Ich schließe mich dann auch direkt meinen Vorrednern an und berichte ein klein wenig von unseren Eindrücken:
Nach zwei Übernachtungen in London startete unsere Reise mit dem 5 Uhr Coach von der O2-Arena. Was vorab als anstrengendes Unterfangen befürchtet wurde, stellte sich (mit genügend Schlaf ausgestattet) durch die quasi staufreie Anreise und das rechtzeitige Aufschlagen der Zelte als Glücksgriff heraus. Schnell wurden die wichtigsten Dinge zusammengekramt, das Gelände ausgiebig erkundet und der Tag mit der - wie immer etwas seltsam spirituellen - Eröffnungszeremonie und anschließendem Feuerwerk abgeschlossen.
Musikalisch begann der Donnerstag am Nachmittag mit einem Secret Gig von
Jamie Cullum auf der BBC Introducing. Durch die sehr kurzfristige Bekanntgabe (knapp eine Stunde vor Beginn) sowie den zusätzlich verfrühten Start gelangten wir nicht nur problemlos ins Zelt, sondern erhielten auch gute vierzig Minuten zu hören. Angeheizt durch zusätzliche Cover-Songs wurde es zu einem sehr ansprechenden Start ins Festival. Aufgrund der zuvor längeren Spielzeit und der Entfernung zur Location erreichten wir das Strummerville „erst“ knapp eine Stunde vor Beginn des ersten Secret Gigs von
Frank Turner. Zu diesem Zeitpunkt war dies allerdings schon heillos überfüllt. Als Entschädigung fanden wir uns rechtzeitig zum
Frightened Rabbit-Tribute am Hang des Stone Circles ein, wo - leicht versteckt hinter großen Bäumen (Danke noch einmal an down für den genauen Standort) - die Songs des Midnight Organ Fight Albums geschrammelt wurden. Nicht besonders musikalisch anspruchsvoll, dafür dank der Intimität eine sehr schöne Erinnerung. Als Tagesabschluss testeten wir das 2017 eingeführte Cineramageddon-Autokino aus. Ist das Ambiente des Geländes durchaus empfehlenswert, so blieb die Organisation sowie der Film Wings Of Desire hinter den Erwartungen zurück.
Den Beginn des ersten komplett bespielten Festivaltages am Freitag machte die ABBA-Coverband
Björn Again. Bei strahlendem Sonnenschein wurde Hit an Hit gespielt und dem Publikum vor der Pyramid eingeheizt. Nach dem Gig von
Mø auf der Other Stage entflohen wir der mittlerweile nur schwer erträglichen Sonne ins Cabaret-Field, wo statt des vorab geplanten Tages das ein oder andere Cider einer ausgiebigen Qualitätsprüfung unterzogen wurde. Am späten Nachmittag zog es uns an
Bastille auf der Pyramid (was für Menschenmassen!) vorbei zum nächsten Secret Gig von
Frank Turner im BBC Introducing. Eine knappe halbe Stunde später war das textsichere Publikum bereit für das nun folgende Abendprogramm.
Uns zog es zuerst ins John Peel Tent zu
Aurora, die ihre Popsongs mit spürbar großer Euphorie und Tanzeinlagen präsentierte. Leider entgegnete das nicht sonderlich zahlreiche Publikum ihr eher verhalten, was ihrem sehr sympathischen Auftritt keinen allzu großen Abbruch tat. Von dort erreichten wir die Park Stage rechtzeitig, um uns für den nun folgenden
Michael Kiwanuka einen guten Platz zu sichern. Dieser präsentierte passend zum Sonnenuntergang Songs seiner beiden Alben und bot für mich eines der Highlights des Wochenendes dar. Der Hauptbühnen-Abschluss unseres Tages folgte auf der Other Stage:
Tame Impala. Leider kam ich aufgrund des sehr bühnenfernen Platzes und dem Gefühl, dieselbe Show bereits 2016 gesehen zu haben, nicht in die richtige Stimmung und so verschlug es uns inmitten eines großen Menschenstroms nach knapp einer Stunde von der Other Stage zur Pyramid, wo
Stormzy bereits mehrfach ein Feuerwerk über dem Gelände aufsteigen lassen hatte. Da ich vorab nur die immer gleichen drei Songs abgefeiert hatte, fiel die Wahl vorab nicht direkt auf ihn. Dass exakt diese drei den Abschluss des Konzerts bildeten, rundete den Tag für mich noch einmal ab.
Etwas verschlafen, aber mit englischem Frühstück gestärkt, schafften wir es am Samstag rechtzeitig zu
Vampire Weekend an die Park Stage. Zu bereits drückender Hitze wurden vermehrt die Songs aus dem erweiterten Band-Repertoire sowie einigen Songs auf Zuruf aus dem Publikum präsentiert. Ein sehr sympathischer Auftakt in den Tag. Aufgrund der anhaltenden Temperaturen über 30 Grad und des strahlenden Sonnenscheins verschlug es uns erneut ins T&C-Field, wo der Schatten sowie Stärkungen aller Art die Mittagshitze erträglich machten. Von
Hozier nahmen wir die ersten zwanzig Minuten seitlich der Bühne im Schatten von Bäumen mit, bevor wir bei
Lizzo an der West Holts einen Platz in vorderster Front einnahmen, um einer der größten Partys des Wochenendes beizuwohnen. Abgesehen von einigen (für mein Empfinden) doch sehr übertriebenen Twerk-Szenen eine richtig gute Party. Direkt nach dem letzten Song zog es uns in Richtung Park, wo wir bereits aus sehr großer Entfernung die ersten Töne des mittlerweile überhaupt nicht mehr geheimen
Foals-Auftritts hörten. Eine knappe halbe Stunde blieb, um dem wie zu erwarten zahlreichen Publikum beizuwohnen. Eine volle Entschädigung für das verpasste Konzert Anfang Juni wurde es nicht, aber als Vorgeschmack auf die hoffentlich folgende Tour zum zweiten Album-Part taugte es allemal. Wir verweilten daraufhin im Park und senkten bei dem nun folgenden
Kurt Vile nicht nur den Altersschnitt, sondern auch den durchschnittlichen Drogenkonsum. Die etwas andersartigen Songs im Vergleich zur Studioversion sowie die Spielfreude der Musiker machten es zu einem gelungenen Zwischenakt, bevor es nach einem zwanzigminütigen Ausflug zu den
Corteeners auf der Other Stage zurück zu meinem ersten Headliner auf der Park Stage zurück ging.
Hot Chip brachten neben zwei Begleitmusikern auch fette Visuals und richtig viel Lust mit. Die sehr durchmischte Setlist aus Songs vom neuen Album sowie älterem Material lies über die 75 Minuten kaum ein Bein still stehen.
Am Sonntag ging es dann nicht nur die Sonne, sondern auch wir entspannter an und so verbrachten wir quasi den gesamten Tag vor der Pyramid Stage. Einem entspannten Liegen am Hang des Fields während
Years & Years folgten ein Forumstreffen bei
Kylie (was war da bitte auf dem Gelände los?), einem weiteren Party-Gig bei
Miley Cyrus sowie
Vampire Weekend und die lang ersehnten
The Cure aus dem vordersten Bereich der Bühne. Letztere spielten vom Sonnenuntergang in die Dunkelheit hinein und zogen das Publikum so sehr in ihren Bann, dass die (wenigen) Momente, in denen auch leichtes Mitklatschen angebracht gewesen wäre, nicht genutzt wurden. Zudem kam mir das Publikum nicht sonderlich textsicher vor, was dann aber auch alles an Kritik an dieser Stelle darstellen soll.
Insgesamt ein toller Abschluss eines großartigen Festivals, welches auch über die gesehenen Acts hinaus einiges für mich bot. Gemessen an dem, was ich mir im Vorfeld vorgenommen hatte, hätte aus dem verbliebenem Rest ein durchaus akzeptables Zwei-Tages-Festival auf die Beine gestellt werden könnten:
The Killers, Christine & The Queens, Liam Gallagher, Billie Eilish, Interpol, Keane, Jorja Smith, Loyle Carner, Jungle, Friendly Fires, George Fitzgerald, Johnny Marr und Pale Waves
Darüber hinaus macht das Glastonbury allerdings vieles auch über das gebotene Rahmenprogramm aus: das weitläufige Gelände, für das man in der Regel mehrere Tage (oder sogar Festivalauflagen) zur Erkundung benötigt, die Atmosphären der einzelnen Bühnen, die Kinos, das Theater, Cabaret, die Healing/Green/Craft Fields mit Handwerkskunst aller Art, die verdammt große Essensauswahl oder die diversen Night-Areas, in deren Richtung wir es in diesem Jahr nicht einmal geschafft haben.
Wenn überhaupt Platz für negative Kritik sein sollte, dann für das neue (zwar lokale, aber auch mäßig schmackhafte) Mallets Cider in diesem Jahr. Dem entgehen stehen neben verhältnismäßig saubereren Longdrops, dem neuen „Glastonbury on sea“-Pier, dem nächtlichen Wormhole-Jazzclub in der Park-Area auch die Arcadia-Installation „Pangea“, bei der ein riesiger, sich recht schnell drehender Kran zum DJ-Pult umfunktioniert wurde und mithilfe mehrerer Flammenwerfer und eines 360 Grad-Bildschirms in Form einer Betonkugel ein vermutlich einzigartiges Ereignis für Fans elektronischer Musik bieten dürfte. Da dies in 2019 Premiere feierte und die Neugierde vieler weckte, war es quasi durchweg völlig überlaufen und könnte mit etwas Glück im Oktober/April ein Anlaufpunkt für ein hoffentlich folgendes viertes Glastonbury 2020 werden.
