In den letzten drei Wochen gab es einige längere Busfahrten und Wanderungen, die von diversen Alben begleitet wurden. Ein paar Reviews:
Everything Everything - Re-Animator
Irgendwie kann ich die Songs nicht auseinanderhalten, weil die einfach so krass vollgepackt mit Ideen sind. Auch wenn mir das Zuhören Spaß bereitet, drifte ich immer dann ab, wenn sich die Bands in Frickeleien verliert. Da wünsche mir ein bisschen die Straightness von
Arc zurück. Auf die so oft gelobten
In Rainbows-Querverweise kann ich bei Everything Everything gut und gern verzichten. Am besten gefallen sie mir nämlich immer noch, wenn sie so expressiv vor sich hinwuseln wie am Ende vom Song
Arch Enemy. Liest sich vielleicht negativer als ich empfinde - ich werde das Album sicher noch viele Male hören. Bisher wurde es von Mal zu Mal besser. Gutes Zeichen. 7.5/10
Alex the Astronaut - The Theory of Absolutely Nothing
Wie kann ein Album nur so lieb sein? Dieses tolle Songwriterwerk wandelt immer einen halben Meter über dem Boden und berichtet vom Suchen und Finden von Hoffnung in teilweise finsteren Situationen. Der Opener
Happy Song gibt die Marschrichtung vor: Singalongs, Handclaps, Hymnische Refrains, die ganze Palette der Popmusik wird hier aufgefahren. Dabei sind die Themen auf dem zweiten Hinhören dann doch ernster und persönlicher, als die fröhlichen Melodien vermuten lassen. Mich trifft diese Mischung aus Lebensverliebtheit und Melancholie mitten ins Herz. Ein Album wie akustisches Licht, das alle Sinne flutet. Bin ein bisschen verliebt. 8.5/10
Dritte Wahl - 3D
Ich war ja um die 2000er riesiger Dritte Wahl Fan,
Nimm Drei und
Halt mich fest gehören nach wie vor zu meinen All Time Favourites. Nachdem der Output jedoch immer egaler wurde, und mit der stupiden Ballermann-Rock-Farce
Der Himmel über uns der Zenit für mich eigentlich überschritten war, wollte ich dem neuen Album doch mal eine Chance gegeben. Ist tatsächlich ganz nett, hat mich überrascht. Nicht mehr so viel Feuer wie vor 20 Jahren, aber für ein Punkrockalbum dann doch recht abwechslungsreich...Nur: Was zum Geier lief beim Songwriting-Prozess schief, dass die einen Song aus der Sicht eines Menschen schreiben, der ein Flüchtlingsheim anzündet? Das ist im besten Fall als "unglücklich missverständlich" anzusehen, aber im Grunde genommen unerträglich Panne. Bah. Mit Nostalgiebonuspunkt noch 6/10.
Trixsi - Frau Gott
Das wurde, glaube ich, hier mal empfohlen. Puh, war das ein Krampf, durchzuhören. Ich habe beinahe nichts von diesem Album gut finden können, es wirkt alles so wahnsinnig krumm in meinen Ohren. Vielleicht ist das ja beabsichtigt. Das Album und ich, wir teilen uns jedenfalls in in den allerwenigsten Momenten das selbe Verständnis für tolle Texte, Melodien und Energie. Ich war froh, als es vorbei war, aber habe es auch nicht bereut zu hören. Sind halt gute Leute in der Band, reicht dann aber doch nicht für die halbe Miete. 3/10
Belako - Plastik Drama
Ich bin ja nicht so der Postpunk-Fan, da ich mit den Songstrukturen nicht so viel anfangen kann. Aber dieses Album rumpelt und scheppert sich von Sekunde eins an verdammt sympathisch in die Ohren. Jeder Song ist für sich schon eine Bombe, und im Albenkontext ergibt das ne tolle Ride, bei der man sich über jeden neuen musikalischen Haken freut, den die Band da einschlägt. Highlight ist auch der zweistimmige Nölgesang, der es irgendwie schafft, zur gleichen Zeit gelangweilt und hymnisch zu klingen, love it! Ist das vielleicht gar kein Postpunk? Jedenfalls ne ganz, ganz feine Sache. Und
marinela2017 ist SO fantastisch, dass mir bei den ersten Takten schon immer ganz schwindelig wird. 8/10
Dizzy - The Sun and her Scorch
Schöne 2000er Pop-Erinnerungen kommen bei dem Album hoch. Ein paar Songs lang ganz entzückend, ermüdet auf Dauer dann doch etwas. Sehr lieb, aber bleibt wenig haften. 5/10
Illuminati Hotties - Free I.H. This Is Not The One You've Been Waiting for
Was für ein geil chaotisches Album das ist! War selten gleich beim ersten Hören so angetan von dieser Veröffentlichung, die mich in Sachen Spielfreudigkeit, Abwechslungsreichtum und diesem chaotischen Humor, der immer etwas drüber ist, fast auf kompletter Albenlänge an die Ärzte erinnert. Bin aber auch überzeugt, dass Freund/innen von Dream Wife, Hinds oder auch FIDLAR ihren Spaß haben werden. Nur schade, dass das Album nur so wahnsinnig kurz ist. Dafür wird auf nicht mal einer halben Stunde so viel gesäuselt, gehaucht, genölt, gekeift, gebellt und gegrölt, dass es eine Freude ist, bei jedem Durchgang etwas Neues zu entdecken. Und die Liebeserklärung an ihre Freunde am Ende ist zum Dahinschmelzen. Weine ein bisschen und hab richtig Bock, das ganz bald mal live zu erleben. 9/10
Ansonsten so durch meine Ohren gerauscht:
Captured Spirit von
Mammal Hands (erinnert mich sehr an The Comet is Coming),
Filoxiny von
Skinshape (sowas wird gespielt wenn im Cafe del Mar die Sonne untergegangen ist und drin im Kunstlicht die Joints angezündet werden) sowie
Home von
Romare (housige Clubmusik, die auch mal etwas mit angezogener Handbremse weitergroovt). Alles sehr atmosphärisch, aber öffnet emotionale Räume, in denen ich mich in den letzten Wochen nicht so oft aufgehalten habe. Glaube, dass das eher was für Nachts und/oder drinnen ist.
Habe noch Elderbrook aufm Schirm, aber der wird sicher auch eher in diese Kategorie fallen.
Ist mir irgendwas entgangen sonst in den letzten Wochen?
Oh und Prism Tats, der sich jetzt
Gary V nennt, hat einen super Song namens
Deja Vu rausgebracht. Empfehlung! Hoffe, dass da noch ein Album kommt.