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Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Von Spam bis Gott und die Welt
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slowdive
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von slowdive » So 15. Sep 2019, 11:12

Taksim hat geschrieben:
Sa 14. Sep 2019, 13:09
Jop, stimmt schon. Bei den Filmen, die ich oben genannt habe, musste ich auch wieder daran denken, dass das gut dazu passt, wie erbost einige darauf reagiert hatten, als Iñárritu als Vorsitzender der Cannes-Jury benannt wurde. Macht mich einigermaßen sprachlos, gibt für mich keinen Regisseur der in den letzten zwei Jahrzehnten so konstant bahnbrechende Werke kreiert hat. Aber da er eben stilistisch sehr expressiv ist, rümpfen viele darüber die Nase. Das ist wirklich Filmsnobismus at its worst.
Hallo, ich bin es, der Filmsnob. Nein, Inarritu ist für mich tatsächlich einer der überbewertsten Filmemacher unserer Gegenwart. Was du expressionistisch nennst, ist für mich esoterischer Kitsch. Stets ist alles in einer an schlimme Malick-Gräultaten einnernden Weise in einer unfassbar penetranten Weise bedeutungsschwer. Selbst die hohlste Szene wird in einer Weise präsentiert, als würde Gott gerade die Wahrheit höchstselbst verkünden. Und all das täuscht letztlich darüber hinweg, dass die meisten seiner Filme eigentlich wenig zu sagen haben, wenn man es mit der Spiritualität nicht hält. Kurzum: Die Werke sind von innen hohl.

Tatsächlich halte ich Birdman für einen wirklich guten Film (weil er nicht wie ein typischer Inarritu wirkt) und kann auch Biutiful und The Revenant zumindest auf einigen Ebenen etwas abgewinnen (auf anderen widerum überhaupt nicht; siehe obigen Absatz). Alles, was davor kam finde ich hingegen schwer erträglich – und zwar nicht aufgrund der unfassbaren thematischen, filmästhetischen Schwere.

Klingt jetzt vielleicht etwas hart, aber ich fühlte mich gerade etwas getriggert. :grin:

Was den Snobismus in Cannes angeht, bin ich hingegen komplett bei dir. :smile:

Zu der Liste: Ja, man kann nun darüber streiten, ob dieser oder jener Film hinein müsste (natürlich müsste Arrival dabei sein), erörtern, wie zur Hölle es Spielbergs Lincoln dort hinein geschafft hat, und so weiter. Viel schwerwiegender ist für mich aber vor allem eines: Diese Liste ist unfassbar langweilig. Eine klare Perspektive, aus der kuratiert wird, fehlt komplett.

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Monkeyson
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » So 15. Sep 2019, 12:52

slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 11:12
Taksim hat geschrieben:
Sa 14. Sep 2019, 13:09
Jop, stimmt schon. Bei den Filmen, die ich oben genannt habe, musste ich auch wieder daran denken, dass das gut dazu passt, wie erbost einige darauf reagiert hatten, als Iñárritu als Vorsitzender der Cannes-Jury benannt wurde. Macht mich einigermaßen sprachlos, gibt für mich keinen Regisseur der in den letzten zwei Jahrzehnten so konstant bahnbrechende Werke kreiert hat. Aber da er eben stilistisch sehr expressiv ist, rümpfen viele darüber die Nase. Das ist wirklich Filmsnobismus at its worst.
Hallo, ich bin es, der Filmsnob. Nein, Inarritu ist für mich tatsächlich einer der überbewertsten Filmemacher unserer Gegenwart. Was du expressionistisch nennst, ist für mich esoterischer Kitsch. Stets ist alles in einer an schlimme Malick-Gräultaten einnernden Weise in einer unfassbar penetranten Weise bedeutungsschwer. Selbst die hohlste Szene wird in einer Weise präsentiert, als würde Gott gerade die Wahrheit höchstselbst verkünden. Und all das täuscht letztlich darüber hinweg, dass die meisten seiner Filme eigentlich wenig zu sagen haben, wenn man es mit der Spiritualität nicht hält. Kurzum: Die Werke sind von innen hohl.
Hätte das für The Revenant gelten lassen oder für Babel, aber 21 Gramm?!? Wo gibt es dort eine hohle Szene, wo etwas, was nicht von sich aus verdammt bedeutungsschwer ist? Du kannst Inarritu ja vorwerfen, es sich einfach gemacht zu haben bei der Wahl des Filmstoffes, weil großes Drama so Leute wie mich unterhält und wir uns dann stattdessen nicht über den neuesten Lynch kontrovers auseinandersetzen oder was immer von einer Feuilletonistenriege als nicht-hohl angesehen wird. Aber dann haben wir wohl schlicht andere Erwartungshaltungen an das Medium Film.

Ich kenne jetzt keinen von Malick, aber darf ich mutmaßen, dass du The Fountain ebenfalls scheußlich findest?

Was mir in der Liste auf den ersten Blick fehlt:
Die angesprochenen 21 Gramm und The Fountain
Die von Taksim angesprochenen Arrival und Eternal Sunshine
Children of Men
City of God
Die Jagd
Her
Memento
Pans Labyrinth
Primer
Schmetterling und Taucherglocke

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slowdive
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von slowdive » So 15. Sep 2019, 16:15

Monkeyson hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 12:52
slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 11:12
Taksim hat geschrieben:
Sa 14. Sep 2019, 13:09
Jop, stimmt schon. Bei den Filmen, die ich oben genannt habe, musste ich auch wieder daran denken, dass das gut dazu passt, wie erbost einige darauf reagiert hatten, als Iñárritu als Vorsitzender der Cannes-Jury benannt wurde. Macht mich einigermaßen sprachlos, gibt für mich keinen Regisseur der in den letzten zwei Jahrzehnten so konstant bahnbrechende Werke kreiert hat. Aber da er eben stilistisch sehr expressiv ist, rümpfen viele darüber die Nase. Das ist wirklich Filmsnobismus at its worst.
Hallo, ich bin es, der Filmsnob. Nein, Inarritu ist für mich tatsächlich einer der überbewertsten Filmemacher unserer Gegenwart. Was du expressionistisch nennst, ist für mich esoterischer Kitsch. Stets ist alles in einer an schlimme Malick-Gräultaten einnernden Weise in einer unfassbar penetranten Weise bedeutungsschwer. Selbst die hohlste Szene wird in einer Weise präsentiert, als würde Gott gerade die Wahrheit höchstselbst verkünden. Und all das täuscht letztlich darüber hinweg, dass die meisten seiner Filme eigentlich wenig zu sagen haben, wenn man es mit der Spiritualität nicht hält. Kurzum: Die Werke sind von innen hohl.
Hätte das für The Revenant gelten lassen oder für Babel, aber 21 Gramm?!? Wo gibt es dort eine hohle Szene, wo etwas, was nicht von sich aus verdammt bedeutungsschwer ist? Du kannst Inarritu ja vorwerfen, es sich einfach gemacht zu haben bei der Wahl des Filmstoffes, weil großes Drama so Leute wie mich unterhält und wir uns dann stattdessen nicht über den neuesten Lynch kontrovers auseinandersetzen oder was immer von einer Feuilletonistenriege als nicht-hohl angesehen wird. Aber dann haben wir wohl schlicht andere Erwartungshaltungen an das Medium Film.

Ich kenne jetzt keinen von Malick, aber darf ich mutmaßen, dass du The Fountain ebenfalls scheußlich findest?
Diese Filme sind für mich allesamt Produkte, die inhaltlich eine Lücke füllen, die durch die abnehmende Relevanz der klasssischen Religionen entstanden ist. Natürlich ist das Schauspielerisch oft meisterhaft und verschachtelt erzählt, die penetrante Fülle an Ethno-Kitsch macht das Filmerlebnis für mich dennoch zur Farce. Relgion, Glaube, Seele, Schicksal – alles Motive, die einem in einer schier unendlichen Schwere präsentiert werden, die letztlich darüber hinwegtäuscht, wie nichtssagend all das doch ist. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass man es ohne die inszenierte Gedrücktheit und das kunsthafte Erzählen dem inhaltlichen Kern nach auch mit Nicolas Sparks-Romanen zu tun haben könnte. Dem stimme ich zu.

Abschwächend muss ich sagen, dass ich die älteren Filme schon länger nicht mehr gesehen habe und ihnen vielleicht Unrecht antue. Sein jüngstes Werk, The Revenant, lässt mich jedoch daran zweifeln.

The Fountain habe ich tatsächlich noch nicht gesehen, weil ich ein wenig Angst davor habe. Aus genannten Gründen. Da ich Aronofskys Schaffen aber insgesamt deutlich zugeneigter bin, als dem von Inarritu, könnte ich mir vorstellen, dass die Zweifel unberechtigt sind.

Ich bin wahrlich niemand, der nur Godard und Lynch guckt. Autorenfilme, die sich selbst für wesentlich tiefgründiger halten, als sie es tatsächlich sind und dies auch noch in der jener Sekunde anbiedernd präsentieren müssen, finde ich allerdings tatsächlich grausam.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von fipsi » So 15. Sep 2019, 16:24

Wobei sich in den letzten Jahren enorm viele filmische Werke mit den von dir genannten Motiven auseinandersetzen. Ich finde es teilweise schon wieder langweilig wie viele Filme sich darauf im Kern runterbrechen lassen. Da spielt dann aber wirklich wieder die stilistische Umsetzung eine große Rolle.

First Reformed fehlt mir übrigens in der Liste, da er für mich perfekt das Motiv Religion umsetzt und es schafft trotz unzähligen offensichtlichen Metaphern nie in den Kitsch abzudriften. Ida aus der Liste geht in eine ähnliche Richtung und ist wirklich sehr sehenswert.

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slowdive
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von slowdive » So 15. Sep 2019, 16:31

fipsi hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 16:24
Wobei sich in den letzten Jahren enorm viele filmische Werke mit den von dir genannten Motiven auseinandersetzen. Ich finde es teilweise schon wieder langweilig wie viele Filme sich darauf im Kern runterbrechen lassen. Da spielt dann aber wirklich wieder die stilistische Umsetzung eine große Rolle.

First Reformed fehlt mir übrigens in der Liste, da er für mich perfekt das Motiv Religion umsetzt und es schafft trotz unzähligen offensichtlichen Metaphern nie in den Kitsch abzudriften. Ida aus der Liste geht in eine ähnliche Richtung und ist wirklich sehr sehenswert.
Nicht, dass ich missverstanden werde. Religion (oder ihre Ersatzstoffe) ist für sich ein Thema, dass unfassbar interessant, wichtig und relevant sein kann und in der Kunst verhandelt werden sollte. Es geht mir eher darum, wie jene in oberflächlicher Weise genutzt wird, um zu zeigen, wie tief, wie bedeutungsvoll, wie tiefgründig irgendetwas ist. Terrence Malick macht genau das in unerträglicher Weise und sein Einfluss scheint ungebrochen. First Reformed, den ich sehr schätze, hat z.B. mit der von mir geäußersten Kritik – zumindest für mich – überhaupt nichts zu tun.

Exemplarisch kann man dies an The Revenant sehen. Man hätte eine interessante Geschichte über Rache, Verlust und die unerbittlichkeit einer Zeit und der Natur an sich drehen könnnen. Stattdessen: Eine Stimme aus dem Off, die in einer getragenen, schwermütigen Weise über das große Ganze brabbelt, Rückblenden in Zeitlupe, der tiefere Sinn der Natur, getragene Kamerafahrten von Lubetzki, spirituell verklärte Indianer und und und. Alles bekommt einen "tieferen" Sinn. Kurzum: Der Plot wird zum esoterischen Selbstfindungstrip.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von fipsi » So 15. Sep 2019, 16:55

slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 16:31
fipsi hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 16:24
Wobei sich in den letzten Jahren enorm viele filmische Werke mit den von dir genannten Motiven auseinandersetzen. Ich finde es teilweise schon wieder langweilig wie viele Filme sich darauf im Kern runterbrechen lassen. Da spielt dann aber wirklich wieder die stilistische Umsetzung eine große Rolle.

First Reformed fehlt mir übrigens in der Liste, da er für mich perfekt das Motiv Religion umsetzt und es schafft trotz unzähligen offensichtlichen Metaphern nie in den Kitsch abzudriften. Ida aus der Liste geht in eine ähnliche Richtung und ist wirklich sehr sehenswert.
Nicht, dass ich missverstanden werde. Religion (oder ihre Ersatzstoffe) ist für sich ein Thema, dass unfassbar interessant, wichtig und relevant sein kann und in der Kunst verhandelt werden sollte. Es geht mir eher darum, wie jene in oberflächlicher Weise genutzt wird, um zu zeigen, wie tief, wie bedeutungsvoll, wie tiefgründig irgendetwas ist. Terrence Malick macht genau das in unerträglicher Weise und sein Einfluss scheint ungebrochen. First Reformed, den ich sehr schätze, hat z.B. mit der von mir geäußersten Kritik – zumindest für mich – überhaupt nichts zu tun.

Exemplarisch kann man dies an The Revenant sehen. Man hätte eine interessante Geschichte über Rache, Verlust und die unerbittlichkeit einer Zeit und der Natur an sich drehen könnnen. Stattdessen: Eine Stimme aus dem Off, die in einer getragenen, schwermütigen Weise über das große Ganze brabbelt, Rückblenden in Zeitlupe, der tiefere Sinn der Natur, getragene Kamerafahrten von Lubetzki, spirituell verklärte Indianer und und und. Alles bekommt einen "tieferen" Sinn. Kurzum: Der Plot wird zum esoterischen Selbstfindungstrip.
Ich verstehe dein grundsätzliches Problem und wollte nur mal aufzeigen, dass es weites Spektrum bei dem Umgang mit dem Thema Religion gibt. Der Umgang ist dann natürlich (wie immer) sehr wichtig. Man kann dann schnell eine Tiefe herstellen, da Analogien zur Bibel natürlich immer funktionieren. Beim Thema Natur brauchen wir da gar nicht erst anzufangen.

Da fällt mir rückblickend auf, wie plakativ mother! die Thematik abhandelt und sich durch die ganzen offensichtlichen Bibelverweise disqualifiziert. Damit werden bei dem Zuschauer gleich bekannte Bilder geweckt, was eben auch eine Tiefe hervorrufen kann.

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Taksim
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Taksim » So 15. Sep 2019, 20:06

slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 11:12
Hallo, ich bin es, der Filmsnob. Nein, Inarritu ist für mich tatsächlich einer der überbewertsten Filmemacher unserer Gegenwart. Was du expressionistisch nennst, ist für mich esoterischer Kitsch. Stets ist alles in einer an schlimme Malick-Gräultaten einnernden Weise in einer unfassbar penetranten Weise bedeutungsschwer. Selbst die hohlste Szene wird in einer Weise präsentiert, als würde Gott gerade die Wahrheit höchstselbst verkünden. Und all das täuscht letztlich darüber hinweg, dass die meisten seiner Filme eigentlich wenig zu sagen haben, wenn man es mit der Spiritualität nicht hält. Kurzum: Die Werke sind von innen hohl.

Tatsächlich halte ich Birdman für einen wirklich guten Film (weil er nicht wie ein typischer Inarritu wirkt) und kann auch Biutiful und The Revenant zumindest auf einigen Ebenen etwas abgewinnen (auf anderen widerum überhaupt nicht; siehe obigen Absatz). Alles, was davor kam finde ich hingegen schwer erträglich – und zwar nicht aufgrund der unfassbaren thematischen, filmästhetischen Schwere.

Klingt jetzt vielleicht etwas hart, aber ich fühlte mich gerade etwas getriggert. :grin:

Was den Snobismus in Cannes angeht, bin ich hingegen komplett bei dir. :smile:
Monkeyson hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 12:52

Hätte das für The Revenant gelten lassen oder für Babel, aber 21 Gramm?!? Wo gibt es dort eine hohle Szene, wo etwas, was nicht von sich aus verdammt bedeutungsschwer ist?
Danke, das kann ich nur unterstreichen. Slowdive, deine Kritik kann ich ein Stück weit verstehen und höre ich gerade in Bezug auf "Babel" auch nicht zum ersten Mal (obwohl ich den weiter sehr ambitioniert und gelungen finde), doch wundert mich diese Analyse in Bezug auf "21 Grams" sehr. Ich finde den völlig frei von jedem Kitsch und so kompromisslos und rau wie ich das Thema Verlust nie irgendwo anders verarbeitet gesehen habe. Dazu wird dem ja häufig "Style over Substance" vorgeworfen, wo du vlt. zustimmen würdest, wo ich aber finde, dass man das Thema kaum besser einfangen kann. So ist die Struktur ja auch nur auf den ersten Blick chaotisch, aber bei genauerer Betrachtung sind die Szenen in durchdachter Manier angeordnet. Die extreme non-chronologische Struktur hier oder eben der extreme Longtake bei Birdman meine ich dann auch primär mit "expressiv", weniger die Themen. Ich habe das Gefühl daran stören sich viele, ich jedoch honoriere das immer, wenn ein Regisseur die Möglichkeiten des Mediums Film ausschöpft. Natürlich muss das trotzdem der Story dienen und nicht zum Selbstzweck sein, aber da sehe ich bei den beiden genau die perfekte Symbiose dessen.

Also wie ich meinte, ein Diskussionsstarter ist die Guardian-Liste auf jeden Fall :mrgreen:
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » So 15. Sep 2019, 20:48

Taksim hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 20:06
Die extreme non-chronologische Struktur hier oder eben der extreme Longtake bei Birdman meine ich dann auch primär mit "expressiv", weniger die Themen. Ich habe das Gefühl daran stören sich viele, ich jedoch honoriere das immer, wenn ein Regisseur die Möglichkeiten des Mediums Film ausschöpft. Natürlich muss das trotzdem der Story dienen und nicht zum Selbstzweck sein, aber da sehe ich bei den beiden genau die perfekte Symbiose dessen.
Also wenn jetzt schon die Kamerafahrten von Lubetzki moniert werden, kann ich dein Gefühl nur allzu gut nachempfinden.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » So 15. Sep 2019, 21:18

fipsi hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 16:55
Da fällt mir rückblickend auf, wie plakativ mother! die Thematik abhandelt und sich durch die ganzen offensichtlichen Bibelverweise disqualifiziert. Damit werden bei dem Zuschauer gleich bekannte Bilder geweckt, was eben auch eine Tiefe hervorrufen kann.
Der Film disqualifiziert sich, soso. Ist das, weil ein Film über die Bibelgeschichte keine Bibelverweise verwenden darf, oder weil das bitte nicht so offensichtlich geschehen soll, dass auch Leute ohne Hochschulabschluss auf die Analogien kommen? Habe die Kritik in den Feuilletons nie verstanden, die zielte zumeist darauf ab, dass die Rätsel zu einfach waren, buh. Als hätte Aronofsky mit The Wrestler nicht auch schon wundervolle Filme ohne 3 Metaebenen kreiert.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von fipsi » So 15. Sep 2019, 21:38

Monkeyson hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:18
fipsi hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 16:55
Da fällt mir rückblickend auf, wie plakativ mother! die Thematik abhandelt und sich durch die ganzen offensichtlichen Bibelverweise disqualifiziert. Damit werden bei dem Zuschauer gleich bekannte Bilder geweckt, was eben auch eine Tiefe hervorrufen kann.
Der Film disqualifiziert sich, soso. Ist das, weil ein Film über die Bibelgeschichte keine Bibelverweise verwenden darf, oder weil das bitte nicht so offensichtlich geschehen soll, dass auch Leute ohne Hochschulabschluss auf die Analogien kommen? Habe die Kritik in den Feuilletons nie verstanden, die zielte zumeist darauf ab, dass die Rätsel zu einfach waren, buh. Als hätte Aronofsky mit The Wrestler nicht auch schon wundervolle Filme ohne 3 Metaebenen kreiert.
Also es geht da um meine eigene Wahrnehmung. Ich hätte wohl eher schreiben sollen disqualifiziert sich für mich.

Ich bin kein großer Fan davon, wenn ein (künstlerisches) Werk nur von Analogien lebt und eigentlich gar nichts eigenes mehr zur Geschichte beitragen kann. Mir war vorher nicht bewusst, was der Film sein sollte und mir war das dann alles zu plump. Je mehr ich dann drüber nachgedacht habe, desto weniger habe ich verstanden, was das alles überhaupt soll.
Für mich muss so ein Stück greifbar sein und in diesem Fall trifft das nicht zu. Die Ästhetik ist dennoch sehr lobenswert, aber die Handlung ist ein klarer Minuspunkt für mich.

Anderen Menschen kann das Gesamtpaket natürlich wieder viel geben. Am Ende gibt es immer noch genug Nuancen, die für die subjektive Wahrnehmung ausschlaggebend sind. Bei solch ambitionierten Projekten ist natürlich die Fallhöhe immer hoch.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von slowdive » So 15. Sep 2019, 21:40

Taksim hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 20:06
Danke, das kann ich nur unterstreichen. Slowdive, deine Kritik kann ich ein Stück weit verstehen und höre ich gerade in Bezug auf "Babel" auch nicht zum ersten Mal (obwohl ich den weiter sehr ambitioniert und gelungen finde), doch wundert mich diese Analyse in Bezug auf "21 Grams" sehr. Ich finde den völlig frei von jedem Kitsch und so kompromisslos und rau wie ich das Thema Verlust nie irgendwo anders verarbeitet gesehen habe. Dazu wird dem ja häufig "Style over Substance" vorgeworfen, wo du vlt. zustimmen würdest, wo ich aber finde, dass man das Thema kaum besser einfangen kann. So ist die Struktur ja auch nur auf den ersten Blick chaotisch, aber bei genauerer Betrachtung sind die Szenen in durchdachter Manier angeordnet. Die extreme non-chronologische Struktur hier oder eben der extreme Longtake bei Birdman meine ich dann auch primär mit "expressiv", weniger die Themen. Ich habe das Gefühl daran stören sich viele, ich jedoch honoriere das immer, wenn ein Regisseur die Möglichkeiten des Mediums Film ausschöpft. Natürlich muss das trotzdem der Story dienen und nicht zum Selbstzweck sein, aber da sehe ich bei den beiden genau die perfekte Symbiose dessen.

Also wie ich meinte, ein Diskussionsstarter ist die Guardian-Liste auf jeden Fall :mrgreen:
Zunächst: Schön, dass hier ein bisschen Leben in die Bude kommt. :idea:

Tatsächlich ist "21 Grams" wohl der Film, der mittlerweile am längsten zurück liegt bei mir. Ich bin heute zufällig über folgenden Kommentar gestolpert, der auch meine Gedanken im Kern ganz treffend zusammenfasst. Die handwerklichen Mängel teile ich hingegen nicht. Auf dieser Ebene halte ich Inarritu für einen absolut fähigen Regisseur.
► Text anzeigen
Ich werde den Filme die Tage noch einmal schauen – er ist ja gerade auch auf Netflix – und dann berichten, ob sich meine Perspektive über die Zeit verändert hat. In welche Richtung auch immer. :mrgreen:
Monkeyson hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 20:48
Also wenn jetzt schon die Kamerafahrten von Lubetzki moniert werden, kann ich dein Gefühl nur allzu gut nachempfinden.
Keine Sorge, ich halte Lubzki für einen wundervollen Kinematografen. Seine atemberaubende Arbeit in "Children of Men" (der auf der Liste ganz weit oben stehen müsste) gehört zu meinen Liebsten überhaupt. Wenn er jedoch mit "tiefgründigen" Regisseuren wie Malick oder Inarittu zusammenarbeitet, gerät selbst die grausamste Überlebensgeschichte zu einem Rausch aus atemberaubenden, perfekt inszenierten, spirituell aufgeladenen Bildern, in denen die hässliche Ernsthaftigkeit der Narrative konterkarriert wird und eine filmästhetische Nähe zur Esoterik aufflammt. Zu sehen in: "The Revenant", "The Tree of Life", "Brave New Word" und weiteren.

Warum eigentlich so aggressiv? Ich will dich nicht angreifen, nur weil ich den Regisseur deiner Wahl für doof halte – und, so hoffe ich wenigstens, auch gute Gründe dafür habe. Du kannst ja gerne schreiben, warum all dass Quatsch ist, aber hier jeden als abhobenen Snob darzustellen, der nicht nur Lob ausschüttet und vielleicht einen anderen Zugang zu Filmen hat als du, ist doch irgendwie uncool. :|

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Taksim » So 15. Sep 2019, 21:43

Monkeyson hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:18
fipsi hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 16:55
Da fällt mir rückblickend auf, wie plakativ mother! die Thematik abhandelt und sich durch die ganzen offensichtlichen Bibelverweise disqualifiziert. Damit werden bei dem Zuschauer gleich bekannte Bilder geweckt, was eben auch eine Tiefe hervorrufen kann.
Der Film disqualifiziert sich, soso. Ist das, weil ein Film über die Bibelgeschichte keine Bibelverweise verwenden darf, oder weil das bitte nicht so offensichtlich geschehen soll, dass auch Leute ohne Hochschulabschluss auf die Analogien kommen? Habe die Kritik in den Feuilletons nie verstanden, die zielte zumeist darauf ab, dass die Rätsel zu einfach waren, buh. Als hätte Aronofsky mit The Wrestler nicht auch schon wundervolle Filme ohne 3 Metaebenen kreiert.
Und hat außerdem so einen Mut zur Craziness, den gerade Leute die sich immer beschweren, dass Filme häufig so vorhersehbar sind, lieben müssten. Wie der im letzten Drittel aufdreht finde ich einfach wunderbar und auch da der Größe der Themen gleichzeitig angemessen. Andere Filme, die versuchen für einen Überraschungsmoment am Ende zu sorgen, wirken häufig recht angestrengt. Fand ich hier gar nicht.
Gleichzeitig finde ich toll wie konsequent er ganz eng, fast unangenehm eng an der Protagonistin dran bleibt und alles genau so auf uns einprasselt wie auf sie. Ich war nie der größte Fan von Jennifer Lawrence, aber mit dem hat sie mich auch von ihr überzeugt (diese Nominierung für einen Razzie war auch mal völliger Quatsch).
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » So 15. Sep 2019, 22:20

slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:40
Warum eigentlich so aggressiv? Ich will dich nicht angreifen, nur weil ich den Regisseur deiner Wahl für doof halte – und, so hoffe ich wenigstens, auch gute Gründe dafür habe. Du kannst ja gerne schreiben, warum all dass Quatsch ist, aber hier jeden als abhobenen Snob darzustellen, der nicht nur Lob ausschüttet und vielleicht einen anderen Zugang zu Filmen hat als du, ist doch irgendwie uncool. :|
No offense! Ich hab nur eingehakt, wo ich Äußerungen wie "disqualifiziert sich" zu plakativ fand, weil mich eure jeweilige Meinung dahinter ehrlich interessiert. Also:
slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:40
Schön, dass hier ein bisschen Leben in die Bude kommt. :idea:

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von slowdive » So 15. Sep 2019, 22:26

Monkeyson hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 22:20
slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:40
Warum eigentlich so aggressiv? Ich will dich nicht angreifen, nur weil ich den Regisseur deiner Wahl für doof halte – und, so hoffe ich wenigstens, auch gute Gründe dafür habe. Du kannst ja gerne schreiben, warum all dass Quatsch ist, aber hier jeden als abhobenen Snob darzustellen, der nicht nur Lob ausschüttet und vielleicht einen anderen Zugang zu Filmen hat als du, ist doch irgendwie uncool. :|
No offense! Ich hab nur eingehakt, wo ich Äußerungen wie "disqualifiziert sich" zu plakativ fand, weil mich eure jeweilige Meinung dahinter ehrlich interessiert. Also:
slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:40
Schön, dass hier ein bisschen Leben in die Bude kommt. :idea:
Alles klar. Wie so oft hakt es nur an den üblichen Hürden der maschinellen Kommunikation. :grin:

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » Mo 16. Sep 2019, 07:29

So sehr ich deine Meinung wertschätze, so wenig trifft das übrigens auf die von dir zitierte zu 21 Gramm zu:
slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:40
► Text anzeigen
Die Story lässt sich auf einem Papierdeckel (sic!) zusammenfassen, man kann sie an jeder Ecke kaufen, Erzählstruktur geklaut, Kamera geklaut. Was sind denn das für Kritikpunkte, ehrlich mal?

(Dass nicht jeden del Toros Performance so umhaut wie mich, habe ich dem anonymen Schreiber jetzt mal zugute gehalten, da kann man ja wenigstens noch drüber streiten.)
slowdive hat geschrieben:
So 15. Sep 2019, 21:40
Ich werde den Filme die Tage noch einmal schauen – er ist ja gerade auch auf Netflix – und dann berichten, ob sich meine Perspektive über die Zeit verändert hat. In welche Richtung auch immer. :mrgreen:
Topp! Ich bin gespannt.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Flecha » Fr 27. Sep 2019, 17:17

Baltimore hat geschrieben:
Fr 6. Sep 2019, 11:19
Spider-Man ist jetzt wohl wirklich (erst einmal) raus aus dem MCU. :cry:

https://www.cnet.com/news/sony-says-doo ... -universe/
Sie haben sich natürlich doch noch geeinigt, heute bekanntgegeben. Der dritte MCU-Spider-Man mit Tom Holland kommt 2021.
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von LongNose » Do 3. Okt 2019, 10:03

Ich war in die letzten beiden Abenden im Rahmen des Zürich Film Festival an zwei Screenings.
Dienstag Systemsprenger. Es geht um die 9-jährige Benni welche nicht mehr bei Ihrer Mutter wohnen darf/kann aufgrund ihrer Wut-und Gewaltausbrüche die wohl auf ein früheres Trauma in der Kindheit zurückzuschliessen sind. Eindrücklich wird gezeigt wie schnell ein System an seine Grenzen kommt und sämtliche Institutionen und Pädagogen an dem Kind verzweifeln und enstprechende Hilfe nicht mehr sichergestellt werden kann. Bei der Performance von der 11-jährigen Helena Zengel die Benni verkörpert bleibt einem schlicht die Spucke weg. Grandioser Film über ein Thema das selten so real und beklemmend dargestellt wird. Wird übrigens der deutsche Beitrag sein der ins Oscar-Rennen geschickt wird. Ich kann mir vorstellen dass dies sehr erfolgreich enden wird.

Gestern ging es weiter mit Son-Mother. Eine iranische Produktion die das Porträt einer verwittweten, alleinerziehenden Frau zeigt deren Finanzen und sonstige Rechte im Iran durch ihren Status extrem bescheiden sind. Durch den Heiratsantrag eines Busfahrers kann sie diesem entkommen und wieder ein stabiles Leben führen. Problem: der 12-jährige Sohn muss abgegeben werden, da der Busfahrer bereits eine Tochter im Jugendalter hat und beide unter einem Dach würde zuviel Gerede unter der Gesellschaft auslösen. Man stelle sich dies alleine schon vor. Der Grund warum der Sohn nicht mitkann ist weil es sonst zuviel Gerede gibt! Puh. Möchte auch gar nicht weiter darauf eingehen falls jemand den Film sonst schauen möchte und einen Einblick in die iranische Gesellschaft erhaschen will. Die Regisseurin & der Kinderdarsteller waren dann beide auch zu Gast und es gab ein Q&A. Da beide nur Farsi sprechen hat die Produzentin die Übersetzerin gegeben. Die Geschichte ist keine Fiktion aber auch keine Doku. In dieser Lage sind viele Frauen im Iran, ebenso wurde eindrücklich betont wie die erlassenen Sanktionen dies verhärten und das Volk darunter leidet. Die Regisseurin selbst war sehr aufgewühlt und hat selbst bereits mehrere Menschen im Umfeld verloren da der Zugang zu Medikamenten extrem eingeschränkt ist. Da wird man sich dann auch ein weiteres Mal bewusst wie priviligiert wir hier sind.

Kann beide Filme sehr empfehlen. Harter Tobak!
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Monkeyson
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » Do 3. Okt 2019, 14:34

Ad Astra: Möchte "2001 - Space Gravity" sein, schafft es aber nicht einmal zu einem "Sunshine".
(Evtl war sogar "Event Horizon" besser, müsste ich noch mal schauen.)
Wenn Brad Pitt produziert und in der Hauptrolle ist, scheinen fähige Drehbuchschreiber das Weite zu suchen.
Aber hey, in Ermangelung von Zombies gab's diesmal
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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von slowdive » Fr 4. Okt 2019, 12:07

Monkeyson hat geschrieben:
Do 3. Okt 2019, 14:34
Ad Astra: Möchte "2001 - Space Gravity" sein, schafft es aber nicht einmal zu einem "Sunshine".
(Evtl war sogar "Event Horizon" besser, müsste ich noch mal schauen.)
Wenn Brad Pitt produziert und in der Hauptrolle ist, scheinen fähige Drehbuchschreiber das Weite zu suchen.
Aber hey, in Ermangelung von Zombies gab's diesmal
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Oder um es anders zu beschreiben: Bitte ab jetzt nicht mehr das Science-Fiction-Genre misbrauchen, um langeweilige Familienkonflikte auf der Leinwand lösen zu wollen während ein penetranter Off-Erzähler einem die Gefühle des Protagonisten mitteilt. Und noch wichtiger: Nie wieder mit "Apocalypse Now" vergleichen, nur weil die gleiche Roman-Vorlage zugrundeliegt. :grin:

(Schöne Bilder und einen tollen Brad Pitt muss man aber dennoch gutieren. Gab schlimmere Filme in diesem Jahr.)

Und bitte nicht Gravity ( :gähn: ) und 2001 ( :herzen2: :herzen2: :herzen2: :herzen2: :herzen2: :hecheln: ) in einem Satz benutzen. Sowas triggert den Verfasser dieses Beitrags. Ersteren habe ich Cuaron noch immer nicht verziehen, nachdem er mit "Children of Men" einen der Top 5-Filme der Dekade gemacht hatte. :cry:

Und apropos Zombies: Endlich "One Cut of the Dead" sehen können, nachdem es aus verschiedenen Gründen nicht geklappt hatte bisher. Was für ein witziger, überraschender, kluger, inspirierender, unterhaltsamer Streifen. Mit einem Budget von 25.000 Dollar gedreht, zeigt Ueda, dass eine kluge, orginelle Idee noch immer der Kit ist, aus dem Kino besteht und nicht ein riesiges Budget.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » Sa 5. Okt 2019, 16:57

Was kann man denn an Gravity auszusetzen haben? (Natürlich gehört der in keinen Kontext zu 2001, aber Ad Astra möchte halb der eine, halb der andere sein.)

Gravity behandelt ziemlich straight forward genau das, was er zu behandeln vorgibt: Schwerkraft, und deren Bedeutung für die Menschheit (oder in diesem Fall 2 Vertreter derselben). Es gibt keine pathetische Einbettung in Beziehungskisten mit auf der Erde Zurückgebliebenen, keine heroische Darstellung der amerikanischen Raumkraft (aus der Bodenstation nur ein dünnes Stimmchen von Ed Harris), keine spirituelle Komponente, wie du sie andernorts bemängelst, kein Anlehnen an viel zu große Vorbilder, keine Aufopferung von Logik für atemberaubende Effekte. Stattdessen 2 authentische Charaktere mit glaubwürdigem Dialog und nachvollziehbaren Entscheidungen, gefangen zwischen der vermeintlichen Segenswelt der Technik und dem Urinstinkt des Überlebenwollens.

Habe ich was übersehen?

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von NeonGolden » Sa 5. Okt 2019, 18:41

Gravity ist einerseits ein relativ altmodischer Katastrophenfilm, wie er in den 80er Jahren dutzendfach gedreht wurde (nur halt mit Flugzeugen) und andererseits ein visuell schwer beeindruckendes Technologiefilmchen, vor allem gemacht für das seinerzeit wieder aufblühende 3D-Kino. Ironischerweise ist der Film dabei inhaltlich flach wie die Ringe des Saturns oder die genannten Flugzeugkatastrophenfilme. Clooney spielt den klischeemäßigen Ofperhelden (das aber hochcharmant) und Bullocks Gesicht (die Körper sind ja fast immer CGI) ist geschützt von einem dreifach verglasten Plotarmorhelm.
Mehr hat der Film nicht und ich find ihn trotzdem toll und könnte ihn mir ständig wieder ansehen. Aber weder mit 2001, noch mit Science Fiction hat dieser Film auch nur im Entferntesten etwas zu tun.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » Sa 5. Okt 2019, 20:58

NeonGolden hat geschrieben:
Sa 5. Okt 2019, 18:41
Mehr hat der Film nicht und ich find ihn trotzdem toll und könnte ihn mir ständig wieder ansehen. Aber weder mit 2001, noch mit Science Fiction hat dieser Film auch nur im Entferntesten etwas zu tun.
Mein Reden. Wobei die Grenze zur Science Fiction eine fließende ist.
NeonGolden hat geschrieben:
Mo 11. Feb 2019, 16:46
Aber ich glaube die Diskussion hatten wir hier schon mal. :doof:

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von slowdive » So 6. Okt 2019, 01:35

Monkeyson hat geschrieben:
Sa 5. Okt 2019, 16:57
Was kann man denn an Gravity auszusetzen haben? (Natürlich gehört der in keinen Kontext zu 2001, aber Ad Astra möchte halb der eine, halb der andere sein.)

Gravity behandelt ziemlich straight forward genau das, was er zu behandeln vorgibt: Schwerkraft, und deren Bedeutung für die Menschheit (oder in diesem Fall 2 Vertreter derselben). Es gibt keine pathetische Einbettung in Beziehungskisten mit auf der Erde Zurückgebliebenen, keine heroische Darstellung der amerikanischen Raumkraft (aus der Bodenstation nur ein dünnes Stimmchen von Ed Harris), keine spirituelle Komponente, wie du sie andernorts bemängelst, kein Anlehnen an viel zu große Vorbilder, keine Aufopferung von Logik für atemberaubende Effekte. Stattdessen 2 authentische Charaktere mit glaubwürdigem Dialog und nachvollziehbaren Entscheidungen, gefangen zwischen der vermeintlichen Segenswelt der Technik und dem Urinstinkt des Überlebenwollens.

Habe ich was übersehen?
Habe dazu anderenorts schon einmal etwas geschrieben. Ich verlinke das Ganze einfach mal: https://letterboxd.com/sl0wdive/film/gravity-2013/ :)

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » So 6. Okt 2019, 16:31

Esoterisch und individualistisch also. Dieser Tree of Life scheint dich ja nachhaltig geschädigt zu haben, wenn der in diesem Beitrag von dir wieder auftaucht. Da ich ihn nicht kenne und anscheinend eine andere Erwartungshaltung an Cineastik habe, freue ich mich einfach, dass Cuaron sich hier nicht auf einen actionlastigen Katastrophenfilm beschränkt hat, sondern in der Wahl der Bilder, Charakterentwicklung und Dialoge nicht die größere Geste scheut, auch wenn diese ihm von Malick-Geschädigten als abzulehnender (warum eigentlich?) Spiritualismus ausgelegt wird. Wer Sandra Bullock so
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, der soll sich doch freuen, dass im Fall von Ad Astra
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Aber vielleicht geht es in der Szene auch nur um Musikgeschmack und der deine wurde schlicht nicht getroffen?

Was ich dann schon eher absonderlich finde, ist der Vorwurf des Individualismus. Entferne ich die ebenso kritisierte "spirituelle" oder wie auch immer genannte Komponente, bin ich doch noch näher an den Individuen, oder was verstehe ich falsch? Stört es, dass die Handlung hier auf 2 starke Charaktere reduziert wird? Dann viel Spaß mit Der Marsianer, wo auch noch die letzte Nebenrolle auf der Bodenstation in schneller Schnittfolge was zu sagen haben muss. Oder mit Liv Tyler in Ad Astra. Dass die individuell relevante Backstory hier nur im Narrativ auftaucht, fand ich eine wunderbar zurücknehmende Entscheidung. Lieber keine Backstorys für Handlungsvorantreibende? Oder keine, bei denen man gleich wieder alarmiert "Spiritualismus!" aufruft?

Schön geschrieben jedenfalls, aber wahrscheinlich zu klug für mich, wie man anhand meiner obigen Rückfragen sieht. Mir hat deine Einschätzung nicht die Laune auf Gravity verdorben, aber klar, zu jedem Meisterwerk wird man einen Gegenredner finden. Hier dann wenigstens einen eloquenten, danke für's Verlinken.

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Re: Der neue Filmthread oder guckt denn keiner mehr Filme?

Beitrag von Monkeyson » So 6. Okt 2019, 16:32

Und ich freu mich immer mehr auf deinen Verriss von The Fountain. :mrgreen:


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