Politik
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Re: Politik
I'm all for Erbschaftssteuer, aber die Dynamik ist schon nicht ganz ohne und auch aus linker Perspektive sollte man hier pragmatisch überlegen, was die bessere Variante ist: Dass einige Leute aus der oberen Mittelschicht die Wertsteigerung ihrer Immobilien an die Kinder weitergeben können, ohne steuern zu zahlen, oder ob die Kinder zum Verkauf gezwungen sind. Durch die massive Überbewertung des Immobilienmarktes durch die exzessive Spekulation der letzten Jahre, sind diese Werte nämlich nicht im Ansatz realisierbar und normale Menschen bekommen kein Geld für solche Käufe von der Bank, der völlig klar ist, dass die Immobilie überbewertet ist. Das heißt also, dass man entweder weit unter Wert verkaufen muss, aber trotzdem Erbschaftssteuer auf den Verkehrswert zahlt oder, wenn die Immobilie dafür geeignet ist, an entsprechende Spekulanten verkauft. Da kann es gerade in Ballungsräumen für die Stadtstruktur mitunter sinnvoller sein, auf 50.000€ Erbschaftssteuer zu verzichten und stattdessen eine heterogenere Eigentümerstruktur zu behalten.
Mir ist völlig klar, dass das nicht Lindners Motive sind, aber das ist halt auch ein strukturelles Problem.
Wer richtig groß vererbt, hat das alles sowie so angelegt, dass es an der Steuer vorbei geht. Jetzt die "Mittelschicht" stärker zu entlasten ist durchaus ziemlich unfair gegenüber den Millionen Menschen, die gar kein Vermögen haben, aber innerhalb derjenigen, die überhaupt erben, sind diejenigen, die "wenig" Erben relativ stark benachteiligt.
Was viel dringender nötig ist, als die Anpassung irgendwelcher Freibeträge, ist dass Milliardäre nicht weiter ihre Reichtümer an der Steuer vorbeischleusen können. ALDI bspw. hat in den letzten Jahrzehnten mehrere Milliarden an der Erbschaftssteuer vorbeigeschafft, indem man jede Menge Agrarland gekauft hat, das Sonderregelungen bei der Erbschaft unterliegt. Betriebsvermögen werden idR überhaupt nicht angetastet, obwohl Erben mit den Unternehmen nichts mehr zu tun haben und nur noch als Rentiers von den Dividenden und Kapitalerträgen leben, wie Klatten/Quandt und selbst darauf noch die Steuern vermeiden
Zu den Daten hier mal ein sehr guter Thread
Mir ist völlig klar, dass das nicht Lindners Motive sind, aber das ist halt auch ein strukturelles Problem.
Wer richtig groß vererbt, hat das alles sowie so angelegt, dass es an der Steuer vorbei geht. Jetzt die "Mittelschicht" stärker zu entlasten ist durchaus ziemlich unfair gegenüber den Millionen Menschen, die gar kein Vermögen haben, aber innerhalb derjenigen, die überhaupt erben, sind diejenigen, die "wenig" Erben relativ stark benachteiligt.
Was viel dringender nötig ist, als die Anpassung irgendwelcher Freibeträge, ist dass Milliardäre nicht weiter ihre Reichtümer an der Steuer vorbeischleusen können. ALDI bspw. hat in den letzten Jahrzehnten mehrere Milliarden an der Erbschaftssteuer vorbeigeschafft, indem man jede Menge Agrarland gekauft hat, das Sonderregelungen bei der Erbschaft unterliegt. Betriebsvermögen werden idR überhaupt nicht angetastet, obwohl Erben mit den Unternehmen nichts mehr zu tun haben und nur noch als Rentiers von den Dividenden und Kapitalerträgen leben, wie Klatten/Quandt und selbst darauf noch die Steuern vermeiden
Zu den Daten hier mal ein sehr guter Thread
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Re: Politik
Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wie die Erhöhung von Freibeträgen die Lösung für diese Problematik sein soll. Man sollte hier eher Mittel und Wege finden, wie man die Preisexplosion stoppen kann. Es kann nicht sein, dass man ein System, das soziale Ungerechtigkeit verstärkt und die ungleichmäßige Verteilung von Vermögen fördert, auch noch ausbaut, nur um die Symptome von solchen isolierten Problemen zu bekämpfen.Stebbie hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 09:57Man muss es vielleicht nicht ganz so schwarz-weiß sehen. Der Schilderung des Experten von der KPMG kann ich ein Stück weit folgen, weil wir die sozialen Folgen dieses Problems ganz besonders in meiner Heimatregion seit einigen Jahren erleben - auch im familiären Umfeld. Die immobilien- und Grundstückswerte auf Sylt und mittlerweile auch Föhr und in Ansätzen sogar auf dem Festland sind mittlerweile so absurd hoch, dass sich kaum noch jemand das Erbe leisten kann - gerade wenn weitere Erben ausgezahlt werden müssten.
Kann man natürlich sagen: Ja, dann verkauft ihr das halt und nehmt den Verkaufswert mit, nur führt das dann zu den sozialen Verdrängungsprozessen, die wir auf besagten Inseln erleben. Ganz abgesehen davon, dass es hier ja auch um immaterielle Werte geht (man möchte vll. gerne das Haus der Eltern oder Großeltern im Familienbesitz halten). Viele der dort geborenen müssen seit Jahren aufs Festland ziehen, mit all den Folgen für die infrastrukturelle Versorgung der dortgebliebenen. Die Immobilien gehend währenddessen in den Besitz wohlhabender Investoren aus Hamburg, Frankfurt und Co. Kommt jetzt noch eine zunehmende Steuerbelastung auf dieses Erbe, dürfte sich das Problem wohl nur verschärfen.
Von daher macht eine Anpassung der Freibeträge an die Realitäten im Grunde Sinn, wenngleich Lindner hier vielleicht eine andere Klientel im Sinn haben dürfte. Ob das in dieser Ausformung und gerade zum jetzigen Zeitpunkt richtig ist, das mag ich nicht beurteilen.
Abgesehen davon kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen, wieso es nicht möglich sein soll, diese im Verhältnis zum Wert der Immobilie geringfügigen Steuerbeträge gegenzufinanzieren. Wenn ich das auch über Jahre nicht finanziert bekomme, wie komme ich dann auf die Idee in so einer teuren Immobilie zu wohnen?
Meinetwegen soll die Steuer entfallen, wenn die Immobilie tatsächlich selbst vom Erben genutzt wird.
Die Problematik, dass Familienmitglieder ausgezahlt werden müssen, hat mit den Freibeträgen nichts zu tun, sondern mit den absurden Immobilienpreisen.
Auf 700.000€ fallen aktuell 33.000€ Steuern an. Finde ich relativ günstig für etwas, für das ich nichts geleistet habe.Blackstar hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 10:02Ansonsten ignoriert ihr, dass nicht nur alte Leute sterben. Angenommen, da läuft noch eine Finanzierung drauf "erbt" ein Partner/Kind also etwas wo er noch abbezahlen darf UND darf dass dann noch mal versteuern. Preise von Einfamilienhäusern um 700.000 € sind beispielsweise in Berlin normal.
Dann soll es halt Modelle geben, wie diese Steuern langfristig und zinsfrei abbezahlt werden können. Es sind zig Lösungen denkbar um Extremfälle zu entlasten. Die Anhebung von Freibeträgen ist aber vor allem eines: ein Geschenk für eine bereits sehr vermögende Bevölkerungsschicht.
Das sowieso. Sehe in der Richtung allerdings wenig Bemühen seitens der FDP.
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Re: Politik
50.000€ Erbschaftssteuer fallen an bei einer Erbmasse von ca. 750.000€ (für Kinder). Wer erklärt mir, wieso das für Leute der Mittelschicht nicht finanzierbar sein soll, wenn es gleichzeitig für Menschen, die nichts erben, ein realistisches Lebensziel sein soll, mit einem durchschnittlichen Einkommen die Finanzierung einer gleichwertigen Immobilie zu stemmen?Quadrophobia hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 10:11I'm all for Erbschaftssteuer, aber die Dynamik ist schon nicht ganz ohne und auch aus linker Perspektive sollte man hier pragmatisch überlegen, was die bessere Variante ist: Dass einige Leute aus der oberen Mittelschicht die Wertsteigerung ihrer Immobilien an die Kinder weitergeben können, ohne steuern zu zahlen, oder ob die Kinder zum Verkauf gezwungen sind. Durch die massive Überbewertung des Immobilienmarktes durch die exzessive Spekulation der letzten Jahre, sind diese Werte nämlich nicht im Ansatz realisierbar und normale Menschen bekommen kein Geld für solche Käufe von der Bank, der völlig klar ist, dass die Immobilie überbewertet ist. Das heißt also, dass man entweder weit unter Wert verkaufen muss, aber trotzdem Erbschaftssteuer auf den Verkehrswert zahlt oder, wenn die Immobilie dafür geeignet ist, an entsprechende Spekulanten verkauft. Da kann es gerade in Ballungsräumen für die Stadtstruktur mitunter sinnvoller sein, auf 50.000€ Erbschaftssteuer zu verzichten und stattdessen eine heterogenere Eigentümerstruktur zu behalten.
Das kann ich nachvollziehen und stimmt durchaus.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 10:11Wer richtig groß vererbt, hat das alles sowie so angelegt, dass es an der Steuer vorbei geht. Jetzt die "Mittelschicht" stärker zu entlasten ist durchaus ziemlich unfair gegenüber den Millionen Menschen, die gar kein Vermögen haben, aber innerhalb derjenigen, die überhaupt erben, sind diejenigen, die "wenig" Erben relativ stark benachteiligt.
Ja, das ist mein Punkt. Vor dem Hintergrund finde ich es absolut verlogen die Anpassung von Freibeträgen als Hilfestellung für die Mittelschicht zu verkaufen.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 10:11Was viel dringender nötig ist, als die Anpassung irgendwelcher Freibeträge, ist dass Milliardäre nicht weiter ihre Reichtümer an der Steuer vorbeischleusen können. ALDI bspw. hat in den letzten Jahrzehnten mehrere Milliarden an der Erbschaftssteuer vorbeigeschafft, indem man jede Menge Agrarland gekauft hat, das Sonderregelungen bei der Erbschaft unterliegt. Betriebsvermögen werden idR überhaupt nicht angetastet, obwohl Erben mit den Unternehmen nichts mehr zu tun haben und nur noch als Rentiers von den Dividenden und Kapitalerträgen leben, wie Klatten/Quandt und selbst darauf noch die Steuern vermeiden
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Re: Politik
Es ist ja vermutlich auch nicht als Lösung des Problems (sei eh dahingestellt, ob die FDP das wollen würde) gedacht, sondern nur eine Anpassung der Rahmenbedingungen an die sich verändernden Lebensrealitäten nicht weniger Menschen. Natürlich mögen 30 bis 40.000 € Erbschaftssteuer im Vergleich zum Immobilienwert nicht viel erscheinen, aber du bekommst den Wert ja als 'Nachbewohner' nicht aufs Konto, sondern nimmst dafür einen nicht unwesentlichen Kredit auf - für viele unserer Generation ist das schon ein großer Berg, zusätzlich zu den kosten, die oft mit der Besitzübernahme einhergehen.
Dass hier was auf dem Immobilienmarkt gemacht werden muss, das steht ja gar nicht zur Debatte. Ich verstehe, dass man das anders sehen kann, aber ich halte die Frage, ob man jetzt Steuern auf die Elternhäuser zahlen muss, für einen ziemlich belanglosen Nebenkriegsschauplatz. Da gibt es andere Themen, die weit effektiver und sozial gerechter wären.
Dass hier was auf dem Immobilienmarkt gemacht werden muss, das steht ja gar nicht zur Debatte. Ich verstehe, dass man das anders sehen kann, aber ich halte die Frage, ob man jetzt Steuern auf die Elternhäuser zahlen muss, für einen ziemlich belanglosen Nebenkriegsschauplatz. Da gibt es andere Themen, die weit effektiver und sozial gerechter wären.
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Re: Politik
Mit der (absolut richtigen) Anpassung der Wertbestimmung von Immobilien für die Steuer wird ja schon sehr viel mehr Steuer eingezogen. Da finde ich es grundsätzlich legitim, auch die Freibeträge zu erhöhen, um Grenzfälle zu vermeiden.
Sollte ich jetzt mein Elternhaus erben, weil meine Mutter stirbt, müsste ich rund 15.000€ Erbschaftssteuer plus Grundbucheintrag zahlen. Die hab ich schlicht nicht. Um es zu verkaufen, müsste ich meine Großeltern und meinen Stiefvater rauswerfen, oder einen Kredit aufnehmen, und das Haus mit einer Hypothek belegen. Ich behaupte nicht, dass ich arm dran bin, ich erbe ja trotzdem ganz gut. Aber das Problem, dass Menschen Häuser erben, deren Wert - v.a. durch die grassierende Bodenspekulation, maximal aufgeblasen ist, die aber aus verschiedensten Gründen nicht liquidiert werden können, sollte man nicht Unterschätzen. Hier müsste man v.a. ein System finden, dass die grundsätzlich die Abzahlung oder Abschreibung ermöglicht, aber moderat angehobene Freibeträge finde ich nicht grundsätzlich falsch.
Ich rede hier auch gar nicht von massiv viel mehr, aber eine Gleichstellung von Ehepartner:innen und Kindern wäre imho schon sinnvoll.
Sollte ich jetzt mein Elternhaus erben, weil meine Mutter stirbt, müsste ich rund 15.000€ Erbschaftssteuer plus Grundbucheintrag zahlen. Die hab ich schlicht nicht. Um es zu verkaufen, müsste ich meine Großeltern und meinen Stiefvater rauswerfen, oder einen Kredit aufnehmen, und das Haus mit einer Hypothek belegen. Ich behaupte nicht, dass ich arm dran bin, ich erbe ja trotzdem ganz gut. Aber das Problem, dass Menschen Häuser erben, deren Wert - v.a. durch die grassierende Bodenspekulation, maximal aufgeblasen ist, die aber aus verschiedensten Gründen nicht liquidiert werden können, sollte man nicht Unterschätzen. Hier müsste man v.a. ein System finden, dass die grundsätzlich die Abzahlung oder Abschreibung ermöglicht, aber moderat angehobene Freibeträge finde ich nicht grundsätzlich falsch.
Ich rede hier auch gar nicht von massiv viel mehr, aber eine Gleichstellung von Ehepartner:innen und Kindern wäre imho schon sinnvoll.
Re: Politik
Das sehe ich auch als ganz wichtigen Punkt. Auch wenn es im die Hinterbliebenenrente geht. Wenn du nicht verheiratet bist, kann das ziemlich bitter werden. Da gehört grundlegend etwas gemacht.
Ist nicht nur ein Problem in Ballungsräumen. Bei uns hier unten hast du ähnliche Immobilienpreise. Neubauwohnungen mi 90-100 qm gibt es hier nicht für unter 400.000 Euro. Und zu dem Preis dann auch direkt an der Bundesstraße und nichts mit Garten oder irgendwas. Für Menschen, die nicht in der benachbarten Schweiz arbeiten oder eine hohe Stellung in ihrem Job haben, ist es kaum noch möglich Immobilien zu erwerben. Klar, fährt man mit dem Auto 30 Minuten oder mehr Richtung Schwarzwald, schaut es ganz anders aus. Aber dazu brauchst du halt mindestens ein Auto, weil kein/kaum ÖPNV und verlierst auch andere Vorteile, die es zumindest noch hier gibt.
Ich bin nicht ganz tief in der Thematik drinnen. Aber vielleicht wäre es auch klug bei der Erbschaftssteuer zu unterscheiden, um was es geht. Also um zum Beispiel Eigenheime oder um liquides Vermögen.
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Re: Politik
Die Lebensrealität nicht weniger Menschen ist, dass sie (fast) gar nichts erben werden. Diese Menschen müssten für die Aussicht auf Wohneigentum eine vielfach größere Summe finanzieren. Sie müssen diese Summe finanzieren mit einem Einkommen, auf das die ganz normale Lohnsteuer anfällt.Stebbie hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 12:32Es ist ja vermutlich auch nicht als Lösung des Problems (sei eh dahingestellt, ob die FDP das wollen würde) gedacht, sondern nur eine Anpassung der Rahmenbedingungen an die sich verändernden Lebensrealitäten nicht weniger Menschen. Natürlich mögen 30 bis 40.000 € Erbschaftssteuer im Vergleich zum Immobilienwert nicht viel erscheinen, aber du bekommst den Wert ja als 'Nachbewohner' nicht aufs Konto, sondern nimmst dafür einen nicht unwesentlichen Kredit auf - für viele unserer Generation ist das schon ein großer Berg, zusätzlich zu den kosten, die oft mit der Besitzübernahme einhergehen.
Wie ist es für solche Leute also vermittelbar zu behaupten, dass die Finanzierung einer geringfügigen Steuersumme für geschenkten(!) Wohneigentum eine zu hohe Belastung ist, während der Mensch, der nicht erbt, für seinen Wohneigentum indirekt eine vielfach höhere Summe Steuern aufbringen muss?
Ganz ehrlich, das verstehe ich einfach nicht, aber vielleicht bin ich auch einfach zu dumm dafür.

Diesen belanglosen Nebenkriegsschauplatz hat ja Herr Lindner aufgemacht.Stebbie hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 12:32Dass hier was auf dem Immobilienmarkt gemacht werden muss, das steht ja gar nicht zur Debatte. Ich verstehe, dass man das anders sehen kann, aber ich halte die Frage, ob man jetzt Steuern auf die Elternhäuser zahlen muss, für einen ziemlich belanglosen Nebenkriegsschauplatz. Da gibt es andere Themen, die weit effektiver und sozial gerechter wären.
Und sicher gibt es Einzelfälle, für die eine Anhebung der Freibeträge eine "faire" Entlastung wäre. Das kann doch aber nicht die Rechtfertigung sein für eine Steueränderung, von der am Ende hauptsächlich reiche Menschen profitieren werden.
Genau, es gibt andere Themen und Lösungen für solche Sonderfälle.
Wie bereits gesagt, aktuelle Erben profitieren parallel ja auch extrem von der Wertsteigerung.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 14:26Mit der (absolut richtigen) Anpassung der Wertbestimmung von Immobilien für die Steuer wird ja schon sehr viel mehr Steuer eingezogen. Da finde ich es grundsätzlich legitim, auch die Freibeträge zu erhöhen, um Grenzfälle zu vermeiden.
Sagen wir mal, man hätte vor 10 Jahren ein Haus im Wert von 200.000€ geerbt. Darauf wäre keine Steuer angefallen.
Heute erbt man das gleiche Haus mit einem Wert von 600.000€. Dafür fallen nun ca. 30.000€ Steuern an. Wo ist da die Ungerechtigkeit?
Bei allem Respekt und bitte versteh das nicht falsch, aber mein Mitleid dafür, ein Haus im Wert von offensichtlich mehreren Hunderttausend Euro mit 15.000€ plus Grundbucheintrag finanzieren zu müssen, hält sich in Grenzen.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 14:26Sollte ich jetzt mein Elternhaus erben, weil meine Mutter stirbt, müsste ich rund 15.000€ Erbschaftssteuer plus Grundbucheintrag zahlen. Die hab ich schlicht nicht. Um es zu verkaufen, müsste ich meine Großeltern und meinen Stiefvater rauswerfen, oder einen Kredit aufnehmen, und das Haus mit einer Hypothek belegen. Ich behaupte nicht, dass ich arm dran bin, ich erbe ja trotzdem ganz gut.
Für den Fall, dass zum Zeitpunkt des Erbfalles selbst die langfristige Finanzierung einer solchen Summe nicht darstellbar ist, könnte man ja Regelungen finden, wie diese Steuerschuld aufgeschoben wird (eine solche Gesetzesänderung fände ich sinnvoll). Und auch die Bewohner könnten ja eine geringe Mietsumme aufbringen, die diese Summe gegenfinanziert.
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Re: Politik
Wie gesagt, das ist langfristig betrachtet ein Luxusproblem, gebe ich anstandslos zu. Wenn das aber in der falschen Situation passiert, kann dich das ganz schön in die Bredouille bringen. Ganz blöd wird es, wenn du auch auf den Verkauf noch Steuern zahlen musst, weil die Immobilie noch nicht lang genug bewohnt wurde. Auch kann es natürlich sein, dass die Immobilie nicht verkehrsfähig ist und der Steuersatz wegen eines wertvollen/großen Grundstücks festgesetzt wurde, du also Erbschaftssteuer zahlst, aber nicht verkaufen kannst. Solche Fälle möglichst zu vermeiden, finde ich sinnvoll. Insbesondere dann, wenn Erb:innen das Haus weiter bewohnen wollen. Ob das über pauschale Freibeträge geschehen muss, oder ob es da andere Lösungen gibt, kann ich nicht sagen. Aber 400.000 sind "schnell" erreicht, wenn eine Immobilie in einer "neuerdings" gefragten Lage steht.
Und ich stimme dir 100%ig zu, dass erben sehr ungerecht ist. Ich finde aber nicht, dass man in diesem Fall primär über die (hanebüchene, keine Frage) Ungerechtigkeit sprechen muss, die zwischen Steuern auf Arbeit und steuern auf Vermögen besteht, sondern innerhalb der Erbschaftssteuer auf die Ungerechtigkeiten gucken sollte, um die zu reformieren.
Das Gerechtigkeitsproblem auf der anderen Seit sieht dann so aus: Wenn jemand seinen Eltern das Haus "gewerblich" abkauft, kann er es steuerlich abschreiben und nach deren Tod das Geld zurück erben, mitunter sogar steuerfrei, weil ein Teil zum Tod von Elternteil A ja an B ging und bei Tod von B wieder der Freibetrag greift (conditions apply). Warum sollte ich also gegenüber diesem Szenario (das ja nur für noch weitaus wohlhabendere gangbar ist) so benachteiligt sein?
Edit: Natürlich kann ich das auch nicht wirklich wertneutral betrachten, wenn es mich selbst betrifft. Aber die Erbschaftssteuer so umzugestalten, dass sie hohe Erbschaften stärker und "kleine" weniger stark belastet, finde ich grundsätzlich vertretbar.
Und ich stimme dir 100%ig zu, dass erben sehr ungerecht ist. Ich finde aber nicht, dass man in diesem Fall primär über die (hanebüchene, keine Frage) Ungerechtigkeit sprechen muss, die zwischen Steuern auf Arbeit und steuern auf Vermögen besteht, sondern innerhalb der Erbschaftssteuer auf die Ungerechtigkeiten gucken sollte, um die zu reformieren.
Das Gerechtigkeitsproblem auf der anderen Seit sieht dann so aus: Wenn jemand seinen Eltern das Haus "gewerblich" abkauft, kann er es steuerlich abschreiben und nach deren Tod das Geld zurück erben, mitunter sogar steuerfrei, weil ein Teil zum Tod von Elternteil A ja an B ging und bei Tod von B wieder der Freibetrag greift (conditions apply). Warum sollte ich also gegenüber diesem Szenario (das ja nur für noch weitaus wohlhabendere gangbar ist) so benachteiligt sein?
Edit: Natürlich kann ich das auch nicht wirklich wertneutral betrachten, wenn es mich selbst betrifft. Aber die Erbschaftssteuer so umzugestalten, dass sie hohe Erbschaften stärker und "kleine" weniger stark belastet, finde ich grundsätzlich vertretbar.
Re: Politik
Habe das Konzept "Es gibt Leute, denen es (auf welchem Weg auch immer) schlecht geht, also sorgen wir dafür, dass alle anderen diese Benachteiligung auch erfahren dürfen" noch nie verstanden.
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Re: Politik
Bisschen viel Anna Schneider gelesen, wa?
Re: Politik
Tja, so ist das eben im Internet. Da gibt es mal in einer Debatte unterschiedliche Sichtweisen, die an sonsten ganz gut geführt wird, aber irgendwann ist immer der Punkt, wo ein Troll 3 Uhr Nachts, statt zu pennen versucht mit Kontaktschuld-Vorwürfen zu verfassungsfeindlichen Extremisten zu punkten. Ist halt so und da die Debatte nun dieses Niveau erreicht hat, ist sie auch quasi tot.
Bleibt: Habe mich hier sehr über Quadros Beiträge gewundert, die Richtung hätte ich nicht erwartet, finde die Argumentation und Aussagen aber ziemlich gut. Einen Punkt würde ich sogar noch ergänzen, der angerissen wurde. Thema Kredit aufnehmen: Den muss man erst mal bekommen. Wenn ich im Büro mitbekomme, wer alles keine Finanzierung bekommt und wo die automatische Haushaltsrechnung der Banken für solche auf rot springen, dann wird auch das ein noch zunehmenderes Problem.
Ansonsten finde ich es gut, wenn gar nicht jeder kauft und kaufen kann. Ein EFH ist sowieso der SUV unter den Wohngelegenheiten und rein finanziell ist eine solche Entscheidung zu Wohneigentum sowieso nachteilig. Erst recht in der nun angebrochenen Zeit der Hochzinsen bei FInanzierungen. Da werden in 5-7 Jahren, wenn refinanziert werden muss einige Probleme entstehen. Zur grundsätzlichen Entscheidung auch gab es vor einigen Tagen einen sehr sehr guten Artikel dazu: https://www.zeit.de/wirtschaft/geldanla ... ilienmarkt
(ist aber vermutlich leider Paywall)
Bleibt: Habe mich hier sehr über Quadros Beiträge gewundert, die Richtung hätte ich nicht erwartet, finde die Argumentation und Aussagen aber ziemlich gut. Einen Punkt würde ich sogar noch ergänzen, der angerissen wurde. Thema Kredit aufnehmen: Den muss man erst mal bekommen. Wenn ich im Büro mitbekomme, wer alles keine Finanzierung bekommt und wo die automatische Haushaltsrechnung der Banken für solche auf rot springen, dann wird auch das ein noch zunehmenderes Problem.
Ansonsten finde ich es gut, wenn gar nicht jeder kauft und kaufen kann. Ein EFH ist sowieso der SUV unter den Wohngelegenheiten und rein finanziell ist eine solche Entscheidung zu Wohneigentum sowieso nachteilig. Erst recht in der nun angebrochenen Zeit der Hochzinsen bei FInanzierungen. Da werden in 5-7 Jahren, wenn refinanziert werden muss einige Probleme entstehen. Zur grundsätzlichen Entscheidung auch gab es vor einigen Tagen einen sehr sehr guten Artikel dazu: https://www.zeit.de/wirtschaft/geldanla ... ilienmarkt
(ist aber vermutlich leider Paywall)
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Re: Politik
Junge, du hast dich mit deinem arroganten Zweizeiler doch selbst aus der Diskussion verabschiedet bzw. eben jene niveautechnisch torpediert, wie es die Chefreporterin Freiheit nicht hätte besser hinbekommen können. Ja genau, die Debatte wurde ansonsten ganz gut geführt bis du dich dazu berufen fühlst, völlig ohne Kontext oder Erklärung irgendwas von einem Konzept zu schwadronieren, das so in der Form hier in keinster Weise angerissen wurde.Blackstar hat geschrieben: ↑Sa 26. Nov 2022, 10:12Tja, so ist das eben im Internet. Da gibt es mal in einer Debatte unterschiedliche Sichtweisen, die an sonsten ganz gut geführt wird, aber irgendwann ist immer der Punkt, wo ein Troll 3 Uhr Nachts, statt zu pennen versucht mit Kontaktschuld-Vorwürfen zu verfassungsfeindlichen Extremisten zu punkten. Ist halt so und da die Debatte nun dieses Niveau erreicht hat, ist sie auch quasi tot.
"Es gibt Leute, denen es (auf welchem Weg auch immer) schlecht geht, also sorgen wir dafür, dass alle anderen diese Benachteiligung auch erfahren dürfen"
Damit framest du eine bei 7% startende Steuer auf leistungslose Geschenke im sechsstelligen Eurobereich als Benachteiligung. Wie verstehst du dann sonstige Steuern? Davon abgesehen ging es nie um die Schaffung von "Benachteiligung", sondern um die gewollte Erleichterung für vermögende Menschen und was davon zu halten ist. Es wurde diverse Alternativvorschläge gemacht, wie Grenzfälle abgemildert werden können, ohne dass die Freigrenzen verschoben werden. Interessiert dich halt nicht.
Sinnbildlich dann obendrein, dass es für dich offenbar eine Rolle spielt, um welche Uhrzeit eine Antwort abgesetzt wurde. Stell dir vor, es gibt Menschen, die um diese Uhrzeit arbeiten müssen.
Nein, auch rückblickend war das die einzig gangbare Reaktion auf deinen "Beitrag". Hab noch kurz darüber nachgedacht mich zu erniedrigen und nachzufragen, was zur Hölle du damit sagen willst. Aber über das Stöckchen wollte ich dann tatsächlich nicht springen.
Sorry, aber das glaube ich dir einfach nicht, dass es dabei um Kredite zur Finanzierung von Erbschaftssteuerschulden im niedrigen fünfstelligen Bereich geht.Blackstar hat geschrieben: ↑Sa 26. Nov 2022, 10:12Thema Kredit aufnehmen: Den muss man erst mal bekommen. Wenn ich im Büro mitbekomme, wer alles keine Finanzierung bekommt und wo die automatische Haushaltsrechnung der Banken für solche auf rot springen, dann wird auch das ein noch zunehmenderes Problem.
Der Artikel ist in der Hinsicht relativ wenig hilfreich, weil er bei der Entscheidung "Haus kaufen ja oder nein" fast ausschließlich auf den finanziellen Aspekt ausgerichtet ist. Ich kenne ehrlich gesagt niemanden im Alter 30 bis 40, der ein Eigenheim als Investment betrachtet oder der Meinung wäre, dass es eine optimale Option zur Vermögensbildung darstellt.Blackstar hat geschrieben: ↑Sa 26. Nov 2022, 10:12Ansonsten finde ich es gut, wenn gar nicht jeder kauft und kaufen kann. Ein EFH ist sowieso der SUV unter den Wohngelegenheiten und rein finanziell ist eine solche Entscheidung zu Wohneigentum sowieso nachteilig. Erst recht in der nun angebrochenen Zeit der Hochzinsen bei FInanzierungen. Da werden in 5-7 Jahren, wenn refinanziert werden muss einige Probleme entstehen. Zur grundsätzlichen Entscheidung auch gab es vor einigen Tagen einen sehr sehr guten Artikel dazu: https://www.zeit.de/wirtschaft/geldanla ... ilienmarkt
(ist aber vermutlich leider Paywall)
Dass Wohneigentum zur Selbstnutzung eine denkbar schlechte Finanzentscheidung darstellt, das hört man doch schon seit 20 Jahren, selbst von den unseriösesten "Beratern", die da so durchs Netz geistern.
Re: Politik
Meine Güte, wie viel Hass da drinsteckt. Unglaublich. Glaub es wird mal wieder Zeit für eine entspannende Auszeit hier. Dann badet doch weiterhin in eurem Circle-Jerk-Sud.
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Re: Politik
Nice 
Da hat wohl jemand den raFDP-Meltdown nicht so gut verkraftet.

Da hat wohl jemand den raFDP-Meltdown nicht so gut verkraftet.
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Re: Politik
¯\_(ツ)_/¯
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Re: Politik
Ich verstehe die emotionalen Befindlichkeiten, wenn man das Elternhaus vererbt bekommt und sich dann ggf. die Erbschaftssteuer nicht leisten kann. Als (Arbeiter-)Kind des Ostens, dessen Familie halt im Vergleich zum Westen halt einfach 40 Jahre Zeit zur Bildung von Vermögen gefehlt haben, finde ich solche Diskussionen - mit Verlaub - zynisch.
Wenn man in der Platte aufgewachsen ist, wenig bis gar nichts erben wird und Wohneigentum trotz halbwegs anständigem Gehalt wohl für immer außer Reichweite bleiben wird, dann fehlt mir für die Probleme, die mit dem Erbe einer Immobilie von mittlerem sechsstelligen Wert einhergehen, ganz offengesagt, jegliches Verständnis.
Man sollte sich wirklich mal vergegenwärtigen, was das für Luxusprobleme sind. Und wie viele Menschen, gerade im Osten, viel dafür geben würden, ein Elternhaus vererbt zu bekommen.
Wenn man in der Platte aufgewachsen ist, wenig bis gar nichts erben wird und Wohneigentum trotz halbwegs anständigem Gehalt wohl für immer außer Reichweite bleiben wird, dann fehlt mir für die Probleme, die mit dem Erbe einer Immobilie von mittlerem sechsstelligen Wert einhergehen, ganz offengesagt, jegliches Verständnis.
Man sollte sich wirklich mal vergegenwärtigen, was das für Luxusprobleme sind. Und wie viele Menschen, gerade im Osten, viel dafür geben würden, ein Elternhaus vererbt zu bekommen.
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Re: Politik
Das wir uns nicht einig sind, ist ja schon oft vorgekommen, aber hier ists ja komplett seitenverkehrtSuitemeister hat geschrieben: ↑Mo 28. Nov 2022, 11:19Ich verstehe die emotionalen Befindlichkeiten, wenn man das Elternhaus vererbt bekommt und sich dann ggf. die Erbschaftssteuer nicht leisten kann. Als (Arbeiter-)Kind des Ostens, dessen Familie halt im Vergleich zum Westen halt einfach 40 Jahre Zeit zur Bildung von Vermögen gefehlt haben, finde ich solche Diskussionen - mit Verlaub - zynisch.
Wenn man in der Platte aufgewachsen ist, wenig bis gar nichts erben wird und Wohneigentum trotz halbwegs anständigem Gehalt wohl für immer außer Reichweite bleiben wird, dann fehlt mir für die Probleme, die mit dem Erbe einer Immobilie von mittlerem sechsstelligen Wert einhergehen, ganz offengesagt, jegliches Verständnis.
Man sollte sich wirklich mal vergegenwärtigen, was das für Luxusprobleme sind. Und wie viele Menschen, gerade im Osten, viel dafür geben würden, ein Elternhaus vererbt zu bekommen.



Erben ist nicht gerecht keine Frage, es bildet die immens ungleichen Vermögensverhältnisse in DE ab. Vor allem im Osten hast du selbstverständlich recht: Vermögen kann und konnte sich seit längerem niemand aufbauen, der nicht sehr gut verdient und Wohneigentum ist für die allermeisten ohne Erbschaft nicht machbar.
Aber: In (West-Deutschland) gab es während der Hochphase des Wohlfahrtkapitalismus durchaus eine nicht geringe Anzahl Menschen, die durch günstiges Bauen/günstige Zinsen/niedrige Lebenshaltungskosten ein Haus gebaut oder eine Wohnung gekauft haben, die sie selbst bewohnen, aber sonst kaum mehr etwas substanzielles besitzen. Die meisten davon, sind schon jetzt von den Freibeträgen abgedeckt aber in bestimmten Gebieten, wachsen die Schätzwerte massiv über die Werte, die man durch Verkauf realisieren kann. Vor allem spielt hier eine Rolle, dass viele EFHs auf Erbbaupachtgrundstücken stehen, was den Verkaufswert erheblich, den Bewertungswert aber nicht entsprechend mindert. Auch sind viele EFH, v.a. die "Siedlungshäuser" der 1930er Jahre, in katastrophalem Zustand, weil sie mal eine Wohnmaßnahme für relativ arme Leute waren und die Besitzer:innen für Renovierungen oft nicht das Geld haben. Mit entsprechend guter Lage und großem Grundstück (was diese idR aufgrund von Selbstversorgungs-Gedanken haben) kann die Bewertung dabei weit über dem Verkaufspreis liegen, wenn man es denn überhaupt verkauft kriegt. In Hamburg gilt bspw. allein durch die Lage innerhalb der Stadtgrenzen ein Lagefaktor von 1,75, bei entsprechenden Grundstückswerten sind 400.000 wirklich schnell erreicht. Kriegt man so etwas vererbt, kann es durchaus sein, dass der reale Teil, der vom Erbe übrig bleibt, weit unter dem eigentlichen Freibetrag bleibt.
Die Erbschaftssteuer benachteiligt (innerhalb der privilegierten Gruppe der Erben) massiv diejenigen, die "wenig" erben, während Großerb:innen nahezu keine Steuern zahlen. Für alle die nichts erben mag das verständlicherweise egal sein, aber tatsächlich trägt die aktuelle Ausgestaltung eher dazu bei, dass die soziale Schere noch weiter auseinander geht.
Es gibt sehr progressive Vorschläge, Erbschaften zu verändern, bspw. die "Lebenserbschaft", die alle, die nichts erben aus Erbschaftssteuermitteln 30.000 Grundvermögen zur Verfügung stellt. Dazu muss aber das Steueraufkommen überhaupt erst mal massiv steigen, beim Staat kommt dadurch nämlich nicht viel an (Die Erbschaftssteuer rangiert kurz hinter der Tabaksteuer was Einnahmen angeht). Denn auf der einen Seite haben immer weniger Menschen immer mehr Geld, auf das sie nahezu keine Steuern zahlen, auf der anderen Seite gibt es in der Mittelschicht tatsächlich immer weniger Vermögen, das vererbt werden könnte. Die großen Vermögen sind durch die Aussetzung der Vermögenssteuer nämlich unversteuert (oder im Form von Kapitalerträgen gering versteuert) gewachsen, während die der Mittelschicht durch Lohnsteuer und am oberen Ende auch durch Erbschaftssteuer stagnieren.
Grundsätzlich wäre es gut, wenn man bspw. Modelle erarbeitet, in denen das Finanzamt auf die Erbschaftssteuer verzichtet und dafür bspw. ein Vorkaufsrecht für die Kommunen bekommt, die dann das Blösinnsmodell EFH einstampfen und auf den viel zu großen Grundstücken sinnvoll bauen können.
Steuern sollten imho nicht so ausgestaltet sein, dass sie dort Vermögen abtragen, wo es ohnehin schon (relativ) starke Steuerbelastung gibt, sondern dort, wo ohne Leistung und mit allerlei Trickserei Milliarden an der Steuer vorbeigeschleust werden. Die Freibeträge finde ich grundsätzlich hoch genug, aber mit der der neuen Berechnungsmethode wird es zwangsläufig zu fällen kommen, in denen Menschen die Erbschaftssteur nicht bezahlen können und auch keinen Kredit dafür bekommen, weil das Haus für die Bank nichts wert ist. Dem vorsichtig entgegenzuwirken wird Leuten allerlei Probleme ersparen.
Würde man bspw. die qusi-vollkommende Steuerfreiheit für Argrarland und Betriebsvermögen kippen, wäre der Gewinn für die Gemeinschaftskasse ein dutzenfaces von dem was ein moderat höherer Freibetrag kosten würde.
Zuletzt geändert von Quadrophobia am Mo 28. Nov 2022, 12:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Politik
Wie gesagt, ich verstehe die Probleme, die damit einhergehen. Ich habe die Diskussion hier ja auch verfolgt und es ist wirklich nicht so, dass ich die Fakten - auch was beispielsweise nachgelagerte Verdrängungsprozesse anbelangt - nicht nachvollziehen könnte. Aber aus meiner persönlichen Lebenssituation und -geschichte heraus ist das halt einfach eine absolut paradoxe und weltfremde Debatte, die auch in meinem Umfeld mit ähnlicher Familiengeschichte und -struktur kaum einer wird nachvollziehen können.
Wenn ich in meinem Freundeskreis schaue, fangen wir halt de facto alle bei Null an, Vermögen aufzubauen. Da erben nur ganz wenige Leute wirklich relevantes Vermögen. Da wirkt die Beschwerde über das Aufbringen von 15.000€ Erbschaftssteuer halt echt einfach wie in Hohn.
Klar, da ist man schnell bei dem was Klaus oben angesprochen hat:
Wenn ich in meinem Freundeskreis schaue, fangen wir halt de facto alle bei Null an, Vermögen aufzubauen. Da erben nur ganz wenige Leute wirklich relevantes Vermögen. Da wirkt die Beschwerde über das Aufbringen von 15.000€ Erbschaftssteuer halt echt einfach wie in Hohn.
Klar, da ist man schnell bei dem was Klaus oben angesprochen hat:
Ich würd's auch verstehen, wenn jetzt gleich jemand mit einem Vorwurf des Neids um die Ecke kommt. Wahrscheinlich hätte der-/diejenige damit sogar Recht.Gelöschter Benutzer 408 hat geschrieben: ↑Fr 25. Nov 2022, 23:04Habe das Konzept "Es gibt Leute, denen es (auf welchem Weg auch immer) schlecht geht, also sorgen wir dafür, dass alle anderen diese Benachteiligung auch erfahren dürfen" noch nie verstanden.
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Re: Politik
Achja, die Erbschaftssteuer. Die bessere Vermögenssteuer.
Ich denke man muss das Ganze in zwei Bereiche unterteilen. Zum einen die Erbschaften von Superreichen. Massenhaft Immobilien, Unternehmen(santeile) usw. Erbschaftssteuer wird Dank Familienstiftungen, doppelten Holdingstrukturen etc umgangen. Das Ganze nimmt solche Ausmaße an, dass dem nicht mit einzelnen Reformen beizukommen ist. Hier besteht, denke ich, Einigkeit, dass dies der gravierendere Part ist, der für soziale Ungleichheit und Schieflage sorgt.
Gleichzeitig geht die Schere aber eben auch zwischen der Mittelschicht und dem großen Block der Nichterben auseinander. Ja, der erste Part ist gewichtiger, aber es endet eben nicht damit und ich finde nicht, dass man die Mittelschicht hier ausklammern kann, wenn 50% nichts erben. Und gerade Svens Punkte zu den Strukturen in Ostdeutschland sind nunmal nicht von der Hand zu weisen.
Eine sehr spannende Grafik zum Thema welche Bedeutung Erbschaften über die gesamte Vermögensverteilung eines Landes haben:

Zynisch gesprochen, war der Krieg in Deutschland ein großer Gleichmacher. Die Zerstörungen des Krieges haben schlichtweg dafür gesorgt, dasss es größtenteils nichts zu vererben gab. Dank Wirtschaftswunder und Kapitalismus, niedrige Steuern auf Vermögen und Kapital haben wir hier wieder aufgeschlossen, yay.
Ich möchte auch einmal anmerken, dass hier viel von 400k gesprochen wird. Es gibt aber nicht nur Alleinerben
Trotz Verdopplung des Wertes seit dem Bau vor 20 Jahren liegt die Doppelhaushälfte meiner Eltern im wahrlich nicht günstigen Düsseldorfer Umland immer noch im Rahmen der Freibeträge...
Natürlich muss es Regelungen für kleine Familienunternehmen geben, gerade landwirtschaftliche Betriebe sind eine sehr heikle Geschichte. Ich sehe auch, dass die Bewertung von Immobilien seit eingien Jahren nicht mehr im Verhältnis zu dem steht, was sich durch Mieteinnahmen tatsächlich realisieren lässt. Inwieweit die Schätzwerte von den erzielbaren Marktwerten so stark abweichen erschließt sich mir allerdings nicht, falls mir das jemand erläutern mag
Nahezu mein komplettes Umfeld hat studiert. Bafög und Studienkredite bildeten sogar eher die Ausnahme. Damit ist man schon verdammt privilegiert. Ja, im Einzelnen mag das unangehme Konstellationen geben, wenn das Reihenhaus der Eltern geerbt wird, weil z.B. parallel der Kredit für die eigene Wohnimmobilie läuft. Trotzdem können diese Personen ja nicht zwei Häuser gleichzeitig bewohnen. Ja, das steht in keinem Verhältnis zu den Unsummen, die Superreiche an der Erbschaftssteuer vorbeischieben werden, es bleibt aber ein Vermögensniveau, das für viele in Deutschland unerreichbar ist.
Ich denke man muss das Ganze in zwei Bereiche unterteilen. Zum einen die Erbschaften von Superreichen. Massenhaft Immobilien, Unternehmen(santeile) usw. Erbschaftssteuer wird Dank Familienstiftungen, doppelten Holdingstrukturen etc umgangen. Das Ganze nimmt solche Ausmaße an, dass dem nicht mit einzelnen Reformen beizukommen ist. Hier besteht, denke ich, Einigkeit, dass dies der gravierendere Part ist, der für soziale Ungleichheit und Schieflage sorgt.
Gleichzeitig geht die Schere aber eben auch zwischen der Mittelschicht und dem großen Block der Nichterben auseinander. Ja, der erste Part ist gewichtiger, aber es endet eben nicht damit und ich finde nicht, dass man die Mittelschicht hier ausklammern kann, wenn 50% nichts erben. Und gerade Svens Punkte zu den Strukturen in Ostdeutschland sind nunmal nicht von der Hand zu weisen.
Eine sehr spannende Grafik zum Thema welche Bedeutung Erbschaften über die gesamte Vermögensverteilung eines Landes haben:

Zynisch gesprochen, war der Krieg in Deutschland ein großer Gleichmacher. Die Zerstörungen des Krieges haben schlichtweg dafür gesorgt, dasss es größtenteils nichts zu vererben gab. Dank Wirtschaftswunder und Kapitalismus, niedrige Steuern auf Vermögen und Kapital haben wir hier wieder aufgeschlossen, yay.
Ich möchte auch einmal anmerken, dass hier viel von 400k gesprochen wird. Es gibt aber nicht nur Alleinerben

Trotz Verdopplung des Wertes seit dem Bau vor 20 Jahren liegt die Doppelhaushälfte meiner Eltern im wahrlich nicht günstigen Düsseldorfer Umland immer noch im Rahmen der Freibeträge...
Sorry für die Polemik, aber ich schätze auch Susanne Klatten hat einige sentimentale Geschichten/Verbindungen zur Firma ihres Vaters. Eine Erbschaft ist nunmal eine Weitergabe eines Vermögenswertes. Für selbst genutztes Wohneigentum gibt es ja zurecht Ausnahmen. Die von dir angesprochenen Verdrängungseffekte haben ja bereits stattgefunden, wenn auf der Insel Geborene aufs Festland gezogen sind (dort werden sie ja auch irgendwo wohnen etc), im Zweifel Jahrzehnte bevor es zur Erbschaft kommt. Da ist die Problematik durch die Erbschaftssteuer (die will ich ja gar nicht leugnen) erst am Ende der Kette zu sehen, oder nicht?
Natürlich muss es Regelungen für kleine Familienunternehmen geben, gerade landwirtschaftliche Betriebe sind eine sehr heikle Geschichte. Ich sehe auch, dass die Bewertung von Immobilien seit eingien Jahren nicht mehr im Verhältnis zu dem steht, was sich durch Mieteinnahmen tatsächlich realisieren lässt. Inwieweit die Schätzwerte von den erzielbaren Marktwerten so stark abweichen erschließt sich mir allerdings nicht, falls mir das jemand erläutern mag

Nahezu mein komplettes Umfeld hat studiert. Bafög und Studienkredite bildeten sogar eher die Ausnahme. Damit ist man schon verdammt privilegiert. Ja, im Einzelnen mag das unangehme Konstellationen geben, wenn das Reihenhaus der Eltern geerbt wird, weil z.B. parallel der Kredit für die eigene Wohnimmobilie läuft. Trotzdem können diese Personen ja nicht zwei Häuser gleichzeitig bewohnen. Ja, das steht in keinem Verhältnis zu den Unsummen, die Superreiche an der Erbschaftssteuer vorbeischieben werden, es bleibt aber ein Vermögensniveau, das für viele in Deutschland unerreichbar ist.
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Re: Politik
Um mal ans unterste Ende der Schere zu gehen. Es macht mich wirklich fassungslos, dass 3/4 aller im ZDF Politbarometer Befragten es befürworten, dass Empfänger:innen von Bürgergeld von Anfang an Sanktioniert werden können, wenn sie Jobs nicht annehmen.
Damit sie dann in solche Jobs gedrängt werden: https://jacobin.de/artikel/warum-starb- ... -manolova/
Damit sie dann in solche Jobs gedrängt werden: https://jacobin.de/artikel/warum-starb- ... -manolova/
Re: Politik
25 Jahre ideologische Konditionierung in der sogenannten "Leistungsgesellschaft". Man möchte schreien.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 14:45Um mal ans unterste Ende der Schere zu gehen. Es macht mich wirklich fassungslos, dass 3/4 aller im ZDF Politbarometer Befragten es befürworten, dass Empfänger:innen von Bürgergeld von Anfang an Sanktioniert werden können, wenn sie Jobs nicht annehmen.
Damit sie dann in solche Jobs gedrängt werden: https://jacobin.de/artikel/warum-starb- ... -manolova/
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Re: Politik
Währenddessen schütten die 40 DAX Konzerne insgesamt 54 Milliarden aus, viele von ihnen haben dabei massiv von Kurzarbeitergeld profitiert.
Re: Politik
Frage mich bis heute, wie eine "Grundsicherung" sanktioniert werden kann...Quadrophobia hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 14:45Um mal ans unterste Ende der Schere zu gehen. Es macht mich wirklich fassungslos, dass 3/4 aller im ZDF Politbarometer Befragten es befürworten, dass Empfänger:innen von Bürgergeld von Anfang an Sanktioniert werden können, wenn sie Jobs nicht annehmen.
Die Jobs sind schon Oberscheisse (und sollten deswegen sehr gut und nicht mies bezahlt werden und die Mitarbeiter sollten Schulugen bekommen), aber das da ggf. sogar Mord oder Totschlag vertuscht wird... unglaublich.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 14:45Damit sie dann in solche Jobs gedrängt werden: https://jacobin.de/artikel/warum-starb- ... -manolova/
smi
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Re: Politik
Das Problem ist ja unter anderem, dass das die Öffentlichkeit nur interessiert wenn es um "moralisch verwerfliche" Firmen oder Produkte geht, also sowas wie Nestle oder Tönnies. Dass es im Baugewerbe und in Industriedienstleistungen seit der Deregulierung des Arbeitsmarktes regelmäßig Tote gibt, kommt in der Debatte um Arbeit(slosigkeit) an sich so gut wie nie vor.smi hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 16:32Frage mich bis heute, wie eine "Grundsicherung" sanktioniert werden kann...Quadrophobia hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 14:45Um mal ans unterste Ende der Schere zu gehen. Es macht mich wirklich fassungslos, dass 3/4 aller im ZDF Politbarometer Befragten es befürworten, dass Empfänger:innen von Bürgergeld von Anfang an Sanktioniert werden können, wenn sie Jobs nicht annehmen.
Die Jobs sind schon Oberscheisse (und sollten deswegen sehr gut und nicht mies bezahlt werden und die Mitarbeiter sollten Schulugen bekommen), aber das da ggf. sogar Mord oder Totschlag vertuscht wird... unglaublich.Quadrophobia hat geschrieben: ↑Mi 30. Nov 2022, 14:45Damit sie dann in solche Jobs gedrängt werden: https://jacobin.de/artikel/warum-starb- ... -manolova/
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