend war. Post-Rock, schon drölfmal gehört, oft auch besser. Hatte lieber Perturbator komplett gucken sollen.

Bossk – Fantastischer Post-Metal Auftritt, auch wenn der auf dem Arctangent 2017 noch einen Ticken besser war. Mächtige Soundwand, die Stimme des Sängers fügt sich auch gut ein, es passt eigentlich alles. Die Band ist in meinen Augen ziemlich underrated. Nicht in UK, aber auf dem Festland findet sie quasi nicht statt. Bin echt happy über die Tour mit Envy im Oktober. Wird auf jeden Fall mitgenommen.

Amenra – Bin bei Festivalgigs immer gespannt, wie gut die Visuals wirken. War hier vollkommen in Ordnung, vor allem, da es auch mittlerweile dunkler wurde. Ansonsten ein etwas gekürztes Set. Wie immer ziemlich mächtig. Bin und bleibe Fanboy. Leider musste sich der größte Trottel überhaupt zwei Minuten nach Beginn des Sets genau dort wo ich Stand nach vorne drängeln und auch die Klatschversuche der Crowd während „A Solitary Reign“ waren irgendwie unangenehm. Dennoch wie eigentlich immer großartig. Könnte ich jede Woche gucken.

Maybeshewill – Der Gig auf dem Arctangent 2020 sollte eigentlich die Reunion Show der Band werden, doch dazu kam es bekannterweise nicht. Mittlerweile gab es einige Shows und auch ein neues Album. Dennoch hatten die Leute Bock. Gab das übliche Set, welches sowohl die Klassiker als auch das neue Album abdeckt. Guter Gig, die Band wurde auch ziemlich abgefeiert. Es war auch um einiges besser als in Köln im März dieses Jahr als man der Band noch ihren Rost von der der langen Pause angemerkt hat. Das war dieses Mal nicht der Fall.

Cult of Luna – Bei all den großartigen Namen im Line Up muss ich sagen, dass die Headliner 2017 mit Russian Circles, Converge und Explosions in the Sky deutlich besser meinen Geschmack getroffen haben. Dieses Jahr hatte ich eigentlich nur auf Cult of Luna so richtig Bock. Die haben allerdings einen würdigen Headliner abgegeben und ein klasse Set gespielt. Kaum eine Band baut so eine mächtige Soundwand auf. Einfach nur beeindruckend. Kommen ja im Oktober direkt wieder auf Tour mit Caspian. Wird mitgenommen.


Freitag:
Five the Hierophant – Gutes Doom Set zum Start in den Tag. Gab auch einige Jazz-Anleihen. Des beste Opener des Wochenendes für mich.

Heisa – Solides Indie/Math Set. Nichts, was mich dazu bewegen würde, eine Platte zu kaufen oder eine Soloshow zu besuchen, aber auf einem Festival bei Gelegenheit gerne wieder.

Hippotraktor – Letztes Jahr schon mal in Belgien gesehen und damals für gut befunden. Dieses Mal hat mich der Progressive/Post-Metal nicht so ganz abgeholt. Vielleicht braucht es hier einen dritten Livegig für die finale Entscheidung, ob ich die Band supporte.

Odradek – Eine von diesen UK Math Rock Bands, bei denen es leider nicht cool, sondern nur anstrengend klingt. Vielleicht der schlechteste Gig des Wochenendes, den ich gesehen habe.

Mol – Guter Black Metal Gig. An einigen Stellen hätte es gerne noch etwas mehr Geballer sein dürfen, aber das hat wirklich Spaß gemacht.

Astrosaur – Recht sanfter Progressive Rock. Hat mich auch nicht vollständig abgeholt.

Covet – Leider kein Basement Secret Gig, sondern sehr minimalistisch gehaltener Math Rock. Irgendwie die perfekte Mucke für den sonnigen Nachmittag. Waren auch sehr dankbar über den Zuspruch. Hat richtig Spaß gemacht.

Slow Crush – Shoegaze aus Belgien, der ja mittlerweile in aller Munde ist. Vollkommen zurecht wie ich finde. Astreine träumerische Mucke, sehr schöne Stimme der Sängerin, die beim ersten Song kurz auf der Bühne hingefallen ist, aber sich nicht davon hat beirren lassen. Richtig Bock auf die Tour mit Deafheaven.

Blanket – Solider Post-Rock Gig mit viel Gesang, aber ich glaube, an dieser Stelle habe ich die falsche Entscheidung getroffen, welchen Act ich gucke. Ich hätte zu Oranssi Pazuzu gehen sollen.

Alpha Male Tea Party – Wollte eigentlich Bruits gucken, aber deren Soundcheck hat ewig gedauert. Bin dann rüber zur anderen Bühne. Die Band ist in der UK Math Rock Community eine ziemliche Institution und spielen auch gefühlt jedes Jahr auf dem Festival. Auftritt war ganz gut, besser als 2017, aber es wird nicht meine Lieblingsband.

Caspian – Vielleicht die beständigste Post-Rock Band im Game. Viele Touren, liefern eigentlich immer ab und wirken auch extrem freundlich. An diesem Tag ebenfalls. Es wurde einiges vom „neuen Album“ aus 2020 präsentiert. Generell ist die Setlist nicht mit meinen Favoriten gesegnet, aber die Show war trotzdem schön.

Rivers of Nihil – Progressive Death Metal, einer der härteren Acts des Wochenendes. War ganz cool, aber ist auch nichts, was ich mir außerhalb eines Festivals unbedingt angucken muss.

Mono – Sehr schöner Gig, behutsame Aufbauten, starke Ausbrüche, erdrückende Soundwände. Die Band aus Japan überzeugt eigentlich auch jedes Mal. Sehr schade für Stake, die ich gerne gesehen hätte.

Paranoid Void – Ziemlich verspielter Post-Rock und eine schöne Abwechslung nach Mono. Aufgrund von Zeal & Ardor, die parallel spielten, war allerdings kaum jemand vor der Bühne. Sehr schade.

Palm Reader – Vor Jahren mal beim Pukkelpop gesehen. Damals wie auch dieses Mal ganz solider Gig. Post-Hardcore mit einigen Math Anleihen. Es bräuchte für mich etwas mehr Chaos.

Tesseract – Nur ne halbe Stunde geguckt und es ist und bleibt einfach nicht meine Band. Die können zocken, der Sänger klingt gut, aber es geht völlig an mir vorbei. Hab es dann vorgezogen, etwas früher ins Bett zu gehen.


Samstag:
Dead Bird – Wieder mal ein solider Start in den Tag. Post-Rock/Math Rock, das übliche.

STANLÆY – Experimenteller Art Pop, war ganz in Ordnung, aber mehr auch nicht.

Jo Quail – Leider nur 30 Minuten Spielzeit, viel zu wenig, denn es war klasse und die Crowd komplett drinnen. Es freut mich wirklich für die sympathische Dame, dass sie, die ich immer „nur“ als Support wahrgenommen habe, vor so vielen Leuten spielt und so gute Zuschauerreaktionen bekommt. Natürlich wurde wieder viel geloopt. Alles cool.

Ithaca – Haben vor ein paar Wochen ihr Album rausgehauen, welches auch glaube ich ganz gute Kritiken abbekommen hat. Interessanter Mathcore, der Gig war auch gut. Mir haben die Songs besser gefallen als auf Platte, gerne bei Gelegenheit wieder.

Kokomo – Duisburger Local Heroes, musste ich natürlich auf großer Bühne gucken. Es war wie immer gut, auch wenn ich noch etwas skeptisch gegenüber den Songs mit (gutturalem) Gesang bin. Bei den Ansagen hat man allerdings gemerkt, dass die Band doch ziemlich nervös war, kam aber sympathisch rüber. Das nächste Mal dann wieder vor 80 Leuten in NRW.

Sergeant Thunderhoof – Stabiler Stoner. Wegen Nahrungsaufnahme nur nebenbei geguckt, aber es hat ordentlich gegroovet. Hoffentlich gibt es auch hier ein nächstes Mal.

Conjurer – Das war der Wahnsinn. Die neue Platte ist wirklich gut und ich hatte hohe Erwartungen, aber sie wurden übertroffen. Gefühlt waren auch alle Zahlenden vor der Bühne. Der Progressive Metal mit Death Metal Anleihen wurde astrein vorgetragen. Der Gesang war top, es war einfach klasse. Das Beste, was Post-Metal im Moment zu bieten hat.

Famyne – Guter Doom Metal Gig, aber natürlich war kurz die Luft raus nach dem Conjurer Gig. Sind bei mir etwas unterhalten.

Castrovalva – Sehr anstrengender Math Rock. Am Anfang ging es noch halbwegs klar, aber mit fortschreitender Dauer war ich nur noch genervt.

Emma Ruth Rundle – Hat wie schon in Bochum „Engine of Hell“ komplett gespielt, bei einem Song mit Jo Quail als Gast. War wieder astrein und die Dame ist auch eine sehr lustige Persönlichkeit. Leider gab es hier viel Gelaber und der Soundcheck der benachbarten Bühne war auch zu hören. Schade, aber trotzdem hat es sich gelohnt.

The Armed – Die „Ultrapop“ hat mir gefallen und ich war wirklich gespannt wie das auf der Bühne rüberkommt und es war das absolute Chaos. Der Sänger springt ins Publikum, es gab ordentliche Pits. Außerdem wurden ständig Instrumente gewechselt. Jeder durfte mal ans Mikro auf der Bühne, Mikroständer flogen durch die Gegend. Man muss hier auch mal den Stagehand loben, der alles in aller Ruhe wieder aufgestellt hat während um ihn herum das Chaos herrschte. Es war absolut großartig und muss in einem kleinen Raum noch besser sein. Bitte unbedingt für ne Solo Tour wieder rüberkommen.

Lightning Bolt – Das Chaos ging weiter. Die zwei Dudes haben das Zelt komplett abgerissen. Gefühlt 35 Songs gespielt, der verzerrte Gesang passte auch perfekte ins Bild. Es war großartig.

TWDY – Erstmal zum Namen. This Will Destroy You ist so ein guter Name, wieso kürzer sie es jetzt ab? Naja, der Gig war auf jeden Fall klasse. Die Band gehört auch zu den Post-Rock Bands, die nichts überstürzen. Langsame Aufbauten, aber man wird am Ende belohnt. Zusätzlich hatte die Band in meinen Augen die beste Lichtshow des Wochenendes.

Godflesh – Es war gut, aber insgesamt fällt der Gig wohl eher in die Kategorie „Schön mal gesehen zu haben“. Industrial meets Doom, es klang alles sehr ähnlich, aber keineswegs schlecht. Vielleicht war ich auch einfach etwas erschlagen von den guten Gigs zuvor.

Pupil Slicer – Absolutes Mathcore Chaos, 30 Minuten die perfekte Spielzeit, um die maximal mögliche Energie auf die Bühne zu zaubern. Fand die Platte schon gut und der Gig war besser als erwartet. Sehr, sehr gerne auch mal solo.

Opeth – Ich hab knapp eine Stunde gesehen und es war cool, aber ich war etwas kaputt. Es ist schon alles irgendwie beeindruckend komplex, aber nach einer Show der Band reicht es mir dann auch wieder für fünf Jahre. Kann ich wirklich nicht allzu oft gucken. Probs gehen aber raus an den Sänger, der richtig lustig ist. Etwas antiklimatisch war allerdings das Ende, da die Band nach 90 Minuten Spielzeit (2 h standen im Plan) wortlos von der Bühne ging. Mir war es recht egal, aber diverse Besucher waren richtig angepisst.

Her Name is Calla – Aufgrund des frühen Endes noch ne halbe Stunde Her name is Calla geguckt. Schon 2-3x gesehen, die Band war nie mein Favorit und das ändert auch dieser Gig nicht. Es ist nicht schlecht, aber es gibt ganz wenige Post-Rock Bands mit durchgehendem Gesang, die ich wirklich gut finde. Sie gehören nicht dazu.


Fazit:
Es war ein klasse Wochenende und auch, wenn ich oben Kritikpunkte geäußert habe, die in meinen Augen gut zu beheben wären, ist das Line Up einfach überragend. Es wird sicherlich nicht mein letzter Besuch gewesen sein.
There is panic on the streets

Lastfm

Benutzeravatar
SammyJankis
Beiträge: 9068
Registriert: So 13. Sep 2015, 14:46

Re: Festivalberichte

Beitrag von SammyJankis » So 28. Aug 2022, 19:20

Ich war gestern in Duisburg auf dem Platzhirsch Festival, Duisburgs kleines Reeperbahn Festival. Zentraler Anlaufpunkt ist der Dellplatz, 15-20 entspannte Gehminuten vom Hauptbahnhof entfernt. Dort standen dieses Jahr zwei Bühnen. In den umliegenden Locations fanden ebenfalls Shows statt. Das Festival findet von Freitag bis heute statt, aber mein Besuch beschränkte sich auf den gestrigen Tag. Neben Musik gibt es Lesungen, Workshops und ein großes Programm für Kinder. Dementsprechend bunt ist auch das Publikum, quasi offensichtliche Konzertgänger:innen treffen auf Familien und Anwohner:innen, die das Ganze vielleicht eher als zusätzliches Stadtfest sehen. Die Veranstaltung ist auch seit einigen Jahren kostenlos. Das Musikprogramm ist aber keinesfalls auf Stadtfestniveau, sondern eigentlich ziemlich unpassend für eine solch kostenlose Veranstaltung. Jedes Jahr treten 1-2 Sachen auf, die ich cool finde, was immer einen Besuch nach sich zieht. Das Einzige, was dieses Jahr etwas schade war, war die maue Essensauswahl. Haben uns dann anderweitig versorgt. Zu den Bands:

Peuk – Indie/Noise Rock aus Belgien. Hat nicht mein Leben verändert, aber war durchaus unterhaltsam und wurde auch gut angenommen von der Crowd. Vor der kleineren Bühne war es leider etwas eng, aber ich habe keinen Stress beobachtet. Alles friedlich soweit.

Wyatt E. – Einer von zwei Gründen für meinen Erscheinen. Doom, langsam vorgetragen, kaum Gesang und wenn, dann nur verzerrt. War klasse, wenn auch etwas zu kurz. Ich war wirklich gespannt, wie das Publikum auf die Band reagiert, wobei offensichtlich war, dass diverse Leute für die Band dort waren. Der Rest fand es überwiegend auch ganz spannend bis auf ein paar Ausnahmen. Warum man zum Ende hin während einer leisen Stelle laut „Boring“ schreien muss, weiß aber wohl nur die Person selbst.

Friends of Gas – Post-Punk, nie so meins gewesen und wird es auch nach dem Auftritt nicht. Die Stimme der Sängerin war darüber hinaus ziemlich kratzig, hat mich nicht so abgeholt, aber hatte auch durchaus seine Fans.

Knarf Rellöm Arkestra – Sorry, wenn ich das so sage, aber ich habe wirklich lange nicht mehr eine so unlustige Scheiße gesehen. Funkiger Sound, der erstmal egal war, aber dazu unerträglicher Gesang, unlustige Texte, noch unlustigere Mitmachparts, die von diversen stark alkoholisierten Menschen dankend angenommen wurde. Der Sänger wäre glaube ich gerne wie Helge Schneider, aber er ist es nicht. Schlimm, einfach nur schlimm.

Patrick Walker – Die beste Location des Festivals ist die Kirche auf dem Dellplatz und zum Glück hat er hier gespielt. Die Acoustic ist fantastisch und es waren auch nur Leute anwesend, die ruhig waren und das Set genießen wollten. Es wurden viele Songs von der aktuellen 40 Watt Sun Platte gespielt, auch ein paar ältere. Ansagen waren rar und kurz, aber sehr sympathisch. Der Herr hat eine Wahnsinnsstimme, man kann es nicht anders sagen. Das Tageshighlight für mich und eine klasse Buchung des Festivals.
There is panic on the streets

Lastfm

Benutzeravatar
Wishkah
Beiträge: 14962
Registriert: Mo 14. Sep 2015, 08:49

Re: Festivalberichte

Beitrag von Wishkah » So 28. Aug 2022, 19:30

SammyJankis hat geschrieben:
So 28. Aug 2022, 19:20
Patrick Walker – Die beste Location des Festivals ist die Kirche auf dem Dellplatz und zum Glück hat er hier gespielt. Die Acoustic ist fantastisch und es waren auch nur Leute anwesend, die ruhig waren und das Set genießen wollten. Es wurden viele Songs von der aktuellen 40 Watt Sun Platte gespielt, auch ein paar ältere. Ansagen waren rar und kurz, aber sehr sympathisch. Der Herr hat eine Wahnsinnsstimme, man kann es nicht anders sagen. Das Tageshighlight für mich und eine klasse Buchung des Festivals.
Neid! Das Album ist immer noch eins meiner Jahres-Highlights. :smile:

Gelöschter Benutzer 408

Re: Festivalberichte

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Sa 3. Sep 2022, 23:01

War am Freitag in Potsdam beim Le desordre c`est moi Festival. Tageskarte stabile 16 €. Hingegangen wegen Ithaca und Respire, deren letzte Alben ich beide sehr feiere. Das Festivalkonzept war es, insbesondere queere/FLINTA-Acts einzuladen, was in der Szene schon eher selten ist (korrigiert mich gern, wenn ich falsch liege). An sich eine coole Sache, wäre da nicht der Umstand, dass sich beispielsweise Workshops am Festivalsamstag ausschließlich an diese Personen richteten. Nunja. War ein Open-Air, gab diverse nette Labelstände und Merch, allerdings nur einen Essensstand mit veganem Döner.

War bisschen spät dran, habe aber noch fast den geammten Auftritt von Finisterre mitbekommen, die ziemlich ruppigen Hardcore-Punk auf die Bühne brachten. War nicht ganz meines, aber auch nicht komplett übel (vom Sound abgesehen), dazu aber eine sehr wichtige Ansage bzgl. der Transperson, die die Tage nach einem Angriff in Münster verstorben ist.

Danach spielten Laudare einen Mix aus Black-Metal, Blackgaze und Postrock. Wunderte mich schon beim Aufbau, dass zentral auf der Bühne ein E-Cello platziert wurde. War eigentlich ganz gut, eine Sängerin war fürs Growlen zuständig (sehr gut), die Cellistin für wenige cleane Vocals (gut bis okay) und der Gitarrist durfte auch ab und an mal ran (schlimm). Bis auf den letzten Track, als besagter Typ eine Art 70er-Progressive-Rock-Ausdrucksgesang aufs Parkett gelegt hat (sehr, sehr schlimm) war es dann doch eine halbe Stunde gute Unterhaltung.

Es folgten Anti-Corpos, die sich wohl teils letztes Jahr erst auf dem Festival kennengelernt haben. So richtig verstanden hat man es nicht, was auch auf den wiederum eher mies abgemischten Gesang zutreffen sollte (so wie bei jedem Act des Abends). Musik war wieder Hardcore-Punk, diesmal mit metallischen Anleihen. Ging die halbe Stunde auch ganz gut rein. Bewegung hier übrigens keine, das sollte auch den Rest des Abends so bleiben. Keine Ahnung wieso, hätte hier zumindest mal bei irgendeiner Band Action erwartet, gerade bei Ithaca. Aber nein, die 200 - 300 Leute (? bin schlecht im schätzen) standen eher rum, bisschen Eigenbewegung, aber bloß nicht einen Meter nach links oder rechts. Nachdem mich bei Respire auch zwei Hipster vor mir mit ihren scheiß fetten Rucksäcken in der zweiten Reihe nervten, ging es für Ithaca auch direkt nach ganz vorn.

Respire sind einerseits eine extrem sympatische Band, anderseits auch eine ziemlich gute. Problem: Es lief nicht so bei ihnen. Direkt im ersten Song ist einem der drei Gitarristen eine Saite gerissen, was dann erstmal ewig repariert werden musste und leider auch zu Lasten der Spielzeit ging. Auf Platte sind die ja so Hardcore-Post/Hardcore mit Streichern, die sie aber leider in gar keiner Weise dabei hatten. Trotzdem gute Show, hatte sich bis hierhin schon gelohnt. Danach noch die Black Line für nen 5er (sehr fair) auf CD mitgenommen und gesehen, dass die Band an diesem letzten Abend der Tour für 150 € ihren Bass zum Kauf angeboten haben.

Es war mittlerweile fast halb 12, was angesichts des Faktors Open Air mitten in der Stadt schon sportlich war, ehe Ithaca auf die Bühne kamen. Ab der ersten Sekunde: Bester Gig des Abends. Haben in etwa 40 Minuten alles abgerissen, was ging. Von der Sängerin waren zwar nur die Schrei-Parts zu hören, aber das Tat dem ganzen keinen Abbruch. Der Rest war druckvoller, heftiger Hardcore in einer Lautstärke, die sonst keine band des Abends auf die Bühne brachte. Dazu: Sympatische Ansagen, die hatten richtig Bock und Freude, da zu sein.

fipsi
Beiträge: 12014
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:54

Re: Festivalberichte

Beitrag von fipsi » Mo 10. Okt 2022, 15:55

Am Wochenende ging es mal wieder nach Barcelona. Diesmal stand nicht das Primavera, sondern das Amfest auf dem Programm. Das Festival fand in einer Mehrzweckhalle statt. Dort waren drei Bühnen aufgebaut, ein kleiner Bereich mit Sitzplätzen sowie ein kleiner Foodcourt, welcher neben den hohen Temperaturen in der Halle einer der großen Kritikpunkte für mich war. Es hat so sehr nach Fett und Foodtruck gerochen, dass es echt anstrengend und unappetitlich war. Sonst wurde aus der Halle aber noch das beste rausgeholt. Durch die drei Bühnen gab es auch sehr ordentliche Spielzeiten und der Sound ist nirgendwo richtig negativ aufgefallen. Die geringen Wartezeiten an den Bars und die günstigen Preise (2,50 für Softdrinks) waren auch sehr lobenswert. Kommen wir aber zur Musik.

Am Donnerstag sind wir spät zur Halle und haben schnell unser Bändchen geholt. Auf der Bühne waren dann noch Elder. Musikalisch hat es mich nicht komplett abgeholt, aber als Einstieg in das Wochenende und ein Gefühl für das Ambiente zu bekommen, war es doch ganz gut.

Freitags wurde man am Morgen erstmal von Regen überrascht und ist dann eher ruhig in den Tag gestartet um pünktlich 16 Uhr beim ersten Highlight zu sein. Birds in Row wussten mit ihrem vielseitigen Sound wirklich zu überzeugen. Es gibt so viele verschiedene Einflüsse von Emo, Hardcore bist Post-Metal, die ziemlich gut zusammengeführt werden. Mit 50 Minuten gab es auch eine überraschend lange Spielzeit. Das frühe Kommen hat sich also voll gelohnt.
Wenig später folgten dann GGGOLDDD. Die Alben geben mir nicht wirklich viel, aber live war es wieder mal sehr schön. Die Sängerin konnte mit ihrem Gesang auch sehr überzeugen, was nicht alle an dem Wochenende konnten (Ich meine euch Svalbard und Deafheaven). Gerne wieder und doch eine Empfehlung für Liebhaber von ruhigeren Post-Metal.
Zum persönlichen Tagesabschluss gab es dann noch Cult of Luna. Der Post-Metal wurde sehr stark auf die Bühne gebracht. Schön die Band endlich mal gesehen zu haben, aber das ganz große Highlight blieb eher aus.

Dafür war dann der Samstag da. Anna von Hausswolff eröffnete für mich den Tag und es war wieder mal richtig stark. Zum Beginn gab es noch sehr viel Instrumentalparts, aber im weiteren Verlauf hat es sich immer mehr gesteigert und auch die tolle Stimme kam wunderbar zum Einsatz nachdem sie die Tage zuvor krank war.

Danach folgte für mich der Hauptgrund für den Besuch des Festivals mit Lingua Ignota. Der Auftritt lieferte alles, was ich mir erhofft hatte. Die Vocals kamen sehr gut zur Geltung und das Publikum wusste um mich herum den Auftritt mit der nötigen Ruhe zu würdigen. Verstörender als die Musik waren wohl nur die Visuals mit tanzenden Menschen und die vielen glücklichen Gesichter im
Publikum. Ich war aber auch mehr als zufrieden mit dem Auftritt und hatte danach eigentlich keine weiteren Erwartungen an dem Abend. Nach einer kurzen Pause war es dann Zeit für die Band mit den roten Stirnlampen. Die Rede ist natürlich von den einzig wahren Celeste. Die Band kam als Ersatz für TWDY und für mich hätte es besser kaum kommen können. Musikalisch und von der Inszenierung hat mich der Post-Metal der Franzosen echt komplett abgeholt. Sehr gute Show.
Zum krönenden Abschluss standen dann noch Carpenter Brut an. Wir haben uns etwas weiter hinten platziert und es gab gut Platz zum tanzen, was man wirklich gebraucht hat. Weiter vorn gab es auch noch einen Moshpit und es sind mindestens drei Polonaisen durch die Halle gezogen. Stimmungsmäßig war es wirklich schwer zu toppen. Der Darksynth-Sound war wirklich die perfekte Partymusik für dieses Festival. Zum Schluss gab es das Maniac Cover und die Halle ist nochmal komplett eskaliert. Was für ein Abschluss für den ohnehin schon starken Tag.

Der Sonntag war dann eine Zugabe. A.A. Williams war der Auftakt. Musikalisch konnte das schon überzeugen, aber der Gesang war leider arg monoton und schwach. Schade.
Danach kamen Deafheaven und das war einfach nur schlimm. Die ersten 20 Minuten waren dem neuesten Album gewidmet und für mich hat einfach nichts gepasst. Der Shoegaze Sound war noch solide, aber der Sänger hat mit seiner Stimme und seinem Gehabe alles gestört. Die Publikumsanfeuerung waren für mich richtig peinlich und passen vielleicht zu einer Band wie Parkway Drive, aber hier war es komplett fehl am Platz. Ich bin dann auch frühzeitig gegangen. Vorne haben es genug Zuschauer gefeiert aber für mich war es einfach eine Katastrophe.
Das Festival wurde danach von Godspeed You! Black Emperor abgeschlossen. Der Auftritt war richtig gut, auch wenn ich mich nach einer Weile dazu entschieden hatte die Menge zu verlassen und mich hinten in der Halle hinzupflanzen. Dort war ich nicht allein und es gab einige Besucher, die dort auch der Show ihre Aufmerksamkeit geschenkt haben. Über die Qualitäten und muss man wohl nicht viele Worte verlieren. Es war ein sehr guter Abschluss des Festivals, wenn auch etwas kurz mit 75 Minuten Spielzeit.

Die Reise nach Barcelona hat sich für das Festival jedenfalls gelohnt. Es gab viele gute Auftritte zu einem mehr als fairen Preis. Gefühlt alle Touren von interessanten Bands die aktuell laufen waren gebucht und so für mich eine sehr lohnenswerte Geschichte. Gerne wieder, wenn es passt.

Gelöschter Benutzer 408

Re: Festivalberichte

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Mo 10. Okt 2022, 20:36

Die letzten vier Tage lief in Barcelona das Amfest mit herausragendem Preis/Leistungsverhältnis. 85 € für um die 30 Acts. Rundherum: die Location wechselt scheinbar jedes Jahr. Dieses Jahr ging es nach/in La Farga. Das ist ein Einkaufszentrum mit angehängter Messehalle, in der dann auch das Festival stattfand. Drei Bühnen waren drinnen aufgestellt, die abwechselnd bespielt wurden. Man konnte so, wenn man wollte, alle Bands anschauen. Obwohl das Festival eine Art ausverkauf meldete, war die gesamte Halle nie mehr als 1/3-1/4 gefüllt. Vorab wurden einige Dinge kommuniziert, die teils echt nett waren. Beispielsweise, dass Menschen bis 23 freien Eintritt erhalten und auch gebeten wurde, zumindest bei ruhigen Acts auch mal die Klappe zu halten, was angesichts des üblichen Laberspanier-Problems komplett verständlich war. Faires Merch: 15 € das Shirt. Bei den Bands übrigens im Schnitt 20-25, vereinzelt drüber (Godspeed 35, nunja)

Zu den Bands: es ging Donnerstag mit einem Warmup-Tag los, von dem wir Anreise bedingt recht viel verpassten. Spanien-unüblich ging es nicht spät los und dauert die ganze Nacht, sondern teils 16 Uhr (bis 1.30 Uhr etwa). Mit kommt sowas sehr entgegen, wenn man jedoch bisschen was nebenbei noch machen möchte, sind die frühen Bands ganz schön knapp. Gesehen am Donnerstag: bisschen was von Oranssi Pazuzu, was nett klang, ohne groß zu packen (dafür war das gesehene zu kurz) und Elder, die ziemlich stumpfen Stoner/Doom Metal spielten. Als Start ins Festival ganz nett. Witzig war beim Elder-Bassspieler, dass er wohl vor sich ein Gebläse hatte, welches ihm permanent die Mähne wie in einem shampoo-Werbespot wegblies.

Freitag startete dann früh 16 Uhr mit Birds in Row. ziemliche Qualität zu Beginn, deren Mischung aus Mathcore/Postmetal/Postrock/Melancholischem Emo überzeugte. Man merkt, dass die Band sich an vielen, vielen Stellen bedient, fügt das aber recht interessant neu zusammen. Bisschen wie Converge, mit weniger Krach, aber mehr Verspieltheit. Danach spielte Lili Refrain allein geloopten Ethno-Folkrock mit Fokus auf Drumming und Stimmexperimente. Hat mich leicht an Heilung erinnert. War nicht schlecht, habe es aber nur aus dem Sitzbereich zwischen den Bühnen angeschaut. Für mich interessant weiter ging es mit GGGOLDDD , die nun schon seit einer Weile ihr aktuelles Album betouren, was komplett gespielt wurde. Der Mix aus düsterem Rock, Elektro und der (Leidens)Geschichte der Sängerin kam auf der großen Hauptbühne gut an, fand sie deutlich besser als bei ihrem Amenra-Support Anfang des Jahres. Nach GGGOLDDD spielten Svalbard, die für mich schon vor dem Gig gewonnen hatten, denn sie verkaufen Merch mit Katzenmotiven. Fand es beim Vorab-reinhören auch echt ansprechend, die Qualität der Live Darbietung ließ uns nach nichtmal 10 Minuten nach draußen flüchten. Das war katastrophal schlecht. Komplett unwürdig gemixt Growls von Sängerin und einem anderen Dude, dazu ziemliches Gerumpel über einem in unpassender Lautstärke darunterliegendem Backingtrack und peinliche Metalposen. Während Foxtails spielten, wurde die Essenspause für einen miesen Burger genutzt, der mich dank sofort eintretenden Magenproblemen fast den nächsten Auftritt gekostet hätte: Cult Of Luna.höre die nun seit knapp 20 Jahren, hatte schon zwei Mal Karten und jedes Mal vorher krank geworden. Dieses Mal durchgehalten. Es war ein guter Auftritt. Mit Cold Burn haben sie einen Opener für jedes Konzert bis zum Ende der Karriere geschrieben (vorher lief noch ein Song von Bohren & Der Club of Gore als Intro). Der Rest des Auftritts war auch echt gut, packte mich nicht ganz, es war aber von den Visuals und auch Auftreten überzeugend. Einige mehr cleane Vocalparts hätte ich mir gewünscht. In der Riesenhalle das beste rausgeholt, was ging, war bis dato die Meinung, aber das änderte sich in den nächsten Tagen noch. Die folgenden Bands aufgrund Unfitness verpasst (Caspian, Tricot, Aiming for Enrike), aber die sind eh nicht so meine Baustelle. Caspian hätte ich schon gern mal gesehen, aber da war eine zu lange Pause zwischen und die nächsten zwei Tage waren noch mehr als gut besetzt.

Der Samstag war für mich einer der Hauptgründe, hinzufahren. Die erste gesehene Band des Tages waren Maybeshewill, die sich wie viele anderen sehr auf den Auftritt freuten und betonten, wie gern sie hier spielen. Kommt als Floskel ja recht häufig, hier nahm ich das den Bands schon ab, zumal die Orga echt top war. Wie dem auch sei: hatte die als sehr ruhige, cinematische Postrockband abgespeichert, was überwiegend auch stimmt. Der Auftritt war recht lang (allgemein gab es ziemlich lange Spielzeiten). Die kompletten 65 Minuten hätte es m.E. nicht ganz gebraucht, aber gerade das Ende war ziemlich gut. Ziemlich heftig, ging sogar in den Postmetal hinein. Danach hieß es kurz noch mal während Ikarie etwas im Sitzbereich sammeln. Aus der Ferne war das recht ansprechender Düster-Doom. Zurück an der Hauptbühne: Anna von Hausswolff. 2018 in Berlin war das der beste Auftritt den ich je gesehen habe. Hier stand es auf der Kippe, ob sie überhaupt spielt, da an der Stimme erkrankt. Zunächst wirkte es auch so, als würde sie einem Kompromiss eingehen: spielen, aber viel Instrumental. Die erste halbe Stunde bestand fast nur aus atmosphärischen Intros (und einem Song des letzten Orgelalbums), dann jedoch legte sie mit einem neuen Song los und ab dort war es absolut fantastisch. Sie hat ihre Stimme wiedergefunden, schmetterte den knapp zwanzig Minuten - Brecher "Ugly & Vengeful" von der Bühne, ging danach eine Runde ins Publikum, sang noch eine wohl verkürzte Version von "Mysterious Vanishing of elektra" und dann war das Konzert auch schon um. Eine Stunde Weltklasse. Und keine Pause, denn danach stand mit Lingua Ignota schon der nächste spezielle Auftritt an.

Lingua Ignota stand Samstag na, nach Anna von Hausswolff ein echt undankbarer Slot, zumindest für mich. Ein bisschen war es dann auch so, allerdings war der Auftritt auch echt speziell. Dazu muss man wissen, auf welche Art und Weise das letzte Album entstanden ist und was für Abgründe darin stecken. Live sah das dann folgendermaßen aus: Sie kam im giftgrünen Kleid auf die Bühne, brachte einige portable Leuchtstäbe mit und legte los: Eine Mischung aus Klagegesang und wütendem Gekeife. Dazu liefen als Backingtrack die Instrumentals. Später rannte sie samt Leuchtstab durchs Publikum oder setze sich ans Klavier. Habe selten so jemanden gesehen, der so komplett fertig mit allem wirkte. Teils echt gruselig. Nach dem vorherigen Auftritt von Anna von Hausswolff, der trotz Orgel-Doom-Epen sehr viel positives versprühte ein echt eingreifender "Tiefpunkt".

Zwei Bands des Abends fehlten allerdings noch: Celeste war eine davon. Die Franzosen mit roten Stirnlampen und Strobo-Gewitter liefern seit Jahren stabil ab und das war auch hier der Fall. Wüstes, stumpfes Gekloppe, in perfektem Sound und Lautstärke. Und endlich Anlass für dauerhafte Bewegung, das fehlte bislang nahezu komplett.

Zum Abschluss gab es für mich dann noch Carpenter Brut, die ich im Vorfeld nicht ganz einschätzen konnte. Das letzte Album gefiel mir nicht so. Es war die perfekte Band, einen Festivaltag zu beenden (auch wenn danach noch was spielte). Nach all dem teils massiv anstrengenden Post/Metal/Doom/Core-Gelöt einfach gen Mitternach einen Elektro-Geballer-Act hinzustellen. Sollte sich jedes Festival vornehmen. Es war überragend. Eventuell gab es insbesondere zu dem 80er-Hit "Maniac" einen quasi Hallenumspannenden Moshpit und eventuell war ich vorn mit drinnen und es war der beste Publikumsmoment des Festivals.

Sonntag war für mich quasi Bonustag. Spät hin, unter anderem Midwife und Slow Crush verpasst, als erstes A.A. Williams gesehen. Aus der Konserve mag ich das gern, auch live würde ich es gern mögen und die Instrumentals sind toll. Aber die Stimme: Leider zu monotoner Singsang, hat mich leider nicht abgeholt. Direkt danach Deafhaven - eine Band die mir eigentlich vom Grundsatz her hundertprozentig zusagen müsste, es aber nicht tut. Was jedoch hier passierte, war wirklich unerwartbar: Es war unfassbar schlecht. Hauptgrund dafür: Der Sänger. So ein Maß an unpassendem Poser/Mackertum habe ich noch nie erlebt und entweder der Sound seines Mikros war ultramies gemischt, oder der Typ kann überhaupt nicht clean singen. Eine absolute Vollkatastrophe. Habe es auf anraten von mitreisenden auch bis in die härteren Blackmetaltracks ausgehalten, das Gekeife hat er besser getroffen, klang aber immer noch nach gequältem Frosch. Fürchterlich.

Wo wir hier gerade bei negativen Dingen sind: wenn etwas genervt hat beim Festival, dann drei Dinge: Laberleute, die Hitze in der Halle (durchweg stickig und 26 Grad) und die glorreiche Idee, die 4 Foodstände in selbige zu stellen. Draußen wäre genug Platz gewesen. Aber nein, so stank es spätestens bei jeder 3. Band des Festivals nach altem Öl und Fett, weil es natürlich Steinofenpizza und Burgerbuden waren...

Abschluss für mich (und auch des Festivals) bildeten Godspeed You! Black Emperor. Kürzlich in Berlin gesehen, fand es da gut, hier sogar noch besser. Dank der Größenvorteile in Spanien auch endlich mal wieder was gesehen und der Sound war perfekt. Einziges Manko: Versprochen wurde ein 90 Minuten Slot und quasi jede Band des Festivals hat ihren ausgenutzt oder überzogen. Nicht so GYBE. Leider war nach dem neuen Material + Sad Mafioso schon nach 75 Minuten schon Schluss. Zu wenige für eine Band, die ausufert bis zum geht nicht mehr. Dennoch ein würdiges Ende eines ziemlich gelungenen Festivals.

Unabhängig davon: Barcelona ist echt eine Scheißstadt. Es nervt mich einfach alles daran. Vor allem jedoch der immerwährende Scam. Geht man drei Tage nacheinander im gleichen Laden Getränke kaufen, sind es drei mal unterschiedliche Preise. Die gleiche Späti-"Kette" nimmt unterschiedliche Preise. Tapas werden angesprisen, kosten dann plötzlich am Tisch sitzend mehr. Man rühmt sich einer Nachtkultur, aber um 22 Uhr ist alles dicht. Für Touri-Mitbringsel musst du alles verhandeln, bzw. wenn man Bock drauf hat, weil die zuerst aufgerufenen Preise unverschämt sind. Durchschnittliche Museen kosten (Casa Battlo) bis zu 50 € (!) Eintritt pro Person. Im Parc Güell gibt es plötzlich Absperrungen, die entweder ewige Wartezeit nach sich ziehen, oder man darf 1/3 des Parcs nicht betreten. Am Strand, den es gibt, wird man alle 2 Minuten von nervigen Händlern angelabert. Die Tapaskultur ist komplett überschätzt, das dortige Essen maximal mittelmäßig. Die Stadt besteht zudem nur aus Fressbuden, die historische Kultur beschränkt sich auf Gaudi, der gemolken wird, wo es geht. Die Stadt ist zu 100% auf Touristen ausgelegt, hat aber alle 2 Meter ein Plakat gegen jene, ohne die hier nichts gehen würde. Noch dazu dieser lächerliche Unabhängikeitskram und zu guter letzt die nicht vorhandene Wasserqualität. Wenn es nach deutschem Meckerrentner klingt: Deal with it. Diese Stadt ist 90% Schein, 10% sein. Es war die absolute richtige Entscheidung vor dem Festival ein paar Tage entspannt in Andorra wandern zu gehen.

Benutzeravatar
Flecha
Beiträge: 5694
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:45
Wohnort: Hamburch
Kontaktdaten:

Re: Festivalberichte

Beitrag von Flecha » Mo 10. Okt 2022, 21:30

Blackstar hat geschrieben:
Mo 10. Okt 2022, 20:36
Elder, die ziemlich stumpfen Stoner/Doom Metal spielten. Als Start ins Festival ganz nett.
Ok, wenn das dein Urteil zu Elder ist, muss offenbar nicht die Band gemeint sein, von der ich Thorsten via WhatsApp berichtete. :lol:
Last.fm!
______________________________________________
Mantar, Mantar


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: robin-tobs und 35 Gäste