> Festival Community Magazin - klickst Du hier <

Primavera Sound

rogerhealy
Beiträge: 2146
Registriert: Mo 14. Sep 2015, 10:53
Wohnort: Hamburg
Geschlecht:

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von rogerhealy » Di 14. Jun 2022, 13:34

Das am für mich gefühlt vollsten Tag (Do/WE1) die mit Abstand wenigsten Besucher auf dem Gelände gewesen sein sollen, verbblüfft mich. WE2 war generell auf dem Hauptgelände viel leerer als WE1. Und am Samstag (WE2) hatte ich keine großen Probleme -50 Minuten vor Beginn- einen guten Platz bei Phoenix zu ergattern. Waren die Leute alle im Bits-Bereich?
https://www.primaverasound.com/en/news/ ... festivales

Benutzeravatar
Saeglopur
Beiträge: 3439
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:55

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Saeglopur » Di 14. Jun 2022, 16:36

Ich konnte während des letzten Tame Impala-Songs noch einen sehr guten Platz für Phoenix ergattern. :mrgreen:

Benutzeravatar
slowdive
Beiträge: 4447
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:17
Wohnort: Hannover

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von slowdive » Di 14. Jun 2022, 16:58

So, nachdem meine Aussage zum „besten Festival der Welt“ hier ausreichend zerpflückt und in wirren Analogien in die Nähe des Umgangs der Grünen mit der Menschenrechtssituation in der Türkei gerückt wurden, möchte ich jetzt doch mal einen kleinen Festivalbericht schreiben. Vorweg: Ich hätte statt „besten“ wohl lieber „mein Lieblingsfestival“ schreiben sollen. Andererseits dachte ich auch, wir wären hier über den Punkt hinweg, an dem man vor jeden Krams sowas wie einen Meinungs-Disclaimer setzen muss, weil sonst gleich angenommen wird, man würde hier Naturgesetze postulieren wollen. Naja.

Zu den Kritikpunkten hat Lewis eigentlich das meiste gesagt, aber trotzdem nochmal:
  • Inwiefern die Sicherheit der Besucher vor der Mainstage durch fehlende Wellenbrecher aufs Spiel gesetzt wurde, verstehe ich nach wie vor nicht wirklich. Ich war bei Lorde, den Strokes, Run the Jewels, den Gorillaz, the National, Nick Cave, Tame Impala, Charli XCX und vielen anderen zu unterschiedlichsten Zeitpunkten und an verschiedenen Positionen im Front of Stage-Bereich. Und das war es nie wirklich unangenehm oder gefährlich. Vor Tame Impala gab es eine ziemlich miese Situation, aber die – und so ehrlich muss ich sein – war zum größten Teil selbstverschuldet. Vanski und ich sind wenige Minuten vor dem Headlinergig von Tame Impala auf die blöde Idee gekommen und von rechts vor der Bühne nach links durchzukämpfen. Ja, das war dann sehr eng und unangenehm und für Vanski, die ja noch deutlich kleiner ist als ich, sogar etwas panisch. Aber: Es war auch einfach eine richtig doofe Idee. Aber davon ab, war es sogar oft das Gegenteil. Bei den Strokes konnte man sich easy hin und her bewegen, vor den Gorillaz sind wir kurz davor vorn reingekommen. Mitgefühl für alle, die dort beschissene Situationen erlebt habe, aber von einer „allgemeinen Lage, bei denen die Gesundheit der Besucher auf dem Spiel steht“ zu sprechen...kann ich so nicht verstehen.
  • Trinkwasser: Erster Tag war grenzwertig (wobei ich sogar eher sagen würde: Die ersten Stunden. Später habe ich an mehreren Ständen gut Getränke bekommen und auch an der Wasserquelle mit 15 Minuten anstehen Wasser bekommen). Ab dem zweiten Tag gab es dann Wasser for free in 0,33 Flaschen, die an mehreren Orten verteilt wurden bis ca. 0 Uhr. Für die Sonnenstunden war man also gut versorgt, auch wenn es danach gerne hätte weiter gehen können. Da man aber Wasser auch an der Quellen auf dem Gelände und für 2€ kaufen konnte, war auch das danach weit entfernt von schlimm.
  • Einlasssituation bei den Midweek-Gigs. Ja, das war offensichtlich bei vielen beschissen, die nur ein One-Weekend-Ticket hatten (für die WE1+2-Besucher gab es Priority-Einlass und wenig Probleme), aber auch da gibt’s sinnvolle und blöde Kritik. Von Anfang an war klar, dass diese Gigs nicht von allen besucht werden können und eher ein Bonus sind zum normalen Festival – gerade die besonders beliebten (z.B. die PC Music Night). Und dass da Shitstorms losgehen, weil die Leute dachten, dass sie alle zu einem 300-Leute Gig von Jamie xx gehen können...sorry, but not sorry. Für mich: Ich bin z.B. in der Non-Priority-Schlange nachts direkt vor Kero Kero Bonito noch reingekommen und konnte ebenso Konzerte von Noga Erez sowie die komplette PC Music Night sehen (hier mit Priority). Trotzdem wäre ein komplettes Ticketing-System (zumindest bei den besonders beliebten Gigs –bei anderen war es wohl sehr entspannt reinzukommen) sicher besser gewesen, einfach weil es vielen Leuten den Frust des Anstehens und Nicht-Reinkommen erspart hätte.
  • Publikum redet nur/ist rücksichtslos: Idioten gibt’s überall (hier: vor allem junge Briten gefühlt), aber insgesamt hat das Primavera in der letzten Jahren ein superangenehmes Publikum, was sicher auch durch die Ausrichtung auf eine weiblichere/queerere/popaffinere Zielgruppe liegt, wodurch eine bestimmte Form von Männlichkeit klar weniger präsent ist. Klar sind auch viele Influencer da und genauso ist Style offensichtlich etwas, das vielen hier wichtig ist (Nebeneffekt: superschönes Publikum einfach). Aber grad hier wird auch deutlich, dass die Idee, auf sein Aussehen zu achten sei irgendwie oberflächlich und würde dem eigentlich Kernpunkt, Musik zu genießen, entgegen stehen, eig. nix ist als konservatives Gesabbel. Denn die Leute waren nicht nur schön und auf ihr Outfit bedacht, sondern auch komplett involviert, wenn es um die Gigs geht. Zudem kann hier wirklich jeder sein, wie er/sie/them/whatever ist. Kein Vergleich zu dem maskulinen Klima auf deutschen Majors. Hier wird niemand schräg angeguckt, weil er so oder so oder so oder eben so aussieht. Grad für die extrem vielen queeren Menschen einfach absolut befreiend. Das merkt man an jeder Ecke und jedem Ende auf dem Festival.
  • Sponsoring: Krypto ist furchtbar ja, aber wirklich schlimmer als die üblichen Sweatshops in Südostasien betreibenden Sponsoren, die sonst immer da waren? Das Festival ist in der Hinsicht leider schon immer eine einzige Farce gewesen. Aber ich bin auch niemand, der an einen ethischen Konsum glaubt (klar, ein bisschen weniger Scheiße wäre trotzdem nice) als Lösung für die großen Probleme unserer Zeit. Es nervt mich auch etwas, aber sollte glaube ich auch nicht zu viel Raum in Diskussionen einnehmen. Ist eher Symptom als Ursache von Problemen, die weit größer sind.
Aber mal ganz unter dem Strich: Die Orga des Festivals ist einfach ziemlich chaotisch-beschissen. War sie schon immer, wird sie wohl immer sein. Und noch viel schlimmer als die Orga an sich (die immernoch im internationalen Schnitt liegt, glaube ich), ist die Kommunikation selbiger. Das Festival ist für mich das beste der Welt, trotz dieser Aspekte und nicht wegen ihnen. So richtig gut wird das Ganze aber nur, wenn man ein paar persönliche „Voraussetzungen“ mitbringt. Sonst kann es – und das sehe ich auch bei anderen, die dort und nicht so glücklich waren – schnell anstrengend werden:
  • Das Festival ist, anders als man es hier meist kennt, nachts. Das heißt, es geht so erst so richtig, richtig los um 21 Uhr und danach bis in den Morgen hinein. Demnach ist es eher etwas für Eulen wie mich und nicht so sehr für Lerchen. Ich tanze total gerne bis morgens durch und hasse wenig mehr als 14-Uhr-Gigs auf deutschen Festivals. Zumal es in Barcelona auch Nachts nicht kalt wird und super angenehm ist. Und daher macht es mir auch absolut nichts aus, dass die Metro erst ab 05 Uhr wieder fährt an zwei von drei Festivaltagen.
  • Es ist glaube ich auch ein Festival, dass primär von seiner Vielfalt lebt und auch davon, sich von Bühne zu Bühne treiben zu lassen. Um primär die großen Mainstage-Indie-Acts zu sehen, gibt es sicher bessere Adressen (aber auch schlechtere), da die Hauptbühnen echt nichts wirklich besonderes sind (im Vergleich zu anderen Bühnen, die für mich mit die schönsten der Welt sind).
  • Die Wege sind teils recht weit. Man hat glaube ich die bessere Zeit, wenn man das Ganze entspannt angeht. Also eher 1-2 Acts weniger am Tag und die dafür komplett sehen, als „hier noch ne halbe Stunde mitnehmen, dann schnell rüberrennen“, etc. Vielleicht auch eher persönliche Präferenz, aber nehme das bei anderen aus unserer Gruppe auf jeden Fall auch so wahr.
Soweit im Groben. Also wenn man primär an den großen Acts interessiert ist, ungern lange wach bleibt und am liebsten möglichst viel sieht (wobei: am Ende sieht man trotzdem sehr viel), ist es vielleicht nicht so perfekt geeignet für einen. Auch ist das kein kleines Festival mit Charm und Weltverbesserervibes (auch wenn einen das ständige Greenwashing auf den Werbescreens davon überzeugen möchte). Im Gegenteil, es zeigt die Widersprüchlichkeiten unserer modernen Welt eigentlich in vielerlei Hinsicht ziemlich gut auf. Heftig unsympathisches Sponsoring überall und trotzdem ein tolles Festivalgelände mit viel Charakter und wundervollen Bühnen. Kommerzialisierung everywhere, aber dennoch die relevanteste, subversivste und progressivste Musik, die man heute finden kann, in einem Line-Up mit klarer Idee, das alles andere als algorithmisch zusammengebaut sondern sorgsam kuratiert wird. Unsympathische bis teilweise freche (Brunch at the Beach) Orga und Kommunikation seitens der Veranstalter, die zurecht kritisiert gehört, aber eben auch die typischen Online-Dynamiken (Fokus auf Negatives, Verzerrung zugunsten von Negativem, anonyme Aggressivität), die sicher nicht die tatsächlich Lage vor Ort zeigen (mich, der grad zwei Wochen intensiv vor Ort war und das alles miterlebt hat, in wirre „Vibes wie Grüne zur Menschenrechtssituation in der Türkei“-Analogien zu stecken, obwohl man selbst nur vor seinem Kackbildschirm durch Redditforen und Whatsappgruppen scrollt...sorry, aber echt nicht).

Gut. Das erklärt, warum es nicht so scheiße ist, wie vom anonymen Reddit-User xyz zu lesen, aber warum ist es „das beste Festival der Welt“? Nicht aus dem einen Grund, sondern deshalb, weil hier so vieles was toll ist zusammenkommt. Und mir ist völlig egal, ob der Festivalveranstalter nun was für das schöne Wetter kann oder nicht. Wofür zur Hölle soll das ein Argument sein? Ich vergebe hier keine Awards für organisatorische Effizienz. Klingt nach einem sehr deutschen Ansatz von Kritik. Ich mache es mal ganz simpel aus meiner Sicht als Besucher und Mensch der ich bin (wie gesagt: ist auch vieles Geschmackssache):
  • Sicher am persönlichsten: Die Menschen. Seit ich 2015 das erste Mal dort war, versammelt sich dort zusammen mit mir in jedem Jahr in irgendeiner meist nicen Ferienwohnung eine so absolut wundervolle Gruppe aus Forumsmenschen und mittlerweile auch so vielen anderen, dass es teilweise wirklich wie ein Safespace vor all dem Alltagsgraugrau und Arschlochtum in der ganzen Welt da draußen wirkt. Es ist immer wieder so schön, so unfassbar nett und lieb und wholesome und offen und frei. Ich liebe das wirklich so sehr und bin jedes Mal etwas traurig, wenn es – wie jetzt – wieder zu Ende ist.
  • Die Stadt: Barcelona ist eine meiner Lieblingsstädte. Vielleicht sogar meine Lieblingsstadt überhaupt. War auch abseits des Festivals schon oft dort und liebe den Vibe, die Straßenkaffes, in denen die Leute schon ab Nachmittags chillen und gezapftes Estrella an einfachen Metalltischen an der Straße trinken, den Strand, das Meer, die vielen kleinen Gassen, die Promenade, die ganzen schönen Jugendstilbauten, die Geschichte, die vielen Parks, die Plätze, von denen man Nachts über die ganze Stadt gucken kann. Alles. Gibt keinen besseren Ort für das Festival.
  • Das Wetter: Tagsüber Strand, nachts auf dem Festival dann um die 20 Grad. Gibt wenig zu sagen. Ist klar, oder? Kein Vergleich zu Matsch und Schlamm in Germany.
  • Das Nicht-Zelten-Müssen. Hasse es auf Festivals zu zelten....hab ich schon immer, wir aber mehr und mehr. Nach einer Woche gemütlicher Ferienwohnung, Nachtruhe, Rühreifrühstücks, entspanntem Duschen, kühlem Bier und gutem Essen gibt’s für mich kein Zurück mehr.
  • Die Festivalzeiten. Schon oben geschrieben: Für mich gibt’s keinen perfekteren Festivalablauf, als von ca. 20 bis 05 morgens bei 20 Grad seine nächtlichen Runden zu drehen. Komplett Geschmackssache, aber 14 – 01 Uhr und 12 Grad ist einfach Mist für mich. Tempelhof wäre Grauen für mich.
  • Das Gelände. Schneiden sich die Geister dran. Für die einen Betonwüste (gibt allerdings auch einige Grünflächen und eben seit einigen Jahre auch eine komplette Mainstagearea mit Kunstrasen, wo man wunderbar sitzen kann), für mich hingegen einfach dieses coole, verspielte, künstlerische Expo-Gelände voll mit interessanten Bauten (die riesigen Solarpanele, der Foodcourt, das Amphitheater an der der Ray Ban-Stage – die beste Bühne ever). Dazu hast du halt noch das Auditori also wunderschönes Theatergebäude für die ruhigeren, obskureren Acts, die Bühne direkt am Strand – man kann sogar schwimmen gehen davor – und viele andere Bühnen, die vielleicht nicht super exeptional sind, aber einfach richtig gute Festivalstages. Indirekt related gibt es dazu halt auch immer noch die Clubshows in der Stadt, die die Haupttage auf dem Festival umrahmen: 2016 LCD Soundsystem im wunderschönen Barts – eines meiner Top5-Konzerte ever – die legendären Abschlusspartys im Sala Apolo (Thee Oh Sees, Fucked Up, Black Lips, Ty Segall, etc.) oder halt dieses Jahr mit der ganzen Woche in der Ciutat (Kero Kero Bonito im Razzmatazz, die PC Music Night...).
  • Und am wichtigsten natürlich: Das Booking, das Line-Up. Weltweit einzigartig. Nichts kommt daran (maybe Glasto, aber das hat teilweise auch einen etwas anderen Fokus) für mich – auch nicht die anderen Primaveras (ich war auch schon in Porto. Auch superschön und entspannt, aber halt vielmehr ein klassisches Indiefestival, als das Musikmekka von Barcelona). Die Mischung ist das, was es für mich ausmacht. Hier sehe ich die Neuerfindung von Hip-Hop-Post-Punk-Soul-Whatblendings (Genesis Owsusu), den relevantesten International Anthems-Jazz der Gegenwart (Angel Bat Dawid), den ersten Sky Ferreira-Gig seit 2019, den ersten Europa-Gig ever von Ashnikko, Dua Lipa, The Strokes, Mavis Staples, kuratierte PC Music-Nächte, japanischen Punkrock (Otoboke Beaver), ein Haufen der relevantesten Elektronik-Artists (Sherelle, Sofia Kourtesis und 100 andere), die relevanteste Popmusik, Jamie XX, Caribou, The National und dann irgendeinen Elektronikpionier im Auditorium, gleich bevor Autechre einen ihrer selten Gigs performen. Und das alles – Lewis sagt es schon – bei eigentlich so gut wie immer absolut perfektem Sound. Auch weiter hinten. Weiß nicht, wie viele Gigs mir das Hurricane schon durch Kacksound ruiniert hat...aber hier könnte ich es an einer Hand abzählen nach 7 Jahren. Das alles passt halt perfekt zu mir, der wenig Genre-Verortung hat und eher immer auf der Suche nach den neusten, coolsten, unerwarteten Sounds ist, als nach den Helden der Jugend. Beides ist vollkommen cool, aber für mich passt die Mischung hier eben perfekt.
Ok, soweit. Alles etwas wirr, aber ich bin jetzt auch nicht so in der Stimmung noch groß zu redigieren. Hoffe, dass macht einiges etwas klarer.

Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei. Meine frommen Wünsche wären: Etwas Gesundschrumpfung, ein, zwei Bühnen weniger vielleicht, gerne auch nur ein Wochenende, etwas weniger beschissenes Sponsoring, weniger bekloppte und die Fans vor den Kopf stoßende Kommunikationsdesaster, Vampire Weekend, Frank Ocean und wieder ganz viele von euch lieben Menschen vor Ort. Aber selbst wenn das alles nix wird, weiß ich, dass es wieder fantastisch wird. Barcelona wird auch nächstes Jahr eine wundervolle Destination sein und wenn man das inkompetente Orga-Team dann eines doch wirklich kann, dann ist es Jahr für Jahr die beste, relevanteste Musik zu buchen und das beste Line-Up der Welt daraus zusammenzubauen.

(Zweiter, klassischer Teil, wo ich nur über die wundervollen Konzerte schreibe, die ich in den 12 Tage so gesehen habe, folgt noch.)

Benutzeravatar
Taksim
Beiträge: 3762
Registriert: Do 20. Okt 2016, 22:48
Wohnort: Oldenburg

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Taksim » Di 14. Jun 2022, 17:33

Danke schon mal dafür, ein echt schöner Einblick.
"I don't know."

Gelöschter Benutzer 57

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Gelöschter Benutzer 57 » Di 14. Jun 2022, 17:51

slowdive hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 16:58
So, nachdem meine Aussage zum „besten Festival der Welt“ hier ausreichend zerpflückt und in wirren Analogien in die Nähe des Umgangs der Grünen mit der Menschenrechtssituation in der Türkei gerückt wurden, möchte ich jetzt doch mal einen kleinen Festivalbericht schreiben. Vorweg: Ich hätte statt „besten“ wohl lieber „mein Lieblingsfestival“ schreiben sollen. Andererseits dachte ich auch, wir wären hier über den Punkt hinweg, an dem man vor jeden Krams sowas wie einen Meinungs-Disclaimer setzen muss, weil sonst gleich angenommen wird, man würde hier Naturgesetze postulieren wollen. Naja.

Zu den Kritikpunkten hat Lewis eigentlich das meiste gesagt, aber trotzdem nochmal:
  • Inwiefern die Sicherheit der Besucher vor der Mainstage durch fehlende Wellenbrecher aufs Spiel gesetzt wurde, verstehe ich nach wie vor nicht wirklich. Ich war bei Lorde, den Strokes, Run the Jewels, den Gorillaz, the National, Nick Cave, Tame Impala, Charli XCX und vielen anderen zu unterschiedlichsten Zeitpunkten und an verschiedenen Positionen im Front of Stage-Bereich. Und das war es nie wirklich unangenehm oder gefährlich. Vor Tame Impala gab es eine ziemlich miese Situation, aber die – und so ehrlich muss ich sein – war zum größten Teil selbstverschuldet. Vanski und ich sind wenige Minuten vor dem Headlinergig von Tame Impala auf die blöde Idee gekommen und von rechts vor der Bühne nach links durchzukämpfen. Ja, das war dann sehr eng und unangenehm und für Vanski, die ja noch deutlich kleiner ist als ich, sogar etwas panisch. Aber: Es war auch einfach eine richtig doofe Idee. Aber davon ab, war es sogar oft das Gegenteil. Bei den Strokes konnte man sich easy hin und her bewegen, vor den Gorillaz sind wir kurz davor vorn reingekommen. Mitgefühl für alle, die dort beschissene Situationen erlebt habe, aber von einer „allgemeinen Lage, bei denen die Gesundheit der Besucher auf dem Spiel steht“ zu sprechen...kann ich so nicht verstehen.
  • Trinkwasser: Erster Tag war grenzwertig (wobei ich sogar eher sagen würde: Die ersten Stunden. Später habe ich an mehreren Ständen gut Getränke bekommen und auch an der Wasserquelle mit 15 Minuten anstehen Wasser bekommen). Ab dem zweiten Tag gab es dann Wasser for free in 0,33 Flaschen, die an mehreren Orten verteilt wurden bis ca. 0 Uhr. Für die Sonnenstunden war man also gut versorgt, auch wenn es danach gerne hätte weiter gehen können. Da man aber Wasser auch an der Quellen auf dem Gelände und für 2€ kaufen konnte, war auch das danach weit entfernt von schlimm.
  • Einlasssituation bei den Midweek-Gigs. Ja, das war offensichtlich bei vielen beschissen, die nur ein One-Weekend-Ticket hatten (für die WE1+2-Besucher gab es Priority-Einlass und wenig Probleme), aber auch da gibt’s sinnvolle und blöde Kritik. Von Anfang an war klar, dass diese Gigs nicht von allen besucht werden können und eher ein Bonus sind zum normalen Festival – gerade die besonders beliebten (z.B. die PC Music Night). Und dass da Shitstorms losgehen, weil die Leute dachten, dass sie alle zu einem 300-Leute Gig von Jamie xx gehen können...sorry, but not sorry. Für mich: Ich bin z.B. in der Non-Priority-Schlange nachts direkt vor Kero Kero Bonito noch reingekommen und konnte ebenso Konzerte von Noga Erez sowie die komplette PC Music Night sehen (hier mit Priority). Trotzdem wäre ein komplettes Ticketing-System (zumindest bei den besonders beliebten Gigs –bei anderen war es wohl sehr entspannt reinzukommen) sicher besser gewesen, einfach weil es vielen Leuten den Frust des Anstehens und Nicht-Reinkommen erspart hätte.
  • Publikum redet nur/ist rücksichtslos: Idioten gibt’s überall (hier: vor allem junge Briten gefühlt), aber insgesamt hat das Primavera in der letzten Jahren ein superangenehmes Publikum, was sicher auch durch die Ausrichtung auf eine weiblichere/queerere/popaffinere Zielgruppe liegt, wodurch eine bestimmte Form von Männlichkeit klar weniger präsent ist. Klar sind auch viele Influencer da und genauso ist Style offensichtlich etwas, das vielen hier wichtig ist (Nebeneffekt: superschönes Publikum einfach). Aber grad hier wird auch deutlich, dass die Idee, auf sein Aussehen zu achten sei irgendwie oberflächlich und würde dem eigentlich Kernpunkt, Musik zu genießen, entgegen stehen, eig. nix ist als konservatives Gesabbel. Denn die Leute waren nicht nur schön und auf ihr Outfit bedacht, sondern auch komplett involviert, wenn es um die Gigs geht. Zudem kann hier wirklich jeder sein, wie er/sie/them/whatever ist. Kein Vergleich zu dem maskulinen Klima auf deutschen Majors. Hier wird niemand schräg angeguckt, weil er so oder so oder so oder eben so aussieht. Grad für die extrem vielen queeren Menschen einfach absolut befreiend. Das merkt man an jeder Ecke und jedem Ende auf dem Festival.
  • Sponsoring: Krypto ist furchtbar ja, aber wirklich schlimmer als die üblichen Sweatshops in Südostasien betreibenden Sponsoren, die sonst immer da waren? Das Festival ist in der Hinsicht leider schon immer eine einzige Farce gewesen. Aber ich bin auch niemand, der an einen ethischen Konsum glaubt (klar, ein bisschen weniger Scheiße wäre trotzdem nice) als Lösung für die großen Probleme unserer Zeit. Es nervt mich auch etwas, aber sollte glaube ich auch nicht zu viel Raum in Diskussionen einnehmen. Ist eher Symptom als Ursache von Problemen, die weit größer sind.
Aber mal ganz unter dem Strich: Die Orga des Festivals ist einfach ziemlich chaotisch-beschissen. War sie schon immer, wird sie wohl immer sein. Und noch viel schlimmer als die Orga an sich (die immernoch im internationalen Schnitt liegt, glaube ich), ist die Kommunikation selbiger. Das Festival ist für mich das beste der Welt, trotz dieser Aspekte und nicht wegen ihnen. So richtig gut wird das Ganze aber nur, wenn man ein paar persönliche „Voraussetzungen“ mitbringt. Sonst kann es – und das sehe ich auch bei anderen, die dort und nicht so glücklich waren – schnell anstrengend werden:
  • Das Festival ist, anders als man es hier meist kennt, nachts. Das heißt, es geht so erst so richtig, richtig los um 21 Uhr und danach bis in den Morgen hinein. Demnach ist es eher etwas für Eulen wie mich und nicht so sehr für Lerchen. Ich tanze total gerne bis morgens durch und hasse wenig mehr als 14-Uhr-Gigs auf deutschen Festivals. Zumal es in Barcelona auch Nachts nicht kalt wird und super angenehm ist. Und daher macht es mir auch absolut nichts aus, dass die Metro erst ab 05 Uhr wieder fährt an zwei von drei Festivaltagen.
  • Es ist glaube ich auch ein Festival, dass primär von seiner Vielfalt lebt und auch davon, sich von Bühne zu Bühne treiben zu lassen. Um primär die großen Mainstage-Indie-Acts zu sehen, gibt es sicher bessere Adressen (aber auch schlechtere), da die Hauptbühnen echt nichts wirklich besonderes sind (im Vergleich zu anderen Bühnen, die für mich mit die schönsten der Welt sind).
  • Die Wege sind teils recht weit. Man hat glaube ich die bessere Zeit, wenn man das Ganze entspannt angeht. Also eher 1-2 Acts weniger am Tag und die dafür komplett sehen, als „hier noch ne halbe Stunde mitnehmen, dann schnell rüberrennen“, etc. Vielleicht auch eher persönliche Präferenz, aber nehme das bei anderen aus unserer Gruppe auf jeden Fall auch so wahr.
Soweit im Groben. Also wenn man primär an den großen Acts interessiert ist, ungern lange wach bleibt und am liebsten möglichst viel sieht (wobei: am Ende sieht man trotzdem sehr viel), ist es vielleicht nicht so perfekt geeignet für einen. Auch ist das kein kleines Festival mit Charm und Weltverbesserervibes (auch wenn einen das ständige Greenwashing auf den Werbescreens davon überzeugen möchte). Im Gegenteil, es zeigt die Widersprüchlichkeiten unserer modernen Welt eigentlich in vielerlei Hinsicht ziemlich gut auf. Heftig unsympathisches Sponsoring überall und trotzdem ein tolles Festivalgelände mit viel Charakter und wundervollen Bühnen. Kommerzialisierung everywhere, aber dennoch die relevanteste, subversivste und progressivste Musik, die man heute finden kann, in einem Line-Up mit klarer Idee, das alles andere als algorithmisch zusammengebaut sondern sorgsam kuratiert wird. Unsympathische bis teilweise freche (Brunch at the Beach) Orga und Kommunikation seitens der Veranstalter, die zurecht kritisiert gehört, aber eben auch die typischen Online-Dynamiken (Fokus auf Negatives, Verzerrung zugunsten von Negativem, anonyme Aggressivität), die sicher nicht die tatsächlich Lage vor Ort zeigen (mich, der grad zwei Wochen intensiv vor Ort war und das alles miterlebt hat, in wirre „Vibes wie Grüne zur Menschenrechtssituation in der Türkei“-Analogien zu stecken, obwohl man selbst nur vor seinem Kackbildschirm durch Redditforen und Whatsappgruppen scrollt...sorry, aber echt nicht).

Gut. Das erklärt, warum es nicht so scheiße ist, wie vom anonymen Reddit-User xyz zu lesen, aber warum ist es „das beste Festival der Welt“? Nicht aus dem einen Grund, sondern deshalb, weil hier so vieles was toll ist zusammenkommt. Und mir ist völlig egal, ob der Festivalveranstalter nun was für das schöne Wetter kann oder nicht. Wofür zur Hölle soll das ein Argument sein? Ich vergebe hier keine Awards für organisatorische Effizienz. Klingt nach einem sehr deutschen Ansatz von Kritik. Ich mache es mal ganz simpel aus meiner Sicht als Besucher und Mensch der ich bin (wie gesagt: ist auch vieles Geschmackssache):
  • Sicher am persönlichsten: Die Menschen. Seit ich 2015 das erste Mal dort war, versammelt sich dort zusammen mit mir in jedem Jahr in irgendeiner meist nicen Ferienwohnung eine so absolut wundervolle Gruppe aus Forumsmenschen und mittlerweile auch so vielen anderen, dass es teilweise wirklich wie ein Safespace vor all dem Alltagsgraugrau und Arschlochtum in der ganzen Welt da draußen wirkt. Es ist immer wieder so schön, so unfassbar nett und lieb und wholesome und offen und frei. Ich liebe das wirklich so sehr und bin jedes Mal etwas traurig, wenn es – wie jetzt – wieder zu Ende ist.
  • Die Stadt: Barcelona ist eine meiner Lieblingsstädte. Vielleicht sogar meine Lieblingsstadt überhaupt. War auch abseits des Festivals schon oft dort und liebe den Vibe, die Straßenkaffes, in denen die Leute schon ab Nachmittags chillen und gezapftes Estrella an einfachen Metalltischen an der Straße trinken, den Strand, das Meer, die vielen kleinen Gassen, die Promenade, die ganzen schönen Jugendstilbauten, die Geschichte, die vielen Parks, die Plätze, von denen man Nachts über die ganze Stadt gucken kann. Alles. Gibt keinen besseren Ort für das Festival.
  • Das Wetter: Tagsüber Strand, nachts auf dem Festival dann um die 20 Grad. Gibt wenig zu sagen. Ist klar, oder? Kein Vergleich zu Matsch und Schlamm in Germany.
  • Das Nicht-Zelten-Müssen. Hasse es auf Festivals zu zelten....hab ich schon immer, wir aber mehr und mehr. Nach einer Woche gemütlicher Ferienwohnung, Nachtruhe, Rühreifrühstücks, entspanntem Duschen, kühlem Bier und gutem Essen gibt’s für mich kein Zurück mehr.
  • Die Festivalzeiten. Schon oben geschrieben: Für mich gibt’s keinen perfekteren Festivalablauf, als von ca. 20 bis 05 morgens bei 20 Grad seine nächtlichen Runden zu drehen. Komplett Geschmackssache, aber 14 – 01 Uhr und 12 Grad ist einfach Mist für mich. Tempelhof wäre Grauen für mich.
  • Das Gelände. Schneiden sich die Geister dran. Für die einen Betonwüste (gibt allerdings auch einige Grünflächen und eben seit einigen Jahre auch eine komplette Mainstagearea mit Kunstrasen, wo man wunderbar sitzen kann), für mich hingegen einfach dieses coole, verspielte, künstlerische Expo-Gelände voll mit interessanten Bauten (die riesigen Solarpanele, der Foodcourt, das Amphitheater an der der Ray Ban-Stage – die beste Bühne ever). Dazu hast du halt noch das Auditori also wunderschönes Theatergebäude für die ruhigeren, obskureren Acts, die Bühne direkt am Strand – man kann sogar schwimmen gehen davor – und viele andere Bühnen, die vielleicht nicht super exeptional sind, aber einfach richtig gute Festivalstages. Indirekt related gibt es dazu halt auch immer noch die Clubshows in der Stadt, die die Haupttage auf dem Festival umrahmen: 2016 LCD Soundsystem im wunderschönen Barts – eines meiner Top5-Konzerte ever – die legendären Abschlusspartys im Sala Apolo (Thee Oh Sees, Fucked Up, Black Lips, Ty Segall, etc.) oder halt dieses Jahr mit der ganzen Woche in der Ciutat (Kero Kero Bonito im Razzmatazz, die PC Music Night...).
  • Und am wichtigsten natürlich: Das Booking, das Line-Up. Weltweit einzigartig. Nichts kommt daran (maybe Glasto, aber das hat teilweise auch einen etwas anderen Fokus) für mich – auch nicht die anderen Primaveras (ich war auch schon in Porto. Auch superschön und entspannt, aber halt vielmehr ein klassisches Indiefestival, als das Musikmekka von Barcelona). Die Mischung ist das, was es für mich ausmacht. Hier sehe ich die Neuerfindung von Hip-Hop-Post-Punk-Soul-Whatblendings (Genesis Owsusu), den relevantesten International Anthems-Jazz der Gegenwart (Angel Bat Dawid), den ersten Sky Ferreira-Gig seit 2019, den ersten Europa-Gig ever von Ashnikko, Dua Lipa, The Strokes, Mavis Staples, kuratierte PC Music-Nächte, japanischen Punkrock (Otoboke Beaver), ein Haufen der relevantesten Elektronik-Artists (Sherelle, Sofia Kourtesis und 100 andere), die relevanteste Popmusik, Jamie XX, Caribou, The National und dann irgendeinen Elektronikpionier im Auditorium, gleich bevor Autechre einen ihrer selten Gigs performen. Und das alles – Lewis sagt es schon – bei eigentlich so gut wie immer absolut perfektem Sound. Auch weiter hinten. Weiß nicht, wie viele Gigs mir das Hurricane schon durch Kacksound ruiniert hat...aber hier könnte ich es an einer Hand abzählen nach 7 Jahren. Das alles passt halt perfekt zu mir, der wenig Genre-Verortung hat und eher immer auf der Suche nach den neusten, coolsten, unerwarteten Sounds ist, als nach den Helden der Jugend. Beides ist vollkommen cool, aber für mich passt die Mischung hier eben perfekt.
Ok, soweit. Alles etwas wirr, aber ich bin jetzt auch nicht so in der Stimmung noch groß zu redigieren. Hoffe, dass macht einiges etwas klarer.

Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei. Meine frommen Wünsche wären: Etwas Gesundschrumpfung, ein, zwei Bühnen weniger vielleicht, gerne auch nur ein Wochenende, etwas weniger beschissenes Sponsoring, weniger bekloppte und die Fans vor den Kopf stoßende Kommunikationsdesaster, Vampire Weekend, Frank Ocean und wieder ganz viele von euch lieben Menschen vor Ort. Aber selbst wenn das alles nix wird, weiß ich, dass es wieder fantastisch wird. Barcelona wird auch nächstes Jahr eine wundervolle Destination sein und wenn man das inkompetente Orga-Team dann eines doch wirklich kann, dann ist es Jahr für Jahr die beste, relevanteste Musik zu buchen und das beste Line-Up der Welt daraus zusammenzubauen.

(Zweiter, klassischer Teil, wo ich nur über die wundervollen Konzerte schreibe, die ich in den 12 Tage so gesehen habe, folgt noch.)
Sorry aber mehr Fanbrille geht echt nicht. So löblich es auch ist das Festival LGBTG freundlich zu machen will ich da kein Zeuge vom Rudelbummsen auf dem Herren WC sein (weder von Homosexuellen noch Heteros). Des Weiteren habe ich eine solch große Anzahl an (Möchtegern) Influencern bisher nur beim Lollapalooza Berlin gesehen - dürfte auch für sich sprechen. Und was die labernden Gäste angeht habe ich - vor allem bei den Gorillaz - fast nur spanisch gehört und ganz selten mal englisch oÄ.

Benutzeravatar
Quadrophobia
Beiträge: 15925
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:15
Wohnort: Hamburg
Kontaktdaten:

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Quadrophobia » Di 14. Jun 2022, 18:00

miwo hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 17:51
slowdive hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 16:58
So, nachdem meine Aussage zum „besten Festival der Welt“ hier ausreichend zerpflückt und in wirren Analogien in die Nähe des Umgangs der Grünen mit der Menschenrechtssituation in der Türkei gerückt wurden, möchte ich jetzt doch mal einen kleinen Festivalbericht schreiben. Vorweg: Ich hätte statt „besten“ wohl lieber „mein Lieblingsfestival“ schreiben sollen. Andererseits dachte ich auch, wir wären hier über den Punkt hinweg, an dem man vor jeden Krams sowas wie einen Meinungs-Disclaimer setzen muss, weil sonst gleich angenommen wird, man würde hier Naturgesetze postulieren wollen. Naja.

Zu den Kritikpunkten hat Lewis eigentlich das meiste gesagt, aber trotzdem nochmal:
  • Inwiefern die Sicherheit der Besucher vor der Mainstage durch fehlende Wellenbrecher aufs Spiel gesetzt wurde, verstehe ich nach wie vor nicht wirklich. Ich war bei Lorde, den Strokes, Run the Jewels, den Gorillaz, the National, Nick Cave, Tame Impala, Charli XCX und vielen anderen zu unterschiedlichsten Zeitpunkten und an verschiedenen Positionen im Front of Stage-Bereich. Und das war es nie wirklich unangenehm oder gefährlich. Vor Tame Impala gab es eine ziemlich miese Situation, aber die – und so ehrlich muss ich sein – war zum größten Teil selbstverschuldet. Vanski und ich sind wenige Minuten vor dem Headlinergig von Tame Impala auf die blöde Idee gekommen und von rechts vor der Bühne nach links durchzukämpfen. Ja, das war dann sehr eng und unangenehm und für Vanski, die ja noch deutlich kleiner ist als ich, sogar etwas panisch. Aber: Es war auch einfach eine richtig doofe Idee. Aber davon ab, war es sogar oft das Gegenteil. Bei den Strokes konnte man sich easy hin und her bewegen, vor den Gorillaz sind wir kurz davor vorn reingekommen. Mitgefühl für alle, die dort beschissene Situationen erlebt habe, aber von einer „allgemeinen Lage, bei denen die Gesundheit der Besucher auf dem Spiel steht“ zu sprechen...kann ich so nicht verstehen.
  • Trinkwasser: Erster Tag war grenzwertig (wobei ich sogar eher sagen würde: Die ersten Stunden. Später habe ich an mehreren Ständen gut Getränke bekommen und auch an der Wasserquelle mit 15 Minuten anstehen Wasser bekommen). Ab dem zweiten Tag gab es dann Wasser for free in 0,33 Flaschen, die an mehreren Orten verteilt wurden bis ca. 0 Uhr. Für die Sonnenstunden war man also gut versorgt, auch wenn es danach gerne hätte weiter gehen können. Da man aber Wasser auch an der Quellen auf dem Gelände und für 2€ kaufen konnte, war auch das danach weit entfernt von schlimm.
  • Einlasssituation bei den Midweek-Gigs. Ja, das war offensichtlich bei vielen beschissen, die nur ein One-Weekend-Ticket hatten (für die WE1+2-Besucher gab es Priority-Einlass und wenig Probleme), aber auch da gibt’s sinnvolle und blöde Kritik. Von Anfang an war klar, dass diese Gigs nicht von allen besucht werden können und eher ein Bonus sind zum normalen Festival – gerade die besonders beliebten (z.B. die PC Music Night). Und dass da Shitstorms losgehen, weil die Leute dachten, dass sie alle zu einem 300-Leute Gig von Jamie xx gehen können...sorry, but not sorry. Für mich: Ich bin z.B. in der Non-Priority-Schlange nachts direkt vor Kero Kero Bonito noch reingekommen und konnte ebenso Konzerte von Noga Erez sowie die komplette PC Music Night sehen (hier mit Priority). Trotzdem wäre ein komplettes Ticketing-System (zumindest bei den besonders beliebten Gigs –bei anderen war es wohl sehr entspannt reinzukommen) sicher besser gewesen, einfach weil es vielen Leuten den Frust des Anstehens und Nicht-Reinkommen erspart hätte.
  • Publikum redet nur/ist rücksichtslos: Idioten gibt’s überall (hier: vor allem junge Briten gefühlt), aber insgesamt hat das Primavera in der letzten Jahren ein superangenehmes Publikum, was sicher auch durch die Ausrichtung auf eine weiblichere/queerere/popaffinere Zielgruppe liegt, wodurch eine bestimmte Form von Männlichkeit klar weniger präsent ist. Klar sind auch viele Influencer da und genauso ist Style offensichtlich etwas, das vielen hier wichtig ist (Nebeneffekt: superschönes Publikum einfach). Aber grad hier wird auch deutlich, dass die Idee, auf sein Aussehen zu achten sei irgendwie oberflächlich und würde dem eigentlich Kernpunkt, Musik zu genießen, entgegen stehen, eig. nix ist als konservatives Gesabbel. Denn die Leute waren nicht nur schön und auf ihr Outfit bedacht, sondern auch komplett involviert, wenn es um die Gigs geht. Zudem kann hier wirklich jeder sein, wie er/sie/them/whatever ist. Kein Vergleich zu dem maskulinen Klima auf deutschen Majors. Hier wird niemand schräg angeguckt, weil er so oder so oder so oder eben so aussieht. Grad für die extrem vielen queeren Menschen einfach absolut befreiend. Das merkt man an jeder Ecke und jedem Ende auf dem Festival.
  • Sponsoring: Krypto ist furchtbar ja, aber wirklich schlimmer als die üblichen Sweatshops in Südostasien betreibenden Sponsoren, die sonst immer da waren? Das Festival ist in der Hinsicht leider schon immer eine einzige Farce gewesen. Aber ich bin auch niemand, der an einen ethischen Konsum glaubt (klar, ein bisschen weniger Scheiße wäre trotzdem nice) als Lösung für die großen Probleme unserer Zeit. Es nervt mich auch etwas, aber sollte glaube ich auch nicht zu viel Raum in Diskussionen einnehmen. Ist eher Symptom als Ursache von Problemen, die weit größer sind.
Aber mal ganz unter dem Strich: Die Orga des Festivals ist einfach ziemlich chaotisch-beschissen. War sie schon immer, wird sie wohl immer sein. Und noch viel schlimmer als die Orga an sich (die immernoch im internationalen Schnitt liegt, glaube ich), ist die Kommunikation selbiger. Das Festival ist für mich das beste der Welt, trotz dieser Aspekte und nicht wegen ihnen. So richtig gut wird das Ganze aber nur, wenn man ein paar persönliche „Voraussetzungen“ mitbringt. Sonst kann es – und das sehe ich auch bei anderen, die dort und nicht so glücklich waren – schnell anstrengend werden:
  • Das Festival ist, anders als man es hier meist kennt, nachts. Das heißt, es geht so erst so richtig, richtig los um 21 Uhr und danach bis in den Morgen hinein. Demnach ist es eher etwas für Eulen wie mich und nicht so sehr für Lerchen. Ich tanze total gerne bis morgens durch und hasse wenig mehr als 14-Uhr-Gigs auf deutschen Festivals. Zumal es in Barcelona auch Nachts nicht kalt wird und super angenehm ist. Und daher macht es mir auch absolut nichts aus, dass die Metro erst ab 05 Uhr wieder fährt an zwei von drei Festivaltagen.
  • Es ist glaube ich auch ein Festival, dass primär von seiner Vielfalt lebt und auch davon, sich von Bühne zu Bühne treiben zu lassen. Um primär die großen Mainstage-Indie-Acts zu sehen, gibt es sicher bessere Adressen (aber auch schlechtere), da die Hauptbühnen echt nichts wirklich besonderes sind (im Vergleich zu anderen Bühnen, die für mich mit die schönsten der Welt sind).
  • Die Wege sind teils recht weit. Man hat glaube ich die bessere Zeit, wenn man das Ganze entspannt angeht. Also eher 1-2 Acts weniger am Tag und die dafür komplett sehen, als „hier noch ne halbe Stunde mitnehmen, dann schnell rüberrennen“, etc. Vielleicht auch eher persönliche Präferenz, aber nehme das bei anderen aus unserer Gruppe auf jeden Fall auch so wahr.
Soweit im Groben. Also wenn man primär an den großen Acts interessiert ist, ungern lange wach bleibt und am liebsten möglichst viel sieht (wobei: am Ende sieht man trotzdem sehr viel), ist es vielleicht nicht so perfekt geeignet für einen. Auch ist das kein kleines Festival mit Charm und Weltverbesserervibes (auch wenn einen das ständige Greenwashing auf den Werbescreens davon überzeugen möchte). Im Gegenteil, es zeigt die Widersprüchlichkeiten unserer modernen Welt eigentlich in vielerlei Hinsicht ziemlich gut auf. Heftig unsympathisches Sponsoring überall und trotzdem ein tolles Festivalgelände mit viel Charakter und wundervollen Bühnen. Kommerzialisierung everywhere, aber dennoch die relevanteste, subversivste und progressivste Musik, die man heute finden kann, in einem Line-Up mit klarer Idee, das alles andere als algorithmisch zusammengebaut sondern sorgsam kuratiert wird. Unsympathische bis teilweise freche (Brunch at the Beach) Orga und Kommunikation seitens der Veranstalter, die zurecht kritisiert gehört, aber eben auch die typischen Online-Dynamiken (Fokus auf Negatives, Verzerrung zugunsten von Negativem, anonyme Aggressivität), die sicher nicht die tatsächlich Lage vor Ort zeigen (mich, der grad zwei Wochen intensiv vor Ort war und das alles miterlebt hat, in wirre „Vibes wie Grüne zur Menschenrechtssituation in der Türkei“-Analogien zu stecken, obwohl man selbst nur vor seinem Kackbildschirm durch Redditforen und Whatsappgruppen scrollt...sorry, aber echt nicht).

Gut. Das erklärt, warum es nicht so scheiße ist, wie vom anonymen Reddit-User xyz zu lesen, aber warum ist es „das beste Festival der Welt“? Nicht aus dem einen Grund, sondern deshalb, weil hier so vieles was toll ist zusammenkommt. Und mir ist völlig egal, ob der Festivalveranstalter nun was für das schöne Wetter kann oder nicht. Wofür zur Hölle soll das ein Argument sein? Ich vergebe hier keine Awards für organisatorische Effizienz. Klingt nach einem sehr deutschen Ansatz von Kritik. Ich mache es mal ganz simpel aus meiner Sicht als Besucher und Mensch der ich bin (wie gesagt: ist auch vieles Geschmackssache):
  • Sicher am persönlichsten: Die Menschen. Seit ich 2015 das erste Mal dort war, versammelt sich dort zusammen mit mir in jedem Jahr in irgendeiner meist nicen Ferienwohnung eine so absolut wundervolle Gruppe aus Forumsmenschen und mittlerweile auch so vielen anderen, dass es teilweise wirklich wie ein Safespace vor all dem Alltagsgraugrau und Arschlochtum in der ganzen Welt da draußen wirkt. Es ist immer wieder so schön, so unfassbar nett und lieb und wholesome und offen und frei. Ich liebe das wirklich so sehr und bin jedes Mal etwas traurig, wenn es – wie jetzt – wieder zu Ende ist.
  • Die Stadt: Barcelona ist eine meiner Lieblingsstädte. Vielleicht sogar meine Lieblingsstadt überhaupt. War auch abseits des Festivals schon oft dort und liebe den Vibe, die Straßenkaffes, in denen die Leute schon ab Nachmittags chillen und gezapftes Estrella an einfachen Metalltischen an der Straße trinken, den Strand, das Meer, die vielen kleinen Gassen, die Promenade, die ganzen schönen Jugendstilbauten, die Geschichte, die vielen Parks, die Plätze, von denen man Nachts über die ganze Stadt gucken kann. Alles. Gibt keinen besseren Ort für das Festival.
  • Das Wetter: Tagsüber Strand, nachts auf dem Festival dann um die 20 Grad. Gibt wenig zu sagen. Ist klar, oder? Kein Vergleich zu Matsch und Schlamm in Germany.
  • Das Nicht-Zelten-Müssen. Hasse es auf Festivals zu zelten....hab ich schon immer, wir aber mehr und mehr. Nach einer Woche gemütlicher Ferienwohnung, Nachtruhe, Rühreifrühstücks, entspanntem Duschen, kühlem Bier und gutem Essen gibt’s für mich kein Zurück mehr.
  • Die Festivalzeiten. Schon oben geschrieben: Für mich gibt’s keinen perfekteren Festivalablauf, als von ca. 20 bis 05 morgens bei 20 Grad seine nächtlichen Runden zu drehen. Komplett Geschmackssache, aber 14 – 01 Uhr und 12 Grad ist einfach Mist für mich. Tempelhof wäre Grauen für mich.
  • Das Gelände. Schneiden sich die Geister dran. Für die einen Betonwüste (gibt allerdings auch einige Grünflächen und eben seit einigen Jahre auch eine komplette Mainstagearea mit Kunstrasen, wo man wunderbar sitzen kann), für mich hingegen einfach dieses coole, verspielte, künstlerische Expo-Gelände voll mit interessanten Bauten (die riesigen Solarpanele, der Foodcourt, das Amphitheater an der der Ray Ban-Stage – die beste Bühne ever). Dazu hast du halt noch das Auditori also wunderschönes Theatergebäude für die ruhigeren, obskureren Acts, die Bühne direkt am Strand – man kann sogar schwimmen gehen davor – und viele andere Bühnen, die vielleicht nicht super exeptional sind, aber einfach richtig gute Festivalstages. Indirekt related gibt es dazu halt auch immer noch die Clubshows in der Stadt, die die Haupttage auf dem Festival umrahmen: 2016 LCD Soundsystem im wunderschönen Barts – eines meiner Top5-Konzerte ever – die legendären Abschlusspartys im Sala Apolo (Thee Oh Sees, Fucked Up, Black Lips, Ty Segall, etc.) oder halt dieses Jahr mit der ganzen Woche in der Ciutat (Kero Kero Bonito im Razzmatazz, die PC Music Night...).
  • Und am wichtigsten natürlich: Das Booking, das Line-Up. Weltweit einzigartig. Nichts kommt daran (maybe Glasto, aber das hat teilweise auch einen etwas anderen Fokus) für mich – auch nicht die anderen Primaveras (ich war auch schon in Porto. Auch superschön und entspannt, aber halt vielmehr ein klassisches Indiefestival, als das Musikmekka von Barcelona). Die Mischung ist das, was es für mich ausmacht. Hier sehe ich die Neuerfindung von Hip-Hop-Post-Punk-Soul-Whatblendings (Genesis Owsusu), den relevantesten International Anthems-Jazz der Gegenwart (Angel Bat Dawid), den ersten Sky Ferreira-Gig seit 2019, den ersten Europa-Gig ever von Ashnikko, Dua Lipa, The Strokes, Mavis Staples, kuratierte PC Music-Nächte, japanischen Punkrock (Otoboke Beaver), ein Haufen der relevantesten Elektronik-Artists (Sherelle, Sofia Kourtesis und 100 andere), die relevanteste Popmusik, Jamie XX, Caribou, The National und dann irgendeinen Elektronikpionier im Auditorium, gleich bevor Autechre einen ihrer selten Gigs performen. Und das alles – Lewis sagt es schon – bei eigentlich so gut wie immer absolut perfektem Sound. Auch weiter hinten. Weiß nicht, wie viele Gigs mir das Hurricane schon durch Kacksound ruiniert hat...aber hier könnte ich es an einer Hand abzählen nach 7 Jahren. Das alles passt halt perfekt zu mir, der wenig Genre-Verortung hat und eher immer auf der Suche nach den neusten, coolsten, unerwarteten Sounds ist, als nach den Helden der Jugend. Beides ist vollkommen cool, aber für mich passt die Mischung hier eben perfekt.
Ok, soweit. Alles etwas wirr, aber ich bin jetzt auch nicht so in der Stimmung noch groß zu redigieren. Hoffe, dass macht einiges etwas klarer.

Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei. Meine frommen Wünsche wären: Etwas Gesundschrumpfung, ein, zwei Bühnen weniger vielleicht, gerne auch nur ein Wochenende, etwas weniger beschissenes Sponsoring, weniger bekloppte und die Fans vor den Kopf stoßende Kommunikationsdesaster, Vampire Weekend, Frank Ocean und wieder ganz viele von euch lieben Menschen vor Ort. Aber selbst wenn das alles nix wird, weiß ich, dass es wieder fantastisch wird. Barcelona wird auch nächstes Jahr eine wundervolle Destination sein und wenn man das inkompetente Orga-Team dann eines doch wirklich kann, dann ist es Jahr für Jahr die beste, relevanteste Musik zu buchen und das beste Line-Up der Welt daraus zusammenzubauen.

(Zweiter, klassischer Teil, wo ich nur über die wundervollen Konzerte schreibe, die ich in den 12 Tage so gesehen habe, folgt noch.)
Sorry aber mehr Fanbrille geht echt nicht. So löblich es auch ist das Festival LGBTG freundlich zu machen will ich da kein Zeuge vom Rudelbummsen auf dem Herren WC sein (weder von Homosexuellen noch Heteros). Des Weiteren habe ich eine solch große Anzahl an (Möchtegern) Influencern bisher nur beim Lollapalooza Berlin gesehen - dürfte auch für sich sprechen. Und was die labernden Gäste angeht habe ich - vor allem bei den Gorillaz - fast nur spanisch gehört und ganz selten mal englisch oÄ.
Primavera oder Kassierer Konzert?

Ich nehme die meisten Punkte an sich so wahr wie Gerrit, muss aber auch sagen, dass mich das Publikum ob meiner Angeschlagenheit dieses Jahr mitunter etwas unter Stress gesetzt hat. Nicht mehr oder weniger als auf anderen Festivals, aber auf eine Weise, die ich in der Situation nicht so gut einschätzen konnte, wie ich das auf dem Hurricane bspw. könnte.
Das Labern ist denke ich auch eine nvon der eigenen Empfindlichkeit. Ich bin da auch anfällig und hatte wieder mal den Eindruck, dass (noch) mehr gelabert wird, als auf anderen Festivals, allerdings weniger als in den Jahren davor. Ich steh aber auch gerne recht weit hinten wo das eher vorkommt.

fipsi
Beiträge: 11894
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:54

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von fipsi » Di 14. Jun 2022, 18:04

Ich glaube wir müssen uns diesen Festivalsommer überall mit einem etwas anderen und anstrengenderen Publikum anfreunden als erfahrene Besucher. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es überall eine große Anzahl an neuen Besuchern gibt und zusätzlich die alten Hasen besonders ihr Zusammensein zelebrieren. Das kann dann schon echt super anstrengend sein von den Dynamiken her. Will ich aber so auch nicht kritisieren, sondern einfach nur anmerken.

Benutzeravatar
Declan_de_Barra
Hausmeister
Beiträge: 9985
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:37

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Declan_de_Barra » Di 14. Jun 2022, 18:17

miwo hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 17:51
slowdive hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 16:58
Sorry aber mehr Fanbrille geht echt nicht. So löblich es auch ist das Festival LGBTG freundlich zu machen will ich da kein Zeuge vom Rudelbummsen auf dem Herren WC sein (weder von Homosexuellen noch Heteros). Des Weiteren habe ich eine solch große Anzahl an (Möchtegern) Influencern bisher nur beim Lollapalooza Berlin gesehen - dürfte auch für sich sprechen. Und was die labernden Gäste angeht habe ich - vor allem bei den Gorillaz - fast nur spanisch gehört und ganz selten mal englisch oÄ.
Fanbrille? Er geht doch auf alle Kritikpunkte ein, einige betreffen ihn weniger, andere mehr, dann ist das ja okay. Mich hätte das auf dem Klo vielleicht auch gestört, andererseits habe ich das nie vorher wahrgenommen. Seit 2015. Dafür muss man sich auf dem Hurricane Leute angucken, die auf ihren viel zu lauten Boxen sitzen und sich einen runterholen. Oder ganz allgemein: Das durchaus unangenehme Klima für Frauen. Das kommt mir beim Primavera nicht so vor. Genauso Influencer*Innen: Joa, ich habs belächelt. Dafür ein weitaus angenehmeres Publikum bezüglich Alkoholkonsum (soweit man das immer als Einzelperson wahrnehmen kann).

Ansonsten guter Bericht Slowdive :herzen2: Ich kann ja jeden verstehen, dem es da nicht gefällt. Aber insbesondere in Kombination mit ein paar Tagen Urlaub und unseren jedes Jahr tollen Gruppen für mich auch was ganz besonderes. :smile:

Benutzeravatar
slowdive
Beiträge: 4447
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:17
Wohnort: Hannover

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von slowdive » Di 14. Jun 2022, 18:36

Finde jetzt Fanbrille nicht so sehr wie (in vielen Aspekten persönliche) Begründung, warum ich Fan bin. Aber gut. Fanbrille immer einen nices Wort...check ich aber nicht. Ich fahre da jetzt seit 2015 hin und glaube, dass zumindest meine Ansichten schon ganz gut gereift sind über die Zeit und etwas mehr sind nur ein kleiner Mini-Ausschnitt. Miwo war jetzt mal einen Tag da, hatte vielleicht etwas Pech und war - so wie sich die Analogie hier liest - wohl auch noch nie im Berghain-Klo. :grin:

Influencer*innen (97% der Besucher*innen sind übrigens gar keine und diejenigen, die da sind, stehen eher nicht vor der Bühne sonder räkeln sich vor dem Sonnenuntergang) stören mich halt auch so gar nicht im Vergleich zu irgendwelchen dauerbesoffenen Abi-/Dorfjugend-/Boomer-Machogruppen, aber ist halt geschmackssache. Zeuge von Rudelbumsen zu werden wäre für mich halt auch komplett egal. Solange ich nicht auf um 14 Uhr vollgeschissene Dixies muss ist alles gut und ich bin ziemlich tolerant. Live and let live. :smile:

Wie gesagt: Fand das Publikum auch echt null anstrengend. Liegt aber sicher auch an meiner guten Grundstimmung. Bei Robin war das durch seine Reisestrapazen anders und siehe da: Publikum etwas nerviger. Kontext matters. Aber halt nur bis zu einem gewissen grad.

Am Ende kommt es - genau wie beim Hurricane - sicher auch darauf an, was man sich anschaut. Arcade Fire haben halt ein anderes (= angenehmere) Publikum als SDP und bei Lorde laufen beim Primavera andere Leute rum als bei den Strokes. Der Unterschied beim Primavera ist halt, dass du mit den Arschlöchern keine 8 Stunden auf dem Campingplatz rumhängen musst, sondern ihnen gut aus dem Weg gehen kannst (in meinem Fall zumindest). Grad dadurch, dass ich mich viel in der PC Music Crowd rumgetrieben hab, war es wirklich oft richtig toll. Die haben echt immer den liebsten Vibe überhaupt vor der Bühne. :herzen2:
fipsi hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 18:04
Ich glaube wir müssen uns diesen Festivalsommer überall mit einem etwas anderen und anstrengenderen Publikum anfreunden als erfahrene Besucher. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es überall eine große Anzahl an neuen Besuchern gibt und zusätzlich die alten Hasen besonders ihr Zusammensein zelebrieren. Das kann dann schon echt super anstrengend sein von den Dynamiken her. Will ich aber so auch nicht kritisieren, sondern einfach nur anmerken.
Wie gesagt: Ist wahrscheinlich auch etwas Glückssache. Ich habe es nicht so wahrgenommen (fand es im sehr unpoppigen Radiohead-Jahr deutlich anstrengender, als plötzlich überall trinkende Briten waren) und viele andere aus unserer Gruppe (mit denen ich noch darüber geredet habe) ebenso nicht (Julian, Hannah, Nina, Hartmann, Joy...).

Gelöschter Benutzer 57

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Gelöschter Benutzer 57 » Di 14. Jun 2022, 18:48

Wenn du meinen Bericht gelesen hättest hättest du gesehen dass auch ich einiges bis sehr vieles positiv empfunden habe. Aber eben nicht alles. Und doch finde ich schon, dass von einigen hier (welch wunder) nur durch die Fanbrille beurteilt wird. Was fällt uns auch ein Kritik an eurem Traumfestival zu äußern. Hier wurden bisher nahezu alle Kritikpunkte (sei es von mir oder von anderen Usern oder auch Kommentare bei Twitter Instagram oder wo auch immer) komplett kleingeredet.

die ganzen Punkte:

- ersatzlos gestrichene Headliner (Massive Attack, Strokes an WE1 (man hatte immerhin eine Woche vorher die Corona-Info und ein Festival mit dem Standing wie das Primavera hat da auch sicherlich gewisse Möglichkeiten))
- Orga an Tag 1
- mangelndes Wasser
- Probleme bei den Konzerten unter der Woche
- Brunch at the Beach
- teils frech und gewalttätig werdende Influencer weil man deren Beiträge „versaut“ durchs durch das Bild laufen
- Sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit
- ungeschultes Barpersonal
- Unnötige Apps beim Ticketsystem vor dem Festival
- und noch einige weitere Punkte (wurden ja zu genüge hier und in den WhatsApp Gruppen erwähnt)

Die ganzen Sachen hätten mal dem Hurricane, Deichbrand oder Rock am Ring passieren dürfen - es wäre hier komplett zerrissen worden. Nur weil das Festival nicht (mehr) euren Musikgeschmack trifft.
Und das finde ich echt frech von einigen hier. Und da merkt man auch wieder, dass man bei einigen Themen wie eben das Primavera nicht vernünftig diskutieren kann, da es direkt kleingeredet wird.

Benutzeravatar
slowdive
Beiträge: 4447
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:17
Wohnort: Hannover

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von slowdive » Di 14. Jun 2022, 19:04

miwo hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 18:48
Wenn du meinen Bericht gelesen hättest hättest du gesehen dass auch ich einiges bis sehr vieles positiv empfunden habe. Aber eben nicht alles. Und doch finde ich schon, dass von einigen hier (welch wunder) nur durch die Fanbrille beurteilt wird. Was fällt uns auch ein Kritik an eurem Traumfestival zu äußern. Hier wurden bisher nahezu alle Kritikpunkte (sei es von mir oder von anderen Usern oder auch Kommentare bei Twitter Instagram oder wo auch immer) komplett kleingeredet.

die ganzen Punkte:

- ersatzlos gestrichene Headliner (Massive Attack, Strokes an WE1 (man hatte immerhin eine Woche vorher die Corona-Info und ein Festival mit dem Standing wie das Primavera hat da auch sicherlich gewisse Möglichkeiten))
- Orga an Tag 1
- mangelndes Wasser
- Probleme bei den Konzerten unter der Woche
- Brunch at the Beach
- teils frech und gewalttätig werdende Influencer weil man deren Beiträge „versaut“ durchs durch das Bild laufen
- Sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit
- ungeschultes Barpersonal
- Unnötige Apps beim Ticketsystem vor dem Festival
- und noch einige weitere Punkte (wurden ja zu genüge hier und in den WhatsApp Gruppen erwähnt)

Die ganzen Sachen hätten mal dem Hurricane, Deichbrand oder Rock am Ring passieren dürfen - es wäre hier komplett zerrissen worden. Nur weil das Festival nicht (mehr) euren Musikgeschmack trifft.
Und das finde ich echt frech von einigen hier. Und da merkt man auch wieder, dass man bei einigen Themen wie eben das Primavera nicht vernünftig diskutieren kann, da es direkt kleingeredet wird.
Hä? Ich bin doch auf vieles davon eingegangen und habe teilweise sogar zugestimmt (Brunch at the Beach, Midweek-Konzerte). Anderes rede ich nicht klein, sondern manche Dinge sind ist für mich einfach am Ende nicht mehr als eine Randbemerkung (App, Barpersonal). Wieder andere Sachen sind halt Pech glaube ich ("teils frech und gewalttätig werdende Influencer weil man deren Beiträge „versaut“ durchs durch das Bild laufen") oder für mich einfach nur persönlicher Konservengeschmack (sorry, was soll objektiv kritikwürdig sein an öffentlichen sex. Handlungen? - selbst wenn das ständig passieren würde [was ich bezweifle, da nie gesehen in all den Jahren], wäre es vielleicht einfach nicht dein Festival? Ist doch fein).

Mein Punkt ist ja auch nicht so sehr, dass das Festival keine negativen Aspekte hat - im Gegenteil -, sondern dass es mir halt scheißegal ist, etwas Ärger mit einer App zu haben oder statt einem Tonic Water ein Bitter Lemon zu gekommen, wenn das Positive (für mich) halt so unfassbar krass gut ist. War selbst auf vielen Hurricanes früher und habe es eigentlich immer gelobt danach und halt hier und da kritisiert. Mag sein, dass du mit dem Doppelmoral-Vorwuf sogar recht hast bei manchen (wüsste grad zwar nicht bei wem, aber gut), aber bei mir sicher nicht. Ich bin einfach ganz grundsätzlich nicht der Typ Mensch, der sich von solchen (für mich kleinen) Dingen seine tolle Gesamterfahrung groß kaputt machen lässt. Habe glaube ich auch nie beim Hurriance, Mad Cool oder sonstwo hier irgendeine Welle welchen solchen Sachen geschoben. Deshalb ist halt das Primavera auch weiterhin mein Lieblingsfestival, obwohl es ständig irgendwelche Sperenzchen mit der nervigen Orga gibt.

Nochmal: Ich sage nicht, dass das Primavera das am besten organsisierte oder gar sympathischste Festival ist (das ist irgendwas lokales oder so), sondern, dass es das beste ist. Für mich. Als Gesamterfahrung.

Du unterstellst eigentlich nur und bewertest deine eigene 1-Tages-Erfahrung über. Habe eher den Verdacht, es ist genau umgekehrt mit dem Bias und der Voreingenommenheit: Die negativen Kommentare, die deine eigene Sicht bestätigen, nimmst du dankend an und alles andere, das Gegenargumente beinhaltet oder einfach nur eine andere Erfahrung schildert, diskreditierst du als Schönfärberei.
Zuletzt geändert von slowdive am Di 14. Jun 2022, 19:37, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Declan_de_Barra
Hausmeister
Beiträge: 9985
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:37

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Declan_de_Barra » Di 14. Jun 2022, 19:28

miwo hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 18:48
Wenn du meinen Bericht gelesen hättest hättest du gesehen dass auch ich einiges bis sehr vieles positiv empfunden habe. Aber eben nicht alles. Und doch finde ich schon, dass von einigen hier (welch wunder) nur durch die Fanbrille beurteilt wird. Was fällt uns auch ein Kritik an eurem Traumfestival zu äußern. Hier wurden bisher nahezu alle Kritikpunkte (sei es von mir oder von anderen Usern oder auch Kommentare bei Twitter Instagram oder wo auch immer) komplett kleingeredet.

die ganzen Punkte:

- ersatzlos gestrichene Headliner (Massive Attack, Strokes an WE1 (man hatte immerhin eine Woche vorher die Corona-Info und ein Festival mit dem Standing wie das Primavera hat da auch sicherlich gewisse Möglichkeiten))
- Orga an Tag 1
- mangelndes Wasser
- Probleme bei den Konzerten unter der Woche
- Brunch at the Beach
- teils frech und gewalttätig werdende Influencer weil man deren Beiträge „versaut“ durchs durch das Bild laufen
- Sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit
- ungeschultes Barpersonal
- Unnötige Apps beim Ticketsystem vor dem Festival
- und noch einige weitere Punkte (wurden ja zu genüge hier und in den WhatsApp Gruppen erwähnt)

Die ganzen Sachen hätten mal dem Hurricane, Deichbrand oder Rock am Ring passieren dürfen - es wäre hier komplett zerrissen worden. Nur weil das Festival nicht (mehr) euren Musikgeschmack trifft.
Und das finde ich echt frech von einigen hier. Und da merkt man auch wieder, dass man bei einigen Themen wie eben das Primavera nicht vernünftig diskutieren kann, da es direkt kleingeredet wird.
Wie gesagt, es wurde doch sogar gesagt, dass die Orga furchtbar war.

- ersatzlos würde ich nicht sagen. Ansonsten haben mich auch viele Absagen ordentlich getroffen. Davon war aber nunmal auszugehen, die Pandemie ist ja noch nicht vorbei. Bei solch riesigen LineUps war das halt nicht anders machbar. Strokes standen ja auf der Kippe, ist halt kacke gelaufen. Hätten Sie die vorher abgesagt und dann posten die, dass sie freigetestet sind, hätte es auch Stress gegeben.
- Orga an Tag 1 absolut furchtbar, wurde ja auch von uns selbst hier im Forum gepostet. Unsere eigenen Erfahrungen waren aber auch, dass diese Probleme spätestens am nächsten Tag, eher sogar später am selben weitaus besser wurden.
- Gegen das Wasserproblem wurde ja wie gesagt einiges gemacht, gab dann im Endeffekt schon einige Wasserstellen. Und auch die Schlangen waren dann eigentlich nie ein Problem, jedenfalls wie ich es wahrnahm. Insgesamt wären mehr besser gewesen, klar.
- Konzerte unter der Woche waren für viele frustrierend, klar. Weiß nur nicht genau, was sie dagegen tun sollen. Ticketverkauf vorher? Hätten auch viele unfair gefunden. Für mich können Sie die Konzerte aber auch gerne lassen.
- die Influencer habe ich nicht wahrgenommen bzw. die Gewalttätigkeit oder Unfreundlichkeit, aber klar, das nervt. Ist halt die Frage wie man das selbst gewichtet, ich habe das Publikum wie gesagt weitaus angenehmer wahrgenommen, als auf anderen Majors. Glaube das liegt an der ganzen Kifferei. :keks:
- Wie gesagt: Bin da bei der sexuellen Handlung auf deiner Seite, hätte ich auch nicht gebraucht. Aber das waren nun mal 3 Leute an einem Pissoir, das war ja kein organisiertes riesending.
- ungeschultes Barpersonal fand ich tatsächlich auch sau nervig. Fänd hammer, wenn die bzw. die Firma die das macht, dass besser hinbekommen. Bezweifel das aber.
- Die Apps waren mir selbst recht egal. Früher war es so ne Plastikkarte. Bin mir nicht sicher, was die damit regeln, aber solange der Einlass so easy läuft kann ich damit leben.


Wie gesagt, wir sollten vielleicht aufhören hier irgendeine objektive Meinung zu bekommen. Das können alles Probleme sein, je nach dem wie wichtig sie einem sind. Und ich hatte am ersten Tag auch wirklich genug zu meckern. Das hat aber die restliche Woche durchaus wett gemacht, im Gesamtkontext. Und der ist für jeden unterschiedlich. Von den Majors ist das Primavera auch weiterhin mein Lieblingsfestival, eben aus dem Gesamtkontext. Ich habe mich auch geärgert, dass man so ein Top-Lineup mit soviel positiven Aspekten mit so einer Orga runterzieht, aber zusammegenommen ist es immer noch fantastisch gewesen.

Rieper
Beiträge: 2442
Registriert: Mo 14. Sep 2015, 12:49

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Rieper » Di 14. Jun 2022, 20:02

Ich hatte ja n Ticket für das zweite Wochenende. Es hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Allen voran wegen Urlaubsplanung, aber auch weil ich mich aktuell noch nicht auf einem so großen Major sehe. Das hat auch verschiedene Gründe, auf die ich nicht weit eingehen möchten. Auf jeden Fall schrecken mich solche unkontrollierten Menschenmassen ab (aber nicht wegen Corona).

Ich habe auch auf Ciudad gezielt, aber nach den Berichten bereue ich nicht, dass ich nicht dort gewesen bin.

Mich stört beim Booking, dass es wohl auch beim Primavera keine Probleme beim Booking von Acts gibt, die BDS/PACBI supporten und es sehr geräuschlos abläuf. Zumindest lese ich nirgendwo Kritik daran. Trifft leider auch auf das Maifeld zu. Tobias Ginsburg referierte hier zum Thema Antisemitismus und eine Stunde später spielen die PACBI-Supporter von Caribou nebenan. Tue mich schwer damit.

Und zu den sexuellen Handlungen: Ja, let live. Aber auf sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit kann ich auch verzichten. Leider auch schon gesehen. Im Club, als Teenager auf nem Dorffest und Festival. Das einzige was es wohl überall gibt.

Thom_RH
Beiträge: 2
Registriert: Fr 3. Jun 2022, 09:44

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Thom_RH » Di 14. Jun 2022, 20:19

Nach dem ersten Donnerstag war ich entsetzt und der Meinung, dass 2022 mein letztes Primavera ist. Nach WE1 und 2 jetzt eine ganz andere Einschätzung!

- Wie sie das „Ansteh-Problem“ quasi über N8 gelöst haben, ist für mich nach wie vor unerklärbar - aber ab Tag 2 aus meiner Sicht wieder wie immer und damit im absolut guten Bereich! Nach wie vor verwundert, was da los war!

- ich kenne kaum ein anderes Festival, an dem mich jedesmal eine Band, die ich vorher nicht kannte, dermassen von den Socken hauen kann (oft im Auditori, sehr schade, dass dies nur im WE1 offen war)! Im 2022 waren dies MARINA HERLOP (für mich DIE Entdeckung und #1 des ganzen Festival) und Kim Gordon.

- dass für so viele Absagen kein Ersatz auf die Schnelle gefunden werden kann, ist wohl im bei der extremen Festival-Dichte im Post-Corona-Sommer nicht verwunderlich…

- glücklicherweise bleibt es somit mein Lieblingsfestival - ich freue mich auf 2023 - der Moment, zum erstem Mal auf‘s Gelände zu laufen, und die Cupra/Rayban Stage mit Meereshintergrund zu sehen, verschafft mit noch immer jedesmal Gänsehaut und massenweise Glücksgefühle!

Hotel 2023 gebucht - noch 352 Tage 😊

Rieper
Beiträge: 2442
Registriert: Mo 14. Sep 2015, 12:49

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Rieper » Di 14. Jun 2022, 20:31

Gab es als Bier Estrella oder noch mehr Auswahl? Gibt es Cider? Estrella quasi das Heineken oder Beck's Spaniens. Aber in Porto damals gab es Cider und das war deutlich günstiger als das Bier. Auf dem Maifeld gab es auch Cider 0,5 l für 3 Euro. Deutlich günstiger als Bier.

Benutzeravatar
Monkeyson
Beiträge: 4484
Registriert: Do 17. Sep 2015, 10:29

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Monkeyson » Di 14. Jun 2022, 20:53

slowdive hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 16:58
[...]
[*]Und am wichtigsten natürlich: Das Booking, das Line-Up. Weltweit einzigartig.
[...]
Alles sehr schön geschrieben. Das Booking ist tatsächlich nach der Sicherheit die wichtigste Herausforderung für die Orga. Und dass das nicht einzigartig genial ist, kann denen keiner nachsagen!

Bei Gesundschrumpfung, Vampire Weekend und Frank Ocean bin ich dabei.

Benutzeravatar
Monkeyson
Beiträge: 4484
Registriert: Do 17. Sep 2015, 10:29

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Monkeyson » Di 14. Jun 2022, 22:01

fipsi hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 18:04
Ich glaube wir müssen uns diesen Festivalsommer überall mit einem etwas anderen und anstrengenderen Publikum anfreunden als erfahrene Besucher. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es überall eine große Anzahl an neuen Besuchern gibt und zusätzlich die alten Hasen besonders ihr Zusammensein zelebrieren. Das kann dann schon echt super anstrengend sein von den Dynamiken her. Will ich aber so auch nicht kritisieren, sondern einfach nur anmerken.
Das ganz bestimmt. Das sind ja dann 3 Jahrgänge von Festival-"Erstis" auf einmal, das kann schon prollig/problematisch werden. Zumal wenn man von Veranstalterseite dadurch bedingt versucht, die Kuh noch etwas mehr zu melken und durch zusätzliche Ticketverkäufe das Festival für alle wenigstens unangenehmer, wenn nicht sogar gefährlicher zu machen.

Hat jemand Zahlen zum Delta gegenüber den Pre-Covid-Jahren? Kein Plan, welche spanische Behörde da mal eben sagt "passt schon", aber für nächstes Jahr würde ich mir da "The Old Normal" zurückwünschen.
Zuletzt geändert von Monkeyson am Di 14. Jun 2022, 22:11, insgesamt 1-mal geändert.

Benutzeravatar
Monkeyson
Beiträge: 4484
Registriert: Do 17. Sep 2015, 10:29

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Monkeyson » Di 14. Jun 2022, 22:07

Declan_de_Barra hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 19:28
- Konzerte unter der Woche waren für viele frustrierend, klar. Weiß nur nicht genau, was sie dagegen tun sollen. Ticketverkauf vorher? Hätten auch viele unfair gefunden. Für mich können Sie die Konzerte aber auch gerne lassen.
Beim Elbjazz kannst du meiner Erinnerung nach vorher x Konzertwünsche für die großen Veranstaltungsorte (Elphi) angeben und bekommst dann dafür Karten zugelost. Ich meine, es waren 3, jedenfalls für alle Festivalgänger gleich viele.

Ist ein bisschen technischer Aufwand, dürfte aber in Summe viele Lebenstage Entlastung bieten.

Benutzeravatar
Monkeyson
Beiträge: 4484
Registriert: Do 17. Sep 2015, 10:29

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Monkeyson » Di 14. Jun 2022, 22:10

Thom_RH hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 20:19
- dass für so viele Absagen kein Ersatz auf die Schnelle gefunden werden kann, ist wohl im bei der extremen Festival-Dichte im Post-Corona-Sommer nicht verwunderlich…
Es hätten ja nicht gleich ganz neue Künstler sein müssen. In einem Fall hat man halt Low gefragt, ob sie zusätzlich noch nen Open Air Gig spielen möchten. Das war super, weil das Auditori zu deren Konzert heillos überlaufen war.

Wieso macht man das nicht bei anderen Künstlern auch? Gerade die, bei denen sich viele über Überschneidungen aufgeregt haben? Kostet halt Geld, den Vorwurf müssen sich die Veranstalter schon gefallen lassen.

Benutzeravatar
slowdive
Beiträge: 4447
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:17
Wohnort: Hannover

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von slowdive » Di 14. Jun 2022, 22:15

Monkeyson hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 22:10
Thom_RH hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 20:19
- dass für so viele Absagen kein Ersatz auf die Schnelle gefunden werden kann, ist wohl im bei der extremen Festival-Dichte im Post-Corona-Sommer nicht verwunderlich…
Es hätten ja nicht gleich ganz neue Künstler sein müssen. In einem Fall hat man halt Low gefragt, ob sie zusätzlich noch nen Open Air Gig spielen möchten. Das war super, weil das Auditori zu deren Konzert heillos überlaufen war.

Wieso macht man das nicht bei anderen Künstlern auch? Gerade die, bei denen sich viele über Überschneidungen aufgeregt haben? Kostet halt Geld, den Vorwurf müssen sich die Veranstalter schon gefallen lassen.
Habe auch schon über sowas nachgedacht. Dass man so ne Liste mit Prio vorher einreichen kann oder so ähnlich. Einerseits müsste das klappen (kriegt ja fast jede Uni bei der Seminarplatzvergabe hin) anderseits ist es halt immernoch das Primavera und somit würde es ganz sicher in die Hose gehen und jede Menge Chaos geben. :grin: Anderseits: Für die meisten Sachen war das alles in den Jahren sonst auch kein Problem. Also vielleicht einfach "back to normal". Nix kontingentieren, außer einige Specialshows (wie z.B. Interpol 2015, LCD Soundsystem 2016, etc.) und weniger Trubel drum veranstalten und das ganze viel deutlich als kleinen Bonus framen.

Benutzeravatar
ckshadow
Beiträge: 885
Registriert: Mi 2. Okt 2019, 11:57

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von ckshadow » Di 14. Jun 2022, 22:20

Monkeyson hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 22:01
fipsi hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 18:04
Ich glaube wir müssen uns diesen Festivalsommer überall mit einem etwas anderen und anstrengenderen Publikum anfreunden als erfahrene Besucher. Mein persönlicher Eindruck ist, dass es überall eine große Anzahl an neuen Besuchern gibt und zusätzlich die alten Hasen besonders ihr Zusammensein zelebrieren. Das kann dann schon echt super anstrengend sein von den Dynamiken her. Will ich aber so auch nicht kritisieren, sondern einfach nur anmerken.
Das ganz bestimmt. Das sind ja dann 3 Jahrgänge von Festival-"Erstis" auf einmal, das kann schon prollig/problematisch werden. Zumal wenn man von Veranstalterseite dadurch bedingt versucht, die Kuh noch etwas mehr zu melken und durch zusätzliche Ticketverkäufe das Festival für alle wenigstens unangenehmer, wenn nicht sogar gefährlicher zu machen.

Hat jemand Zahlen zum Delta gegenüber den Pre-Covid-Jahren? Kein Plan, welche spanische Behörde da mal eben sagt "passt schon", aber für nächstes Jahr würde ich mir da "The Old Normal" zurückwünschen.
Gibt aktuell recht viel Omikron.

fipsi
Beiträge: 11894
Registriert: So 13. Sep 2015, 12:54

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von fipsi » Di 14. Jun 2022, 22:23

slowdive hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 16:58
Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei. Meine frommen Wünsche wären: Etwas Gesundschrumpfung, ein, zwei Bühnen weniger vielleicht, gerne auch nur ein Wochenende, etwas weniger beschissenes Sponsoring, weniger bekloppte und die Fans vor den Kopf stoßende Kommunikationsdesaster, Vampire Weekend, Frank Ocean und wieder ganz viele von euch lieben Menschen vor Ort. Aber selbst wenn das alles nix wird, weiß ich, dass es wieder fantastisch wird. Barcelona wird auch nächstes Jahr eine wundervolle Destination sein und wenn man das inkompetente Orga-Team dann eines doch wirklich kann, dann ist es Jahr für Jahr die beste, relevanteste Musik zu buchen und das beste Line-Up der Welt daraus zusammenzubauen.
Ich schätze es wird ein Gegenteil von Gesundschrumpfung geben, wenn man die geplante Ausgabe in Madrid betrachtet. Dort wird mit über 80.000 Besuchern gerechnet und dann wird das Hauptfestival bestimmt nicht kleiner ausfallen. Daher wird das Primavera ohne ganz große Änderungen in Zukunft für mich auch keine Option mehr sein.

Benutzeravatar
Monkeyson
Beiträge: 4484
Registriert: Do 17. Sep 2015, 10:29

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von Monkeyson » Di 14. Jun 2022, 22:23

ckshadow hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 22:20
Gibt aktuell recht viel Omikron.
Bei meiner Primavera-Crowd übrigens auch bei allen, die es vor dem Festival noch nicht hatten. Dafür würden mich auch mal Zahlen interessieren.

Benutzeravatar
slowdive
Beiträge: 4447
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:17
Wohnort: Hannover

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von slowdive » Di 14. Jun 2022, 22:33

fipsi hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 22:23
slowdive hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 16:58
Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei. Meine frommen Wünsche wären: Etwas Gesundschrumpfung, ein, zwei Bühnen weniger vielleicht, gerne auch nur ein Wochenende, etwas weniger beschissenes Sponsoring, weniger bekloppte und die Fans vor den Kopf stoßende Kommunikationsdesaster, Vampire Weekend, Frank Ocean und wieder ganz viele von euch lieben Menschen vor Ort. Aber selbst wenn das alles nix wird, weiß ich, dass es wieder fantastisch wird. Barcelona wird auch nächstes Jahr eine wundervolle Destination sein und wenn man das inkompetente Orga-Team dann eines doch wirklich kann, dann ist es Jahr für Jahr die beste, relevanteste Musik zu buchen und das beste Line-Up der Welt daraus zusammenzubauen.
Ich schätze es wird ein Gegenteil von Gesundschrumpfung geben, wenn man die geplante Ausgabe in Madrid betrachtet. Dort wird mit über 80.000 Besuchern gerechnet und dann wird das Hauptfestival bestimmt nicht kleiner ausfallen. Daher wird das Primavera ohne ganz große Änderungen in Zukunft für mich auch keine Option mehr sein.
Ja klar, ich rechne auch nicht damit. Wie gesagt: Wünsche. Aber auch so wird es halt wieder absolut toll. Wüsste nicht, warum ich nicht wieder hinfahren sollte. Die Konzerte die ich gesehen habe (PC Music Night, Caroline Polachek, Sky Ferreira, 100 gecs, 2x Charli etc.) hatten waren ja auch alle überschaubare, coolen Crowds und Bühnen. Hätte dir sicher auch gefallen. Das zweite Wochenende war allgemein gefühlt leerer. Wenn man natürlich prinzpiell mit Majors durch ist, kann ich das aber auch irgendwo verstehen. Geht mir halt nur nicht so.

Was stört dich denn daran so prinzipiell? :smile:

Benutzeravatar
slowdive
Beiträge: 4447
Registriert: So 13. Sep 2015, 13:17
Wohnort: Hannover

Re: Primavera Sound 2022

Beitrag von slowdive » Di 14. Jun 2022, 22:33

Monkeyson hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 22:23
ckshadow hat geschrieben:
Di 14. Jun 2022, 22:20
Gibt aktuell recht viel Omikron.
Bei meiner Primavera-Crowd übrigens auch bei allen, die es vor dem Festival noch nicht hatten. Dafür würden mich auch mal Zahlen interessieren.
In unser Wohnung sind gefühlt auch fast alle jetzt positiv, die es vorher noch nicht hatten. Ich war zum Glück kurz vor dem Festival dran.


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: viorinos und 41 Gäste