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von SammyJankis » So 1. Dez 2019, 00:41
Ich war diese Woche auf zwei Shows. Die erste Show war am Montag, Cult of Luna in Köln im Bürgerhaus Stollwerck. Mit den beiden Supports zusammen wohl eines der besten Tour Packages, welches ich in den letzten Jahren gesehen habe. Die Show war dementsprechend, wenn auch erst kurz vorher, ausverkauft. Davon hat man zu Beginn allerdings wenig gemerkt, denn zum Start des ersten Acts war nichts los. Beginn um 19:20 Uhr unter der Woche ist dann doch etwas zu viel des Guten. Mit der Zeit wurde es allerdings sehr voll.
A.A. Williams - Hat dieses Jahr mit ihrem selbstbetitelten Debüt eine der besten Platten des Jahres abgeliefert. Wunderschöne Musik. Live, mit tatkräftiger Mithilfe von zwei weiteren Musikern, kam es auch sehr gut rüber. Singer-Songwriter meets Post-Rock/Doom. Reitet sicherlich auf der Welle, die Chelsea Wolfe und Emma Ruth Rundle losgetreten haben, macht sich allerdings sehr gut. Schöne Stimme, gute Balance zwischen Passagen mit und ohne Gesang. Die Post-Rock Abschnitte finde ich natürlich klasse. Sehr guter Auftritt. Gerne nächstes Jahr beim dunk! Festival!
Brutus - Kickt mich auf Platte überhaupt nicht, live überzeugt die Band allerdings auch beim dritten Mal. Nun auch endlich im Rahmen eines Konzertes und nicht auf einem großen Festival gesehen und es klappt auch hier. Es ist einfach eine sehr interessante Band, beginnend beim Stil, der viele Dinge aus den Bereichen Punk, Noise und Metal vereint, hinzu zur Bandkonstellation an sich, denn eine singende Drummerin sieht man auch nicht alle Tage, beeindruckend. Kann voll und ganz nachvollziehen, warum die Band dieses Jahr bei Kritikern gut weggekommen ist und vielleicht gebe ich der aktuellen Platte auch noch einmal eine Chance.
Cult of Luna - Es hat zwei Songs gedauert, bis ich voll drin war, aber dann war es großartig. Es gibt kaum eine Band, die solche Soundwände aufbauen kann. Mit zwei Drummern und drei Gitarristen ist da natürlich auch dementsprechend Druck hinter. Jede Person, die Post-Metal mag, sollte bei der Band eigentlich das Herz aufgehen. Die Gesangsparts sind wohldosiert, der gutturale Gesang aber absolut top. Da stimmt alles. Das Drumherum ist eh über jeden Zweifel erhaben. Natürlich war es eine Umstellung im Bezug auf das Wochenende. Hier entsprach die Länge einiger Songs der Setlänge diverser Bands, die ich am Wochenende in London gesehen habe. Einziger, aber minimaler Kritikpunkt war die Setlist, denn hier wurden neben dem Fokus auf das neue Album nur Songs von "Vertikal" und "Somewhere Along the Highway" gespielt. Da hätte man auch gerne ein Werk aus der frühen Schaffensphase spielen können. Aber da sehe ich gerne drüber hinweg. Knapp 100 Minuten Spielzeit, keine Zugabe, in meinen Augen auch passend. Großartiger Gig, gerne dunk! Headliner 2020! Liegt aber vermutlich über dem Budget.
Am Freitag war ich in Bochum in der Matrix bei Knocked Loose. Schrecklicher Laden, aber in der Größe wäre wohl in NRW die Kölner Essigfabrik noch in Frage gekommen, welche ähnlich mies ist. Laden war nicht ganz voll, aber sehr gut gefüllt, so gut, dass es üblich für Matrix Verhältnisse, zumindest in der großen, schlauchartigen Halle, viel zu warm war. Erwähnenswert ist noch, wie viel Merch die Bands dabei hatten und wie viel auch verkauft wurde. Die machen sich diesbezüglich auf der Tour ordentlich die Taschen voll. Es sei den Bands gegönnt.
Renounced - Hier war noch nicht allzu viel los, zu Unrecht. Die Band ist top und hat dieses Jahr mit "Beauty is a Destructive Angel" ein weiteres Mal richtig abgeliefert. Gab natürlich auch einige Tracks der neuen Platte ohne, dass die beiden ersten Alben vernachlässigt wurden. Sound bewegt sich im 90s Metalcore Bereich. Viele ruhige Passagen, fieses Breakdowns, aber kein Vergleich zu Parkway Drive und Konsorten. Probs auch an den Sänger, der seine Stimme mittlerweile deutlich besser unter Kontrolle hat als noch vor einigen Jahren. Ich finde den Sound klasse, aber zumindest zu Beginn war das Publikum noch nicht drin. Erst zum Ende hin gab es etwas Bewegung im Pit. Kein Vergleich zu den teilweise ziemlich gewalttätigen Shows, die ich von der Band schon in UK gesehen habe. Die "Mainstream" Core Crowds auf dem Festland sind noch nicht bereit für die Band. In einer guten Welt würden die vor 2000 Leuten spielen und nicht As I Lay Dying.
Justice for the Damned - Habe ewig keine Deathcore Band gesehen und auch, wenn es absolut nicht mein Fall ist, war es doch spannend zu sehen, dass es solche Bands noch gibt. Ziemliches Geballer, viele Breakdowns, viel Show und Publikumsanimierungen. Junge Truppe, die noch etwas braucht, auch in ihrem Genre. Hab es eher von weit hinten verfolgt und kann wenig dazu sagen, ob die jetzt gut angekommen sind oder nicht.
Malevolence - Kamen dagegen zweifellos sehr gut an, einfach eine faszinierende Band. Fünf Dudes, von denen vier so aussehen als könnten sie geradeso ihren Namen schreiben und dann hauen die so einen Sound raus. Wenn die wollten, könnten die eine astreine Metalband abgeben, aber sie haben sich dafür entschieden, einen ultratsumpfen Metalcore Sound mit supergeilen Riffs abzuliefern. Alleine "Serpents Chokehold", was für ein Song, was für eine Arbeit der Gitarristen. Klasse. Die Crowd war auch voll dabei, massige Stage Dive Aktion und Singalongs. Für einen vernüftigen Pit war es einen Ticken zu eng, aber es war generell einfach viel los. Auch was Textsicherheit angeht konnte die Crowd überzeugen. Ich finde auch die Abwechslung zwischen den beiden Alben sehr schön. Während das erste Werk voll und ganz die groovige, aber stumpfe Coreschiene bedient finden sich in den Songs der zweiten Platten deutlich mehr Sludge Elemente. Crowbar lassen grüßen. Probs an dieser Stelle an den einen Gitarristen, der die cleanen Gesangsparts übernimmt und eine sehr druckvolle, tiefe Stimme hat. Darüber hinaus gab es Features, u.A. von einem Knocked Loose Mitglied. Mit "Self Supremacy" gab es auch einen würdigen Abschluss. Groß.
Knocked Loose - Sind wohl der heißeste Shit im Hardcore Bereich im Moment und auch zurecht auf Platz 1 der Kerrang Liste. Als ich zum ersten Mal vor einigen Jahren einen Track gehört habe, habe ich das nicht wirklich verstanden und auch heute finde ich, dass es mit Jesus Piece in dem Bereich eine Band gibt, die es besser macht. Darüber hinaus spielt ein Bandmitglied auch bei Inclination, in meinen Augen eine der besten Hardcore Bands im Moment, die es aber wohl aufgrund des Erfolges von Knocked Loose niemals nach Europa schaffen werden. Naja, die neue Platte "A Different Shade of Blue" konnte mich allerdings überzeugen und der Gig war beeindruckend. Da kann man nichts Anderes sagen. Knocked Loose werden niemals meine Lieblingsband, aber sie hatten die Crowd die vollen 50 Minuten Spielzeit komplett unter Kontrolle. Durchgehend Stage Dives, Singalongs, Chaos, das war eine absolut geile Show mit "All My Friends" als Höhepunkt, welches allerdings relativ früh gespielt wurde. Der Sound hätte besser sein können, für Matrix Verhältnisse war es allerdings okay und bei Hardcore Punk wirkt das Ganze auch nicht ganz so schlimm. Der Sound ist ultrastumpf und es ist faszinierend, dass man damit so viele Leute ziehen kann, aber er hat durchaus Stil und Groove und ist nicht mit Random Beatdown Band XYZ zu vergleichen. Der Sänger, der aussieht wie 16, mit seinem sehr hohen Shouts hebt sich auch von der Menge ab. Darüber hinaus gab es gute Ansagen im Bezug auf die LGBTQ Community und Gewalt gegen Frauen, leider mit viel zu wenig Applaus. Das Publikum scheint es nicht gewöhnt zu sein, dass Ansagen aus mehr als Shoutouts für andere Bands und Fragen nach dem Befinden der Crowd bestehen, sehr schade. Trotzdem ein astreiner Gig. Die Band steht verdientermaßen dort, wo sie ist. Auf der nächsten Tour einfach Inclination mit rüberbringen und ich bin ein sehr glücklicher Mensch.
There is panic on the streets
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