Ich war gestern und vorgestern jeweils bei
Have Heart, die ersten beiden Europa Shows seit 2009. Heute spielt die Band noch zweimal in Leeds. Dann hat die Sache auch wieder ein Ende. Wie krass der Run auf die Tickets war habe ich ja bereits einmal erläuert. Zuerst warenn es nur vier Shows, die alle direkt ausverkauft waren. Leute haben Tickets für Shows gesucht und waren bereit, überall hinzufliegen. Es wurden vier weitere Shows veröffentlicht, die auch alle direkt ausverkauft waren. Ein richtiges Rockstarding. Es gibt im Bereich des Hardcore Punks wohl keine Band, deren Reunion so ein Echo ausgelöst hätte und jettzt kommt mir hier bitte keiner mit
Refused.
Ich persönlich würde wohl bei
Inside Out noch etwas mehr ausrasten, aber das ist so unrealitisch, dass ich da gar nicht drüber nachdenken möchte. Die ersten vier Shows in den Staaten wurden bereits gespielt und sahen alle top aus. Vor allem die zweite Show in Boston, eine Outdoor Show vor 8.000-10.0000 Leuten hat noch einmal unterstrichen, wie viele Leute diese Reunion in diesem doch recht kleinen Genre bewegt. Ich selbst hatte zuerst nur Karten für Würzburg, habe allerdings durch einen Freund, der wenig bis gar nichts mit Hardcore zu tun hat, zwei Karten bekommen. Danke dafür an dieser Stelle. Die Würzburgkarte verkaufen stand allerdings nie zur Debatte. Das hätte wahrscheinlich auch nicht geklappt, da, wie bei Hardcore Shows üblich, zum Schluss wieder so viele Karten verkauft wurden, dass im Endeffekt jede Person, die hinwollte, auch eine Karte bekommen hat. Für Würzburg wurden die Karten zum Schluss verschenkt. Verrückte Welt. Was man noch erwähnen muss ist auch die Tatsache, wie viel Mitsprache die Band bei den Shows hatte. Alle Fotografen und Fotografinnen mussten persönlich genehmigt werden und die Supports waren ebenfalls alle selbst ausgewählt.
Der Tag der Würzburg Show startete mit einer langen Autofahrt. Arbeitsbedingt konnten wir erst um 15:30 Uhr im Pott los. Laut Google Maps betrg die Fahrzeit 3 h 45 min. Daraus wurden dann im Endeffekt über fünf Stunden. Alleine der Weg nach Köln strapazierte die Nerven aller Mitfahrer enorm. Haben in Würzburg zum Glück einen sehr guten und auch noch kostenlosen Parkplatz bekommen und waren pünktlich zu der Band in der Halle, die ich wirklich sehen wollte. Es war einfach perverse groß. Alleine mit der Menschenmenge, die vor der Halle abhing hätte man 3-5 normale Hardcore Shows ausverkaufen können. Generell könnte man nach diesem Tag meinen, dass eigentlich alle zukünfigen Hardcore Shows ausverkauft sein müssten, aber gut, die Leute kamen auch aus ganz Europa. Trotzdem war es surreal, dass eine Band aus diesem Bereich einmal 2000-2500 in einer Halle vereint. Die Hallle hatte absolut keinen Charme und frische Luft war Mangelware. Schlimm. Es gab zwar keine Absperrung vor der Bühne, dafür allerdings einen an den Seiten offenen Wellenbrecher. Verrückt, einfach nur verrückt.
Mil-Spec - Zum ersten Mal auf Europa Tour mit insgesamt vier Shows (oder fünf, unsicher, ob sie heute beide Leeds Shows spielen). Es ist natürlich cool, vor
Have Heart zu spielen, aber auch undankbar, da man leicht untergeht. Das passiert hier auch. Der Sound ist cool und könnte auch hier Gefallen finden. Die "Changes" EP kann ich jedem Foristen nur ans Herz legen. Die Band muss allerdings noch an ihrer Bühnenpräsenz arbeiten. Da ist Luft nach oben. Dementsprechend wirkte die Band trotz cooler Songs und einigen Leuten vor der Bühne, die die Band abgefeiert haben, doch etwas verloren. Der Sound war leider auch unterirdisch
Abuse of Power - Waren zum ersten Mal mit
Free in Europa, nun also auch passenderweise mit
Have Heart unterwegs. Die Band hat dieses Jahr ihr Debütalbum veröffentlicht und dabei eine etwas ruhigere Gangart an den Tag gelegt. Der Groove ost allerdings geblieben. Hier gab es einen guten Mix aus alten und neuen Tracks. Der Sound war immer noch scheiße, aber die Crowd wachte nach und nach und es gab erste Stage Dives und Singalongs. Es gab zwei Securities, die am rechten und linken vorderen Teil der Bühne standen, also dort, wo die meisten Stage Diver auf die Bühne gehen bzw in die Menge springen und man merkte, dass die beiden so etwas nicht jeden Tag oder sogar noch nie erlebt haben. Ihre Blicke waren irgendwo zwischen Belustigung und Fassungslosigkeit. Herrlich und sie waren sich offensichtlich nicht bewusst, was noch kommen sollte.
Have Heart - Die Umbaupause dauerte etwas länger. Man lag aber auch vor dem Zeitplan und hat im Endeffekt zu früh angefangen. Angesichts der Rückfahrt für meine Mitfahrer und mich eine positive Sache. Die Halle wurde abgedunkelt, die Band kam auf die Bühne, riesiger Applaus. Es gibt auf Hardcore Shows so gut wie nie Applaus, wenn eine Band auf die Bühne kommt. Die Band stand auf der Bühne, alles bereit und dann kam das Intro. Ein Cover von
Bob Marleys "War" von
Sinead O'Connor. Hier der
Link. Die Halle war recht schnell ruhig und das Lied lief tatsächlich in voller Länge während die Band in Position stand. Es war mit Abstand das beste Intro, was ich je erlebt habe, ganz ganz groß. Gänsehaut. Die Spannung war greifbar. Für solche Momente gehe ich auf Konzerte und quetsche mich mit fünf Leuten in Kleinwagen für Stunden. Danach begann das Set mit "The Machinist" und die Halle ist explodiert. Es war viel zu voll vor der Bühne, ein unfassbares Gedrücke und Geschiebe. Wie auf einem großen Konzert. Allerdings gab es zusätzlich alles was das Hardcore Herz begehrt und hier für Diskussionsstoff sorgen würde. Stage Dives, Salti ins Publikum, Headwalks und unfassbaree Singalongs. Nach ca. 15 Sekunden wurde Pat Flynn zum ersten Mal halb begraben. Der Song ist vielleicht mein Liebling und als Opener großartig. Es war einfach nur crazy, was vor und auf der Bühne abging. Der Sound war eine Frechheit, was aber wiederum auch egal war, da die Leute so laut waren, dass die Songs quasi von alleine klappten. Mit der Zeit wurde es etwas besser, aber immer noch weit von gut entfernt. Die Security haben ihren Job darauf beschränkt, darauf zu achten, dass niemand stirbt. Die Bühne wurde im vorderen Bereich durch zwei kleine Geländer, von denen sich eins unter dem Gewicht der Leute, die die Bühne enterten, verbogen hat. Ab einem gewissen Zeitpunkt füllte sich die Bühne an den Seiten mit Leuten, die sich nach meinem Gefühl nur eine Pause von dem Chaos gönnen wollten. Diese wurden irgendwann gebeten, die Bühne zu verlassen, da der Stagemanager Schiss hatte, dass die Bühne einbricht. Was im Endeffekt zum Schluss eh ad adsurdum geführt wurde, aber dazu später mehr. Es gab insgesamt 18 Songs, 50 Minuten Spielzeit, alle kamen auf ihre Kosten. Highlights wohl u.a. "Unbreakable" und "Armed with a Mind". Zwischendurch gab es auch lange Ansagen von Pat Flynn, kein 08/15, sinnvoll und durchdacht. Habe nicht anderes erwartet. Zum Abschluss gab es natürlich "Watch Me Rise" und natürlich wurde unter den bangen Blicken der Security die Bühne gestürmt. Völliges Chaos, großartiges Ende. Trotz des Mistsounds war es etwas ganz Besonderes.
Gestern ging es dann nach Köln in die Essigfabrik. Mieseste Location Kölns, zeigte sich mal wieder von ihrer besten Seite. Kein Wiedereinlass. Man hat also die Wahl in den Pausen drinnen in der Hitze auszulaufen oder draußen dicht an dicht zu stehen, ein Träumchen. Der Sound war immer noch scheiße, aber im Vergleich zu Würzburg gut. Es ist schon etwas tragisch, dass die Popularität dieser Band zu Shows in diesen Hallen mit all ihren negativen Auswirkungen führt. Sehr schade.
Spark - Habe wenig erwartet, aber es war ein Bisschen was los vor der Bühne. Der Sound ist angelehnt an einigen 80er Bands, kann man eigentlich nichts falsch machen. Guter Beginn.
Mil-Spec - Besserer Sound als in Würzburg. Ansonsten gleiche Show wie am Vortrag. Die Bühnenpräsenz ist immer noch ausbaufähig. Ich hoffe, dass die Jungs noch einmal rüberkommen, aber dann kleinere Hallen bespielen.
Abuse of Power - Auch hier war der Sound besser. Ansonsten fand ich es noch einen Ticken besser als in Würzburg, wobei es nicht an die bisher beste Show, die ich gesehen habe, 2017 in Essen herankommt. Hier war dann auch schon gut was los, was Singalongs und Mosh anging. Guter Auftritt.
Spirit Crusher - Ich war sehr gespannt, wie gut die Band ankommt und wurde sehr positiv überrascht. Ab Sekunde 1 herschte das Chaos vor und auf der Bühne. Nach knapp 15 Sekunden des Openers "Potential in Kindness" war dann auch das Mikro hinüber, welches zum Glück so schnell gewechselt werden konnte, dass der Sänger pünktlich zum Singalong völlig begraben wurde. Die Leute waren textsicher, der Mosh war hart und die Stage Dives wild. Es gibt weiterhin Songs von der EP und auch von der Demo, die noch besser ankommen, aber das Album wächst. Hab Bock auf weitere Shows. Beste deustche Hardcore Band im Moment. Kein Weg führt an dieser band vorbei.
Have Heart - Dieses Mal ohne das Intro. Es ging sofort zur Sache, dieses Mal mit "Unbreakable" als Opener. Der dritte oder vierte Stage Diver landete auch direkt neben mit auf dem Boden und hat sich sein Knie komplett zerschossen. Das tat mir wirklich sehr leid für den Mann. Sound wieder nicht gut, aber besser als der Matsch in Würzburg. Die Leute sind wieder völlig eskaliert. Wild war es. Es wurde alles gespielt, was ich mir erwartet habe. Es gab wieder gute Ansage, u.a. eine sehr schöne über Kinderrechte. Das ist dem Sänger im Moment ein großer Anliegen. Generell war es immer noch sehr groß, aber es hatte eher den Charme einer Hardcore Show. Deswegen würde ich diese Show noch etwas höher anordnen. Hier war der Bühnensturm beim abschließenden "Watch Me Rise" auch noch etwas krasser. Auch Pat Flynn hat es sich nicht nehmen lassen und ist gestagedived, genauso wie ein Gitarrist inklusive Instrument, was ein ziemliches Chaos ausgelöst hat, weil genau danach ein Menschen mit einem Salto auf ihm landete.
Außerdem sei noch zu erwähnen, dass
Angel Du$t in Köln gespielt haben im MTC und die Band hat ihre Show anscheinend sehr schnell durchgezogen und war pünktlich zum Set in der Essigfabrik und hat sich die Show angesehen bzw auch aktiv an der Eskalation teilgenommen. Ich finde es immer schön zu sehen, wenn Bandmitglieder erfolgreicher Bands immer noch selbst Fans sind und dies auch ausleben. Insgesamt waren es zwei sehr schöne Veranstaltungen. Es war keine random Reunion. Man hat gemerkt, wie viel es den Leuten bedeutet hat, diese Band noch einmal zu sehen. Ich finde es auch okay, wenn das eine einmalige Sache bleibt. Die Mitglieder haben so viele Bands, dann lieber noch einmal mit
Fiddlehead oder
Free, wobei mir letztere auch rein musikalisch noch besser gefallen als
Have Heart. Checkt
Have Heart trotzdem aus und fragt euch, warum die im Gegensatz zu
Modern Life Is War hier nicht angekommen sind, checkt
Mil-Spec, die hier gut ankommen könnten. Wie bereits im anderen Thread gesagt habe ich zum ersten Mal im meinem Leben das Gefühl, alles gesehen zu haben. Ich könnte aufhören mit Konzerten und es wäre okay. Ich weiß nicht, ob es in Zukunft noch einmal etwas geben wird, was mich so mitnimmt im positiven Sinne.