Ich verlager das mal hierher:
Stebbie hat geschrieben: ↑Di 23. Okt 2018, 20:13
Hoffmann soll ja von Anfang an nicht vollends von Titz überzeugt gewesen sein, sah sich aber nicht in einer Position Titz nach der positiven Stimmung im Sommer auszuwechseln - jetzt hat er die Möglichkeit.
Richtig. Und genau so lief es auch bei Slomka und Labbadia. Man kannte das Problem und macht den selben Fehler wieder, schleppt den Trainer durch, den man eigentlich nicht wollte, um ihn dann nach ein paar Spielen zu entlassen. Hoffmann und Becker wollen keinen "Beliebtheitspreis", warum handeln sie dann nicht vor der Saison? Vermutlich, weil eine Entlassung damals das Machtstreben des Noch-Präsidenten zum VV und die Versuche, begehrte eigene Spieler trotz Abstieg zu halten erschwert hätte.
Dann sollte man aber mMn auch konsequent hinter dem Trainer stehen und diesem nicht bereits nach dem ersten größeren Rückschlag (Regensburg) vollkommen die Rückendeckung entziehen. Die Bayern-PK war in vielen Punkten oberpeinlich, aber sie hat Druck von Trainer und Team genommen. Beim HSV schaut der Vorstand den Zündeleien von BILD, Magath, Jovanov & Co. entspannt zu und gießt noch genüsslich Öl ins Feuer. Sehr hilfreich, wenn eine eh schon unter gigantischem Druck stehende junge(!) Mannschaft noch weiter verunsichert wird.
Generell sollte man sich nicht zu sehr vom Tabellenplatz täuschen lassen. Nominell sind Rang fünf bei nur zwei Punkten auf den Tabellenführer nicht schlecht und nahezu im Soll, aber der Weg dorthin war keineswegs positiv, denn es wurde keineswegs "wieder so etwas wie Fußball gespielt". Jahn Regensburg und Holstein Kiel haben - als mittelmäßige Zweitligateams - die Schwachstellen klar aufgezeigt, und die Siege waren zwar nicht alle unverdient, aber dennoch auch mit einer gehörigen Portion Glück (Sandhausen) und vielfach Resultat der individuellen klasse, wie beim Hattrick von Lasogga gegen Heidenheim. Offensiv ist der HSV trotz des Personals einfach Mittelmaß und zuletzt nahezu nicht-existent - und selbst im Pokal gab es ein zähes 5:3 gegen Erndtebrück.
Das sehe ich einfach anders. mMn wurde hier letzte Saison zu schnell die Erwartungshaltung ins Unermessliche getrieben. Verglichen mit dem "Hoch pressen, hinten sicher, nach vorne hoch und weit, und wehe, wir müssen das Spiel machen" der letzten Jahre war das für mich sehr wohl "wieder so etwas wie Fußball". Die Offensive läuft zur Zeit nicht rund, keine Frage, aber für mich liegt das nicht an der Taktik, sondern daran, dass die Spieler oft in Situationen vor dem 16er die falsche Entscheidung treffen bzw. allgemein die Vorgabe das Tempo hochzuhalten gerade zuhause nicht dauerhaft umsetzen können. Das liegt natürlich auch in Titz' Verantwortung, aber mMn hätte er da viel mehr Geduld verdient gehabt.
Statistik ist ja auch immer so eine Betrachtungssache, nimmt man nur die letzten beiden Spiele mit 4/6 Punkten, dann sieht der Trend plötzlich ganz anders aus, als wenn man die letzten 6 Spiele betrachtet. Da kann man endlos diskutieren, genau wie, ob es jetzt Glück oder Effizienz (Sandhausen) und Unvermögen oder Pech (Kiel) waren, wie manche Spiele verlaufen sind.
Die Probleme "Balance Offensive-Defensive", "lahmendes Offensivspiel", "individuelle Klasse/Glück statt Sahnefußball" lassen sich doch 1:1 auch auf den Effzeh übertragen, der mit wesentlich teurerem Kader auch noch kein Spiel 90 Minuten überzeugt hat - trotz selbiger "mittelmäßiger" Gegner. Selbst der Bundes-Jogi hat noch kein Rezept gefunden, wie man extrem tief stehende Mannschaften souverän schlagen und gleichzeitig gefährliche Konter unterbinden kann. Die anderen Konkurrenten oben, v.a. Pauli und Fürth spielen absoluten Anti-Fußball, für den jeder HSV-Trainer mit diesem Kader zurecht in der Luft zerrissen werden würde.
Einige Kritikpunkte an Titz ("Risiko Torwartspiel","PML10 muss in die Startelf","zu nett","zu viel Rotation","lässt Sakai/Hunt/Holtby spielen") halte ich zudem für völlig überzogen bis lächerlich.
Wenn der HSV nicht aufsteigt, dann hat er ganz andere Probleme als die Abhänge von Becker und Hoffmann - das ist ja gerade die Angst, die den Verein antreibt.
100% Zustimmung. Mit der Entlassung ist der Druck aber nur nochmal gigantisch gestiegen. Bisher hatte man die Geduld der Fans auf seiner Seite. Nun gehen Hoffmann und Becker All-In, kann man machen, mMn wird der Aufstieg durch die Entlassung aber nur noch schwerer gemacht. Wolf muss nun sofort liefern, eine lange Eingewöhnungszeit wird und kann ihm niemand gewähren, sonst wird man in der Tabelle zügig durchgereicht.
Liest man sich Beschreibungen zu Wolf aus Stuttgart-Zeiten durch (die VFBler hier im Forum dürfen gerne korrigieren) klingt das eigentlich wie Titz, nur jünger inkl. der selben möglichen Kritikpunkte ("zweite Liga nur wenige überzeugende Siege, wenn dann eher individuelle Klasse","defensiv erst wacklig, dann sicher, dafür fehlten dann offensiv Ideen","bevorzugt gutes Passspiel","kann gut mit den jungen","mag lieber Techniker in der Sturmspitze, als Stoßstürmer","netter Typ"). Auch Becker konnte da heute in der PK nicht viel ergänzen, außer, dass er unbedingt zuschlagen wollte, bevor jemand anderes das "Top-Trainertalent" holt.
Natürlich entwickeln sich Trainer weiter, gerade junge, ich halte viel von Wolf und wünsche ihm nur das Allerbeste. Ich will ja auch, dass der HSV aufsteigt
Und wenn es funktioniert, ziehe ich gerne den Hut vor Hoffmann und Beckers Überzeugung. Aber ich sehe, wie hier schon wieder eine Erwartungshaltung aufgebaut wird "möglichst jedes Spiel gewinnen und das auch noch hochverdient", an der sowohl Wolf, als auch die junge Mannschaft eigentlich nur scheitern können. Und die, die jetzt Titz Rauswurf begrüßen, werden auch die ersten sein, die Wolf anzählen, wenn er - überraschend - nicht sofort schafft, durchzustarten.
Diese Art und Weise hier vielversprechende Trainer zu verschleißen und gute Ansätze sofort in die Tonne zu werfen, wenn diese nicht sofort ohne Probleme laufen, um dann verwundert den geduldigen Erfolg in Augsburg, Mainz, Berlin usw. zu bestaunen - das frustriert mich an diesem Verein. Und das ganze Drumherum der letzten Wochen verglichen mit den "Werten", denen man sich mit HSV-Plus verschrieben hat, das frustriert mich auch, Fußball-Business hin oder her
Scholle bringt das wie ich finde gut auf den Punkt.