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von slowdive » Mi 24. Okt 2018, 21:18
Ganz ab davon, ob ich jetzt eine feste Quote toll finden würde oder nicht, verstehe ich nicht, wie jemand sagen kann: "Als Künstlerin, die nur durch eine Quote im Line-Up gelandet ist, würde ich mir verarscht vorkommen.". Klar, würden tatächlich gleiche Chancen für alle Musiker und Musikerinnen dieser Welt bestehen, wäre die Diskussion absurd (eher noch: Sie würde so nicht stattfinden). Da dem aber offensichtlich nicht so ist, ist die Quote ein Instrument, um bestehende Ungerechtigkeiten durch eine idealtheoretisch ebenfalls ungerechte Maßnahme (denn prinzipiell ist die Frauenquote natürlich auch Geschlechterdiskriminierung) auszugleichen. Warum sollte ich mich verarscht fühlen, wenn - hier durch eine Quote - eine Ungerechtikeit zu meinen Ungunsten ausgeglichen wird? Man wird demnach im Ideal nicht bevorzugt, sondern schlichtweg nicht mehr benachteiligt.
Natürlich hat die Idee trotzdem viele Schwierigkeiten. Zum Beispiel, dass Überlegungen bzw. Rechnungen á la "Benachteiligung der Frau + Bevorzugung der Frau durch Quote = Gleichberechtigung" in der Realität absolut hahnebüchen daherkommen und eher etwas für das erste Semester Politikwissenschaft sind. Ebenso stellt sich grundsätzlich die Frage, ob man eine Ungerechtigkeit überhaupt durch eine andere ausgleichen kann. Und da liegt doch eher der Kern. Denn für sich genommen findet es doch wahrlich fast kein Mensch mit Verstand gerecht, wenn eine Frau nur aufgrund ihres Geschlechts grundsätzlich Bevorzugung erfahren würde. Die Quote ist immer nur Mittel zum Zweck. Vielleicht braucht es ja tatsächlich ersteinmal ein per Gesetz und Quote erreichtes 50-50 Verhältnis der Geschlechter, damit man überhaupt sehen kann wohin sich das Ganze von einer grundsätzlich gerechten da neutralen Ausgangslange aus hin entwickeln kann. Die Quote ist in diesem Fall also nur das Instrument, um einen Punkt erreichen zu können, von dem aus wirklich über faire Verhältnisse nachgedacht werden kann. Viel zu vereinfacht: 50-50-Verhältnisse, die sich genau dadurch auszeichnen, dass die gesellschaftlichen Machtpositionen nicht (fast) ausschließlich von weißen Männern besetzt werden, die einem erzählen, dass nur die Qualifikation zählen würde, um am Ende doch nur wieder sich selbst einzustellen.
Ich sage nicht, dass ich ebenfalls diese Aufassung teile, mich stört nur, wie immer wieder über die Quote diskutiert wird. "Unfair gegenüber Frauen, die es ohne Quote geschafft haben...", "Man kann nicht stolz sein, wenn man es durch eine Quote geschafft hat...", "Ungerecht, weil..." - das geht doch alles vollkommen an dem ursprünglich erdachten Zweck einer Frauenquote vorbei - nämlich überhaupt eine Situation zu ermöglichen, von der aus man schauen kann, wie sich anschließend alles auf natürliche Weise entwickelt. Und wenn dann am Ende, nach dem kompletten Prozedere, wieder nur 25% Frauen in den Line-Ups/Führungsetagen/whatever sitzen, hat dies eben eine völlig andere Aussagekraft, als wenn dieser Anteil auf einer historisch gewachsenen Ungerechtigkeit basiert.