Sooo Review Time. Ich hätte es wirklich nicht gedacht, aber ich hatte ein (fast) restlos tolles Wochenende.
Ich fang mit den
negativen Sachen an, denn die sind sehr viel schneller abgehandelt.
- Die schon beschriebene Übergriffigkeit auf der Party am Freitag hat mich zwischenzeitlich unfassbar wütend gemacht. Was ich in den Clubs in die ich gehe für eine Komfortzone genieße, war mir nicht klar. War kurz davor jemandem eine reinzuhauen.
- Das Essen war als Vegetarier ziemlich mieß. Es gab einen Bratwurststand plus die in der Anlage vorhandenen Restaurants (gutbürgerlich/Italienisch/American Diner). Pizza beim Italinier auf die Hand war grauenhaft, das Diner überteuert und der vegane Wrap war literally ein Salat mit nem Tortilla drum. Vllt aber auch einfach nur die falschen Läden genommen, insgesamt auch verschmerzbar bei nem Festival.
- Abreise Samstag war etwas chaotisch. Nach Tocotronic kamen wir mit der Ausfahrtskarte, die es am Einlass gab einfach nicht aus der Schranke. Erst ein Anruf bei der Technik hat das gelöst.
neutral
- Das Gelände und die Bühnenverteilung gingen für jemanden, der noch nie da war, nicht so recht aus der Karte hervor
positiv
Vom Großteil des Publikums war ich was die Konzerte angeht sehr positiv überrascht. Hatte viele Stories über Gelaber und Desinteresse bei kleinen Bands gehört, Befürchtungen dahingehend wurden aber nicht bestätigt. Gerade die kleinen Acts wurden ziemlich gefeiert.
Corona Regeln wurden völlig unaufgeregt und effizient umgesetzt, 3G Check ging immer super schnell, nur bei wenigen Konzerten (bzw. vor allem der Party) wurde es eng, bei Strand und Wohnzimmerkonzert galt Maskenpflicht. Alles perfekt organisiert und kommuniziert.
Ich habe kein einziges schlechtes Konzert gesehen. Selbst Thees Uhlmann, so sehr sein Gelaber nervt, war eigentlich ganz schön. Durch die Kurzen Wege lohnt es auch eigentlich immer, nach einem Konzert ins Zelt zu schauen und noch mindestens 30 minuten mitzunehmen.
In chronologischer Reihenfolge gesehen habe ich:
Freitag
Betterov (Möwenbräu) - gleiches Set wie im August beim Gig auf dem Dockville Gelände. Diesmal aber im kleinsten Raum alles natürlich viel näher und direkter und genau das hats gebraucht um zu zünden. Starker Start.
Die Kerzen (Alm) - Hab mehrere persönliche Verbindungen zu der Band, war also eigentlich Pflicht. Kannte kaum Songs und den einen den ich sehr mag, haben sie nicht gespielt. Trotzdem gut Spaß gehabt, war auch nicht davon ausgegangen, dass der oft sehr kitschige 80s lastige Dream Pop beim Publikum so gut ankommt.
Element of Crime (Zelt) - War nur etwa 1/4 des Sets gespielt. Kenn die Band ja eigentlich nicht so gut, hab dann aber genau einen Abschnitt erwischt, wo ich fast alles kannte. Vor allem Ein Hotdog unten am Hafen hat mich sehr gefreut.
Blumfeld (Baltic Festsaal) - Nie viel mit am Hut gehabt, war dementsprechend auch einfach nicht aufgelegt nach dem schwofen bei Element of Crime.
Thees Uhlmann (Zelt) - Tome Songs kamen erst in der Zugabe, haben aber für einiges entschädigt. Ich mag seine Solosachen auch teilweise immer noch gern. Aber auf dem neuen Album sind einfach zu viele Songs, die wirklich Mist sind. Was mich an seinen Gigs stört, ist dass sie für mich richtig toll sein könnten, aber es nicht sind, weil dann Songs wie Avicii oder Ich bin der Fahrer... kommen.
Samstag
Cassandra Jenkins (Baltic Saal) - Absolutes Highlight des Festivals. Sophisti-Pop ala Destroyer mit unglaublich viel Atmosphäre. Zwischen intimen Singer-Songwriter Passagen und dreamigen Soundflächen wars perfekt abgestimmt. Der Build-Up bei Hard Drive hat mich mit zwei Jahren verlorengeganger Konzertemotionen überrumpelt, krieg jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.
The Screenshots (Alm) - Das komplette Gegenteil des Gigs davor, aber auch richtig stark, wie eigentlich immer. Set war bunt gemischt und dazwischen sehr viel witzige Blödelei.
Big Joanie (Alm) - Punk ala the Clash, ohne große Schnörkel. Kam richtig gut an und die Ansagen zu Antirassismus und Kampf gegen sexuelle Gewalt haben stürmischen Beifall gekriegt. Und die Sängerin hat einfach eine fantastische Stimme und eine Art sie einzusetzen, die den Songs noch mal einen ganz anderen Drive gibt.
The Undertones (Zelt) - Nur kurz reingeguckt. Weit weniger knirschig als ich das bei ner 70er Jahre Punkband erwartet hätte.
Tocotronic (Zelt) - Das "Hamburg Years" Set war ein Traum. All die Songs, die ich immer mal hören wollte wie "Ich verabscheue euch wegen eurer Kleinkunst zutiefst" und "Michael Ende, du hast mein Leben zerstört" waren dabei. Perfekter Abschluss und nach Cassandra Jenkins das zweitbeste Konzert.