Eine kleine Auswahl aus den letzten Monaten:
First Watches:
Nomadland
Der Mix aus fiktivem Drama und Dokumentationsstil ist definitiv interessant, hält die Spannung für meine Begriffe aber nicht die ganze Spielzeit über. Frances McDormand trägt den Film zwar ohne Probleme und man geht mit dem Charakter durch alle Höhen und Tiefen mit, aber etwas mehr narrativer Bogen hätte dem Werk gutgetan. Schön sind in dem Zusammenhang aber, wie Höhen und Tiefen in dem Kontext neu definiert werden. Vermeintliche Kleinigkeiten können ein schöner, lebensbejahender Moment sein, während andere vermeintliche Kleinigkeiten immense Dramatik beinhalten
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Da fand ich vor allem die Szene markant, in der ihr Freund die Box mit dem Geschirr fallen lässt. Das hatte den Effekt, wie wenn in anderen Filmen jemand stirbt.
Margaret
Endlich kam ich dazu, den zu sehen. Ich bin Riesenfan von Kenneth Lonergan, der mit "Manchester by the Sea" einen meiner absoluten Lieblingsfilme und mit "You can count on me" einen ebenfalls ganz wunderbaren Film verantwortet.
Im Fall von "Margaret" ist die unheimlich chaotische Entstehungsgeschichte, mit einem jahrelangen Rechtestreit und verschiedenen Versionen, die im Umlauf waren, bis die endgültige stand, fast bekannter als der Film als solches.
Leider ist das durchaus ersichtlich. Das Chaos ist auch in der finalen Version durchaus erkennbar. Verschiedene Storystränge und Ideen ufern in verschiedene Richtungen, aber irgendwo kommt es nie richtig zusammen. Dabei ist der zentrale Plotpunkt eines Busfahrers, der jemanden aus Versehen anfährt und tötet, weil er mit Margaret rumalbert, sehr spannend. Hätte Lonergan sich mehr darauf fokussiert, hätte mehr daraus werden können. Tonal shiftet der Film auch viel, er ist angesichts dieser Prämisse nicht annähernd so andächtig und düster wie ich gedacht hatte.
Ein merkwürdiges Ding, aber trotzdem sehenswert.
Captain Philips
Nicht dass die ernsthaft notwendig wäre, aber eine äußerst eindringliche Erinnerung, was für ein guter Schauspieler Tom Hanks ist. Als der rauskam, hörte man schon viel zu seiner Performance. Über weite Strecken des Films ist das zwar ein Stück weit nachvollziehbar, doch mimt er da eher den stoischen Held aus Versehen, der versucht vom Chaos um sich rum nicht mitgerissen zu werden. Das passt per se zu Tom Hanks. Aber was dann in der letzten halben Stunde folgt ist unheimlich intensiv. Das berührte mich schon sehr.
The Greatest Showman
Re-Watches:
Magnolia:
Wow, hat der mich beim zweiten Mal weggeblasen!
Beim ersten Gucken (was schon Jahre her ist), hatte ich den als etwas überambitioniert wahrgenommen.
Jetzt darf ich feststellen, dass der Ambition noch und nöcher hat und die in Perfektion aufs Zelluloid bringt! Er ist so voll an Charakteren, Storylines, filmischen Ideen und Emotionen, dass es auf dem Papier in der Tat konfus wirken könnte. Aber im Film kommt alles auf beeindruckendste Weise zusammen. Zwischen den sieben, acht Storylines, die sich um verschiedene Charaktere drehen, die alle über die eine oder andere Ecke miteinander in Verbindung stehen, werden ohne Stolperei super elegant verwoben. Es ist wie Pulp Fiction hoch 4, nur dass dies wirklich ein Ensemblestück durch und durch ist. Kein Charakter, keine Story steht über einer anderen. Doch alle Schauspieler geben absolut alles. Einer dieser Filme, wo man das Gefühl hat, dass die Beteiligten während der Produktion schon wussten, dass sie hier teil etwas ganz besonderem sind und dementsprechend Hingabe zeigen. Dabei decken sie ein emotionales Spektrum ab, was von skurril bis tieftraurig geht, womit die filmischen Mittel einher gehen, wodurch das ganze sowohl super nüchtern-realistisch als auch verspielt-expressiv inszeniert wird. Ganz tolle Songs von Aimee Mann gibt es oben drauf!
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Und diese Szene am Ende ist immer noch einer der irrsten linken Haken der Filmgeschichte. Unfassbar einfach.
Wahnsinn, wahnsinn, wahnsinn, so ganz plötzlich einer meiner Lieblingsfilme geworden.
Room:
Der wiederum ist so tieftraurig und wunderschön wie ich in Erinnerung hatte und hat mich wieder komplett zerbrochen. Wie der kleine Raum als ein ganzes Universum für den Jungen inszeniert wird, ist meisterhaft. Durch welche emotionalen Turbulenzen die Charaktere dann noch im weiteren Verlauf des Films durch müssen ist ebenso intensiv.
Sicario:
Der Film ist ebenso besser als ich ihn Erinnerung hatte. Bisher fiel er in Villeneuves Schaffen für mich immer etwas raus. Doch jetzt finde ich, reiht er sich mit seiner ganzheitlichen Charakterzeichnung, der gelungenen Farbgebung und unterschwelligen Melancholie, die sich durch den ganzen Film zieht, nahtlos ein. Der tolle Cast tut sein Übriges dazu bei, gerade die Dynamik zwischen Emily Blunt als Clarence Starling-mäßig idealistischer Charakter und Josh Brolin als ultra-abgezockten, alten FBI-Hasen ist elektrisch. Benicio del Toro als mysteriösen Spezialisten (wo lange die Frage ist, Spezialist für was?) ergänzt das zentrale Trio perfekt.