Mit deiner und Quadros Argumentation kann man dann ja die Kunst im Allgemeinen komplett infrage stellen. Nicht, dass das völlig illegitim wäre, aber schwierig finde ich das schon irgendwie.
Ich finde gerade dieses penetrante rumreiten auf dem Begriff der Kunstfreiheit ziemlich einfach, als wäre Kunstfreiheit ein Wert an sich. Kunst genießt ebenso wie die Meinungs- oder sonstige Freiheiten einen weitreichenden Schutzstatus, allerdings weil man davon ausgeht, dass diese Freiheit zur Besserung des großen Ganzen beiträgt. Den Freiheitsbegriff nun vor sich herzuschieben, nur um sich gewissermaßen gegen Kritik zu immunisieren, empfinde ich als äußerst selbstgerecht. Kunst soll vieles tun und und darf auch vieles, aber auch die Freiheit der Kunst muss dort aufhören, wie es die Rechte und Würde Dritter verletzt. Ansonsten erleben wir bald (vorsicht, kann Spuren von Übertreibung enthalten) das Anzünden von Flüchtlingsheimen als performativ-künstlerischen Akt - oder eben Hakenkreuzgraffitis auf jüdischen Grabsteinen.
Ich empfinde diese Aktion auch nicht als alternativlos, denn die Grundfrage ist: Braucht es eine solche Aktion, um an die Ereignisse zu erinnern? Es wird vielfach so geredet, als sei das ZPS nun endlich der Messias, der endlich mal darüber Rede, was eigentlich zur Errichtung des NS-Regimes geführt hat. Aber das ist ziemlich Humbug, denn natürlich gibt es unzählige Orte der angemessen Erinnerung, von öffentlichen Einrichtungen, Gedenkstätten über Stolpersteine bis hin zu regalmeterweise wissenschaftlicher wie populärwissenschaftlicher Literatur wie Formaten im TV - dazu leisten übrigens auch die "akademischen Historiker" mit ihrem "Geschwafel" einen großen Anteil, da diese nicht nur eng mit eben diesen Institutionen zusammenarbeiten, sondern auch erst Erklärungsmodelle liefern, weshalb es zwischen 1918 und 1945 zu den schrecklichen Ereignissen kam.
Anstelle einer würdevollen Debatte verbindet das ZPS die an sich sinnvolle Erinnerung und Mahnung nun mit einem öffentlichkeitswirksamen Knalleffekt.
Im Kontext mit den "Spuren aus Tausenden Quellen" ist diese Aktion aus meiner Sicht eher ein "wir sorgen dafür, dass alle wissen werden, was mit euch passiert ist". Ich kann hier auch keine Profilierung im Namen der Kunst erkennen. Beim besten Willen nicht.
man könnte es auch so betonen:
WIR sorgen dafür, nicht die Angehörigen und Nachfahren. Das ZPS als Aktionsform eignet sich nämlich letzten Endes die Erinnerungshoheit an und maßt sich an, an den Angehörigen und Betroffenen vorbei die Formen der Erinnerung zu bestimmen - es geht sogar soweit, dass sie indirekt unterstellt, dass diese es bislang nicht getan haben - was natürlich Humbug, aber eigntlich auch ziemlich herabwürdigend ist. Sowas kann erinnerungspolitisch nur in die Hose gehen, und entsprechen stehen wir heute genau wo? Wir reden breit und lang über das ZPS und den Begriff und die Grenzen der Kunstfreiheit, über Franz von Papen, die NSDAP, die Ereignisse von 1932/33 und das Schicksal redet kaum jemand - abgesehen von den Leuten, die sich ohnehin breit und lang mit der Thematik beschäftigt haben.