Contra-Thread
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Re: Contra-Thread
Es ist eine gottverdammte Scheibe, ein Akt der Rebellion knapp über dem Graffiti an der Hauswand - aber in Deutschland wird sofort lauthals "Gewalt" geschrien, wenn mal was beschädigt wird oder zu Bruch geht. Face it, wir alle haben schon genügend fremdes Eigentum beschädigt, als wir mal wieder mit 1,5 Promille mit Freunden von der Party kamen.
Und dann wird aus dem gutbürgerlichen Lager gemahnt, dass Menschen, die sich gegen Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus oder etwa die Strukturen kapitalistisch-unsozialer Systeme zur Wehr setzen wollen, doch die Form zu wahren haben, welche doch theoretisch alle Möglichkeiten biete - ungeachtet dessen, dass diese Prozesse oft nur für männliche, weiße und wohlhabende Personen zugänglich sind.
Diether Dehm ist nun nicht irgendein unbescholtener Bürger, dem sein Gartenzaun zu Silvester gesprengt wurde (→ s. oben), sondern als Bundestagsmitglied mit einem gehobenem Einfluss ausgestattet, der zudem seit einiger Zeit antisemitische und verschwörungstheoretische Lager bedient. Ohne den Kiez in Linden zu kennen, wurde hier klargemacht, dass man seine öffentliche Person nicht toleriert, ohne irgendwie die körperliche Versehrtheit des Betroffenen infrage zu stellen. Ein klassischer Akt zur Angleichung der Machtverhältnisse vor Ort, ebenso wie etwa in Connewitz, wo sich die Bewohner mit Händen und Füßen gegen die Zerstörung ihres Lebensumfeldes wehren, Luxusneubauten beschmiert oder sonstwie Gegenstand von Vandalismus werden. Oft sind das Ergebnisse von tatsächlich jahrelang geführten politisch-gesellschaftlichen Bemühungen, die letzten Endes aber an den Strukturen scheiterten. Da kann die zersprungene Glasscheibe auch zum legitimen politischen Medium werden.
Und dann wird aus dem gutbürgerlichen Lager gemahnt, dass Menschen, die sich gegen Rassismus, Menschenfeindlichkeit, Antisemitismus oder etwa die Strukturen kapitalistisch-unsozialer Systeme zur Wehr setzen wollen, doch die Form zu wahren haben, welche doch theoretisch alle Möglichkeiten biete - ungeachtet dessen, dass diese Prozesse oft nur für männliche, weiße und wohlhabende Personen zugänglich sind.
Diether Dehm ist nun nicht irgendein unbescholtener Bürger, dem sein Gartenzaun zu Silvester gesprengt wurde (→ s. oben), sondern als Bundestagsmitglied mit einem gehobenem Einfluss ausgestattet, der zudem seit einiger Zeit antisemitische und verschwörungstheoretische Lager bedient. Ohne den Kiez in Linden zu kennen, wurde hier klargemacht, dass man seine öffentliche Person nicht toleriert, ohne irgendwie die körperliche Versehrtheit des Betroffenen infrage zu stellen. Ein klassischer Akt zur Angleichung der Machtverhältnisse vor Ort, ebenso wie etwa in Connewitz, wo sich die Bewohner mit Händen und Füßen gegen die Zerstörung ihres Lebensumfeldes wehren, Luxusneubauten beschmiert oder sonstwie Gegenstand von Vandalismus werden. Oft sind das Ergebnisse von tatsächlich jahrelang geführten politisch-gesellschaftlichen Bemühungen, die letzten Endes aber an den Strukturen scheiterten. Da kann die zersprungene Glasscheibe auch zum legitimen politischen Medium werden.
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Re: Contra-Thread
Ist das echt allgemeiner Konsens? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nie mutwillig irgendwelchen fremden Eigentum beschädigt habe und ich wäre ehrlich gesagt ziemlich entsetzt, wenn meine Freunde einfach irgendwas kaputt treten. Betrunken ist ja dann erst recht keine Entschuldigung, sondern macht es eher noch schlimmer. Komische Einstellung.Stebbie hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 09:38Es ist eine gottverdammte Scheibe, ein Akt der Rebellion knapp über dem Graffiti an der Hauswand - aber in Deutschland wird sofort lauthals "Gewalt" geschrien, wenn mal was beschädigt wird oder zu Bruch geht. Face it, wir alle haben schon genügend fremdes Eigentum beschädigt, als wir mal wieder mit 1,5 Promille mit Freunden von der Party kamen.
Bei den sonstigen Rechtfertigungen für Vandalismus würde ich mich ja sogar noch anschließen, wenn man auf friedlichem Wege kein Gehör findet. Trotzdem muss man sich weiterhin bewusst sein, dass man eine Grenze überschreitet und dafür unter Umständen die entsprechenden Konsequenzen zu tragen hat.
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Re: Contra-Thread
Das irritiert mich hier auch gerade massivst...NeonGolden hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 10:19Ist das echt allgemeiner Konsens? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nie mutwillig irgendwelchen fremden Eigentum beschädigt habe und ich wäre ehrlich gesagt ziemlich entsetzt, wenn meine Freunde einfach irgendwas kaputt treten. Betrunken ist ja dann erst recht keine Entschuldigung, sondern macht es eher noch schlimmer. Komische Einstellung.Stebbie hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 09:38Es ist eine gottverdammte Scheibe, ein Akt der Rebellion knapp über dem Graffiti an der Hauswand - aber in Deutschland wird sofort lauthals "Gewalt" geschrien, wenn mal was beschädigt wird oder zu Bruch geht. Face it, wir alle haben schon genügend fremdes Eigentum beschädigt, als wir mal wieder mit 1,5 Promille mit Freunden von der Party kamen.

Im Endeffekt läuft's aber darauf hinaus, was ich oben schon geschrieben habe. Wenn's mir in den Kram passt, kann man schon mal 'ne Scheibe einschlagen. Wenn man dann schonmal dabei ist, warum nicht gleich in Brand stecken? Hey, ist doch nur ein Haus. Da sollen sich die gutbürgerlichen Bedenkenträger mal zurückhalten.
Ernsthaft: es wird sich über die Afd aufgeregt, dass diese "Partei" mit ihrer Rhetorik der rechtsextremen Gewalt Vorschub leistet und dann werden aus der anderen politischen Richtung solche "Anschläge" bagatellisiert. Mir fehlen echt die Worte.
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Re: Contra-Thread
Ich versteh das Problem einfach nicht. Es ist ein himmelschreiender Unterschied, ob Nazis auf das Büro von Karamba Diaby schießen, oder ob jemand demonstrativ Dieter Dehms Scheibe einschlägt, weil man Politiker*innen, die mit Nazis paktieren, nicht akzeptieren will. Gewalt fängt nicht erst bei kaputten Sachen an.
Mal angenommen, in der direkten Umgebung wohnen Jüd*innen: Die dürfen jetzt jeden Tag an einem Laden vorbeigehen, der für nicht weniger steht, als die Ablehnung ihres Existenzrechts. Dieter Dehm bewegt sich in der gleichen ideologischen Sphäre wie Tobias Rathjen oder Stephan Balliet und seine Abgeordnetenbüro ist eben ein Ort von dem aus er diese Ideologie verbreitet. Das ist Gewalt und wie die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, potentiell tödliche Gewalt. Diese Bedrohung einfach so stehen zu lassen, kann man insbesondere von Betroffenen nicht verlangen.
Mal angenommen, in der direkten Umgebung wohnen Jüd*innen: Die dürfen jetzt jeden Tag an einem Laden vorbeigehen, der für nicht weniger steht, als die Ablehnung ihres Existenzrechts. Dieter Dehm bewegt sich in der gleichen ideologischen Sphäre wie Tobias Rathjen oder Stephan Balliet und seine Abgeordnetenbüro ist eben ein Ort von dem aus er diese Ideologie verbreitet. Das ist Gewalt und wie die jüngere Vergangenheit gezeigt hat, potentiell tödliche Gewalt. Diese Bedrohung einfach so stehen zu lassen, kann man insbesondere von Betroffenen nicht verlangen.
Re: Contra-Thread
Irritiert mich auch. Wobei, kommt ja von Stebbie. Er hat mit seiner arroganten Art doch eh immer recht.Suitemeister hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 10:28Das irritiert mich hier auch gerade massivst...NeonGolden hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 10:19Ist das echt allgemeiner Konsens? Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich noch nie mutwillig irgendwelchen fremden Eigentum beschädigt habe und ich wäre ehrlich gesagt ziemlich entsetzt, wenn meine Freunde einfach irgendwas kaputt treten. Betrunken ist ja dann erst recht keine Entschuldigung, sondern macht es eher noch schlimmer. Komische Einstellung.Stebbie hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 09:38Es ist eine gottverdammte Scheibe, ein Akt der Rebellion knapp über dem Graffiti an der Hauswand - aber in Deutschland wird sofort lauthals "Gewalt" geschrien, wenn mal was beschädigt wird oder zu Bruch geht. Face it, wir alle haben schon genügend fremdes Eigentum beschädigt, als wir mal wieder mit 1,5 Promille mit Freunden von der Party kamen.![]()
Im Endeffekt läuft's aber darauf hinaus, was ich oben schon geschrieben habe. Wenn's mir in den Kram passt, kann man schon mal 'ne Scheibe einschlagen. Wenn man dann schonmal dabei ist, warum nicht gleich in Brand stecken? Hey, ist doch nur ein Haus. Da sollen sich die gutbürgerlichen Bedenkenträger mal zurückhalten.
Ernsthaft: es wird sich über die Afd aufgeregt, dass diese "Partei" mit ihrer Rhetorik der rechtsextremen Gewalt Vorschub leistet und dann werden aus der anderen politischen Richtung solche "Anschläge" bagatellisiert. Mir fehlen echt die Worte.

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Re: Contra-Thread
Ich finde das ehrlich gesagt zu einfach. Gewalt ist meiner Meinung nach leider ein legitimes Mittel von Personen, deren Stimmen nicht gehört werden. Dieses ganze System ist eben darauf ausgelegt. Aus meiner oder unserer Position ist es halt auch einfach zu sagen, dass man damit nichts erreicht und die Leute mal lieber diskutieren sollten, während Leute wie Dieter Dehm seit Ewigkeiten das gleiche machen und nie mit Konsequenzen in ihrer Partei zu rechnen haben.
Und nein, Sachbeschädigung beim Büro eines Antisemiten ist moralisch für mich weitaus akzeptabler, eben weil es einen Antisemiten bzw. dessen Scheibe trifft. Strafrechtlich spielt das natürlich keine sonderlich große Rolle, aber man sollte schon zwischen verschiedenen Arten von Gewalt differenzieren und den Kontext beachten. Es führt halt den Diskurs nicht weiter, wenn Gewalt nicht in den Kontext gesetzt wird. Beispiel BLM, eine Bewegung die die letzten Wochen weitaus mehr Beachtung gefunden hat als davor. Abgerissene Statuen von Verbrechern sind auch Sachbeschädigungen, trotzdem haben diese das Thema weitaus stärker in den Mittelpunkt gerückt, als die Diskussionen der letzten Jahre.
Und nein, Sachbeschädigung beim Büro eines Antisemiten ist moralisch für mich weitaus akzeptabler, eben weil es einen Antisemiten bzw. dessen Scheibe trifft. Strafrechtlich spielt das natürlich keine sonderlich große Rolle, aber man sollte schon zwischen verschiedenen Arten von Gewalt differenzieren und den Kontext beachten. Es führt halt den Diskurs nicht weiter, wenn Gewalt nicht in den Kontext gesetzt wird. Beispiel BLM, eine Bewegung die die letzten Wochen weitaus mehr Beachtung gefunden hat als davor. Abgerissene Statuen von Verbrechern sind auch Sachbeschädigungen, trotzdem haben diese das Thema weitaus stärker in den Mittelpunkt gerückt, als die Diskussionen der letzten Jahre.
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Re: Contra-Thread
Halte ich für eine gewagte These. Nach dem, was ich so mitbekomme, konnten sich in der Vergangenheit rechte und antisemitische Strukturen vor allem dort nicht ausbreiten, wo sich ein starker Widerstand formiert hat, der auch teilweise Sachbeschädigungen zur Folge hatte. Siehe bspw. das Haus der Identitären in Halle.
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Re: Contra-Thread
Hannover hat 51 Stadtteile. In Stöcken, Würfel, List oder Bemerode wäre das nicht passiert. Linden ist halt speziell. Insofern kann ich schon verstehen, das dieses Büro als Provokation verstanden wurde.
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Re: Contra-Thread
Das Kernproblem ist für mich immer wieder, dass Gewalt in Form von Sachbeschädigung als Ausnahmefall verstanden wird, wenn sie lediglich der sichtbare Teil einer durchweg gewalttätigen Realität ist. Man kann physische Gewalt ablehnen, sie aber kontextunabhängig zu verurteilen verdeckt eben die strukturellen Ursachen. Dass einige Antifa Gruppen Militanz als Selbstzweck einsetzen, finde ich ebenso bescheuert wie ihr, in diesem Fall gibt es aber einen klaren strukturelles Gewaltverhältnis.
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Re: Contra-Thread
true.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 11:23Das Kernproblem ist für mich immer wieder, dass Gewalt in Form von Sachbeschädigung als Ausnahmefall verstanden wird, wenn sie lediglich der sichtbare Teil einer durchweg gewalttätigen Realität ist. Man kann physische Gewalt ablehnen, sie aber kontextunabhängig zu verurteilen verdeckt eben die strukturellen Ursachen. Dass einige Antifa Gruppen Militanz als Selbstzweck einsetzen, finde ich ebenso bescheuert wie ihr, in diesem Fall gibt es aber einen klaren strukturelles Gewaltverhältnis.
Re: Contra-Thread
Strukturelle Gewalt vs. Subjektive Gewalt sollte man echt als Basis-Thema in der Schule setzen. Es nervt nur noch.
Das was Quadro, Stebbie, Lewis hier so schreiben, wäre ca. das, was ich auch schreiben würde, wollte ich mit meinem "Nä, keine Lust" der ewiggleichen, nervigen Diskussion nicht aus dem Weg gehen.
"Ich lehne Gewalt pauschal ab" ist als Satz in etwa so sinnvoll wie "Ich finde Gewalt pauschal geil".
Das was Quadro, Stebbie, Lewis hier so schreiben, wäre ca. das, was ich auch schreiben würde, wollte ich mit meinem "Nä, keine Lust" der ewiggleichen, nervigen Diskussion nicht aus dem Weg gehen.
"Ich lehne Gewalt pauschal ab" ist als Satz in etwa so sinnvoll wie "Ich finde Gewalt pauschal geil".
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Re: Contra-Thread
Und ich verstehe nicht, wie man sowas gutheißen kann.
Klinke mich hier jetzt aber auch aus. Das wird mir echt zu blöd.
edit:
Es bringt übrigens auch nichts, solche Debatten immer und immer wieder zu akademisieren. Denn dann ist das, was wir hier machen auch nur ein weiterer Auswuchs der vielkritisierten woke-white-Twitter-Mittelschicht.
Ansonsten:
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Re: Contra-Thread
Wie stehst du denn zu dem Beispiel der Sklaventreiberstatuen? Es geht auch nicht um konsequentes Gutheißen, sondern primär um Einordnung der Gesamtsituation.
Edit: Es geht nicht um akademisieren. Aber dein Vorwurf, dass Leute Gewalt schlicht geil finden, wenn es in den Kram passt, ist viel zu einfach gedacht.
Edit: Es geht nicht um akademisieren. Aber dein Vorwurf, dass Leute Gewalt schlicht geil finden, wenn es in den Kram passt, ist viel zu einfach gedacht.
Re: Contra-Thread
Verstehe schon worauf du hinaus willst, aber Gewalt pauschal abzulehnen ist eine Haltung, die sich nur Leute erlauben können, die Gewalt – in welcher Form auch immer – max. aus dem Fernsehen oder einer Kneipenhauerei kennen. Es ist ein Thema, dass komplex ist und einer kleinteiligeren, differenzierten Behandlung bedarf. Das heißt nicht, dass man die Wortwahl dabei nicht so treffen sollte, dass möglichst wenig Leute allein schon aufgrund x-facher Fachbegriffe außen vor bleibt – nehme mich da nicht aus.Suitemeister hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 11:30Es bringt übrigens auch nichts, solche Debatten immer und immer wieder zu akademisieren. Denn dann ist das, was wir hier machen auch nur ein weiterer Auswuchs der vielkritisierten woke-white-Twitter-Mittelschicht.
Akademisierung ist halt eh immer so ein Vorwurf. Einem Arzt oder Physiker, der versucht die Problemstellungen in seinem Metier komplex zu denken, würde man sowas wohl nicht an den Kopf werfen.
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Re: Contra-Thread
Wer hat denn hier einen solchen Vergleich angeführt?Quadrophobia hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 10:44Ich versteh das Problem einfach nicht. Es ist ein himmelschreiender Unterschied, ob Nazis auf das Büro von Karamba Diaby schießen, oder ob jemand demonstrativ Dieter Dehms Scheibe einschlägt, weil man Politiker*innen, die mit Nazis paktieren, nicht akzeptieren will. Gewalt fängt nicht erst bei kaputten Sachen an.

Das Maß an Unterstellungen übertrifft hier gerade mal wieder haushoch den eigentlichen Anstoß der Diskussion. Insofern kann ich Suitemeister hier durchaus verstehen, wenn er keinen Bock auf so eine Auseinandersetzung hat.
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Re: Contra-Thread
Kein guter Vergleich, weil Sklaventreiberstatuen als öffentliche Denkmäler tendenziell nicht in Privatbesitz sind und im Gegensatz zum Fenster keine technische Funktion besitzen.Declan_de_Barra hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 11:37Wie stehst du denn zu dem Beispiel der Sklaventreiberstatuen? Es geht auch nicht um konsequentes Gutheißen, sondern primär um Einordnung der Gesamtsituation.
Wie gesagt, rein moralisch finde ich es in gewisser Weise nachvollziehbar, dass man sowas macht oder gutheißt. Letzten Endes handelt es sich aber trotzdem um Selbstjustiz und dafür muss man sich dann eben auch entsprechend verantworten.
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Re: Contra-Thread
Das ist jetzt erst einmal eine Unterstellung, für die ich keine Anhaltspunkte sehe. Es sei denn, für dich sind Brandanschläge auf Häuser auf der einen und Fahrzeuge auf der anderen Seite ein und dasselbe. Insofern empfinde ich solche trotzigen Aussagen als ziemlich haltlos.Suitemeister hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 10:28Im Endeffekt läuft's aber darauf hinaus, was ich oben schon geschrieben habe. Wenn's mir in den Kram passt, kann man schon mal 'ne Scheibe einschlagen. Wenn man dann schonmal dabei ist, warum nicht gleich in Brand stecken? Hey, ist doch nur ein Haus. Da sollen sich die gutbürgerlichen Bedenkenträger mal zurückhalten.
Ich kann durchaus verstehen, wenn man solche Aktionen nicht gutheißt, ich finde die konkrete jetzt auch nur so semi-sinnvoll. Allgemein habe ich aber schon den Eindruck, dass hier eine enorme Schieflage vorherrscht, was die Verhältnismäßigkeit der Aufregung angeht. Das sind Äpfel und Birnen, ja, aber ich würde mir persönlich einfach nur wünschen, dass sich diese Wut gleichermaßen auch bei anderen (gewaltvollen) Ungerechtigkeiten wiederfindet, die überwiegend viel weitreichendere Konsequenzen für viel mehr Betroffene hat als eine Fensterscheibe...Vielleicht findet das ja auch statt, geb ich zu, aber momentan hab ich wie gesagt nicht das Gefühl, dass hier irgendeine Verhältnismäßigkeit gegeben ist.
Über das Problem der Akademisierung hab ich mir auch schon öfter Gedanken gemacht. Allerdings weiß ich nicht, was das an dieser und auch anderer Stelle nun konkret heißen soll. Die Welt lieber in schwarz und weiß aufteilen?
„Die Welt geht vor die Hunde Mädchen, traurig aber wahr.“
Re: Contra-Thread
Was hat das mit der Diskussion über die Rechtmäßigkeit einer pauschalen Ablehnung von Gewalt zu tun? Verstehe ich grad nicht ganz.NeonGolden hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 12:10Kein guter Vergleich, weil Sklaventreiberstatuen als öffentliche Denkmäler tendenziell nicht in Privatbesitz sind und im Gegensatz zum Fenster keine technische Funktion besitzen.Declan_de_Barra hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 11:37Wie stehst du denn zu dem Beispiel der Sklaventreiberstatuen? Es geht auch nicht um konsequentes Gutheißen, sondern primär um Einordnung der Gesamtsituation.
Sagt auch niemand, oder?NeonGolden hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 12:10Wie gesagt, rein moralisch finde ich es in gewisser Weise nachvollziehbar, dass man sowas macht oder gutheißt. Letzten Endes handelt es sich aber trotzdem um Selbstjustiz und dafür muss man sich dann eben auch entsprechend verantworten.
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Re: Contra-Thread
Stein des Anstoßes war hier nicht, dass sich jemand über die rohe Gewalt gegen die Fensterscheibe aufgeregt hat, sondern dass diese Form der Selbstjustiz völlig unreflektiert abgefeiert wurde.dattelpalme hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 12:12Ich kann durchaus verstehen, wenn man solche Aktionen nicht gutheißt, ich finde die konkrete jetzt auch nur so semi-sinnvoll. Allgemein habe ich aber schon den Eindruck, dass hier eine enorme Schieflage vorherrscht, was die Verhältnismäßigkeit der Aufregung angeht. Das sind Äpfel und Birnen, ja, aber ich würde mir persönlich einfach nur wünschen, dass sich diese Wut gleichermaßen auch bei anderen (gewaltvollen) Ungerechtigkeiten wiederfindet, die überwiegend viel weitreichendere Konsequenzen für viel mehr Betroffene hat als eine Fensterscheibe...Vielleicht findet das ja auch statt, geb ich zu, aber momentan hab ich wie gesagt nicht das Gefühl, dass hier irgendeine Verhältnismäßigkeit gegeben ist.
Niemand hat hier behauptet, dass so eine Aktion aufs Schärfste zu verurteilen sei oder mit anderen Gewalttaten vergleichen. Diese Unterstellungen wurden von Einigen hier einfach in den Raum gestellt.
Was geht hier eigentlich ab? Ich finde den Ton und die Art der Kommunikation hier gerade überaus befremdlich.
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Re: Contra-Thread
This. In diesem Sinneslowdive hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 11:39Verstehe schon worauf du hinaus willst, aber Gewalt pauschal abzulehnen ist eine Haltung, die sich nur Leute erlauben können, die Gewalt – in welcher Form auch immer – max. aus dem Fernsehen oder einer Kneipenhauerei kennen. Es ist ein Thema, dass komplex ist und einer kleinteiligeren, differenzierten Behandlung bedarf. Das heißt nicht, dass man die Wortwahl dabei nicht so treffen sollte, dass möglichst wenig Leute allein schon aufgrund x-facher Fachbegriffe außen vor bleibt – nehme mich da nicht aus.Suitemeister hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 11:30Es bringt übrigens auch nichts, solche Debatten immer und immer wieder zu akademisieren. Denn dann ist das, was wir hier machen auch nur ein weiterer Auswuchs der vielkritisierten woke-white-Twitter-Mittelschicht.
Akademisierung ist halt eh immer so ein Vorwurf. Einem Arzt oder Physiker, der versucht die Problemstellungen in seinem Metier komplex zu denken, würde man sowas wohl nicht an den Kopf werfen.
Ich sehe zwar nicht wirklich, wo ich mich hier im Ton vergriffen hätte, aber ich zeichne noch mal kurz auf, warum ich diese Debatte nicht mehr hören kann. Die Gewalt, die von Strukturen ausgeht und vor allem Minderheiten betreffen, wird von Jahr zu Jahr extremer. In den letzten fünf Jahren gab es drei tödliche rechtsextreme Anschläge, es haben Dutzende Flüchtlingsunterkünfte gebrannt, Antisemitische Gewalt ist so hoch, wie seit Ewigkeiten nicht, Polizeigewalt wird nicht verfolgt, Kommunapolitiker*innen werden von Nazis angegriffen und die Polizei steckt den Hauptverdächtigen die Ermittlungsdetails. Rassistische Morde werden verschleppt und vertuscht, migrantische Menschen werden persönlich für Covid Ausbrüchen für schuldig befunden und dann in Kollektivhaft genommmen und gewaltsam in den unmenschlichen Wohnbedingungen eingepfercht, in die sie eine brutale Verwertung von Lebensraum erst gezwungen hat.“Riot is an unfinished grave that was dug to deposit undepleted anger
It is a word to use to delegitimize your unrest, and to make your resistance into an overreaction"
Dass dieses System auch Gegengewalt hervorbringt sollte nicht überraschen. Das Gewaltmonopol hat versagt, weil es seine eigene Gewalt nicht moderiert hat und rechtsextreme Gewalt ermöglicht und vertuscht hat. Die gewaltfreien Maßnahmen, die viele linke Akteur*innen jahrelang verfolgt haben, haben keineswegs zu weniger staatlicher Repression geführt und eine Menschenkette hat auch noch keine Nazis beeindruckt. Deshalb finde ich es absolut nicht nachvollziehbar, dass Gegengewalt in Form von Sachbeschädigungen immer wieder als Skandal aufgefasst wird.
Ob sie in dieser konkreten Situation jetzt besonders sinnvoll ist, ist noch mal eine andere Frage.
Zuletzt geändert von Quadrophobia am Di 30. Jun 2020, 12:42, insgesamt 3-mal geändert.
- NeonGolden
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Re: Contra-Thread
Stimmt, da hast du Recht. Dennoch finde ich es nicht zielführend immer neue Formen bzw. Abstufungen von Gewalt zur Diskussion zu stellen.
Äh, doch? Hier ist doch alles voll davon.

Re: Contra-Thread
Im öffentlichen Diskurs passiert eine solche Gleichsetzung halt leider sehr oft, hier hingegen halte ich es auch für etwas drüber. Nur, weil man etwas ablehnt, bedeutet das schließlich nicht, dass alles was irgendwie unter diesen abgehlehnten Bereich fällt, automatisch auch gleich "schlecht" ist.NeonGolden hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 12:01Wer hat denn hier einen solchen Vergleich angeführt?Quadrophobia hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 10:44Ich versteh das Problem einfach nicht. Es ist ein himmelschreiender Unterschied, ob Nazis auf das Büro von Karamba Diaby schießen, oder ob jemand demonstrativ Dieter Dehms Scheibe einschlägt, weil man Politiker*innen, die mit Nazis paktieren, nicht akzeptieren will. Gewalt fängt nicht erst bei kaputten Sachen an.
Re: Contra-Thread
Hier gehts doch nicht darum, dass sich die Personen nicht rechtlich/wieauchimmer verantworten sollen. Du hast du doch selbst die Differenzierung zwischen Moral und geltendem Recht/welcher-Verantwortungsebene-auch-immer angeführt?
Re: Contra-Thread
Reflektiert abgefeiert, please.NeonGolden hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 12:18Stein des Anstoßes war hier nicht, dass sich jemand über die rohe Gewalt gegen die Fensterscheibe aufgeregt hat, sondern dass diese Form der Selbstjustiz völlig unreflektiert abgefeiert wurde.dattelpalme hat geschrieben: ↑Di 30. Jun 2020, 12:12Ich kann durchaus verstehen, wenn man solche Aktionen nicht gutheißt, ich finde die konkrete jetzt auch nur so semi-sinnvoll. Allgemein habe ich aber schon den Eindruck, dass hier eine enorme Schieflage vorherrscht, was die Verhältnismäßigkeit der Aufregung angeht. Das sind Äpfel und Birnen, ja, aber ich würde mir persönlich einfach nur wünschen, dass sich diese Wut gleichermaßen auch bei anderen (gewaltvollen) Ungerechtigkeiten wiederfindet, die überwiegend viel weitreichendere Konsequenzen für viel mehr Betroffene hat als eine Fensterscheibe...Vielleicht findet das ja auch statt, geb ich zu, aber momentan hab ich wie gesagt nicht das Gefühl, dass hier irgendeine Verhältnismäßigkeit gegeben ist.
Niemand hat hier behauptet, dass so eine Aktion aufs Schärfste zu verurteilen sei oder mit anderen Gewalttaten vergleichen. Diese Unterstellungen wurden von Einigen hier einfach in den Raum gestellt.
Was geht hier eigentlich ab? Ich finde den Ton und die Art der Kommunikation hier gerade überaus befremdlich.

Huch, wollte ehrlich gesagt nur inhaltlich contra geben. Bin da auch klar anderer Auffassung als Suitmeister und Miwo.
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