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Der Konzertbesuchsthread

Konzerte, Platten & Musik im TV
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Flecha
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Re: Der Konzertbesuchsthread

Beitrag von Flecha » Mi 12. Nov 2025, 17:43

2 Konzerte, auf die ich sehr viel Vorfreude hatte, innerhalb von 2 Tagen:

Sonntag Turnstile in der Hamburger Sporthalle

Ich bin auf den Zug, wie einige andere hier, ja auch sehr spät aufgesprungen, also mit Glow on. Die Tour und den Auftritt im Grünspan habe ich damals verpasst, obwohl eine Karte kurzfristig griffbereit gewesen wäre, und auf die entsprechenden Festivals bin ich schon seit Jahren nicht mehr gefahren. Also die Sporthalle... nicht der beliebteste Ort, aber wenn ich ganz ehrlich bin, hab ich da auch nur wirklich selten schlechte Shows erlebt. Dass auch noch High Vis den Opener auf der Tour geben, hat die Frage nach dem Ticketkauf beantwortet. Selbige waren auch diesmal und trotzm großer Bühne richtig stark. Verkürztes Set mit rund 25 Minuten Spielzeit und 5 Minuten für sehr stabile Ansagen. Bis auf The Bastard Inside wurden die wichtigsten Songs alle gespielt und ich war positiv überrascht, wie viele Leute vorn quasi alles mitsingen konnten. Mal wieder sehr intensiv. Die zweite Band, The Garden, haben mich dagegen unterwältigt. Experimenteller Rock/Punk mit teils elektronischen und Rap-Einflüssen eines Zwillingspaars, die mitunter auch Anknüpfungspunkte zu Juggalos haben? Ich hab es mir von Platte nicht angehört, aber live hat es für mich nicht wirklich funktioniert. Der Rock-Anteil ist ziemlich belanglos und der Sound bei den nicht live gespielten Parts (es gab nur eine Bassgitarre und ein Schlagzeug) war eher meh. Es gab aber viele jüngere Leute, die das gefeiert und auch einen recht großen Pit gemacht haben. Keine Ahnung.

Turnstile selbst haben rund 90 Minuten gespielt und bei 21 Songs, wobei Glow On und Never Enough ausführlich bespielt wurden, für zumindest die neueren Fans kaum Wünsche offen gelassen. Schon ab dem Titletrack der aktuellen Platte, der zuerst gespielt wurde, hat sich der Innenraum der Sporthalle in ein Tollhaus verwandelt. Mindestens mal das vordere Drittel, eher die Hälfte war ziemlich konstant in Bewegung und es wurde sehr euphorisch so gut wie alles mitgesungen - auch bei den alten Songs von Nonstop Feeling und Step 2 Rhythm. Schon bei Knocked Loose in Berlin fand ich es beeindruckend, wie krass das Publikum kollektiv mitgeht und hier war das noch mal eine Stufe drüber. Das war insgesamt sehr intensiv, sehr lieb und dem Hype vollkommenen gerecht. So kann man auch die Hauptbühnen der großen Festivals bespielen, gar keine Frage. Wermutstropfen: Merchpreise jenseits von gut und böse mit 50 € für ein Shirt und 100 € für einen Hoodie. Habe zudem die No Sense No Feeling verpasst, von denen der High-Vis-Stand ein paar dabei hatte, aber nach Konzertende halt nicht mehr. Mist.

Gestern waren dann Deafheaven im Logo dran.

Die komplett umgekehrten Vorzeichen. Die Bands sind ähnlich alt, aber Deafheaven haben, natürlich auch dem viel extremeren Sound geschuldet, einen vergleichbaren Sprung nie gemacht und sind tatsächlich gefühlt sogar wieder kleiner geworden, als das reine Shoegaze-Experiment Infinite Granite nicht wirklich gefruchtet hat. Die aktuelle Platte Lonely People With Power ist aber eine der besten des Jahres und diese in einem kleinen Rahmen wie dem Logo sehen zu können (max. 450 Leute, war ewig ausverkauft), ehe es wahrscheinlich (wieder) in 1000er Klubs geht. Wäre wahrscheinlich auch jetzt schon möglich gewesen, also vielleicht sind sie doch nicht kleiner geworden und wollten so eine Tour spielen. Who knows.

Sehr früh dagewesen (mit die ersten im Club) und daher sehr gute Plätze bekommen, denn sonst guckt man, wenn man nicht so ein Riese wie @smi ist, im Logo gern mal in die Röhre. Auch hier gab es 2 Support-Bands: Zeruel haben Shoegaze gespielt und klangen mitunter ähnlich den Deftones in ihren ruhigsten Songs. Zunächst war der Gesang leider sehr leise, das hat sich aber gegen Ende ausgeglichen und so waren es atmosphärisch schöne 30 Minuten mit viel 90er Gitarre. Portrayal of Guilt haben alles Schöne danach natürlich brachial eingerissen. Der Black Metal/Death/Grind-Mix ist absolut brutal und ich hab mich lange gefreut, sie endlich mal sehen zu können. Die ersten Songs waren sogar ziemlich sludgy und haben mich etwas an Chat Pile ohne herumwandernden Sänger erinert. Hinten raus gab es die klassischen Double-Bass-Teppiche mit fiesesten Vocals. Geile Show, gerne wieder.

Zu Deafheaven sind wir dann ganz nach vorn durchgedrungen, was sich leider als Fehler herausstellte. Ich habe die Band seit 2015 oder 2016 nicht mehr live gesehen und war tatsächlich etwas überrumpelt davon, wie viel Bewegung da vorn drin war. Ist jetzt nicht grundsätzlich ein Problem und ich hätte über die gut 70? Minuten da vorn auch meinen Spaß gehabt, aber beim, ich glaube, 4. Song hat meine Freunden den Kopf des sehr wild meddelnden Meddlers neben ihr volle Kanne gege den eigenen Bekommen und liegt jetzt mit einer Gehirnerschütterung auf dem Sofa. Kann alles passieren, wir hatten da sicher bei hunderten Shows zuvor auch einfach Glück, dass es nie zu etwas kam. Aber man kann, wenn man 90-100kg wiegt und neben einem eine gruppe Mädels stehte, die alle mindstens 20kg weniger wiegen, schon auch rücksichtsvoll verhalten ohne an Euphorie einzubüßen. Würde ich jedenfalls sagen. Wir sind dann nach hinten und sie konnte den Auftritt schon auch zu Ende genießen. Übelkeit etc. kam erst heute Mittag aus, dann ist sie zum Arzt, der das diagnostiziert hat.

Hinten, muss ich sagen, war ich positiv überrascht davon, dass der Sound wirklich gut war. Das ist im Logo keine Selbstverständlichkeit. Auch die brillanten Blackgaze-Parts bei Klassikern wie Brought to the Water und Dream House kamen da voll zur Geltung. Die beiden und Sunbather waren die einzigen älteren Songs, sonst komplett die neue Platte (7/12 gespielt). Also nicht nur das Shoegaze-Album ausgespart, sondern auch Ordinary Corrupt Human Love. Die passen richtig gut rein und machen live extrem Spaß. Revelator und Winona in der Zugabe instant Klassiker. Amethyst als letzter Song des "regulären Sets" sowieso. Die Band selbst war ziemlich mobil und fordernd dem Publikum gegenüber, George Clarke hat permanent animiert. Das hatte dann schon ein bisschen was von einer Hardcore-Show. Es wurde gesurft und gecirclepittet (ich weiß, das ist nicht HC, aber halt wie die Band aufgetreten ist) und die eine oder andere Platzwunde gab es wohl auch. Alles in allem ein erinnerungswürdiger Auftritt und ich freue mich schon auf die nächste Tour. Merch hier deutlich erschwinglicher, glaube 35 € für das Shirt, 30 für die Platte.


Beide Konzerte auch richtige Forentreffen. :thumbs:
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Wishkah
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Re: Der Konzertbesuchsthread

Beitrag von Wishkah » Fr 14. Nov 2025, 07:11

13.11.2025 Kraftwerk, StadtHalle, Rostock

Ich war gestern bei Kraftwerk in der Rostocker StadtHalle.

Es kommt nicht allzu häufig vor, dass ich nach einem Konzert zu Hause in meinem Bett schlafen kann. Wenn sich dann sogar mal eine renommierte Band wie Kraftwerk in diese Region verirrt, ist der Ticketkauf fast schon eine Selbstverständlichkeit. Einmal habe ich die Band bereits live gesehen, nämlich vor etlichen Jahren beim Hurricane Festival 2009. Ein guter Auftritt, auch wenn ich damals nicht komplett begeistert war. Irgendwie fehlte mir nach einem recht starken Beginn der "Wow-Effekt". Vielleicht ist das ja 16 Jahre später anders.

Ich war gegen 19 Uhr an der StadtHalle. Der Einlass ging schnell und unkompliziert, obwohl schon recht viel los war. Ich hatte mich beim Vorverkauf für einen Sitzplatz entschieden. Es ist ein Platz ganz vorne auf der rechten Seite in Bühnennähe geworden. Gute Wahl, denn die Sicht von dort auf die Bühne war nahezu optimal.

Das Konzert in der StadtHalle war – im Gegensatz zu einigen anderen Konzerten der Tour – nicht ganz ausverkauft. Sowohl der Innenraum als auch die Ränge waren aber sehr voll. Für mich war es die Premiere in der etwa 6.500 Personen fassenden Mehrzweckhalle.

Pünktlich um 20 Uhr wurde die Halle dunkel. Auf der Bühne waren auf einem zusätzlichen Podest vier Pulte nebeneinander aufgebaut. Dahinter befand sich eine große Videoleinwand. So hatte ich den Bühnenaufbau auch noch vom damaligen Festivalauftritt in Scheeßel in Erinnerung. Die vier Herren von Kraftwerk kamen dann auch direkt aut die Bühne und legten los. Einen Support gab es nicht. Das hat mir aufgrund der später am Abend nicht mehr ganz so zahlreichen Bahnverbindungen gut gepasst.

Ziemlich genau zwei Stunden lang gab es dann elektronische Musik, wie man sie von Kraftwerk eben kennt. Mal mit verzerrtem Vocoder-Gesang, mal rein instrumental. Synthesizer-Melodien, elektronische Beats, phasenweise ein druckvoller Bass dazu. Und auf der großen Leinwand im Rücken der Band die passenden Videos zur Untermalung der Musik. Visuell abgerundet wurde das ganze durch die bunt beleuchteten Uniformen der vier Musiker – darunter das einzige noch verbliebene Gründungsmitglied Ralf Hütter, der mittlerweile auch schon 79 Jahre alt ist. Außerdem war das Podium ebenfalls in der Lage, bunte Lichter und Schriftzüge zu zeigen. Eine Lichtshow mit Scheinwerfern von oben gab es hingegen gar nicht.

Musikalisch fand ich den Abend ganz spannend. Ich bin nicht so wahnsinnig intensiv mit der umfangreichen Diskographie der Band vertraut, aber Songs wie "The Man-Machine", "Autobahn", "Computer Liebe" (aus dem Coldplay später ihren Hit "Talk" gemacht haben), "Das Model" oder "Tour de France" kenne ich natürlich und die wurden auch alle gespielt. Visuell war das Konzert durch die Videoleinwand und die passende Beleuchtung von Uniformen und Podest auch ganz ansprechend. Es ist aber alles auf einem Level geblieben – eine Steigerung gab es nicht wirklich. Der ganze Abend verlief recht gleichförmig. Von der Band gab es zwischen den Songs keine einzige Ansage. Das Publikum, dessen Altersdurchschnitt ich wohl um einige Jahre nach unten gezogen habe, hat in den Pausen zwar euphorisch applaudiert, ansonsten war die Stimmung aber eher verhalten. Ein Großteil der Anwesenden hat dem Geschehen auf der Bühne aufmerksam zugesehen und dazu rhythmisch genickt. Bewegung gab es wenig. Erst am Ende, als die Band mit "Die Roboter" für eine Zugabe noch einmal auf die Bühne kam, haben zumindest im Innenraum einzelne Personen etwas lebhafter getanzt.

Nach besagter Zugabe hat sich die Band unter großem Jubel verbeugt und in den Feierabend verabschiedet. Insgesamt war das auf jeden Fall wieder ein sehr guter Konzertabend. Der Eindruck vom Hurricane Festival damals lässt sich dabei aber ganz gut bestätigen. Auf Dauer fehlt mir dieser emotionale "Wow-Effekt". Es bleibt alles auf einer Ebene. Das gehört aber sicherlich auch zum Bandkonzept. Die Mensch-Maschine läuft immer weiter...


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