Quadrophobia hat geschrieben: ↑Mo 23. Okt 2023, 15:57
Rieper hat geschrieben: ↑Mo 23. Okt 2023, 14:54
Monkeyson hat geschrieben: ↑Mo 23. Okt 2023, 14:05
Die Partei "Die Linke" oder die linke Szene insgesamt? Letztere kann sich eher freuen, dass es eine wählbare Alternative mehr gibt, zumal diese zulasten des politischen Feinds AfD gehen dürfte. Es ist ja schon bezeichnend, dass im
politischen Spektrum alle Parteien bis auf die FDP nur 1-dimensional auf einer Linie vertreten sind und erst BSW das jetzt richtig aufbrechen dürfte.
Die Partei.
Ob die Wagenknecht so viel bei Wähler:innen der AfD fischen kann, da wäre ich mir gar nicht so sicher.
Das Glaube ich schon.
Sie verbindet zwei der Kernforderungen eines erweiterten AfD Klientels, Dialog mit Russland und restriktive Migrations (bzw. Asyl-) Politik, mit einer für viele Menschen attraktiven Perspektive auf Sozialpolitik. Gerade in Ostdeutschland ist die soziale Lage vieler Menschen eben enorm prekär, bei gleichzeitiger Aussichtslosigkeit auf Besserung.
Um das mal konkret zu machen. Die von Christian Lindner durchgesetzten effektiven Lohnkürzungen im Mindestlohnbereich hat für ca. jeden fünften AN in Ostdeutschland dazu geführt, dass er*sie deutlich weniger Geld zur Verfügung hat. Das "große" sozialpolitische Versprechen der Ampel hat sich damit schon jetzt in Luft aufgelöst. Jedem betroffenen AN ist klar, dass die AG Seite mit der FDP in der Koalition die Krise weiter nutzen kann und wird, um Löhne trotz Armutsniveau noch weiter zu drücken. Es gibt also keinerlei politische Perspektive auf höhere Löhne. Es ist deshalb absolut nachvollziehbar, diejenigen Partein zu wählen, die günstigere Preise versprechen (und gleichzeitig geringere Lohnkonkurrenz in Regionen mit wenig Arbeit). Und die würden sowohl eine Wagenknecht-Partei als auch die AfD liefern können, wenn sie die billiger fossile Energie aus Russland einkaufen. Die Grünen hatten mit dem Energiegeld ja durchaus eine sinnvolle Idee, die ihr die FDP aber jetzt machtpolitisch abgenommen und in ihr Gegenteil verkehrt hat.
Das ist halt die gesamtpolitische Konsequenz aus sowas wie Treuhand oder Agenda 2010. Wer sich dem entgegenstellen will, muss wirkliche Lösungen anbieten und nicht nur sozialromantischen Wahlkampf machen wie die SPD oder die Grünen.
Das sehe ich auch. Aber warum sollte jemand, der oder die AfD wählt, jetzt die Wagenknecht-Partei wählen, wenn das Original schon da ist? "Schlechteste Regierung aller Zeiten", das ist ja absoluter AfD-Sprech. Es ist nur Spekulation, aber ich vermute, dass viele Wähler:innen der Linken in Zukunft die Wagenknecht-Partei wählen werden und evtl. springen noch welche von der SPD rüber. Ja, ich weiß um die Schwächen von Nachwahlbefragungen. Aber im Zuge der letzten Landtagswahl (ich bin mir nicht mehr sicher, ob es Hessen oder Bayern war) gaben 85% der AfD-Wählenden an, dass es ihnen egal ist, dass die AfD in Teilen als rechtsextrem (oder ähnlicher Begriff) gilt. Inzwischen bekennen sich auch viel mehr Leute öffentlich zur AfD, als noch vor einigen Jahren. Gerade in Teilen Ostdeutschlands, aber nicht nur da. Ich sehe aktuell eher, dass andere Parteien evtl. an Zustimmung verlieren werden und die Wagenknecht-Partei geht auf paar Prozente hoch. Am Ende koaliert sie vielleicht noch mit der AfD. Aktuell würde ich das
zukünftig ihr mehr zutrauen, als den anderen Parteien. Zumindest auf Bundesebene.
Die Nachteile der Ampel für vor allem viele Arbeitnehmer:innen im Osten sind mir ebenfalls bekannt. Wir brauchen ja nur nach Sonneberg zu schauen wie viele Menschen dort Mindestlohn oder nur knapp darüber verdienen. Vor einem Jahr wurde berichtet, dass über 40% der arbeitenden Menschen dort Mindestlohn verdienen. Gemacht wurde nicht wirklich was und dann wird sich über die Wahl dort in diesem Jahr gewundert. Wie du schreibst, die Menschen verdienen effektiv weniger. Dazu gibt es laut DGB Unternehmen, die mangels Kontrollen sogar unter Mindestlohn zahlen. Aber einige der betroffenen Menschen haben ja bereits die AfD, die sie in ihren Augen vertritt. Daher erschließt es mir noch nicht so ganz, wieso Leute von dieser Partei rüber zur Wagenknecht "wechseln" sollten.
Um noch beim Thema Arbeit zu bleiben: Es ist einfach ein Elend, wie viele Menschen in der Produktion über Zeitarbeitsfirmen angestellt sind. Weniger Lohn, schnellere Kündigungen etc. In meiner Arbeit habe ich zu vielen Menschen Kontakt, die so angestellt sind. Es ist wirklich grausam.
Hier im tiefsten Südwesten Deutschlands habe ich in meinem Bekanntenkreis einige Leute, die (noch) in der SPD sind. Da habe ich in den vergangenen Monaten vermehrt vernommen, dass einige von ihnen aus der SPD austreten würden, wenn die Wagenknecht ihre eigene Partei hätte, um dort einzutreten. Aber das sind nur paar Stimmen hier unten, daraus schließe ich nicht auf Größeres, aber es ist halt eine Beobachtung von mir. Wobei die Gegend hier auch eher speziell ist.
Edit: Also ein paar Leute würden bestimmt wechseln, aber ich sehe gerade nicht, warum Massen an AfD-Wähler:innen von AfD zu Wagenknecht sollten.