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Politik

Von Spam bis Gott und die Welt
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Stebbie
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Re: Politik

Beitrag von Stebbie » Di 13. Sep 2022, 09:33

Vollste Zustimmung, mit der Ergänzung: Ich denke auch nicht, dass 18-jährige diese fundamentale Entscheidung schon treffen müssen, die haben noch genügend Zeit, um sich auszuprobieren und zu scheitern. Das ist alles kein Drama und da muss man auch keinen unnötigen Druck aufbauen.*

Wenn ich aber mein soziales Umfeld aus der Jugend anschaue (alle 30-40), dann sind da locker 1/3, wenn nicht sogar die Hälfte heute (im weiteren Sinne) im Handwerk tätig, andere in Berufsfeuerwehren, Landwirtschaft oder ähnlichem. Alles keine Branchen, die im Verdacht stehen, eine ruhige Kugel zu schieben - ganz im Gegenteil. Es mag sein, dass der Anteil an jugendlichen, die heute 'Influencer' werden wollen, zunehmen mag, aber ein Abbild ihrer Generation sind sie mit Sicherheit nicht. Abgesehen davon, dass es Unsinn ist, anzunehmen, dass nur das Handwerk 'Arbeit' sei.

Hier würde ich deinen ersten Kommentar vielleicht sogar noch weiter fassen: Natürlich schauen viele Akademiker(sic) oft verächtlich auf Arbeiter*innen, gerade solche, die selbst Akademikerkinder sind - das habe ich selbst auch oft erlebt (gerade in Leipzig). Aber bei vielen ist das überhaupt nicht der Fall - ganz im Gegenteil sind viele Bereiche der Wissenschaft dem Handwerk sehr nah und viele stammen ja auch selbst aus Arbeiter*innenhaushalten. Ohnehin funktioniert das ganze andersherum genauso, schaut man sich mal das Bild der Hochschulen unter Arbeiter*innern oder Handwerker*innen an. Ich glaube, dass hier viel eher gilt, dass man (und da nehme ich niemanden von aus) grundsätzlich dazu neigt, Lebenswelten, die nicht der eigenen entsprechen, abzuwerten. Sei es nun Stadt/Land, Jung/Alt, Familie/Junggeselle, Uni/Ausbildung, aber auch Musikforen/Casual Radiopop. Dabei übersieht man oft, wie viel diese Welten verbindet.


*kleine Anekdote: habe auch schön öfter gedacht, dass ich mir aus heutiger Sicht gut hätte vorstellen können, einen handwerklichen Weg einzugehen, da ich doch einige kennengelernt, die wirklich coole Dinge und progressive Sachen machen. Dagegen fühlt sich das, was ich mache, relativ brotlos an.
(c) 26.06.2006

Gelöschter Benutzer 408

Re: Politik

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Di 13. Sep 2022, 09:40

Vielleicht hilft es etwas weiter, wenn man die Gesamtaussagen dazu hinzuzieht. Dort sind nicht nur die 502 € genannt, sondern auch die Übernahme der Wohn- und Heizkosten (+der Wegfall von Sanktionen). Ich denke, gerade die Studenten hier wissen, dass es sich zumindest zeitweise echt gut so aushalten lässt - erst recht nicht in Nicht-Metropolen. Von daher ist der Einwurf dieses Herrn nicht ganz unberechtigt, gerade wenn es auf Menschen trifft, denen Zukunftentscheidungen, wie Quadro richtig schreibt, eher schwerfallen, und das ist im Ausbildungsalter fast jeder.

"- Verarschen von Azubis
- Lehrjahre sind keine Herrenjahre
- Sei froh, dass du überhaupt Arbeit hast
- Du bist zu blöd für das und dies"

Das stimmt allerdings auch. Ein schöner Spruch dazu, den ich neulich hörte: Wir haben nicht mehr die Arbeitswelt der 1990er Jahre, aber die Personaler denken noch so. Dort fängt es an: Man hat schlichtweg nicht realisiert, dass sich Unternehmen Bewerber nicht mehr aussuhen können, sondern andersherum. Und wenn man dann mal dort ist, gerade als Azubi, sind solche Verhaltensweisen usus. Das Thema teils offene Frauenfeindlichkeit in Handwerksberufen kommt hier noch hinzu, muss man nicht ausdiskutieren, sondern nur mal ins Gedächtnis rufen. Fraglich ist, ob eine pauschale Erhöhung der Löhne hier DIE Lösung ist, da sie m.E. das Problem nur verschiebt, nicht verändert.

Die von Miwo genannten Aspekte völlig unrealistischer Berufswünsche teile ich auch, allerdings eher vom Gefühl her, bin mir unschlüssig ob das nur das Klientel ist, die schon zu meiner Jugend lieber auf harzen und quarzen gesetzt hat. Was zumindest neu ist, sind die "jeder kann mit dem Internet reich werden" Luftschlösser.

Hinzu kommen viele zusätzliche Faktoren. Anekdote: Mein Vater hat über Jahre keine Auszubildenden gefunden, trotz guter Bezahlung und Übernahmegarantie. Er hatte zwar durchaus Bewerber, aber das waren halt die im Ort, die für den Arbeitsmarkt grundsätzlich nicht geeignet waren. Warum? Weil jeder, der halbwegs fit ist und lesen udn schreiben konnte, die Landflucht aus Brandenburg angetreten hat. Es sind viele Faktoren, die eine Rolle spielen. Hier treffen falsche Erwartungen der Arbeitgeber auf falsche Erwartungen zukünftiger Arbeitnehmer und ggf noch strukturellen Wandel.

Ansonsten zu Miwos Unterstützung: https://de.statista.com/statistik/daten ... chschulen/
(bedenkt, dass die Anzahl der Jugendlichen seit Jahrzehnten zurückgeht)

Zu guter letzt noch einen schönen, bösen Seitenhieb, ohne den es bei mir nicht geht: Wer jetzt 502 € Einkommen + frei wohnen + freie Heizkosten angeht also "zu unattaktiv", sollte mindestens im gleichen Atemzug die furchtbare Förderung exakt solcher Zustände an anderer Stelle anprangern: Nämlich, dass es (vornehmlich für Frauen) oftmals komplett unattraktiv ist, über 520 € hinaus einen Job anzunehmen, dank Mitversicherung über den Ehepartner, Ehegattensplitting, Freibeträge etc. Da ist bis zu einem mittleren Einkommen eine Arbeitsaufnahme ziemlich unlohnenswert und diesen Missstand sollte man m.E. einmal auflösen.
Es hilft halt sicher auch nicht, dass jegliche Art von körperlicher (oder überhaupt Materieller) Arbeit in gewissen Kreisen zunehmend verächtlich gemacht wird. Wenn ich höre, wie sich manche Akademiker*innen über Menschen in hands-on Berufen und ihren Lebenstil auslassen, wundert es mich wenig, dass niemand Lust hat, sich dafür herzugeben.
Wichtiger Absatz. Schön das gerade hier mal in der Deutlichkeit zu lesen.

Edit:
Natürlich schauen viele Akademiker(sic) oft verächtlich auf Arbeiter*innen, gerade solche, die selbst Akademikerkinder sind - das habe ich selbst auch oft erlebt (gerade in Leipzig).
*Bachelor ist kein Studienabschluss, sondern ein gratifizierter Studienabbruch

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Tambourine-Man
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Re: Politik

Beitrag von Tambourine-Man » Di 13. Sep 2022, 10:15

Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 09:19
Ich hatte halt das Privileg, studieren zu können.
Daran anknüpfend: Als jemand, der nach seinem Studium nun einen theoretisch-abstrakten Arbeitsplatz, dessen Wegfall nur marginal spürbare Auswirkungen hätte, und quasi keinerlei soziale Kontakte in handwerkliche Kreise hat, kann ich bezüglich materieller Arbeit auch nur aus dem Elfenbeinturm urteilen. Ich mach's trotzdem mal:

Sicher ist das Phänomen "Niemand will mehr arbeiten" nicht neu, bekommt aber in Zeiten, wo das Wohlstandsversprechen durch Lohnarbeit zunehmend unerreichbar wird, nochmal einen neuen drive. Und natürlich gibt es da auch Wechselwirkungen mit der forcierten Akademisierung der Arbeitswelt. Die wiederrum einhergeht mit der von Quadro angesprochene Verachtung körperlicher Arbeit. Gibt geilere Voraussetzungen.

Handwerksbetriebe hatten jetzt jahrelang eine riesige Nachfrage zu verzeichnen, konnten sich, wenn man Berichten vom Hörensagen glauben schenkt, ihre Aufträge aussuchen und hatten lange Wartelisten. Zumindest bis im Zuge der Pandemie Materialknappheit einsetzte, muss man doch gutes Geld verdient haben. Da hatte man relative Preissetzungsmacht, oder nicht? Wenn man dies nicht nutzt, um die Ausbildungsbedingungen und -strukturen aufzuwerten und stattdessen auf "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" beharrt, wird es halt schwer. Gibt doch immer wieder Einzelstories von Betrieben, die kreativ werden und dadurch überdurchschnittlich viele Berwebung auf Ausbildungsplätze anziehen.
Aber vielleicht greifen meine Überlegungen auch zu kurz...
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therewillbefireworks
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Re: Politik

Beitrag von therewillbefireworks » Di 13. Sep 2022, 10:21

Tambourine-Man hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:15
Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 09:19
Ich hatte halt das Privileg, studieren zu können.
Daran anknüpfend: Als jemand, der nach seinem Studium nun einen theoretisch-abstrakten Arbeitsplatz, dessen Wegfall nur marginal spürbare Auswirkungen hätte, und quasi keinerlei soziale Kontakte in handwerkliche Kreise hat, kann ich bezüglich materieller Arbeit auch nur aus dem Elfenbeinturm urteilen. Ich mach's trotzdem mal:

Sicher ist das Phänomen "Niemand will mehr arbeiten" nicht neu, bekommt aber in Zeiten, wo das Wohlstandsversprechen durch Lohnarbeit zunehmend unerreichbar wird, nochmal einen neuen drive. Und natürlich gibt es da auch Wechselwirkungen mit der forcierten Akademisierung der Arbeitswelt. Die wiederrum einhergeht mit der von Quadro angesprochene Verachtung körperlicher Arbeit. Gibt geilere Voraussetzungen.

Handwerksbetriebe hatten jetzt jahrelang eine riesige Nachfrage zu verzeichnen, konnten sich, wenn man Berichten vom Hörensagen glauben schenkt, ihre Aufträge aussuchen und hatten lange Wartelisten. Zumindest bis im Zuge der Pandemie Materialknappheit einsetzte, muss man doch gutes Geld verdient haben. Da hatte man relative Preissetzungsmacht, oder nicht? Wenn man dies nicht nutzt, um die Ausbildungsbedingungen und -strukturen aufzuwerten und stattdessen auf "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" beharrt, wird es halt schwer. Gibt doch immer wieder Einzelstories von Betrieben, die kreativ werden und dadurch überdurchschnittlich viele Berwebung auf Ausbildungsplätze anziehen.
Aber vielleicht greifen meine Überlegungen auch zu kurz...
Ich würde dem noch gerne hinzufügen, dass in meiner Bubble (Design/Gestaltung) tatsächlich sehr viele einen handwerklichen Background haben, die Zustände dort aber unhaltbar fanden und weil sie dennoch auf körperliche Arbeit und arbeiten mit Werkstücken Lust haben versuchen sie es jetzt über diesen Weg selbst zu machen, außerhalb der Struktur des Handwerks.
(Tischler*innen, Schneider*innen, Metall-irgendwas etc...)
¯\_(ツ)_/¯

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Engholm
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Re: Politik

Beitrag von Engholm » Di 13. Sep 2022, 10:25

ckshadow hat geschrieben:
Mo 12. Sep 2022, 20:00
aber die meiste Scheiße in der Berufswelt kommt aus dem Handwerk:

- Verarschen von Azubis
- Lehrjahre sind keine Herrenjahre
- Sei froh, dass du überhaupt Arbeit hast
- Du bist zu blöd für das und dies

Die Liste geht ewig so weiter. Selber schuld, jahrezentelang gepennt unter dem Argument "das war schon immer so".
Unterschreibe ich so. Ist zwar schon ein paar Jährchen her, aber ursprünglich komme ich auch aus dem Handwerk. Elektriker gelernt, auch schon mit der Einstellung, später mehr drauß zu machen. Da ist bereits im kleinen ganz wichtig, sich den Hierarchien anzupassen bzw. zu unterwerfen. Es ist da bis auf wenige Ausnahmen von oben herab. Teilweise asozialer rauher Umgang, gerade wenn Frauen in der Nähe sind. Der Gemeinsame "Feind" auf den Baustellen sind dann Architekten und Ingenieure, die feinen Herren und Damen Sesselfurzer, die ja von nix ne Ahnung haben.

Habe Praktikaten kommen und gehen sehen und dann eben von einigen erfahren, dass sie gründsätzlich Bock auf den Beruf hätten. Aber verständlicherweise ist das Drumherum unter den Kollegen und oftmal sehr dumpf gewesen. Weiß nicht, ob sich das zwischenzeitlich besser geworden ist.

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Re: Politik

Beitrag von Quadrophobia » Di 13. Sep 2022, 10:37

Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 09:40
Vielleicht hilft es etwas weiter, wenn man die Gesamtaussagen dazu hinzuzieht. Dort sind nicht nur die 502 € genannt, sondern auch die Übernahme der Wohn- und Heizkosten (+der Wegfall von Sanktionen). Ich denke, gerade die Studenten hier wissen, dass es sich zumindest zeitweise echt gut so aushalten lässt - erst recht nicht in Nicht-Metropolen.
Jein. Würde ich am 01.01. arbeitslos werden, würde das zumindest einigermaßen zutreffen. Mein Vermögen wurde durch die Corona Sonderregelung geschont und meine Miete liegt weit über dem, was Jobcenter bisher akzeptiert haben, ich könnte meine einigermaßen hochwertige Wohnqualität in einem guten Viertel also behalten. Ich könnte wohl in der Tat mit nem günstigen Lebensstil, den ich hier und da aus meinen Rücklagen bezuschusse ein paar Monate okay leben, wenn nichts beschissenes passiert.

Generell verbessert das Bürgergeld das System durchaus. Für diejnigen, die zum Rot/Grünen Klientel gehören, also vor allem unsicher/prekär Beschäftigte Menschen in der sog. Mittelschicht. Es sichert den Markt der prekären Beschäftigung in Branchen mit Kurzzeitverträgen oder hoher Fluktuation ab, weil ich nicht um meine ETFs oder meine Altbauwohnung fürchten muss.

Auf der anderen Seite haben Menschen, die schon in Hartz-IV sind, keine relevanten Vorteile von der neuen (zeitweiligen) Unantastbarkeit der Wohnung und dem Schonvermögen, sie wohnen ja schon in ner Wohnung am absolut untersten Ende der Verfügbarkeit und mussten ihre wenigen Ersparnisse aufbrauchen, bevor sie Bezüge bekommen haben. Dann bleiben halt 50€ die gerade so die - statistische - Inflation ausgleichen, die wiederum im untersten Preissegment viel höher ist, als im Durchschnitt.

Zu den Heizkosten: es ist ein Irrglaube, dass diese in voller Höhe übernommen werden. Das ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn man in einer völlig abgerockten, ungedämmten Bude wohnt, kommt es durchaus vor, dass das Amt die Heizkosten kappt.
Zuletzt geändert von Quadrophobia am Di 13. Sep 2022, 10:43, insgesamt 1-mal geändert.

Gelöschter Benutzer 408

Re: Politik

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Di 13. Sep 2022, 10:42

Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:37
Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 09:40
Vielleicht hilft es etwas weiter, wenn man die Gesamtaussagen dazu hinzuzieht. Dort sind nicht nur die 502 € genannt, sondern auch die Übernahme der Wohn- und Heizkosten (+der Wegfall von Sanktionen). Ich denke, gerade die Studenten hier wissen, dass es sich zumindest zeitweise echt gut so aushalten lässt - erst recht nicht in Nicht-Metropolen.
Jein. Würde ich am 01.01. arbeitslos werden, würde das zumindest einigermaßen zutreffen. Mein Vermögen wurde durch die Corona Sonderregelung geschont und meine Miete liegt weit über dem, was Jobcenter bisher akzeptiert haben. Ich könnte wohl in der Tat mit nem günstigen Lebensstil, den ich hier und da aus meinen Rücklagen bezuschusse ein paar Monate okay leben.

Generell verbessert das Bürgergeld das System durchaus. Für diejnigen, die zum Rot/Grünen Klientel gehören, also vor allem unsicher/prekär Beschäftigte Menschen in der sog. Mittelschicht. Es sichert den Markt der prekären Beschäftigung in Branchen mit Kurzzeitverträgen oder hoher Fluktuation ab.

Auf der anderen Seite haben Menschen, die schon in Hartz-IV sind, keine relevanten Vorteile von der neuen (zeitweiligen) Unantastbarkeit der Wohnung und dem Schonvermögen, sie wohnen ja schon in ner Wohnung am absolut untersten Ende der Verfügbarkeit und mussten ihre wenigen Ersparnisse aufbrauchen, bevor sie Bezüge bekommen haben.

Zu den Heizkosten: es ist ein Irrglaube, dass diese in voller Höhe übernommen werden. Das ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn man in einer völlig abgerockten, ungedämmten Bude wohnt, kommt es durchaus vor, dass das Amt die Heizkosten kappt.
Jo, ist alles richtig und passt, ergänzt noch dass wir hier auch über potenziell (?) fallende sanktionen reden, wo das Amt dir selbst ALG-II wegnehmen konnte. Allerdings mit einem Widerspruch meinerseits:

Grünes Klientel ist wirklich vieles, aber m.E. nicht unsicher/prekär Beschäftigte. Überhaupt nicht.

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Re: Politik

Beitrag von Quadrophobia » Di 13. Sep 2022, 10:45

Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:42
Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:37
Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 09:40
Vielleicht hilft es etwas weiter, wenn man die Gesamtaussagen dazu hinzuzieht. Dort sind nicht nur die 502 € genannt, sondern auch die Übernahme der Wohn- und Heizkosten (+der Wegfall von Sanktionen). Ich denke, gerade die Studenten hier wissen, dass es sich zumindest zeitweise echt gut so aushalten lässt - erst recht nicht in Nicht-Metropolen.
Jein. Würde ich am 01.01. arbeitslos werden, würde das zumindest einigermaßen zutreffen. Mein Vermögen wurde durch die Corona Sonderregelung geschont und meine Miete liegt weit über dem, was Jobcenter bisher akzeptiert haben. Ich könnte wohl in der Tat mit nem günstigen Lebensstil, den ich hier und da aus meinen Rücklagen bezuschusse ein paar Monate okay leben.

Generell verbessert das Bürgergeld das System durchaus. Für diejnigen, die zum Rot/Grünen Klientel gehören, also vor allem unsicher/prekär Beschäftigte Menschen in der sog. Mittelschicht. Es sichert den Markt der prekären Beschäftigung in Branchen mit Kurzzeitverträgen oder hoher Fluktuation ab.

Auf der anderen Seite haben Menschen, die schon in Hartz-IV sind, keine relevanten Vorteile von der neuen (zeitweiligen) Unantastbarkeit der Wohnung und dem Schonvermögen, sie wohnen ja schon in ner Wohnung am absolut untersten Ende der Verfügbarkeit und mussten ihre wenigen Ersparnisse aufbrauchen, bevor sie Bezüge bekommen haben.

Zu den Heizkosten: es ist ein Irrglaube, dass diese in voller Höhe übernommen werden. Das ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn man in einer völlig abgerockten, ungedämmten Bude wohnt, kommt es durchaus vor, dass das Amt die Heizkosten kappt.
Jo, ist alles richtig und passt, ergänzt noch dass wir hier auch über potenziell (?) fallende sanktionen reden, wo das Amt dir selbst ALG-II wegnehmen konnte. Allerdings mit einem Widerspruch meinerseits:

Grünes Klientel ist wirklich vieles, aber m.E. nicht unsicher/prekär Beschäftigte. Überhaupt nicht.
Die ganzen Trainees in Agenturen, die ganzen WiMis und Doktorand*innen mit 1/2 - 2/3 Stellen, die Scheinselbstständigen im erweiterten Bildungsbereich, die Sozialarbeiter*innen auf Projektbudgetstellen und co sehen das anders

Gelöschter Benutzer 408

Re: Politik

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Di 13. Sep 2022, 10:47

Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:45
Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:42
Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:37


Jein. Würde ich am 01.01. arbeitslos werden, würde das zumindest einigermaßen zutreffen. Mein Vermögen wurde durch die Corona Sonderregelung geschont und meine Miete liegt weit über dem, was Jobcenter bisher akzeptiert haben. Ich könnte wohl in der Tat mit nem günstigen Lebensstil, den ich hier und da aus meinen Rücklagen bezuschusse ein paar Monate okay leben.

Generell verbessert das Bürgergeld das System durchaus. Für diejnigen, die zum Rot/Grünen Klientel gehören, also vor allem unsicher/prekär Beschäftigte Menschen in der sog. Mittelschicht. Es sichert den Markt der prekären Beschäftigung in Branchen mit Kurzzeitverträgen oder hoher Fluktuation ab.

Auf der anderen Seite haben Menschen, die schon in Hartz-IV sind, keine relevanten Vorteile von der neuen (zeitweiligen) Unantastbarkeit der Wohnung und dem Schonvermögen, sie wohnen ja schon in ner Wohnung am absolut untersten Ende der Verfügbarkeit und mussten ihre wenigen Ersparnisse aufbrauchen, bevor sie Bezüge bekommen haben.

Zu den Heizkosten: es ist ein Irrglaube, dass diese in voller Höhe übernommen werden. Das ist eine Einzelfallentscheidung. Wenn man in einer völlig abgerockten, ungedämmten Bude wohnt, kommt es durchaus vor, dass das Amt die Heizkosten kappt.
Jo, ist alles richtig und passt, ergänzt noch dass wir hier auch über potenziell (?) fallende sanktionen reden, wo das Amt dir selbst ALG-II wegnehmen konnte. Allerdings mit einem Widerspruch meinerseits:

Grünes Klientel ist wirklich vieles, aber m.E. nicht unsicher/prekär Beschäftigte. Überhaupt nicht.
Die ganzen Trainees in Agenturen, die ganzen WiMis und Doktorand*innen mit 1/2 - 2/3 Stellen, die Scheinselbstständigen im erweiterten Bildungsbereich, die Sozialarbeiter*innen auf Projektbudgetstellen und co sehen das anders
Die sehen sich aber selbst nicht als prekär. Und: Du sprichst hier zwar einige Berufe an, allerdings größtenteils auch nur aus der Perspektive von bis 35-jährigen. Die wenigsten werden danach dauerhaft Geringverdiener sein - für viele andere ist das aber permanente Lebenrealität. Ansonsten. Man kann Milieus auch googlen: https://www.merkur.de/politik/wer-waehl ... 80492.html
Der Anteil unter den Beamten, Selbstständigen und Angestellten ist hoch, Arbeiter und Arbeitslose unterstützen die Partei dagegen kaum. Grüne Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik muss auf die klassische „linke“ Klientel also weniger Rücksicht nehmen als die der SPD.

Rieper
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Re: Politik

Beitrag von Rieper » Di 13. Sep 2022, 11:12

*Bachelor ist kein Studienabschluss, sondern ein gratifizierter Studienabbruch
Ich kenne auch AkademikerInnen, die so denken. Elitäres und unsympathisches Denken. Zumal es auch Branchen gibt, in denen ein Master nicht wirklich den Unterschied macht und der Bachelor ausreicht, auch um sich in der Firmenhierarchie nach oben zu arbeiten.

Thema Heizkosten: Ich arbeite in der Flüchtlingshilfe. Hier gab es in den vergangenen Jahren viele Schriftwechsel und vor Corona Termine im Jobcenter, als es um die Übernahme von Heizkosten ging. Einige Geflüchtete haben Wohnungen mit Nachtspeicheröfen. Da reicht schon ein nicht mal allzu hoher Verbrauch, dass die Kosten nicht mehr voll übernommen werden. Ich bin gespannt was die kommenden Monate mit sich bringen werden, wenn die Heizkosten weiter so steigen. Schon jetzt gibt es für dreiköpfige Familien, die hierher ziehen oder neue Gaslieferverträge abschließen möchten, nur Anbieter mit Abschlägen von mindestens ca. 400 Euro pro Monat. Ich bin gespannt, bis zu welcher Höhe die Jobcenter das hier übernehmen werden.

Thema Ausbildungen: Vor meinem Studium, habe ich eine Ausbildung zum Erzieher gemacht. War eine gute Ausbildung, auf Grund des Personalmangels übernimmt man aber relativ schnell mehr Verantwortung, als eigentlich vorgesehen ist (auch rechtlich). Zudem war die Ausbildung damals in BaWü ohne einen Lohn. Erst im 4. Jahr, dem Anerkennungsjahr, gab es dann ein gutes Gehalt.

Ich spreche nur für unsere Stelle in unserer Kleinstadt, daher kann ich es nicht verallgemeinern, sondern nur von uns und den Strukturen hier schreiben. In den vergangenen Jahren hatten wir einige Geflüchtete, die Ausbildungen im Handwerk begonnen haben. Die meisten von ihnen haben die Ausbildungen abgebrochen. Vor allem der raue Ton, gerade im KFZ-Bereich, macht vielen zu schaffen und in diesem Bereich hat kein einziger, von den von uns unterstützten Auszubildenden, die Ausbildung beendet. (Heftige) Beleidigungen waren da zum Teil an der Tagesordnung und der Spruch mit "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" kam andauernd.

Natürlich kommen auch andere Faktoren dazu, beispielsweise der Lohn. Viele der Geflüchteten hier, gerade die, die als Einzelperson gekommen sind, unterstützen ihre Familien im Herkunftsland oder wo sie diese sonst sind. Da wird mit einem Lehrlingslohn halt eng. Es gibt auch weitere Gründe, wieso die Ausbildungen beendet werden. Aber das mal so als kurze Punkte.

Zu mir selbst: Ich arbeite 80% und habe den Freitag frei, weil ich das so brauche und ich bin nicht 17 oder so, sondern 35. Dadurch verdiene ich weniger und meine Stelle wurde bereits 2 mal verlängert und die fünf Jahre laufen im Mai 23 aus. Es wird durch das Land finanziert. Dieses will das "Integrationsmanagement für Flüchtlinge" in Zukunft nur noch teilweise finanzieren und die Städte und Gemeinden sollen es dann mitfinanzieren. Aber die Stadt hier hat kein Geld und muss Kredite aufnehmen, um die Gesundheitsversorgung und die Stadtwerke zu retten. Daher ist das eine sehr unsichere Stelle und ich schaue schon nach neuen Jobs, aber die 80% würde ich gerne beibehalten. Würde ich alleine wohnen, dann könnte ich mir das nicht erlauben. Hier an der direkten Schweizer Grenze sind die Mietpreise zum Teil vergleichbar mit denen in etwas größeren Städten (wobei das auch oft ne Verallgemeinerung ist, die nicht immer stimmt. Es gibt auch Großstädte mit relativ günstigen Mieten). Der Kaltmietpreis pro Quadratmeter hier ist sehr oft zweistellig. Klar, das ist so in den Kleinstädten am Rhein. Wenn ich paar Kilometer in den Schwarzwald fahre, schaut es anders aus. Es ist halt u.a. die Nähe zur Schweiz, die die Preise hoch treibt. Wir verzichten auf ein eigenes Auto, okaye Bahnanbindung und gutes Carsharing machen das möglich. Das würde oben im und am Schwarzwald deutlich schwieriger sein.

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Re: Politik

Beitrag von Quadrophobia » Di 13. Sep 2022, 11:32

Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:47
Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:45
Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:42


Jo, ist alles richtig und passt, ergänzt noch dass wir hier auch über potenziell (?) fallende sanktionen reden, wo das Amt dir selbst ALG-II wegnehmen konnte. Allerdings mit einem Widerspruch meinerseits:

Grünes Klientel ist wirklich vieles, aber m.E. nicht unsicher/prekär Beschäftigte. Überhaupt nicht.
Die ganzen Trainees in Agenturen, die ganzen WiMis und Doktorand*innen mit 1/2 - 2/3 Stellen, die Scheinselbstständigen im erweiterten Bildungsbereich, die Sozialarbeiter*innen auf Projektbudgetstellen und co sehen das anders
Die sehen sich aber selbst nicht als prekär. Und: Du sprichst hier zwar einige Berufe an, allerdings größtenteils auch nur aus der Perspektive von bis 35-jährigen. Die wenigsten werden danach dauerhaft Geringverdiener sein - für viele andere ist das aber permanente Lebenrealität. Ansonsten. Man kann Milieus auch googlen: https://www.merkur.de/politik/wer-waehl ... 80492.html
Der Anteil unter den Beamten, Selbstständigen und Angestellten ist hoch, Arbeiter und Arbeitslose unterstützen die Partei dagegen kaum. Grüne Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik muss auf die klassische „linke“ Klientel also weniger Rücksicht nehmen als die der SPD.
Stimmt aber genau für die ist das gedacht.

Die Preissteigerungen und Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt bringen halt auch vielen Menschen - wenn auch temporäre - Existenzängste, denen es eigentlich ganz gut geht. Die werden durch das Bürgergeld besser abgesichert, diejenigen, die on-and-off zwischen Mindestlohnjobs ohne Mindeststunden oder Scheinselbstständigkeit und Ausbeuterei und Grundsicherung pendeln, haben kaum was davon. Zumal es für viele mit unklarem Aufenthaltsstatus ja sowieso nicht greift.

Gelöschter Benutzer 408

Re: Politik

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Di 13. Sep 2022, 11:39

Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 11:32
Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:47
Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:45


Die ganzen Trainees in Agenturen, die ganzen WiMis und Doktorand*innen mit 1/2 - 2/3 Stellen, die Scheinselbstständigen im erweiterten Bildungsbereich, die Sozialarbeiter*innen auf Projektbudgetstellen und co sehen das anders
Die sehen sich aber selbst nicht als prekär. Und: Du sprichst hier zwar einige Berufe an, allerdings größtenteils auch nur aus der Perspektive von bis 35-jährigen. Die wenigsten werden danach dauerhaft Geringverdiener sein - für viele andere ist das aber permanente Lebenrealität. Ansonsten. Man kann Milieus auch googlen: https://www.merkur.de/politik/wer-waehl ... 80492.html
Der Anteil unter den Beamten, Selbstständigen und Angestellten ist hoch, Arbeiter und Arbeitslose unterstützen die Partei dagegen kaum. Grüne Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik muss auf die klassische „linke“ Klientel also weniger Rücksicht nehmen als die der SPD.
Stimmt aber genau für die ist das gedacht.
Mag sein, ist dann aber genau die Form von superspezifischer Klientelpolitik, die man der FDP immer zurecht um die Ohren haut. und gerade das Problemfeld Langzeitsarbeitslosigkeit/Verdienste in Jobs für Gering(er)qualifizierte, Altersarmut wird dabei nur maximal am Rand getroffen, bzw. für eine viel zu kleine Zielgruppe. Das sind im übrigen auch nicht die, die ein Mensch einer Handelskammer anspricht. Prekäres (temporäres) Verdienen in eigentlich hoch- bis gutqualifizierten Jobs ist ein Problem, aber eben nicht das, um die sich die Debatte hier dreht.

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Re: Politik

Beitrag von Quadrophobia » Di 13. Sep 2022, 11:49

Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 11:39
Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 11:32
Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 10:47


Die sehen sich aber selbst nicht als prekär. Und: Du sprichst hier zwar einige Berufe an, allerdings größtenteils auch nur aus der Perspektive von bis 35-jährigen. Die wenigsten werden danach dauerhaft Geringverdiener sein - für viele andere ist das aber permanente Lebenrealität. Ansonsten. Man kann Milieus auch googlen: https://www.merkur.de/politik/wer-waehl ... 80492.html

Stimmt aber genau für die ist das gedacht.
Mag sein, ist dann aber genau die Form von superspezifischer Klientelpolitik, die man der FDP immer zurecht um die Ohren haut. und gerade das Problemfeld Langzeitsarbeitslosigkeit/Verdienste in Jobs für Gering(er)qualifizierte, Altersarmut wird dabei nur maximal am Rand getroffen, bzw. für eine viel zu kleine Zielgruppe. Das sind im übrigen auch nicht die, die ein Mensch einer Handelskammer anspricht. Prekäres (temporäres) Verdienen in eigentlich hoch- bis gutqualifizierten Jobs ist ein Problem, aber eben nicht das, um die sich die Debatte hier dreht.
Ja.

Generell habe ich das Gefühl, wir wollen auf das Selbe hinaus.


Es ist auch nicht verwunderlich, dass diejenigen, die am gearschtesten sind, insbesondere Geflüchtete und Migrant*innen in den miesesten Jobs die es gibt, Langzeitarbeitslose und sonstige Leistungsbezieher*innen in der Politik nicht mehr zählen. Die SPD hat ja gezielt eine "Mitte" Politik forciert, die diesen Menschen nichts mehr anbietet, die sich dementsprechend vom politischen Prozess zurückgezogen haben und nicht mehr wählen - wozu auch wenn selbst die "linke" Alternative sich mehr mit sich selbst beschäftigt? So kann man dann ganz beruhigt 2/3 Demokratie machen ohne sich mit den wirklich dreckigen Themen direkt zu beschäftigen, während sie einigermaßen die Ästhetik des Wohlstands aufrechterhalten und sich Armut und Verelendung auf Hauptbahnhöfe und Randgebiete auslagern.

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smi
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Re: Politik

Beitrag von smi » Di 13. Sep 2022, 13:22

Thema Jobs:
Viele werden sich noch in den nächsten Jahren und besonders Jahrzehnten umschauen, welche Jobs alle bei "der Digitalisierung" wegfallen (und auch schon dabei sind). Da sehe ich auch eher klassische Bürojobs (besonders Backoffice Jobs in Banken etc.) als Handwerksberufe.

YouTuber/Streamer/Influencer:
Da werden auch vielen schnell auf den Boden der Tatsachen ankommen. Das ist wie in früheren Generationen Schauspieler oder Musiker etc. die wenigsten werden davon jemals leben können. Als Hobby klar, unterstützt von den Eltern (und ggf. noch dort lebend) auch noch. Aber wirklich ein dauerhaftes Einkommen generieren? Die wenigsten.

Dazu wird auch vielen Auffallen: 1 Stunde Content sind oft viele, viele Stunden Arbeit.

smi
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Gelöschter Benutzer 408

Re: Politik

Beitrag von Gelöschter Benutzer 408 » Di 13. Sep 2022, 14:05

Blackstar hat geschrieben:
Do 8. Sep 2022, 15:29
Möchte ergänzen: Es wäre langsam Zeit, die Linkspartei zu verlassen, möchte man sich nicht weiterhin der russistischen Propagandha mitschuldig machen, die Wagenknecht, Dagdelen und Co. hier verbreiten. Ist so, wie nach Absturz der "Liberalen" noch in der AfD zu bleiben: Die Masken fallen.

Und bevor hier wieder Mimimi kommt, das Lager von denen wäre klein, hätte auf Parteitagen Dämpfer bekommen und überhaupt: Die Rede gestern war im Namen der Fraktion und jeder wusste, was kommt.
Ulrich Schneider und Fabio Di Masi haben das auch erkannt. Glückwunsch!

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Re: Politik

Beitrag von Stebbie » Di 13. Sep 2022, 14:09

Ein wenig Off-Topic, aber darauf angesprochen:
Rieper hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 11:12
*Bachelor ist kein Studienabschluss, sondern ein gratifizierter Studienabbruch
Ich kenne auch AkademikerInnen, die so denken. Elitäres und unsympathisches Denken. Zumal es auch Branchen gibt, in denen ein Master nicht wirklich den Unterschied macht und der Bachelor ausreicht, auch um sich in der Firmenhierarchie nach oben zu arbeiten.
Das war edgy. Würde ich heute in der Form auch nicht mehr sagen, da bin ich bei euch.

Es ist vielleicht ein Motiv, dass man eher versteht, wenn man die Debatten aus den 2000ern und die Parallelstruktur Magister und BA/MA kennt und miterlebt hat. In jenen Jahren wurde nämlich viel über den Bachelor als "gratifizierten Studienabbruch" geklagt und tatsächlich war es ja auch eines der zentralen Motive der konservativen Wissenschaftspolitik Politik, mit der Einführung des BA einen formellen Ausweg zu bieten und somit die in jenen Jahren hohen Abbrecherquoten abzufangen. So sparte man sich zumindest große Investitionen in die personelle und materielle Ausstattung der Hochschulen, die wirklich was bewirkt hätten - ein Ziel, das daher auch weit verfehlt wurde. Auf folgende Generationen, die nur noch BA/MA kennengelernt und sich entsprechend daran gewöhnt haben mag das daher vielleicht fremd wirken, und natürlich macht es in vielen Branchen auch Sinn, lediglich den BA zu studieren. Von daher, siehe oben - da ging dann der eigene Konservatismus mit mir durch.

Was das aber nun mit Stereotypen zwischen Akademiker*innen und Arbeiter*innen zu tun hat...?
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Re: Politik

Beitrag von slowdive » Di 13. Sep 2022, 20:53

Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 11:49
Blackstar hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 11:39
Quadrophobia hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 11:32


Stimmt aber genau für die ist das gedacht.
Mag sein, ist dann aber genau die Form von superspezifischer Klientelpolitik, die man der FDP immer zurecht um die Ohren haut. und gerade das Problemfeld Langzeitsarbeitslosigkeit/Verdienste in Jobs für Gering(er)qualifizierte, Altersarmut wird dabei nur maximal am Rand getroffen, bzw. für eine viel zu kleine Zielgruppe. Das sind im übrigen auch nicht die, die ein Mensch einer Handelskammer anspricht. Prekäres (temporäres) Verdienen in eigentlich hoch- bis gutqualifizierten Jobs ist ein Problem, aber eben nicht das, um die sich die Debatte hier dreht.
Ja.

Generell habe ich das Gefühl, wir wollen auf das Selbe hinaus.


Es ist auch nicht verwunderlich, dass diejenigen, die am gearschtesten sind, insbesondere Geflüchtete und Migrant*innen in den miesesten Jobs die es gibt, Langzeitarbeitslose und sonstige Leistungsbezieher*innen in der Politik nicht mehr zählen. Die SPD hat ja gezielt eine "Mitte" Politik forciert, die diesen Menschen nichts mehr anbietet, die sich dementsprechend vom politischen Prozess zurückgezogen haben und nicht mehr wählen - wozu auch wenn selbst die "linke" Alternative sich mehr mit sich selbst beschäftigt? So kann man dann ganz beruhigt 2/3 Demokratie machen ohne sich mit den wirklich dreckigen Themen direkt zu beschäftigen, während sie einigermaßen die Ästhetik des Wohlstands aufrechterhalten und sich Armut und Verelendung auf Hauptbahnhöfe und Randgebiete auslagern.
Ich mag nicht, dass du einen essenziellen Teil unserer Realität damit absolut präzise beschreibst und es trotzdem klingt wie ein Abschnitt aus "GRM" von Sibylle Berg. Not good.

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Re: Politik

Beitrag von Flecha » Di 13. Sep 2022, 23:06

smi hat geschrieben:
Di 13. Sep 2022, 13:22
Dazu wird auch vielen Auffallen: 1 Stunde Content sind oft viele, viele Stunden Arbeit.

smi
Ein Punkt, den man auch nicht oft genug der "das ist ja gar keine richtige Arbeit"-Fraktion unter die Nase reiben kann.
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Re: Politik

Beitrag von Stebbie » Mi 14. Sep 2022, 11:15

Auf jeden Fall! Mal als Referenz: Für einen knapp einstündigen Podcast muss ich, alles zusammengerechnet, rund zwei Werktage einplanen. Und da sind Daueraufgaben (Technik, Beschaffung, Orga, Abrechnungen, Fortbildung) und Sachen wie Community Management noch gar nicht mit drin.
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Re: Politik

Beitrag von Quadrophobia » Di 25. Okt 2022, 13:29


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Re: Politik

Beitrag von Monkeyson » Di 25. Okt 2022, 14:23

Quadrophobia hat geschrieben:
Di 25. Okt 2022, 13:29
:lol:

Bis zum 17.12. nicht eine weitere (oder die alte wieder) ist aber optimistisch.

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Re: Politik

Beitrag von Tambourine-Man » Di 25. Okt 2022, 15:22

Ich weiß nicht, ob ich noch einen weiteren Tag irgendwelche Takes und Meinungen zur geplanten Beteiligung von COSCO am Containerterminal Tollerort ertrage.
Molotow must stay

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Re: Politik

Beitrag von Monkeyson » Di 25. Okt 2022, 15:29

Tambourine-Man hat geschrieben:
Di 25. Okt 2022, 15:22
Ich weiß nicht, ob ich noch einen weiteren Tag irgendwelche Takes und Meinungen zur geplanten Beteiligung von COSCO am Containerterminal Tollerort ertrage.
Hab die weiträumig umschifft*. Wie ist deine?

*haha

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Re: Politik

Beitrag von Tambourine-Man » Mi 26. Okt 2022, 09:40

Monkeyson hat geschrieben:
Di 25. Okt 2022, 15:29
Tambourine-Man hat geschrieben:
Di 25. Okt 2022, 15:22
Ich weiß nicht, ob ich noch einen weiteren Tag irgendwelche Takes und Meinungen zur geplanten Beteiligung von COSCO am Containerterminal Tollerort ertrage.
Hab die weiträumig umschifft*. Wie ist deine?

*haha
Differenzierter :lol: Aber berufsbedingt bin ich da thematisch auch sehr tief drin.
Das soll nicht heißen, dass man nicht auch nach der Abwägung aller betrieblichen und verkehrsgeografischen Faktoren den Einstieg dennoch (aus politischen Gründen) ablehnen kann. Aber die Argumentation, die man da vielfach hört, greift einfach zu kurz.
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Re: Politik

Beitrag von Quadrophobia » Mi 26. Okt 2022, 09:41

Tambourine-Man hat geschrieben:
Mi 26. Okt 2022, 09:40
Monkeyson hat geschrieben:
Di 25. Okt 2022, 15:29
Tambourine-Man hat geschrieben:
Di 25. Okt 2022, 15:22
Ich weiß nicht, ob ich noch einen weiteren Tag irgendwelche Takes und Meinungen zur geplanten Beteiligung von COSCO am Containerterminal Tollerort ertrage.
Hab die weiträumig umschifft*. Wie ist deine?

*haha
Differenzierter :lol: Aber berufsbedingt bin ich da thematisch auch sehr tief drin.
Das soll nicht heißen, dass man nicht auch nach der Abwägung aller betrieblichen und verkehrsgeografischen Faktoren den Einstieg dennoch (aus politischen Gründen) ablehnen kann. Aber die Argumentation, die man da vielfach hört, greift einfach zu kurz.
Meiner Meinung nach sollte man den Hafen lieber an TESCO verkaufen


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