heyho-letsgo hat geschrieben:Dennoch zeigen auch erste Analysen, dass Trump vor allem bei Alten und Personen mit einem geringen Bildungsstand stimmen geholt hat...und ja...da findet man dann für beide dieser Gruppen durchaus Zusammenhänge zum Bildungswesen einer Gesellschaft.
Nein. Die Zahlen zeigen eigentlich, dass Clinton und Trump bei Personen ohne College Degree relativ ähnliche Zahlen haben (51:45%), während die Gruppe derjenigen mit einem solchen naturgemäß relativ gering ist. Außerdem sollte man nicht einen College-Abschluss mit dem Bildungsstand einer Person gleichsetzen.
Anstatt nun selber den leichten Antworten und Parolen zu verfallen, sollte man vielleicht anfangen zu verstehen, warum Leute so gewählt haben. Sie tun das nicht immer nur aus fehlendem Intellekt oder kognitiven Fähigkeiten, sondern weil die Demokraten ihre Kernklientel für Gegeben genommen haben - nur scheint es diese nach Dekaden des Stillstands nicht mehr einzusehen, denjenigen die Stimme zu geben, die sich die letzten Jahrzehnte fast nur noch um die neuen Wählerschichten gekümmert hat und dabei die nach wie vor wichtigste vergessen hat.
simulcara hat geschrieben:Ja, aus Wahlforschungs-Sicht ist das Ganze total in die Hose gegangen. Aber das ist ja der Trend der letzten Monate, wenn nicht Jahre in beinahe allen Wahlen in dem 'westlichen' Kulturkreis zu sehen. Da muss methodisch jetzt viel gearbeitet werden, um diese schweigenden Bevölkerungsschichten in die Umfragemodelle zu integrieren - wenn das nicht gelingt, sind alle Schätzungen der Wahlforscher auf nähere Zukunft verzerrt und der statistische Fehlerbereich kann in die Tonne getreten werden.. Für mich als (angehenden) Politikwissenschaftler sind diese Entwicklungen hochinteressant, für mich als Menschen mit Idealen und Grundwerten eine inhaltliche Vollkatastrophe.
Als angehender Politikwissenschaftler sollte man eigentlich wissen, dass probabilistische Modelle keine deterministischen sind - ein Modell soll keine Realität widerspiegeln, sondern die möglichen Optionen darstellen und Hypothesen generieren. Vor der Wahl war es klar, dass das Polling ungemein schwer werden wird, weil es eine extrem hohe Unsicherheit durch einen großen Anteil unentschlossener Wähler gibt (fast 13%). Das wäre weniger ein Problem gewesen, wenn Clinton einen soliden Vorsprung gehabt hätte, aber der war an dieser Stelle nicht gegeben, weshalb ein 3%-Polling-Error bei dem System große Auswirkungen haben kann. Kein Modell hat einen Sieg von Clinton vorhergesagt, sondern eine Wahrscheinlichkeit von ca. 70% ausgegeben, dass sie die Wahl gewinnen wird - das lässt natürlich eine die Möglichkeit offen, dass Trump die Wahlen gewinnen konnte, was ja auch geschehen ist. Das bedeutet aber nicht, dass das ganze Modell für die Tonne ist, nur weil das weniger wahrscheinliche Outcome eingetreten ist - es ist einfach das Problem des geringen Samples.
Das bedeutet nicht, dass das Ergebnis nicht spannend ist und debattiert werden wird - Wissenschaft in seinem Wesen immer Fortschritt durch Irrtum. Das Problem ist oftmals, dass die Wahlforschung sich gelegentlich zu wenig mit den Daten beschäftigt, wie bspw. ja auch (als vll. prominentester Fall) Nate Silver im Sommer einräumen musste.