Beitrag
von Quadrophobia » Di 28. Sep 2021, 01:08
Man muss es mit ein paar Tagen Abstand wirklich so sagen: dieses Festival war ein totaler Reinfall und organisatorisch katastrophal.
Nur die liebe Crew aus Nilo und Alex (und Karmapolice bei Edwin Rosen!), die beiden Molotow Nächte mit den andern Fecos (God bless 2g) und der Galgenhumor der überall vorherrschte und zwei ganz schöne Konzerte am Samstag haben ein paar positive Akzente gesetzt.
Negativ dagegen:
- Einlasssituation von Mittwoch bis Freitag katastrophal. In Clubs zu kommen war nur möglich, wenn man sich 90 Minuten vorher angestellt hat, nicht mal das hat den Zutritt garantiert. Mittwoch mehrere Menschen mit Tagestickets getroffen, die kein einziges Konzert gesehen haben. Nochtspeicher, Molotow (Club und Backyard), Grünspan, Indra, Moondoo, Häkken, UWE und co. alle nur realisierbar, wenn man mindestens einen anderen Act geopfert hat. Anders als sonst immer wurden auch keine Einlassstopps per App kommuniziert.
- Delegates (Konferenz Ticket + Presse) hatten überall unbegrenzt Vortritt. Lediglich einige wenige Venues haben das eigenmächtig beschränkt. Gipfelte in Konzerten (PVA im Nochtspeicher z.B.) wo auf eine:n Besucher:in 4 Delegates kamen.
- Während in Venues penibel auf den Infektionsschutz (mit teilweise wirklich unsinnigen Maßnahmen) geachtet wurde, war davor alles egal. auf dem Village standen vor der Fritz Bühne ca. 100 Leute im markierten Bereich mit Abständen. Drumherum standen 400 eng beieinander ohne Maske.
- Die Outdoorvenues haben nicht funktioniert. Die Arte Stage krankt an übermotivierter Security, die jeden Milimeter abweichen vom Platz zurechtweist, schlechter Sicht von den meisten hinteren Plätzen, mäßigem Sound und vor allem null Stimmung. Das Draußen im Grünen war eine nette Neuheit, aber mit 30 Minuten Laufzeit absolut unrealistisch für die meisten Abende. Die neue Spielbude XL hatte immer massig Platz, trotzdem wurden Einlassstopss verhängt und die Leute standen dann eben - ohne Maske und Abstand - davor. Wurde dann später etwas vergrößert, hat die Situation aber kaum verbessert. Die Fritz Bühne auf dem Village hatte auch nicht ausreichend Kapazität und war außerdem anscheinend schon bei relativ moderatem wind nicht mehr bespielbar, weswegen Sharktank dort kurzfristig gecancelt wurden, nachdem am Tag vorher schon rund 200 Leute vor dem Indra in die Röhre geguckt haben.
- Die Partymate App, die für die Kapazität der Locations genutzt wurde ist regelmäßig ausgefallen oder hat Kapazitätsgrenzen angezeigt, die noch lange nicht erreicht waren, weil Leute vom Konzert vorher nicht ausgecheckt haben. Das gipfelte Samstag in einer Menschentraube vor dem Village ( in dem massig Platz war), die nicht eingelassen wurden. Lösung: Alle haben einfach den QR Code vom Ticketdesk gescannt, dort eingecheckt und sind so aufs Village.
- Die 3G Bändchen Waren farblich nicht unterschiedlich. Für 2G und getestet gabs die gleiche Farbe, nur jeweils mit anderem Symbol. Dieses Symbol wurde insgesamt am ganzen Wochenende zwei mal bei mir kontrolliert, einmal am Village und einmal im Molotow. An allen anderen Venues hätte ich ohne Probleme mit einem Test vom Mittwoch Einlass erhalten. Das ist den Türsteher:innen, die diesen Quark durchsetzen mussten, aber nicht anzulasten, die hatten weiß Gott genug zu tun.
- während die dutzenden Beschwerden erst völlig ignoriert wurden, dann mit nichtssagenden Nonpologies und ausweichenden Antworten abgewimmelt wurden, nimmt das RBF ab heute "Stellung" in den Kommentaren. Dabei entschuldigt man sich lediglich für das "Wording" wie "Crazy" das Festival war und nicht dafür, dass man massiv zu viele Tickets verkauft hat. Auch wird das Einlassdesaster nur auf Mittwoch und Donnerstag begrenzt, obwohl es auch Freitag völlig unmöglich war, ohne stundenlanges Warten in clubs zu kommen. Berichten nach gilt das auch für Samstag, da war ich aber nur bei großen Venues. Dass man hier anstatt einzugestehen, dass man schlecht geplant hat, versucht zu suggerieren dieses Desaster sei überraschend, die Situation relativiert und damit jahrelang treue Besucher:innen vor den Kopf stößt, ist wirklich nur traurig und diesem Festival eigentlich nicht würdig.
Ich bin gespannt, was auf die deutliche Kritik per Mail zurückkommt. Falls man denn wirklich vorhat darauf zu reagieren oder einfach hofft, dass die Leute es bis vergessen haben.
Gesehen habe ich insgesamt. Durchgestrichen heißt nicht reingekommen.
Mittwoch
Jealous
Drab City - Nachdem im Molotow keine Chance bestand, sind wir ins Imperial Theater. Das war leider völliger Murks. Großteil kam vom Band, nur Bass oder Gitarre und Gesang live, der Gesang leider relativ durchschnittlich. Nach drei Songs gegangen.
Komfortrauschen - Häkken -Live-Techno mit ziemlich Wumms, hat Spaß gemacht und war kurzweilig, aber solche Musik funktioniert einfach nicht richtig ohne tanzen.
Sharktank - Indra
Donenrstag
Sharktank - Fritz Bühne
LOS BITCHOS - Molo Backyard - wir waren die allerersten, die nicht Reinkamen
PVA Nochtspeicher - Hier war schon die Delegate Schlange zu lang
The Golden Dregs - St. Pauli Kirche - weils die nächstgelegene Location war, sind wir hingelaufen. Gab noch lediglich Hörplätze. Musikalisch irgendwo zwischen The Slow Show und Joy Division, durchaus nicht schlecht aber auch keine Offenbarung. Mit Sicht wärs wohl besser gewesen.
Dino Brandao - St. Pauli Kirche - Das erste Konzert von dem ich wirklich überzeugt war. Tolle Stimme, cooles songwriting, hat stellenweise etwas an Portugal the Man erinnert. Von dem wird man noch (mehr) hören.
Freitag
Edwin Rosen - Grünspan mit Rekordanstehzeit von 104 Minuten rein gekommen und sogar ganz gut gestanden. Dank des Hypes aber sicherlich wieder gute 100 Leute, die nicht reinkamen. Dafür gabs dann 30 Minuten Retro-New-Wave-Synth-Pop, zwei Songs vom Projekt seines Mitmusikers und ein Wir sind Helden Cover. Ich fands durchweg cool, aber für solch ein Set würde ich nicht die aktuell aufgerufenen 25€ für ein Ticket bezahlen. Eigentlich der perfekte RBF Gig, wäre da nicht die mehr als 3:1 Ansteh - Konzert Ratio.
Weval - Arte Concert Stage - Freunde von mir haben es bei Trümmer versucht (und sind gescheitert), ich hab mit gar nicht erst die Illusion gemacht, dass das klappen könnte und bin auf die große Stage zu Weval. Hätte ich mir auch klemmen können. Mag die eigentlich recht gern, aber der Funkt sprang zu keiner Zeit über, das Publikum war von der peniblen Security genervt und von meinem zugewiesenen Platz sah man einfach gar nichts. Wegbewegen durfte ich mich nicht, mit Umweg über den Bierstand konnte ich mir dann immerhin einen Platz mit Sicht sichern. Hats aber auch nicht mehr gerettet.
Samstag
M. Byrd - Fritz Bühne - Großteil wegen Einlasschaos verpasst. Danach war es dem lauen wetter angemessener, schöner, recht simpler Indie-Folk-Pop. Würd ich mir an Festivalnachmittagen immer wieder anschauen.
Die Höchste Eisenbahn - Michel - Einlass hier war kein Problem, allerdings hat der Michel halt auch viele mäßige Plätze. Hatten aber Glück und wurden in die bessere Hälfte sortiert, wenn auch erst auf einen Platz mit Sichtbehinderung. Das Konzert war, wie man es von der höchsten Eisenbahn erwartet, eine sehr schöne Angelegenheit. Anfangs mit etwas dürftigem Sound, wurde es relativ schnell besser. Haben sich auch ein wenig drüber lustig gemacht, dass nirgendwo jemand reinkommt.
Hätten nur mehr interessante Acts hier gespielt.
Isolation Berlin - Draußen im Grünen - Die Location ist wirklich schön, aber nur dann eine Option, wenn man Bock hat, je Strecke eine halbe Stunde zu laufen. Gab als wir kamen noch ausreichend Plätze, allerdings nur in den letzten Reihen. Das Set fing etwas schleppend mit neuen Songs an, wurde dann aber immer besser. Hatte bisher wenig Gefallen an den neuen Songs gefunden, aber wurde dann doch im Laufe des Sets langsam mit ihnen warm. Die Hits von den ersten beiden Alben sowieso top Insgesamt sicher das Highlight des Festivals.
Insgesamt habe ich sehr wenige Bands gesehen. Davon hab ich zwei schon etliche Male gesehen und zwei hätte ich auch sehen können, ohne Eintritt zu zahlen. Insgesamt selbst mit dem günstigen Ticket ein Reinfall.