Monkeyson hat geschrieben: ↑Di 24. Jan 2023, 21:35
Kendrick Lamar und Kanye West. Ersterer hat immerhin ne coole Albumhälfte mit Damn, sonst haben beide ein paar verstreute gute Songs, aber beherrschen den Diskurs. Ich kann da schlicht keinen besonderen eigenen Stil erkennen, stehe dafür aber auch zu wenig auf Jazz und Gelaber in Skits (ersterer). Stimmlich beide okay, aber bei Weitem nicht mit dem Wiedererkennungswert mancher 90er / 00er Ikonen wie Q-Tip, Snoop, Jay-Z, Eminem...
Wahrscheinlich erzählen die beide was Superkluges (bei Kanye bezweifle ich das), haben ne interessante Persona aufgebaut (Kendrick auch?) oder verstanden das Amalgamieren von Hip Hop mit aktuellen Trends, die an mir vorbeigezogen sind, keine Ahnung.
Ich wertschätze, was sie treiben, von daher nur subjektiv overrated, nicht objektiv.
Die beiden stachen aus dem Hip Hop-Genre raus wie wahrscheinlich niemand sonst in den letzten 15 Jahren. Der eine textlich-konzeptionell, der andere bezüglich Sound und Produktion.
Kendrick pusht das Genre mit komplexen Narrativen, rauer Authentizität und vielen ungewöhnlich introspektiven Einsichten. Seine Intonation und Performance ist dazu ziemlich einmalig, mit verschiedenen Inflektionen, mal zurückgenommener, mal nach vorne, mal einfach völlig weird. Dazu hat er natürlich auch eine sehr experimentierfreudige Herangehensweise an seine Beats, wodurch jedes Album einen distinkten Charakter hat. Bei allem Anspruch und Komplexität kann er aber auch straighte Banger, die aber trotzdem häufig gut durchdachte Botschaft transportieren und technisch ausgefeilt sind.
Kanye West hat mit seinen ersten zwei Alben (und auch später, und auch für andere Künstler) sein ganz eigenen Brand an Soulsampling kreiert, das super einflussreich war. Lohnt sich sehr, ein paar Sample Breakdowns von seinen Beats anzugucken. Wie er mit Vocal Chops umgeht ist ziemlich einmalig. Er wusste es auch immer Pop und Rap miteinander zu verbinden, woran schon so viele gescheitert sind. Sein viertes wurde interessanterweise zu seiner Zeit ziemlich kritisch gesehen, aber stellte sich als eines seiner einflussreichsten Projekte heraus. Die Art von emotionalen, Autotune-getriebenen Rap bestimmte einen Großteil des Sounds der 2010er. Dann kam sein Magnum Opus „My Beautiful Dark Twisted Fantasy“ mit noch mehr wilden Sample Ideen, ausschweifenden Tracks, irren Features (wofür er auch ein gutes Händchen hat, er inspiriert seine Featuregäste häufig zu Karrierehighlights) und ganz verschiedenen Sounds. Mit „Yeezus“ gab es dann den nächsten radikalen Bruch mit harter Industrial und Electro-Produktion, die abermals viele auf dem falschen Fuß erwischte, aber für mich immer noch sein stärkstes Werk ist.
Raptechnisch gibt es natürlich bessere, aber eine Zeit lang hatte er ein sehr gutes Gespür für Sounds, Trends und Hits.
Bei ein paar seiner Alben, vor allem den frühen, erkenne ich aber wieder eine Krankheit die das Hip Hop Genre plagt wie kaum ein anderes: sie sind einfach zu lang. Das führt mich zu den zwei Größen, die mich weiter völlig kalt lassen:
Biggie und Tupac
Ihre Alben sind ebenfalls viel zu lang, mit viel zu vielen Füllern und dazu einigen Beats, die mich ratlos zurücklassen. Vor allem, dass sich zwischen den härteren Gangster Nummern immer so schnulzige Soul-Instrumentals schleichen, kann ich überhaupt nicht verstehen.
Technisch finde ich beide ebenso nicht so herausragend. Biggies Flow ist fürs meiste sogar recht anstrengend, während ich Tupacs Intensität schon noch etwas abgewinnen kann. Aber was komplexe Reime und Finesse in der Sprache angeht gab es zu der Zeit doch ganz andere. Dass die beiden so unantastbar Nummer als eins und Nummer zwei des Genres gelten (Reihenfolge je nach Präferenz) und in wirklich jeder Top 5-Liste auftauchen kann ich weiter nicht nachvollziehen.
Aber hier kann ich anerkennen: I’m the problem, it’s me.
Gerade so viele Rapper, die ich schätze, verehren sie wie Götter. Ihr Einfluss ist unbestreitbar. Sie haben ja auch beide eine Reihe Songs, die ich mag. Aber auf Albumlänge dreht sich das doch alles ein bisschen im Kreis.
Monkeyson hat geschrieben: ↑Di 24. Jan 2023, 23:08
moltisanti hat geschrieben: ↑Di 24. Jan 2023, 23:04
Monkeyson hat geschrieben: ↑Di 24. Jan 2023, 22:13
Die sind doch total stilprägend und Pioniere an der elektronischen Front. Selbst wenn man die nicht hören mag, kann man ja nicht deren Einflüsse auf zig spätere Musikys negieren.
Und das macht Kraftwerk zu der
einen Band, die objektiv nicht overrated ist? Also genreübergreifend noch vor den Beatles oder meinetwegen Künstlern wie Elvis, Buddy Holly, Chuck Berry, ... ? War bspw. Jean-Michel Jarre nicht auch
total stilprägend und Pionier an der elektronischen Front? Dass Kraftwerk sehr einflussreich waren, bestreite ich nicht.
Ach so meinst du das. Die
eine Band, auf die das zutrifft, ist das für mich nicht, da müsstest du noch mal glutexo fragen.
Könnte mir vorstellen, dass der das auch so meinte, dass er andere wie Jarre ebenso gelten lässt.
Im Sinne von: Wenn es eine Band
unter den bislang genannten gibt...
Noch vor den Beatles, kann man drüber streiten. Warum nicht?
Aber dass die hier auftauchen, hat ck ja auch noch nicht unterfüttert.
Nur weil ein Künstler einflussreich ist, heißt es nicht, dass man automatisch mitgeht, völlig klar. Das kann ich bei Kraftwerk ein Stück weit verstehen. Aber gerade in Deutschland sind sie sowas von underrated. Sie haben eine ganze Sparte Musik begründet. Auch da hoffe ich, dass man das anerkennen kann, auch wenn man mit der Musik vielleicht nichts anfangen kann (ähnlich wie bei den Beatles).