Bevor ich mich an den Großbericht zum Sziget wage, hier noch 2 kleinere Festivals in der Heimat, die ich in diesem Sommer besucht habe.
Am 20.07. ging es für mich zum
Seepogo Festival nach Münster (Selters), einem kleinen und beschaulichen Waldfestival im Heimatkaff meiner Freundin. Der musikalische Fokus ist (zu meinem Leidwesen) sehr auf Punk ausgelegt, ganz selten spielen auch mal 1-2 Metalbands, die ich dieses Jahr jedoch verpasst habe. Dennoch erfreut sich das Festival jedes Jahr einer wachsenden Beliebtheit. Man war dieses Jahr auch fast ausverkauft. Die Organisation ist auch jedes Jahr top, lediglich die Essensauswahl ist etwas eingeschränkt, wobei für weitere Essensstände auch einfach der Platz fehlt. Gesehen habe ich:
Faintest Idea: Irgendwie habe ich in den letzten Jahren eine Abneigung gegenüber Ska entwickelt. Ich kann sowas einfach nicht mehr hören. Hier gab es zwar Ska-Punk, was immerhin nicht ganz so schlimm ist. Dennoch habe ich schnell das Weite gesucht.
Ducking Punches: Ich steh ja total auf diesen Folk-Punk von The Menzingers, frühe The Gaslight Anthem & Co. Der Auftritt ging in die selbe Richtung, hat mir dementsprechend richtig gut gefallen. Bester Gig des Tages!
Smoke or Fire: Ist irgendwie nicht viel von hängengeblieben. Normaler Punk-Rock bzw. Pop-Punk. Plätscherte so vorbei.
Get Dead: Hier wurde der Punk wieder härter, was mir mehr zugesagt hat. Zudem gab es ein Cover von
"I Wanna Be Your Dog", worüber ich mich sehr gefreut habe.
CJ Ramone: War der Sänger und Bassist der Ramones in deren Spätphase. Ob aus dieser Phase auch Songs gespielt wurden, weiß ich nicht, aber alle Ramones-Klassiker der ersten Alben waren dabei. Ich bin jetzt kein Riesen-Fan, aber ist schon ganz cool, ein paar dieser Songs mal live zu hören. Im Publikum gings auch ordentlich ab und die Dorfjugend, die sonst nicht so viel mit Punk anfangen kann, war froh, auch mal ein paar Songs mitsingen zu können.
No Fun at All: Melodic Hardcore aus Schweden. Der Zuschauerbereich war sehr gut gefüllt und die Leute hatten ihren Spaß. Mein Fall war es nicht, weshalb ich mich auch nach einer halben Stunde auf den Heimweg begeben habe.
War also wieder ein schönes Festival. Ein wenig mehr musikalische Abwechslung beim Booking wäre für mich zwar nicht schlecht, aber ich gehöre auch nicht unbedingt zur Zielgruppe. Werde dennoch im nächsten Jahr wieder dabei sein.
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Am letzten Wochenende war ich beim
Spack! Festival in Wirges. Ist eigentlich auch nicht weit von meinen Eltern weg, dennoch war es mein erster Besuch dieses Festivals und vermutlich auch der letzte, da angekündigt wurde, dass man im nächsten Jahr erst mal nicht weitermachen wird. Das liegt aber wohl eher an persönlichen Gründen des Veranstalters, denn der Verkauf lief auch hier sehr gut. Ursprünglich mal als Punk-Festival gestartet hat sich der Fokus in den letzten Jahren nahezu komplett auf Deutschrap verschoben, wobei der Modus Mio-Sound eher ausgeklammert wird. Es gibt zudem noch eine Electro-Stage mit House- und Techno-DJs, die jedoch aufgrund der Hitze meist erst in den Abendstunden stärker besucht war. Ansonsten auch hier eine Top-Organisation, bei der es nix zu meckern gab.
Freitag:
OG Keemo: Hab nur noch den letzten Song gesehen und das auch nur von der gesperrten Straße aus, von der man übrigens eine Top-Sicht hatte, sodass man sich als geiziger Mensch auch ohne Ticket bestimmt einen schönen Abend hätte machen können. Hab Keemo dieses Jahr schon 2x gesehen und nehme auch die November-Tour mit, sodass der verpasste Gig verschmerzbar ist.
Chefket: Mit den Trap-Anleihen auf seiner letzten Platte hat er sich keinen Gefallen getan. Es klingt einfach nicht gut. Abgesehen davon immer noch ein sehr guter Live-Rapper und -Sänger, dem eigentlich nur ein paar große Hits fehlen, um richtig durchzustarten. Zu Anfang und Ende des Konzerts wurde er nur vom Klavier begleitet, vor allem der erste Track mit Ansagen gegen Fremdenfeindlichkeit und dem Leben als Deutschtürke in Deutschland war richtig stark. Dazwischen gab es die üblichen Hits mit
"Rap & Soul" als klarem Highlight, bei 2 Songs wurde er auch noch von einer richtig guten Sängerin begleitet. Starker Auftritt.
Juju: Hatte hier nur einen 30-Minuten-Slot, vielleicht sind längere Slots nach dem Erfolg der Platte mittlerweile zu teuer. Hat aber auch locker ausgereicht für die großen Hits der Platte. Das Publikum ist natürlich komplett ausgerastet und Juju liefert live auch sehr gut ab. Bester Auftritt des Tages!
Gzuz: Nach den ganzen Vorwürfen zu häuslicher Gewalt und sexueller Belästigung stehe ich seiner Person eher skeptisch gegenüber. Zwar sind solche Vorwürfe gegenüber Gzuz nicht neu und sein Vorstrafenregister spricht Bände. Dennoch beschäftigt man sich eher mit sowas, wenn die Vorwürfe aktuell sind. Dementsprechend zurückhaltend bin ich an das Konzert rangegangen, aber irgendwie wars dann doch wieder ziemlich geil. Ich feier diesen primitiven Assi-Rap halt schon ziemlich. Mit LX und Maxwell waren auch noch 2 hochkarätige Feature-Gäste dabei, sodass neben den reinen Gzuz-Songs auch noch der halbe 187-Backkatalog mit aufgerollt wurde. War schon ein guter Gig, meine moralische Standhaftigkeit sollte ich dennoch vielleicht mal hinterfragen
Dendemann: Leider war der Auftritt ziemlich langweilig. Gerade zu Beginn kamen sehr viele Songs der aktuellen Platte, die mir gar nicht gefällt. Rein fachlich kann man ihm nix vorwerfen, weil er schon spannende Geschichten erzählt und das Einbinden von fremden Beats (hier
"Warum?" von Gzuz) auch ziemlich amüsant ist. In dem Moment konnte ich mir das aber nicht geben, sodass wir auch nach 30 Minuten gegangen sind. Im Publikum war auch wesentlich weniger los als bei Gzuz.
Samstag:
Weekend: Einer der wenigen VBT-Rapper, die es tatsächlich geschafft haben, auch im Mainstream was zu reißen. Mir persönlich ist das oft zu viel gute Laune, aber live hat das schon Spaß gemacht, da Weekend es wunderbar schafft, das Publikum in den Auftritt miteinzubeziehen. Sein VBT-Kollege Pimf war als Backup mit dabei. Leider war die Crowd aufgrund der unerträglichen Hitze eher überschaubar.
Jephza: Im Anschluss auf der kleinen Bühne mitgenommen. Klang nicht verkehrt, gab auch starke Ansagen gegen die AfD. Hab den Auftritt aber eher im Hintergrund verfolgt.
Olexesh: Ist musikalisch nicht so meins, da den Straßenbrettern immer noch ein wenig der letzte Druck fehlt, sodass diese auf Dauer ziemlich eintönig klingen, während die wenigen Modus Mio-Stücke einfach nicht gut klingen, da Olexesh auf Autotune verzichtet und seine Singstimme zu dünn ist, um eine Ohrwurm-taugliche Hook zu zaubern. Hatte zudem ein wenig auf Features des 385i-Labels gehofft und wurde leider enttäuscht. Sind deshalb auch früher abgehauen.
Bosca: Klassischer Straßenrap mit wenig Gangsterattitüde und mehr Sozialkritik. Eigentlich nicht so mein Fall, aber Bosca hatte eine sehr emotionale Vortragsweise, die mich ziemlich mitgenommen hat. Man hat ihm die Freude darüber, auf dem letzten Spack! auftreten zu können, wirklich angemerkt, was den Auftritt deutlich aufgewertet hat. Busenkumpel Vega kam natürlich auch noch für ein Feature vorbei. Überraschend guter Gig.
Kool Savas: Höre ich privat auch gar nicht, die letzten Alben mit Songs voller schmachtender Gesangs-Hooks kann ich mir auch nicht geben, aber er ist schon eine Deutschrap-Legende und reißt live auch gut ab. Neuere Songs gab es natürlich trotzdem, aber auch ein großes Medley mit vielen Klassikern aus der alten Optik-Zeit. Sowas im Jahr 2019 zu hören, mutet zwar schon irgendwie merkwürdig an, aber mit einem Augenzwinkern geht das auf jeden Fall klar.
Schade, dass es die vorerst letzte Ausgabe war. Mir persönlich ist der Fokus auf NUR Deutschrap zwar etwas zu eintönig, aber für die Fans wird hier schon einiges geboten. Bei einem Comeback würde ich auf jeden Fall einen erneuten Besuch in Erwägung ziehen.