Taksim hat geschrieben: ↑So 15. Sep 2019, 20:06
Danke, das kann ich nur unterstreichen. Slowdive, deine Kritik kann ich ein Stück weit verstehen und höre ich gerade in Bezug auf "Babel" auch nicht zum ersten Mal (obwohl ich den weiter sehr ambitioniert und gelungen finde), doch wundert mich diese Analyse in Bezug auf "21 Grams" sehr. Ich finde den völlig frei von jedem Kitsch und so kompromisslos und rau wie ich das Thema Verlust nie irgendwo anders verarbeitet gesehen habe. Dazu wird dem ja häufig "Style over Substance" vorgeworfen, wo du vlt. zustimmen würdest, wo ich aber finde, dass man das Thema kaum besser einfangen kann. So ist die Struktur ja auch nur auf den ersten Blick chaotisch, aber bei genauerer Betrachtung sind die Szenen in durchdachter Manier angeordnet. Die extreme non-chronologische Struktur hier oder eben der extreme Longtake bei Birdman meine ich dann auch primär mit "expressiv", weniger die Themen. Ich habe das Gefühl daran stören sich viele, ich jedoch honoriere das immer, wenn ein Regisseur die Möglichkeiten des Mediums Film ausschöpft. Natürlich muss das trotzdem der Story dienen und nicht zum Selbstzweck sein, aber da sehe ich bei den beiden genau die perfekte Symbiose dessen.
Also wie ich meinte, ein Diskussionsstarter ist die Guardian-Liste auf jeden Fall

Zunächst: Schön, dass hier ein bisschen Leben in die Bude kommt.
Tatsächlich ist "21 Grams" wohl der Film, der mittlerweile am längsten zurück liegt bei mir. Ich bin heute zufällig über folgenden Kommentar gestolpert, der auch meine Gedanken im Kern ganz treffend zusammenfasst. Die handwerklichen Mängel teile ich hingegen nicht. Auf dieser Ebene halte ich Inarritu für einen absolut fähigen Regisseur.
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Und wieder so ein Film, der sich schlauer präsentieren möchte, als er eigentlich ist!
Eine Frau (Naomi Watts), die ihre 2 Töchter und ihren Ehemann verloren hat, ein Mann, der daraus profitiert (Sean Penn) und ein weiterer Mann (Benicio del Toro), der der Schuldige für den Verlust der Frau ist. Daraus wird ein absolut absurdes, vorhersehbares, langatmiges und klischeehaftes Drama aus Schicksal, Zufall und Trauer gesponnen, dass ich gewillt war nach spätestens 90 Minuten auszuschalten. Ich habe trotzdem brav ausgeharrt, nur kam da nichts mehr erwähnenswertes.
Was mich jetzt am meisten verwundert ist, dass so viele auf diesen Film abfahren und gar als Meisterwerk feiern. Ich frage mich doch tatsächlich was an einer 0815-Story so toll sein soll, die sich auf einem Papierdeckel zusammenfassen lässt, vermischt mit pseudo-religiöser und -moralischer Botschaft, dass es einem ganz anders wird, dann einer möchte-gern-Erzählstruktur aus Filmen wie Memento, Pulp Fiction und Magnolia, hallo, was ist das? Die Punkte gehen allesamt an Naomi Watts, die hier wirklich großartig spielt, Sean Penn hingegen wirkt mir den ganzen Film über abwesend, Benicio del Toro spielt solide, mehr aber auch nicht.
Die Story ist, wie bereits erwähnt Quatsch mit Soße. Hier werden alle möglichen Schicksalsszenarien schön miteinander vermischt, nur vergass Regisseur Innaritu dabei vollkommen, dass er nichts Neues zu erzählen hat. Wahrscheinlich dachte er deswegen, es sei schlau aus dem Film ein Puzzle zu machen. Falsch gedacht, zwei Stunden Langeweile, Kamera, die von Traffic geklaut scheint, Vorhersehbarkeit und eine Story, wie man sie an jeder Ecke kaufen kann. Nein danke, das ist vielleicht etwas für andere, aber sicher nicht für mich! Eine riesen Enttäuschung für mich, da hier doch zwei meiner Lieblingsschauspieler mitspielen.
Ich werde den Filme die Tage noch einmal schauen – er ist ja gerade auch auf Netflix – und dann berichten, ob sich meine Perspektive über die Zeit verändert hat. In welche Richtung auch immer.
Monkeyson hat geschrieben: ↑So 15. Sep 2019, 20:48
Also wenn jetzt schon die Kamerafahrten von Lubetzki moniert werden, kann ich dein Gefühl nur allzu gut nachempfinden.
Keine Sorge, ich halte Lubzki für einen wundervollen Kinematografen. Seine atemberaubende Arbeit in "Children of Men" (der auf der Liste ganz weit oben stehen müsste) gehört zu meinen Liebsten überhaupt. Wenn er jedoch mit "tiefgründigen" Regisseuren wie Malick oder Inarittu zusammenarbeitet, gerät selbst die grausamste Überlebensgeschichte zu einem Rausch aus atemberaubenden, perfekt inszenierten, spirituell aufgeladenen Bildern, in denen die hässliche Ernsthaftigkeit der Narrative konterkarriert wird und eine filmästhetische Nähe zur Esoterik aufflammt. Zu sehen in: "The Revenant", "The Tree of Life", "Brave New Word" und weiteren.
Warum eigentlich so aggressiv? Ich will dich nicht angreifen, nur weil ich den Regisseur deiner Wahl für doof halte – und, so hoffe ich wenigstens, auch gute Gründe dafür habe. Du kannst ja gerne schreiben, warum all dass Quatsch ist, aber hier jeden als abhobenen Snob darzustellen, der nicht nur Lob ausschüttet und vielleicht einen anderen Zugang zu Filmen hat als du, ist doch irgendwie uncool.
