Ich war vorhin bei
Ben Howard in der Uber Eats Music Hall in Berlin.
Eigentlich hatte ich schon ein Ticket für
Childish Gambino in der großen Uber Arena nebenan. Als dann Ben Howard seine Tour angekündigt hat und ich die Überschneidung der beiden Konzerte bemerkt habe, war der Ärger groß – allerdings nicht von langer Dauer. Statt Berlin sind es dann nämlich die beiden absolut großartigen London-Konzerte im Oktober geworden. Wie es das Schicksal so wollte, wurde im selben Zeitraum die Tour von Childish Gambino krankheitsbedingt wieder abgesagt. Also habe ich mir dann doch auch noch ein Ticket für Berlin gekauft. Es handelte sich immerhin um den Tourabschluss vor einer voraussichtlich längeren Pause. Wer weiß, wann es die nächste Gelegenheit gibt.
Ich war schon gegen 16 Uhr an der Uber Eats Music Hall. Überraschenderweise war ich nicht der einzige. Im Vergleich zu den London-Konzerten, bei denen zwei Stunden vor Einlassbeginn noch kaum was los war, hatten sich diesmal schon einige Fans sehr früh vor Ort eingefunden. Das anwesende Publikum war international, hat überwiegend Englisch gesprochen und sich über die Konzerte der aktuellen Tour unterhalten, die in verschiedenen Ländern besucht wurden. Schön, schön!
Einlassbeginn war um 18:30 Uhr. Der Weg hat die bis dahin eingetroffene Menschenmenge aber vorerst nur bis vor die verschlossenen Türen des Innenraums geführt. Im Saal lief nämlich noch der Soundcheck. Es gab also eine weitere halbe Stunde Wartezeit und etwas Plauderei mit dem sehr sympathischen Sicherheitspersonal. Um 19 Uhr ging es dann endlich in den Saal. Ich hatte das Glück, einen Platz ganz vorne in der Mitte an der Absperrung zur Bühne zu ergattern. Der Innenraum hinter mir war auffallend schnell gefüllt. Das hatte ich nicht erwartet, zumal das Konzert auch nicht ganz ausverkauft war.
Um 20 Uhr kam die britische Singer-Songwriterin
Bess Atwell mit ihrer Band auf die Bühne. Es gab eine halbe Stunde lang melancholische Indie-Folk/-Rock-Songs. Das Publikum hat aufmerksam zugehört. Bess Atwell hat sich für die vergangenen EU-Konzerte bedankt. Das war ein schöner Auftritt einer Künstlerin, die ich auf jeden Fall weiter verfolgen werde.
Retrospektive. Ein Blick zurück: Am 05.08.2014 war ich auf dem Konzert von
Neutral Milk Hotel, nur ein paar Meter entfernt im mittlerweile nicht mehr als Konzertlocation existenten Postbahnhof am Ostbahnhof. Am selben Tag – daran kann ich mich noch gut erinnern – hat Ben Howard mit "End of the Affair" die erste Single seines kommenden zweiten Albums "I Forget Where We Were" veröffentlicht. Meine Begeisterung über diesen Song und den offensichtlichen Richtungswechsel nach dem Debütalbum war damals schon groß.
Zehn Jahre später. Um 21 Uhr wird der Saal wieder dunkel. Zwei Bläserinnen kommen auf die Bühne und eröffnen das Konzert mit der Melodie von ebenjenem "End of the Affair".
Ben Howard und die restliche Band kommen kurz darauf dazu und spielen den Song. Ein Kreis schließt sich. Wahnsinn, wie intensiv diese ersten Minuten wieder sind. Ben Howard beginnt alleine, die Band steigt nach und nach ein, die Videoleinwände beginnen ebenfalls mit ihrer visuellen Untermalung. Alles fügt sich zusammen und baut sich bis zum großen Finale auf. Wow. Wäre das Konzert im Anschluss vorbei gewesen – ich wäre trotzdem glücklich nach Hause gegangen.
Aber das Konzert ist natürlich noch nicht vorbei. Zum Glück! Stattdessen gibt es die Songs von "I Forget Where We Were". Und zusätzlich die kürzlich veröffentlichten B-Seiten dieser Ära "The Burren" und "How Are You Feeling?" sowie "Oats in the Water" von der "The Burgh Island" EP. Die Show entspricht grundsätzlich den London-Konzerten. Die insgesamt neunköpfige Band ist perfekt aufeinander abgestimmt. Der Sound ist glasklar. Das Bühnenbild ist unheimlich atmosphärisch. Ben Howard ist am Anfang noch etwas wortkarg, taut im Laufe des Abends aber auf und richtet sich immer wieder dankend an sein glückliches Publikum. Man merkt der ganzen Band an, dass das letzte Konzert dieser Jubiläumstour eine emotionale Angelegenheit ist.
Nach dem regulären Set gibt es noch eine Zugabe. Zuerst wieder eine wunderschöne Klavierversion von "Days of Lantana", diesmal mit gesanglicher Unterstützung von Bess Atwell. Im Anschluss "Quiet Me Down", der zuletzt öfter mal kurzfristig gestrichen wurde. Und zum Abschluss dann natürlich den Titelsong dieses großartigen Albums.
Am Ende gibt es noch Verbeugungen der ganzen Band. Ben Howard kündigt nach zwei Jahren voller Konzerte in der ganzen Welt eine Pause an. Aber auch ein "next time". Ich werde da sein.
