Rieper hat geschrieben: ↑Mo 19. Jun 2023, 18:04
Bei der Essensausgabe ist es vielleicht einfacher, aber die Derbydollar zählen ist eine Farce. Gerade wenn sie verklebt oder verknittert sind.
Habe erstmals in meiner langjährigen Maifeld-Geschichte etwas gemischte Gefühle, wobei die positiven Aspekte doch noch klar überwiegen. Bin aber heute sehr früh direkt in die Arbeit los und schreibe mehr, sobald ich daheim bin.
Hier:
So, dann mein Bericht zum Maifeld Derby 2023. Zunächst mal ist es wie für andere das Primavera oder so. Natürlich nicht vergleichbar, aber es ist irgendwie wie wenn ich nach hause komme. Tolles Gefühl Jahr für Jahr. Insgesamt war es schon wieder sehr cool, aber paar Sachen haben mich genervt. Zudem haben meine Freundin und ich in einem Hotel geschlafen, weswegen wir täglich von Anfang bis Ende bei den Bühnen waren, aber so war auch mein Clashfinderplan. Ich hatte mir im Sommer 2022 auch ein Campingticket gekauft, wodurch ich bereits Samstag und Sonntag am Vormittag zum Camp bin, um dort die Stimmung aufzusaugen und etwas Wikingerschach zu spielen. Bus- und Tramverkehr zwischen Festivalgelände und Innenstadt lief reibungslos.
Der Freitag kam mir relativ leer vor, auch bei den größeren Acts. Samstag war relativ voll und Sonntag waren viele Familien mit teilweise sehr jungen Kindern da. Je länger der Sonntag ging, desto weniger Menschen waren auf dem Gelände. Bei Interpol war es nicht ganz leer oder so, aber es war dann doch erschreckend wenig los.
Die Organisation lief nahezu reibungslos. Einlass hat keinerlei Probleme bereitet. Die Warteschlangen bei den Essens- und Getränkestanden (bis auf Eis) sowie bei den Toiletten waren eher kurz. Das vegane Essensangebot war für so ein kleines Festival top. Egal ob Tacos (das Korea-BBQ-Hack war so verdammt lecker), Piroggen mit Sauerkraut und Schmand, Burritos oder die Mac n Cheese, war alle sehr lecker. Die Preise lagen meist bei ca. 8 Euro, Mac n Cheese gab es für 6 Euro. Curry und Pizza waren bei über 10. Zu trinken gab es für mich diverse Limos von Fritz und am Samstag 2 Becher Wein. Alles zu vernünftigen Preisen. Die beiden Trinkwasserstallen waren sehr hilfreich. Um die Toiletten wurde sich auch sehr gut gekümmert.
Die Derbydollar nerven. Sonntagabend mussten wir bei der Rückgabe noch etwas länger warten, weil das Kleingeld ihnen ausgegangen war bei der Rückgabestelle. Cashless wäre ein Traum irgendwann am Maifeld. Das Wetter war gut, fast schon zu heiß mit den über 30 Grad.
Das Publikum war weitesgehend sehr angenehmen und irgendwie sehr international. Ich habe viel englisch und französisch gehört und wir haben viele Leute aus dem Ausland kennengelernt. Also sie sind nicht extra aus dem Ausland angereist, aber seit einigen Monaten in Deutschland und jetzt waren sie am Maifeld. So haben wir Leute aus Frankreich, den USA oder Schottland kennengelernt. Zugleich war ich aber auch so sehr vom Publikum genervt wie noch nie am Maifeld. Bei Bat for Lashes war ich irgendwann weit vorne. Der Labergeräuschpegel war unglaublich, fast schlimmer im Vergleich zu Konzerten in Zürich. Und erstmals habe ich auch wirkliche Idioten am Maifeld gesehen. Einer aus unserer Gruppe wurde das Bein gestellt und dementsprechend ist sie über das Bein gestolpert. Vollidiot der das Bein gestellt hat, hat gelacht und seine Freunde auch. „Ich habe eine Wette verloren und musste dann das machen“. Selten dämlich. Bei Temmis hat ein Typ von einer Medienagentur mit Bändchen um den Hals und Namenskarte megalaut gelabert und zwei Frauen Bier gebracht und erzählt wie geil das ist, dass er das kostenlos kriegt und er ihnen alles bringen kann, was sie möchten und so Zeug. Er war extrem laut und wahrscheinlich der betrunkenste Mensch, den ich an diesem Wochenende wahrgenommen habe. Auch viel rumgerempelt. Wir sind dann paar Meter weitergegangen und dann war er da auch am Torkeln und nerven, aber zum Glück war er irgendwann weg. Zu Temmis schreibe ich später mehr, nur so kurz: Die Stimmung war unglaublich intensiv, es wurde kaum geredet und dann musste der (betrunkene) Medienagenturtyp so laut reden und versuchen anzugeben mit seinem blöden Gerede. War sehr unangenehm.
Musik: Angefangen hat das Festival für mich mit
Jack Botts. Ist nicht wirklich irgendwas hängengeblieben oder so, war in Ordnung für den Start im Reitstadion. Nach einigen Songs ging es raus zu
Los Bitchos. Diese haben mich bislang weder auf Spotify noch live gekickt. Aber unsere Gruppe hat sich getroffen und wir verbrachten das Konzert bei den Getränkeständen und die Musik lief so nebenher. Dafür war es okay.
Sevdaliza war dann das erste richtige Highlight. Das Konzert war ganz cool und ihr Rave mitten im Set machte viel Freude. Ich bin kurz rüber ins kleine Zelt, weil ich noch
Zulu gucken wollte, aber da war die Band schon fertig. Laut Leuten im Publikum spielte die Band keine 20 Minuten. Schade, aber dann ging es halt wieder zu Sevdaliza. Danach gab es langweiligen Indie-Rock von
Surf Curse. Das war schon sehr lahm, also sind wir wieder in den Merch-/Getränkebereich und verfolgten das Konzert von dort. Zu ihrem großen Hit bewegten sich einige nach vorne und zückten ihre Handys. Das Lied war schon gut, muss ich sagen, aber der Rest eher unnötig.
Death Grips war wie erwartet gut, wobei ich sie schon mal intensiver erlebt habt. Vielleicht hätten wir aber etwas weiter vor müssen. Danach ging es in den Parcours d’Amour zu
Fågelle. Ich fand die Buchung sehr spannend, aber es hat mir gar nichts gegeben. Dann halt doch Kerela Dust und das war in Ordnung. Aber viele Songs hörten sich ähnlich an und so zog es sich leicht in die Länge. Während unsere fast komplette Gruppe zu
Bat for Lashes ging, habe ich mir
Mandy, Indiana reingezogen und habe es nicht bereut. Das Konzert war fabelhaft und die Band hatte das Publikum gleich in ihrem Bann. Anschließend bin ich auch zu Bat for Lashes und zwar bis vor in die erste Reihe, wenn auch sehr seitlich. Das ist das coole am Maifeld, dass es möglich ist, bei fast jeder Bühne jederzeit weit vor kommen zu können. Ich habe es zu
Daniel und
What's a Girl to Do? geschafft und es war wundervoll.
Laura war unglaublich emotional. Aber: Der Lärmpegel durch das Publikum war so heftig in den ruhigen Phasen. Kaum auszuhalten, so schlimm war es noch nie am Maifeld.
Nand war total langweilig mit seiner Trompete,
Overmono gaben den perfekten Elektroact und luden zum Tanzen ein und
Temmis waren der sehr passende Abschluss des ersten Tages. Es wundert mich etwas, dass aktuell die Songs von ihnen nicht so wirklich durch die Decke gehen.
Ich versuche nun etwas zu kürzen beim Samstag und Sonntag.
Sorcha Richardson war cool,
Lime Garden waren sehr uninteressant.
Caroline Rose lieferte auch auf der großen Bühne eine großartige Party ab und auch das Publikum machte mit. Danach gab es etwas Hopping zwischen
Whybe und
Sinkane, wobei mich jeweils nichts zum Bleiben bewegte. Von
Noga Erez mag ich eigentlich die älteren Sachen etwas mehr und das aktuelle Zeug gab mir nicht so viel bisher, aber live war das sehr lässig. Stimmung war sehr gut, auch in dem heißen Zelt. Zu
Viagra Boys habe ich bisher keinen Zugang gefunden und das bleibt weiter so. Die von uns, die vorne drinnen waren, hatten aber Spaß.
Ditz mag ich, aber live war es nicht meins, also ging es zu
Loyle Carner und der war okay. Setlist war in Ordnung und es hat insgesamt gepasst. Ich bin etwas früher raus, um mit meiner Freundin und einem Kollegen bei
Warpaint in der ersten Reihe zu sein. Beste Entscheidung. Es war intensiv und die Band war gut aufgelegt. Auch das Cover von Fugazi hat gepasst und meine Freundin war sehr happy, nachdem sie eine Setlist abgreifen konnte. Coole Band einfach.
Phoenix erinnerten mich an meine Studentenzeit in der Indiedisco. Das war auch absolut in Ordnung, nicht mehr und nicht weniger. Zwischendurch bin ich kurz zu
Haunted Youth und habe mir was zu essen geholt, aber das klang irgendwie uninspiriert. Also wieder zu Phoenix. Laut setlist.fm konnten wir das auch gut aufeinander abstimmen und haben so die größten Hits der Band hören können.
PVA haben nicht so reingeballert wie Overmono am Vortag. Wir sind dann zurück ins Hotel und haben auf schweren Herzens auf
Deki Alem verzichtet, aber die Hitze am Tag und die Müdigkeit ließen nichts Anderes zu bei uns. Es war auch anstrengend, also den ganzen Tag bei den Bühnen zu sein ohne Pause.
Der Sonntag startete mit
Dillon. Inzwischen einige Male gesehen. Tut nicht weh, haut mich nicht um. Aber geht schon und sympathisch war sie auch, vor allem als sie den Text von Thirteen Thirtyfive vergessen hatte.
Sorry waren ähnlich langweilig wie Surf Curse. Da gab es in den vergangenen Jahren coolere Indiebuchungen am Maifeld.
Indigo Sparke war eigentlich eines meiner geplanten Highlights, aber das ging gar nicht. Musikalisch war das in Ordnung, aber der Bass von Baxter Dury hat mir das zunichtegemacht. Also habe ich mich nicht weiter gequält, sondern bin rüber zu
Baxter Dury. War gut und auch der Elektroabschluss mit seinem Fred Again-Feature war cool.
Ekkstacy war für mein Empfinden ganz anders als im Streaming, fast Poppunk mit nervigen Schreieinlagen. Erinnerte mich an eine Mischung aus Blink, Yungblud und diesem ganzen Zeug. Nicht meins. Wir fieberten aber dem Abend entgegen und ließen uns nicht die Stimmung vermiesen.
M83 waren so enorm gut. Atmosphärische Postrock-Einheiten und die beiden großen Hits Wait und Midnight City. War super. Dadurch waren wir in der Stimmung gepusht und waren auf einem hohen Level. Dann sind wir zu
Florist. Eine Band, die ich sehr gerne habe, aber es hat einfach nicht gepasst an diesem Abend, leider. Vor allem weil wir in diesem absoluten Stimmungshoch waren. Dann doch lieber noch ein Kaltgetränk und hingehockt auf die Asphaltfläche und
Tamino gelauscht. Schöne Stimme. Den perfekten Abschluss lieferten
Interpol. Viele ältere Songs, ich war sofort drinnen, habe aber schon bessere Konzerte der Band erlebt. Wir hingen noch etwas auf dem Gelände rum. Gegen 22.15/30 verteilen einige Essensstände noch Reste, sodass wir kostenlos Tacos und Handbrot abstauben konnten.
Alles in allem einige gute Konzerte, aber auch einiges, was mir dann doch nicht den erwarteten Kick gegeben hat. Dafür unerwartet schöne Überraschungen mit Overmono und Noga Erez. Es ist aber das erste Jahr, wo ich mich nicht sofort schon auf das kommende Maifeld freue irgendwie. Vielleicht mit den paar nervigen Menschen auch einfach Pech gehabt. Insgesamt habe ich sehr viele Konzerte sehen können und der Verarbeitungsprozess wird noch einige tage dauern. Ich hoffe das Booking bleibt weiter so. Nur Bands wie Surf Curse, Sorry oder Ekkstacy müssen nicht sein. Es war auch bei keiner dieser Bands wirklich viel los.