Declan_de_Barra hat geschrieben: ↑Di 3. Mär 2020, 14:43
Das dicke trifft aber mit Sicherheit nicht auf alle zu. Siehe Slowdives Beitrag. Genauso wie die Bannerfrage: Es werden viele viele viele Banner gebastelt, die nicht beleidigen sondern wichtige Aspekte ansprechen und sogar gesellschaftliche Diskurse ansprechen.
Dass es sexistische oder homophobe Banner gibt, liegt eindeutig an den jeweiligen Fangruppen. Viele Ultra-Gruppierungen gehen dagegen vor. Deshalb ist es hier ernorm wichtig, dass man differenziert. Denn sonst haut man auf viele Gruppen ein, die seit Jahren wichtige Antidiskriminierungsarbeit leisten und besonders für Jugendliche ein wichtiger Anlaufpunkt sind.
Selbstverständlich trifft das nicht auf alle zu. Es trifft auch nicht auf alle Deutschen zu, dass sie rassistisch sind und trotzdem haben sie ein Problem damit, welches sie angehen müssen. Genauso sehe ich eine Ultragruppierung in der Verantwortung, dass sie in den eigenen Reihen dafür sorgen, dass Hass und Gewalt abgestellt werden. Die aktuelle Entwicklung zeigt hier ja aber eher das Gegenteil. Einzelne Verbände solidarisieren sich miteinander und fahren eine Hasskampagne, die nun in unterschiedlicher Intensität seit gut 10 Jahren besteht. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob es eine politische Motivation oder irgendeinen Protest als Hintergrund gibt. Der gemeine Rassist kann auch nicht einen Asylanten rassistisch beschimpfen und sich am Ende hinstellen und behaupten, dass wäre ja nur als allgemeine Kritik an der deutschen Flüchtlingspolitik gemeint gewesen. Achtung, abgedroschene Redensart: Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Das gilt auch für Kapitalismuskritische Fußballfans, die ansonsten mit viel Engagement auch viele positive Dinge anstoßen.
Declan_de_Barra hat geschrieben: ↑Di 3. Mär 2020, 09:03
Ich weiß nicht wie du auf dieses Zitat kommst. Der Ton wird doch wirklich eigentlich überall kritisiert. Wenn man es aber nicht einordnet, wird man keine Lösung für bestehende Probleme finden. Von Seiten des DFB ist es vielleicht in diesem speziellen Fall der Umgang mit Gewalt, es ist aber bezeichnend, dass es gerade in diesem Fall zur Anwendung kam und wird ganz ganz sicher nicht der Maßstab sein, an dem ab jetzt Verhalten im Fussballstadion gemessen wird (auch wenn ich es hoffe). Und auch hier nochmal, auch wenn du es vielleicht nicht beabsichtigst: "Wo kommen wir da hin, wenn man sich auf dieser Basis an den Verhandlungstisch setzt?" - alleine dieses Zitat zeigt wie wichtig eine Einordnung ist, denn dieses Narrativ wird von Seiten des DFB gerne genutzt. Fakt ist aber, dass die Verhandlungsbereichtschaft beim DFB in fankulturellen Aspekten schon seit langem sehr gering bis überhaupt nicht vorhanden ist.
Diese Zitat entspringt und entspricht sinngemäß den bereits verlinkten Artikeln aus Spiegel und Zeit, sowie dem allgemeinen Tenor bei vielen Kommentaren und Beiträgen. Laut Taksim rechtfertigt eine deutschlandweite "Hurensohn"-Kampagne keine Spielabbrüche.
Natürlich muss man das einordnen, dem widerspreche ich doch gar nicht. Es zeigt sich aber auch ganz deutlich, dass die Art des Protestes ein Teil des Problems ist und die Intensität hat am Samstag einen Pegel erreicht, der meiner Meinung nach nicht mehr tolerierbar war.
Und nochmal: Die Fälle sind schlicht nicht vergleichbar - sowohl explizit in dem Moment, als auch im Kontext mit vorangegangenen Vorfällen. Die Narrative, dass der DFB "aaausgerechnet jetzt" reagiert ist möglich, bleibt aber Spekulation, weil es keinen vergleichbaren Fall gab, in dem ähnlich hätte reagiert werden können. Hätte es am Samstag mehrfach in Folge rassistische Plakate gegeben, glaubst du wirklich dann wäre nicht etwas ähnliches passiert?
Declan_de_Barra hat geschrieben: ↑Di 3. Mär 2020, 09:03
Lassen wir den Fall raus, der ist tatsächlich komplizierter. Gibt ja genug andere. Und dass es nicht das primäre Thema ist, ist ja genau das Problem. Dass diese Diskussion, die wir zur Zeit führen, eben gerade in diesem Fall entstanden ist, aber die etlichen Diskriminisierungsfälle der letzten Wochen, Monate und Jahre im Endeffekt keinen interessiert haben.
Ich glaube sehr wohl, das auch die rassistischen Vorfälle in der jüngsten Zeit zu der Reaktion am Wochenende beigetragen haben. Was ich hingegen nicht glaube ist, dass diese Fälle niemanden interessiert haben. Vielmehr denke ich, dass hier kollektive Ratlosigkeit besteht, wie damit umzugehen ist. Trotzdem würde ich nicht behaupten, dass z.B. auf Vereins- und Presseebene nichts passiert sei.
Declan_de_Barra hat geschrieben: ↑Di 3. Mär 2020, 09:03
Also hier ging es, soweit ich nochmal überflogen habe, nur um die Verhältnismäßigkeit. Finde ich immernoch wichtig, dass hervorzuheben.
Hm, ich erinnere mich an sarkastische Mitleidsbekundungen an Hopp, vielleicht täusche ich mich.
Aber wie gesagt, ich beziehe mich ja auch nicht nur auf Äußerungen hier.
Declan_de_Barra hat geschrieben: ↑Di 3. Mär 2020, 09:03
Nehmen wir als Beispiel die Schickeria in München, die das Banner gezeigt hat. Die Stellungnahme hat mich selbst nicht überzeugt, ich finde die Wortwahl immernoch scheiße. Ihnen ging es darum, dieselbe Wortwahl wie die Szene vom BVB zu nutzen, was am Ende der Kritik an der Kollektivbestrafung dienen sollte, die der DFB eigentlich ausgesetzt hatte. Find ich nicht gut, nur für ein wenig mehr Hintergrund. Die Szene ist ansonsten für diese Wortwahl eigentlich nicht bekannt, eher für gesellschaftliches Engagement und das anstoßen gesellschaftlicher Debatten. Eher sind Gurppen wie sie ein Beispiel dafür, dass Rassisten und Sexisten eben nicht mehr einfach alles raushauen dürfen. Darum haben solche Gruppen über Jahrzehnte gekämpft und dafür bin ich dankbar. Gerade solche Gruppen tun weitaus mehr gegen Diskriminierung im Stadion als ich und wahrscheinlich auch als du.
Siehe mein erster Absatz.
Ergänzend: Die Kollektivstrafe wurde (auf Bewährung) ausgesetzt, korrekt. Dann gab es weiter Beleidigungen gegen Hopp (welche in dem Moment ja kaum als Protest gegolten haben können) und am Ende sah man sich gezwungen zu bescheiden, dass die Bewährungsauflagen verletzt wurden. Finde ich auch kacke, ganze Blöcke zu sperren. Aber was hättest du gemacht?
Und ja, gute Arbeit gegen Diskriminierung ist ja auch toll! Das freut mich und erkenne ich auch an, wirklich. Aber warum schaffen es diese guten Seelen dann nicht auch auf anderer Ebene sich von Gewalt zu distanzieren und das toxische Klima im Stadion zu bekämpfen? Ist es nicht offensichtlich, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird? Milliardäre, Kapitalisten, Funktionäre, Schiedsrichter, Politiker - es gibt einen bestimmten Pool von Individuen, die quasi zum Abschuss freigegeben sind (vgl. Fadenkreuz-Banner), wenn sie sich eben nicht so verhalten, wie es von den "selbsternannten Besitzern des Fußballs" gewünscht ist. Warum setzen sie ihre Drohung nicht einfach mal konsequenter in die Tat um und bleiben einfach weg? Keine Stimmung mehr? Das zeigt doch offensichtlich viel mehr Wirkung, als völlig blödsinnige Plakate.