So, jetzt aber.
Weil das Thema häufiger vorkam, mache ich mal einen Rundumschlag was ich an dem Festival alles toll finde. Das fängt bei der
Orga an. Die Möglichkeit schon am Montag und Dienstag Bändchen und Einlasskarte zu besorgen, erspart ziemlich viel Stress und entzerrt die Menge an Leuten an den Bändchen zelten erheblich. Die dreifache Sicherheitsschleuse am Eingagn zum Forum sorgt dafür, dass es kaum zu nennenswerten Ballungen kommt und ich habe in drei Jahren nie mehr als (zusammengebnommen) fünf Minuten gebraucht, um aufs Gelände zu kommen. Die Securities mit denen ich zu tun hatte waren (ganz anders als bei anderen Festivals) freundlich und ihre Ansagen nachvollziehbar. Das Programmheft ist zudem wirklich eine ziemliche Hilfe und sehr detailliert, wenn man sich auf dem Gelände noch nicht auskennt. Ich kann verstehen, dass einige hier die Abreisesituation schwierig finden, was hauptsächlich mit dem fehlenden U-Bahn-Nachtverkehr in Barcelona zu tun hat. Die Shuttlebusse sind tatsächlich nicht allzu praktisch. Für mich wurde das tatsächlich einfach noch nie zum Problem, weil ich bisher immer solange geblieben bin, dass die Bahnen wieder gefahren sind oder den Weg zum runterkommen zu Fuß zurückgelegt hab. Ich weiß auch nicht wie viel handhabe da so ein Festival hat, wenn es darum geht Bahnen häufiger fahren zu lassen. Beim Lolla 2016 zum Beispiel war die Abreisesituation aber um ein vielfaches schlechter und das trotz deutlich besserem Nahverkehr.
Zum
Gelände: Das Forum ist für mich einfach das perfekte Gelände. Viel Beton auf dem es sich gut läuft (und sitzt) dazu die weiten Grasflächen vor der Primavera Stage, der Hidden Stage und vor allem im neuen Bits Gelände und die diversen Sitzmöglichkeiten quer übers Gelände. Selbst der Bereich um die Hauptbühnen wurde in den letzten Jahren mit der Tribühne extrem verbessert. Die vielfältigkeit des Geländes sorgt außerdem dafür, dass man nie wirklich von der Atmosphäre gelangweilt ist. Wenn man gerade kein Programm hat, kann man entspannt auf der Tribühne (an den Main Stagers oder der Ray Ban) sitzen, und aufs Meehr schauen, sich an der Adidas an den Hafen setzen, vom höchsten Punkt des Primavera Hügels die Bits beobachten oder am Hand bei der Bacardi unter den Palmen entspannen. Man findet einfach trotz des ganzen Trubels um die 12(!) Bühnen immer ein ruhiges Plätzchen. Am besten am Gelände finde ich aber immer noch die Bühnen (Ausnahme sind die Mainstages) die allesamt in 90% der Fälle einen satten, klaren Sound hatten und jede für sich selbst etwas einzigartiges bieten, sei es die Sitzmöglichkeit vor Primavera oder Ray-Ban, die Intimität der Adidas und der neuen Hidden Stage oder das Canyon Feeling bei der Pitchfork. Selbst die Bits Bühnen fand ich ziemlich cool, was Einbettung in die Umgebung und Aufbau anging.
Die
Besucher*innen sind ein eher zweischneidiges Schwert. Die absolute Mehrheit ist am Start um coole Konzerte zu gucken. Es gibt leider aber realtiv viele (Spanier*innen), die sehr viel quatschen. Dazu muss man vielleicht sagen, dass es in vielen teilen Spaniens als unhöflich gilt, leise zu sprechen, oder zu flüstern, weil man damit potenziell Leute vom Gespräch ausschließt. Es ist halt aber auch relativ arrogant seine eigenen Gespräche über das Konzerterlebnis anderer zu stellen. Es ist definitiv schlimmer als bei anderen Festivals, was aber sicher auch daran liegt, dass ich kein Spanisch/Katalan beherrsche. Auf einigen Konzerten in HH hab ich es aber auch schon ähnlich schlimm erlebt.
Preise: Man kann nicht wirklich was gegen die Preise auf dem Gelände sagen. Shirts für 18€, Pullis für 30€ sind Preise von denen man in DE auf Majors nur träumen kann. 2,50€ für ne Cola (0,33) und 2€ für ein 0,5 Wasser ebenfalls. Das Bier kostet an den Ständen das gleiche wie bei hiesigen Majors, ich kann halt mit Heineken genauso wenig anfangen wie mit Becks. Vollkommen unverschämt sind natürlich die Preise bei den laufenden Bierverkäufern (ich glaube 11€ für ein 0,5). Wenn man das nicht weiß, ist es natürlich ein ziemlicher Abfuck. Essen ist etwas teurer, als auf deutschen Festivals, insbesondere, weil die mesiten Portionen recht klein waren. Gefühlt hat die Qualität im Vergleich zu letztem Jahr etwas nachgelassen, was sicher auch daran lag, dass es meinen Lieblingsstand nicht mehr gab.
Abstriche gibts für die
Barsituation. Die Leute dort sind einfach unorganisiert wie sonstwas. Allerdings trinke ich generell recht selten was auf Festivals und wenn ich zwischen zwei Gigs unbedingt Wasser brauche, dann lauf ich kurz zu einer Bar wo nix los ist.
Zum wichtigsten: Den
Acts
Meine Top 5
1.
Spiritualized
Was für ein intensives Erlebnis. Man musste verdammt früh in der Schlange stehen, um Tickets zu bekommen, aber das hat sich allemal gelohnt. Präzise abgestimmte Darbietung von 30 (!) Leuten auf der Bühne. Kernband plus 14-teiliges Orchester und 6-Köpfiger Chor. haben alles aus der ohnehin schon grandiosen Mucke raus gekitzelt, was noch zu holen war. Ladies and Gentleman... war dann der absolute Fassungsverlust, was ich so bisher nur erlebt habe, als New Order "Love will tear us apart" gespielt haben. Tolle gemischte Setlist, der nur noch Come Together gefehlt hat. Kristallklarer Sound, obwohl die Lautstärke in Deutschland wohl zu mehreren (berechtigten) Anzeigen geführt hätte. Ich hatte Ohrstöpsel im Ohr, die 14db rausnhemen und es war immer noch zu laut.
2.
Nick Cave and the Bad Seeds
Phänomenale Live Präsenz. Hatte mit mehr neuen Songs gerechnet (die ich besser kenne) aber trotz vielen mir unbekannten Songs, bin ich zu keiner Zeit abgedriftet. Er schafft es einfach jegliche Stimmung zu kommandieren. Vom stechenden Drone bei Jesus Alone zum bombastischen Ende bei Jubliee Street war jeder Song fest in seiner Hand. Das Publikum, um mich rum war auch voll dabei. Als er dann die Fans auf die Bühne geholt hat, konnte man klar sehen, was für eine Ausstrahlung dieser Mensch hat. Die Leute kamen teilweise gar nicht mehr klar. Das Ende mit Jubilee Street - Deanna - Stagger Lee und Push The Sky Away sucht seinesgleiche.
3. Unentschieden zwischen
Idles und
Oneohtrix Point Never
Beide Konzerte waren auf ihre Art fantastisch. Idles haben 45 Minuten lang alles abgerissen, was je stand. Dazu kommt, dass ich die Band für ihr Feld für sehr reflektiert halte. Verglichen mit dem stumpfen Quatsch den das Genre sonst oft hervorbringt, war das schon relativ pointiert, wenn natürlich auch keine politische Offenbarung.
Oneohtrix Point Never war wahrscheinlich das absolute Gegenteil was die Musik angeht. Fast nur neues Album, daher viele eher ruhige Passagen, aber eine krasse individuelle Präzision. Das Ganze kam nicht (wie ich eigentlich erwartet hatte) von einem Mixdeck, sondern von insgesamt vier Musiker*innen, die mit 3 Synths, Beatmaschinen, Drums, Verzerrern und diversen Manipulationssounds (Geigenbogen auf Mikrofonkopf etc.) einen dichten Klangteppich gebastelt haben. Dazu sehr unterschiedliche Visuals, mal post-apokalyptisch, mal grotest, mal verstörend. Leider stellenweise zu leise, aber wer von der Orgel am Ende von Chrome Country nicht begeistert war, hat Musik nie geliebt.
5. Unentschieden zwischen
Slowdive und
The National
Slwodive: Sound, Setlist, Performance, Crowd, Stage, Setting, es hat einfach alles gestimmt. Lediglich der Umstand, dass das jetzt mein drittes Konzert innerhalb von 14 Monaten war, hat das ganze etwas abgewertet. Aber Golden Hait bläst mich jedes Mal wieder weg.
The National: Hier krankte es etwas am technischen. Ein wenig zu leise und stellenweise hörte man die Gitarren der Sleep Well Beast Songs nicht so, wie sie sonst klingen. Darüber hinaus war es ein tolles The National Konzert mit einer Hitlastigen Setlist, vielleicht einem Hauch zu viel neuen Songs auf einmal, aber mit About Today und Rylan wieder mal zwei absoluten Highlights.
Außerdem Gesehen
(Sandy) Alex G: Cooler Typ auf jeden Fall. Die Bühne war viel zu groß, aber das hat er gut gemeistert. In nem kleineren Kontext hätte ich da noch mal mega Bock drauf
Hinds Werden auch immer besser. Cooler Surfrock der in ihrer Heimat natürlich noch mal besser funktioniert hat. Hat Bock aufs Dockville gemacht
Vagabon Unter 25 Min war schon extrem kurz.Wäre vielleicht auf der Adidas besser aufgehoben gewesen, so war es eine eher spärliche Crowd
Lift to Experience wirkten etwas steif (haben wohl auch länger nicht mehr gespielt, aber haben ansonsten gut abgeliefert.
Let's Eat Grandma Mensch, sind die sympatisch. Hat viel Spaß gemacht, auch wenn ich nur zur Hälfte da war.
Four Tet Tolles Set mit riesigem Dance Potential. Mussten uns aber auf halbem Weg durchs Set, um jemanden kümmern, der ne Wasservergiftung hatte und haben deshalb nur ca. die Hälfte gesehen.
DJ Koze Hatte zwar Bock aber da war die Luft bei mir leider raus. Seine Art Sets sind ja meist nach hinten raus am großartigsten, deshalb möchte ich da nicht weiter drüber urteilen, weil ich nach 2/3 gegangen bin.
The Blaze überraschend gut! Coole Show mit den Leinwänden auf der Bühne und dem Licht/Schatten Spiel. Die Mukke wirkte Live auch nicht ganz so monoton wie auf Platte. Guck ich beim Melt/Dockville sicher noch mal.
Rolling Blackouts Coastal Fever Cooler Indie-Rock, nicht mehr, nicht weniger. Hat Spaß gemacht und war sehr tanzbar. Allerdings hab ich dank Alkoholverzicht am Samstag nicht so frenetisch reingefunden, wie der Rest hier
Lindström Perfekter Abschluss des Festivals. Sehr tanzbares Set mit vielen Highlights. Dieser Norwegische Disco Kram kriegt mich ja immer.
Björk Das war nix. Das Set war zu stark von Utopia geprägt, was mir nicht sonderlich gefällt.
Anna von Hausswolff Von der Primavera wehte immer wieder Sound rüber, der die geschlossene Atmosphäre gestört hat, die dieses Konzert gebraucht hätte. War ansonsten ganz cool, aber hat Stilmäßig auch ein zu großes Loch gerissen, als dass ich mich gut hätte reinfinden können.
Belle & Sebastian Hätte besser sein können, wenn ich nicht so K.O. gewesen wäre. Hab dann lieber noch die letzte Bahn genommen.
The War on Drugs Solide abgeliefert. Die Songs sind Catchy, aber so Tom Petty Rock, wird wohl nie meins. Trotzdem gutes Set
Warpaint hatte ich irgendwie gar nicht auf dem Schirm. 2014 zwei mal gesehen und es war damals sehr cool. Dann komplett aus den Augen verloren und irgendwie in der einen Stunde nicht wieder rein gekommen.
Nils Frahm Ich werd nicht warm mit All Melody. Es war schön, aber die Sets auf dem Dockville 2014 und Melt 2015 waren einfach deutlich besser.
Father John Misty Ich mag Pure Comedy nicht, deshalb waren die Songs ein kleiner Bruch für mich. I Love youHoneybear kenn ich nicht gut geng, der Titeltrack und Ideal Husband waren aber klasse. Sonst einfach eine coole Show einer geborenen Rampensau.
Charlotte Gainsburg Vielleicht die Überraschung für mich. Hatte ein eher ruhiges Set mit einigen Ausbrüchen erwartet. Stattdessen ein durchweg gut ballerndes Set mit erstaunlich vielen Songs, die ich wiedererkannt habe.
Arca ich kann ja soundmäßig einiges ab, aber das war mir zu weird
Grizzly Bear Drei Teile. erste 20 Minuten: Mieser Sound an meinem Platz, gefühlt hatten die gar keinen Bock. zweite 20 Minuten: Beim pinkeln gehen über einen vollgedruggten Engländer gestolpert. Mit anderen aus dem Gebüsch gezogen, hingesetzt, Zustand gecheckt, Wasser gegeben, kurz noch aufgepasst, dass nix passiert. Dritte zwanzig Minuten: von rechts nach ganz vorne geschlichen (war viel Platz weil AM kurz danach angefangen haben) und die letzten drei Songs genossen. Die waren es allerdings auch wert.