Bei mir war es das vierte Melt in 6 Jahren (nach 2014/15 und 17) und das, wo eher gemischte Gefühle überwogen haben. Das Lineup sagte mir wegen des hohen Rapanteils nur mäßig zu, mein Plan war ja, das einfach mit parallelen Acts auf den anderen Stages auszugleichen und zu hoffen, dass möglichst wenig typisches Splashpublikum am Start war. Letzteres passte soweit auch, das Publikum war Melt-typisch sehr angenehm, dieses Jahr noch internationaler und diverser als sonst. Da gab es durchweg keine Probleme, wenngleich ich den Hang einzelner zu übertriebenem Drogenkonsum immer etwas kritisch finde.
Die Anreise Freitag war relativ einfach und wir haben einen entspannten Platz beim campen gefunden. Man hat da schon gesehen, dass es deutlich voller war als sonst, im Vergleich zum Full Force, wo ich vor drei Wochen war, waren die Campingflächen deutlich gefüllter. Die angesagte Zahl von 23-25.000 Leute würde ich nach Augenschein auch so einschätzen. Durch die Geländegröße hat man das jedoch nicht so wahrgenommen und auch beim Essen/Trinken gab es eigentlich nie mehr als 10 Min Wartezeit. Erster Act Freitag war
Nilüfer Yanya. Schon mal gesehen beim Popkultur macht diese recht melodischen Gitarrenrock. Keine Musik, die jetzt besonders herausragt, jedoch ideal für gemütliche Festivalauftritte. Falsch eingeschätzt hatte ich im Vorfeld
Cari Cari, abgespeichert unter Indietronic, was kompletter Blödsinn ist. Das sind jedenfalls Österreicher, die eine Art ironischen Blues/Stoner/Wüstenrock spielen. Für Fans von Black Mountain und Co. Überraschenderweise war das sehr, sehr gut, auch wenn einige mir hier widersprechen würden. Danach ging es zu
Elderbrook. Tanzen am Strand. Musikalisch nicht behalten, nur das es auch ziemlich gut war. Überraschend war dann auch der (kurze) Besuch bei
Stephan Bodzin auf der Big Wheel Stage, oder das was davon übrig war. Die Grundidee einer 360-Grad Bühne, damit es von allen Seiten ballert ist natürlich geil, man hat sich nur m.E. arg im Platz verschätzt. Ist halt schwer, sich zu bewegen, wenn dafür kein Platz ist. Danach etwas herumstreifen: kurz Giant Rooks, deren Indiemädchensound mich so gar nicht begeistern konnt, kurz Lemaitre, die einfach nur peinlich waren, dann 30 Sekunden RIN im Vorbeigehen (hier kann man mal die Frage stellen, wieso man so einen sexistischen Müll bucht, wenn man den Anspruch vom Melt hat) und dann zu
Sudan Archives. Diese war sehr experimentell (geloope Sounds einer Violine + darüber singen) und anstrengend. Ich kann jeden Menschen verstehen, der von sowas bei einem Festival am Strand einfach nur genervt ist. Publikum war jedoch überraschend dankbar und hat es gut aufgenommen, selbst fands ichs auch eher gut. Kurz
Jorja Smith für 2-3 Songs: Guter Auftritt und Sound, musikalisch jedoch nicht meine Baustelle, und auf Empfehlung zu
Giant Swan, deren Noise-Störgeräusche dafür gesorgt haben, das auf der Big Wheel wirklich mal Platz war. Nach 10 Minuten dann entnervt weiter zu
HVOB, die beim Melt 2017 nur so semi-gut waren. Dieses Mal am Strand mit perfektem Sound, aber eben auch dem typischen HVOB-Problem. Es ist halt sehr simpel und nach einiger Zeit immer das gleiche. Dann war es auch schon 1 und
Modeselektor begannen - dieses Mal auf der Hauptbühne. Das war sehr krass, weil laut. Eine Stunde Technogeballer samt Gastauftritten (Flohio, Catnapp). Der Tag wäre also als Fazit sehr gut gewesen, hätte ich nicht auf dem Campingplatz völlig unbegründet wegen einer Lapalie Stress mit einer Securityglatze gehabt, die dann auch direkt mein Bändchen abschneiden wollte. Fuck You an dieser Stelle nochmal. Leider war die Nummer von dem Assi nicht zu sehen.
Samstag war ja eigentlich als Haupttag eingeplant, mit Monolink, David August, evtl. Four Tet und zumindest aus Interesse mal Stormzy. Am Ende habe ich von diesen genau 0 gesehen. Das es Unwetter geben würde, war schon in den Tagen davor angesagt worden. Gegen 21.40 gab es dann die Durchsage, dass das Bühnenprogramm erstmal unterbrochen wird und es in 20 Minuten wohl gewittert. 21.45 wurde das Gelände evakuiert. Nur: Wohin eigentlich. Bis zum Campingplatz sind es 35 Minuten zu Fuß durch einen Wald und auch dann ist man auf offenem Feld. Shuttlebusse gab es genau 4, die ein Mal fuhren. Man hatte also keinen Plan, außer die Leute aufzufordern, zu gehen. Tolle Leistung. Zum Glück war es nur ein kleineres Gewitter - da hätte auch mehr passieren können. Bin dann trotzdem zum Campingplatz: Zelt samt allem Kram unter Wasser. Toll. Dadurch dann keinen Bock / Zeit mehr für das verschobene Programm gehabt. Kleiner Orgapluspunkt ans Melt dafür, Leuten, die es brauchten, Ersatzzelte zu stellen. Orgaverbesserungsvorschlag: Wenn ihr schon alles per App macht, dann sorgt doch bitte für WLAN auf dem Gelände. Pushnachrichten schicken, die nicht ankommen ist dann doch eher sinnfrei. Gesehen habe ich am Samstag so nur
Mahalia (ganz nett) und irgendwie gezwungenermaßen
BLVTH. Der ist für Hayiti eingesprungen, die am Tag vorher für Agar Agar eingesprungen ist, die eigentlich eines meiner Highlights gewesen wären. BLVTH jedenfall war unfassbar scheiße. Autotunesingsang der übelsten Sorte, selbst in den Ansagen wurde dieser Mist angelassen. Ich hab mich die letzten 35 Jahre meines Lebens immer für zu unbegabt für jegliche Form von Musik gehalten - der Auftritt hat gezeigt, dass man einfach nur irgendeinen Müll in ein getuntes Mikro labern muss und irgendwer findet das dann schon gut. Kurz sind wir noch zur Sensi-Stage, einer gehäkelten (!) Bühne im Wald, wo eigentlich durchweg gute Musik lief, aber irgendwie viel zu selten unser Ziel war.
Nach dem Zeltdisaster war dann eigentlich für Sonntag Abreise bei mir geplant. Hatte schlichtweg keinen Bock mehr. Gleichzeitig war ich aber auch zu faul, meinen Kram allein irgendwo hinzuschleppen, also noch den Sonntag irgendwie durchgezogen. Erste Station war dann Shanti Celeste auf dem Sleepless Floor. War gut. Kurz danach mal wieder etwas Diskussionsunsinn mit einem Security zwecks Einlass gehabt (es war eine Kleinigkeit, aber einmal mehr: Hier stimmte nichts in der Abstimmung). Schließlich zu
Parra For Cuva. Sehr schöner, chilliger Elektro am Strand. Leider mit zwei Soundausfällen, was der Stimmung aber keinen Abbruch getan hat.
FKJ danach war handgemachter French-House-Elektro mit Gitarren etc. schwankte zwischen eher anstrengend und doch ganz gut. Mit "I am Your Fitness Instructor" begrüßte uns dann Mike Tyson a.k.a. Skepta auf der Hauptbühne. Guter, Energy-geladener Auftritt, zwar auch nicht meine Baustelle und die Batterien waren unten, als "mal gesehen" Erfahrung jedoch okay. Nach ihm spielte
Bon Iver auf der Bühne. Bekanntermaßen alles andere als eine Band, die ich mag. Jedes reinhören aufgrund von "nervig" nach 2-3 Minuten abgebrochen. Erwartunghaltung: Entweder richtig schlimm oder doch gut, schließlich wollte da jeder meiner Mitfahrer aus unterschiedlichsten musikalischen Richtungen hin. Fazit: Es war schon sehr schön, Fan werde ich nicht. Nach meinem Gefühl hat Bon Iver zwei verschiedene Stile: Recht angenehmen Indierock mit gutem Gesang (damit hat er mich gekriegt) und unfassbar anstrengendes Autotune-Elektrogefrickel. Letzteres hatte ich vorab gehört und richtigerweise immer wieder abgebrochen. Es gab einen ständigen Wechsel aus beiden, sodass es dann immer wieder passte. Ich versteh Leute, die sagen, dass es nicht stimmig war, weil schon arg stilwechselnd, aber so hat es mir z.b. dann doch ziemlich gefallen. Die Lichtshow dazu war sehr beeindruckend. Eigentlicher Abschluss sollte Arca sein. Wie ich erst ca. 1 Stunde vor dem Auftritt erfahren habe (danke fipsi), ist aus dem Produzenten, dessen erstes Album ich mal rezensiert hab mittlerweile eine Produzentin geworden. Der Auftritt ging 10 Minuten zu spät los und begann damit, dass sie erstmal eine gute Weile Soundcheckmäßig irgendwelchen Mist zu Störgeräuschen so laut ins Mikro brüllte, dass es selbst arg weit hinten zu laut war. Noch in einigermaßen angenehmer Stimmung von Bon Iver war mir das dann einfach zu blöd und es ging gen Heimweg.
Danke an dieser Stelle an die Forengruppe (Thomzorke, Nilo, fipsi) fürs dabeisein und kurze Grüße an therewillbefireworks. Mille Grazie